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Megt. Das Schreiben dankt den badischen Ministern für die Unterstützung, welche sie ihrem Souverän in dem ereignißvollen Jahre 1888 geliehen und rühmend wird hierbei die über den wechselnden Tagesanschauungen der Parteistandpunkte stehende politische Haltung der Minister hervorgehoben. Warme Anerkennung zollt Großherzog Friedrich in seiner Kundgebung der treuen Mitwirkung der Mitglieder des Staatsministeriums an den viel fachen und zum Theil so schwierigen Regierungsaufgaben und spricht er die Hoffnung aus, daß es der gemeinsamen Fürsorge der Minister gelingen werde, im neuen Jahre die vielfachen Aufgaben, welche das Landinteresfe erfordere, zum glücklichen Ziele zu führen. „Trachten wir darnach", schließt das großherzogliche Schreiben, „daß die Störungen in dieser Arbeit, welche so leicht aus dem leidenschaftlichen Kampfe der Parteianschauungen sich ergeben können, durch die möglichste Unbefangenheit der Regierungen über wunden werden." Das „Bayerische Vaterland" vernimmt, Prinz Alfons von Bayern habe sich mit Comtesse Arco Steppberg, einer jungen Erbin von vierzig Millionen, verlobt. Die Tochter des Kaisers von Oesterreich, Erzherzogin Valerie hat sich mit vem Erzherzog Johann Salvator verlobt; die Erzherzogin erhält außer der normalen Apanage zwei Millionen Gulden Mitgift; das Land Ungarn wird ihr eine besondere Gabe bei der Hochzeit, die im Mai d. I. stattfinden soll, widmen. Wie aus Hamburg berichtet wird, ist ein Bahnangestellter in der Nähe Harburgs niedergeschlagen, seiner Baarschaft beraubt, auf die Schienen geschleppt und vom Zuge überfahren worden. Madrid, 4. Januar. Infolge einer beiEsparanza(Oviedo) statt gehabten Minencxplosion sind 27 Arbeiter getödtet und viele verwundet worden. Philadelphia, 21. Dezember. Hier wurde ein gewisser Schoops verhaftet der, wie er selber gesteht, sich eines grausamen Verbrechens schul dig gemacht hat. Er sagt, daß er einen Mann Namens Schilling, der sein Kostgänger war, tödtete und die Leiche zerstückelte und zwar aus Aerger darüber, daß Schilling zu viel aß. Theile der Leiche wurden in Sack leinewand aufgefunden, während andere Körperthcile in den Wafferröhren steckten. Vaterländisches. Wilsdruff. Herr Stadtrath Funke hier feierte am 5. Januar sein 25jähriges Jubiläum als Mitglied der städtischenCollegien und gingen demselben aus Anlaß der seltenen Feier zahlreiche Beglückwünsch ungen zu. Seiten der Stadt wurde der geehrte Jubilar in den Vormit tagsstunden durch eine Deputation, bestehend aus den Herren Bürger meister Ficker, Stadtrath Dr. Gangloff und Stadtverordneten Reiche, herzlichst begrüßt und durch Ehrengeschenke, bestehend in einem silbernen Tafelaufsatz und einem silbernen Schreibzeug, beehrt. Außerdem wurden dem Jubilar seitens der städtischen Beamten sinnige Geschenke überreicht. Wir dürfen wohl im Namen der ganzen Stadt schließlich den Wunsch aussprechen, daß es dem Herrn Stadtrath Funke vergönnt sein möge, noch recht lange Jahre wie bisher für das Wohl der Stadt mit arbeiten zu können. — Wir erlauben uns schon heute darauf aufmerksam zu machen, daß cs dem Direktorium des hiesigen „Gemeinnützigen Vereins" gelungen ist, Herrn Mechaniker Kändler in Dresden zu gewinnen, in ca. 14 Tagen, wahrscheinlich Sonntag, den 20. Januar, hier zwei Vorstellungen (Nachmittags und Abends) durch Vorführung einer großen Zahl von Nebtlbildern gegen Entree zu geben. Der Reinertrag der Ein nahme soll der Kasse des Frauenvereins zufließen. Nach uns vor liegenden Berichten von Dresdner Vereinen leistet Herr Kändler in diesem Fache Ausgezeichnetes und sind ihm dort die empsehlendsten Zeugnisse über seine Leistungen ausgestellt worden. Weiteres durch Inserate in den nächsten Nrn. d. Bl. Unser erlauchtes Königshaus und das ganze treue Sachsenvolk werden in diesem Jahre ein seltenes Jubelfest begehen. Es gilt der Er innerung daran, daß das Haus Wettin nunmehr 800 Jahre über die Mark Meißen, das Stammland des Königreichs Sachsen herrscht und das Land durch die lantesväterliche Fürsorge seiner Regenten zu der hohen Blüthe gelangt ist, deren es sich heute erfreut. Bei der tiefen Verehrung des Sachsenvolkes für seinen König und der herzlichsten Liebe zu ihm und dem ganzen Königshause war es mit Bestimmtheit vorauszusehen, daß in allen Kreisen der Bevölkerung der Wunsch rege sein werde, daß die Feier zu einem