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Beilage za Nr. 16 des Wochenblattes für Wilsdruff re. Vaterländisches. — In Frankenberg hat am vorigen Montag Bormittag ein alleinstehender, privatisirender Kupferschmied einen Selbstmordversuch mittelst Durchschneidens der Kehle gemacht, an dessen Folgen er einige Tage später verstarb. Die Ursache zu der unseligen That ist im Aerger und Gram über einen Vermögensverlust zu suchen, ein Beweggrund, der in diesem Falle um so weniger entschuldbar sein dürfte, als die Einbuße (900 Mk.) bei dem Kapitale des Kupferschmieds — man schätzt seine Hinterlassen schaft auf 80- bis 100,000 Mk. — sicher nicht als von so schwerwie gender Bedeutung betrachtet werden kann. Der Verstorbene soll jedoch überaus geizig gewejen sein und sich nicht die geringste Bequemlichkeit gegönnt haben. Erben sind zwei erwachsene Söhne, welche sich auswärts in wohlsituirten Verhältnissen befinden. — Ein sonderbarer Zufall. Als dieser Tage in Meerane die etwa 40 Jahre alte Ehefrau eines Einwohners auf dem Wege war, für ihren eben erkrankten Ehemann ärztliche Hilfe herbeizuschaffen, ereilte sie — die Gesunde — der Tod. In der Kirchgasse brach sie plötzlich zu sammen und war wenige Minuten später eine Leiche. — In dem Wäldchen zwischen Rodewisch und Sorgau wurde der Weber Seifert aus Auerbach erforen aufgefunden. Der schwarze Robert oder: Meine Frau und ich. Von Michael Folden. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) So war Tante Lina und so kam sie zu uns zum Besuche. Unter den gemischten Gefühlen, welche mich bei ihrem Anblick bestürmten, spielte Schreck und Bestürzung keine geringe Rolle. Ich wußte, daß es jetzt mit dem Haushalte vorbei sei, wußte, daß ich für die nächste Zeit den Schwarzen Robert nicht werde in die Hand, viel weniger in den Kopf nehmen können und wußte, daß mir in dem Apfelsinenkriege mit meiner Frau ein neuer furchtlbaren Gegner aufgetreten sei — oder auch ein neuer gewaltiger Bundesgenosse,! je nachdem Tante Lina Partei nahm! Sie hatte geschellt und war vom Mädchen eingelassen worden, ohne daß wir es in unserer Hitze bemerkt; sie batte schon mehrmals vergeblich geklopft und endlich durch ein energisches Trommeln an der Thür von ihrer An wesenheit Kunde gegeben. Sie hatte jedenfalls einen Theil unseres Streites draußen mit angehört und in mir fieberte es bei diesem Gedanken, was nun Alles kommen werde, wenn sie etwa auf Laura's Seite trat, welche dadurch in ihrem Uusinn bestärkt würde, oder wenn sie auf meine Seite trat und der Sache eine Spitze verlieh, die Laura's heikle Stimmung zum Aeußersten treiben mußte! Inzwischen hatte sie Laura und mir einen schallenden Begrüßungskuß gegeben, ohne scheinbar die Situation zu be achten, welch' überraschende Zurückhaltung mich mit einer mißtrauischen Beklommenheit erfüllte, hatte ihre beiden großen Garderobenkörbe in das Kaffeezimmer stellen, einige andere Reisekoffer mitten in den Salon pla- ciren lassen, weil sie dort am Besten aus dem Wege seien, sieben Stück Handgepäck dem Mädchen vorläufig in der Küche aufzubewahren gegeben, bis sie sie ihr später wieder abverlangen werde, setzte sich nun inmitten des Z'mmers auf einen Garderobekorb nieder, weil ihr die Polsterstühle zu weich seien und sagte unbefangen: „Ihr habt Euch ja gezankt Kinder!" „O nicht doch . . . eine kleine Meinungsverschiedenheit " ent schuldigte ich 'verlegen. „Die mir das Herz bricht!" schluchzte meine Frau ergänzend. „Nicht der Rede werth . . . wegen einer Partei Schach —" „Die mir mein ganzes Unglück enthüllte!" „Jesses!" sagte Tante Lina gedehnt und legte feierlich die Hände zusammen. „Aber Laura!" ermahnte ich fiebernd. Ich wußte, jetzt müsse es losgehen! Gespannt blickte ich auf Tante Lina, deren hoch gezogenen Brauen, wie mir bekannt, Gewitterwolken waren, aus denen im nächsten Moment der Blitz irgend eines zündenden Ge dankenszucken mußte. Von Hr hing es ab, wie vie Schlacht geschlagen werden solle: die Richtung, welche sie einschlug, mußte bestimmen, ob es ein Seekrieg, eine Landschlacht, oder allenfalls ein Gefecht mit Luftballons weroen solle. Ein Widerstreben gab es bei ihr nicht, sie riß Alles mit sich fort. Ich warf mich also moralisch in Positur, machte mich auf das Aeußerste gefaßt und nahm mir vor, meinen Mann zu stellen, ob sie nun für oder gegen mich Stellung nahm. —Sie blickte uns Beide einen Augenblick scharf an, erhob sich dann majestätisch und sagte ruhig: „Laßt das, Kinder; ich will mich nicht in Eure kleinen Strei tigkeiten mischen." Ich stand vollkommen starr! Ick hatte geglaubt, Tante Lina ganz zu kennen und ich sah, das ich sie nock nickt ausstudirt hatte! Alles hatte ich erwartet, — aber das nicht! Das Ungeheuerlichste hätte mich durchaus gerüstet gefunden — nun kam aber nicht das Ungeheuerlichste, sondern das natürlichste und ich gerieth außer Fassung ! Da soll ein sterblicher Mensch wissen, woran er ist. Meine Frau war gleichfalls so erstaunt über die unerwartete Wen dung der Dinge, daß sie erschrocken zu weinen aufhörte, sich emvorrichtete und sich die Augen rieb — ich weiß nicht, ob um sie zu trocknen oder weil sie zu träumen glaute! „Ich bin sehr angegriffen von der Reise," sagte Tante Lina, ohne im Geringsten von der ungeheueren Wirkung Notiz zu nehmen, welche sie hervor gebracht, „Ihr könntet mir wohl ein Zimmer einrichten, damit ich's mir ein Bischen bequem machen kann." Laura erhob sich und ging an die Arbeit. Wie besaßen zum Glück ein überflüssiges Zimmer, das in solchen Fällen als Fremdenzimmer be nutzt werden konnte und das nach einiger Mühe in den von Tante Lina gewünschten Stand gesetzt war. Es mußte nur auf ihr Bitten ein Schrank herausgenommen und dafür eine Kommode hereingesetzt werden, in welcher meine Frau zwar Tischwäsche aufbewahrte, die Tante Lina jedoch mit Leichtigkeit anderweitig placiren zu können erklärte, worauf sie sich's nicht nehmen ließ, dieselbe eigenhändig im Salon in das Porzellanspind zu packen, dessen Inhalt sie dafür auf dem Sophatisch aufbaute. Dann