allgemeinen Landesdank- und Jubelfeste sich gestalten möge. Um diese Strömung in geordnete Bahnen zu leiten, hat eine aus allen Theilen des Landes zahlreich besuchte Versammlung die Angelegenheit in die Hand genommen und vorerst ein aus einer Anzahl von Männern, deren Namen den besten Klang haben, zusammengesetztes provisorisches Komitee gewählt, welches nunmehr mit einem im Jnseratentheile des vor liegenden Blattes abgedruckten „Aufruf an Stadt und Land" her vortritt und darin zunächst zur Bildung von Ausschüssen in den Gemeinden des Landes auffordert, „um aller Orten Veranstaltungen zur Kundgebung treuer Anhänglichkeit an das Haus Wettin bei dem bevor stehenden Feste zu treffen." Dasfelbe wird voraussichtlich im Monat Mai in Anschluß an die zu dieser Zeit in Aussicht genommene feierliche Enthüllung des „König Johann-Denkmals" in Dresden stattfinden. Der Aufruf des Komitees wird gewiß im ganzen Lande den freudigsten Wi derhall finden. — Schon Oftmals ist ermahnt worden, bei Entgegennahme von Zehnmarkstücken recht vorsichtig zu verfahren, da Spielmarken im Um lauf sich befinden, die den ächten Zehnmarkstücken täuschend ähnlich sind. In diesen Tagen ist auch in Crimmitschau in einem Laden von einem Unbekannten eine derartige Spielmarke, deren eine Seite das Bildniß des Kaisers Friedrich III. zeigt, während auf der anderen Seite zu lesen ist: „Lerne leiden, ohne zu klagen. Friedrich", als Zahlung für ein entnom menes Cigarrenspitzchen im Werthe von 30 Pf. verausgabt worden. In der Meinung, ein richtiges Zehnmarkstück erhalten zu haben, zahlte die Verkäuferin dem Unbekannten auch 9 M. 70 Pf. heraus, und erst, als der Letztere den Laden bereits verlassen hatte, wurde der Betrug von der Verkäuferin wahrgenommen, der Betrüger hatte sich jedoch indessen schon in Sicherheit gebracht. — In Brandau ist in der Neujahrsnacht ein ein Jahr altes Kind in seinem Bettchen erstickt, während seine Eltern im Gasthause sich befanden. — Stolpen. In dem benachbarten Neudörfel fand dieser Tage die Auszüglerin Christiane Sommer durch Ersticken den Tod. In dem Stubenofen der Genannten hatte sich Ruß und Asche entzündet, wodurch ein dichter Qualm enstand, welcher für die bedauernswerthe Frau verhäng nißvoll wurde. — Am 1. Mai wird in Freiberg die Deutsche Gerberschule eröffnet. Dieselbe wird auf Anregung des Verbands der sächsischen Leder produzenten von einer Vereinigung deutscher Gerbereibesitzer und mit Unter stützung der sächsischen Regierung und der Lohgerber-Innung zu Leipzig errichtet. Ausgenommen werden in die Schule junge Leute vom erfüllten 17. Lebensjahre an, welche die Gerberei bereits praktisch gelernt haben. An der Schule wird in folgenden Fächern in einem einjährigen, Ostern beginnenden Kursus Unterricht ertheilt: Alle Zweige der Gerberei mit besonderer Berücksichtigung der Lohgerberei, praktische und theoretische Rohstofflehre und Waarenkunde, Maschinenkunde, Rechnen, Buchhaltung rc. Für den praktischen Unterricht stehen die Gerbereien des Herrn Moritz Stecher in Freiberg zur Verfügung. Auch beabsichtigt die Leipziger Ger ber-Innung, auf einem der Stadt Freiberg überlassenen Grundstück eine Lehrgerberei für den praktischen Unterricht an der Schule, sowie für Aus bildung von Lehrlingen einzurichten. — Einen fast unglaublich dummen Versuch zu betrügen machte am Sonnabend ein Maurer aus Bräunsdorf in der Sparkasse zu Freiberg. Er ließ sich ein Buch mit einer Einlage von 1000 Mark ausstellen, legte aber nach Ausfertigung dieses Buches einen jener werthlosen Nachahmungen hin, welche die Bezeichnung tragen: „1000 Mk. empfängt Derjenige, welcher diesen Schein für echt hält." Der betreffende Maurer wurde wegen dieses Versuches zur Wache geschafft, nach Feststellung seiner Per sönlichkeit zunächst zwar entlassen, dürste aber der Bestrafung keineswegs entgehen. — Aus Oederan schreibt das dortige „Wochbl.": In sehr rich tiger Erkennung der Thatsache, daß die kleinen Arbeitgeber resp. Meister sehr oft, ja fast ausschließlich nach einer jahrelangen schweren Thätigkeit mittel- und hilfloser dastehen als die Arbeitnehmer, haben sich die gesamm- ten hiesigen Innungen mit einer Petition an den Reichstag gewandt, in welcher gebeten wird, auch die kleinen Arbeitgeber und Meister, ohne Rücksicht darauf, ob sie einer Innung rc. angehören, der Vortheile der Invaliditäts-Versicherung theilhaft werden zu lassen. Das entschieden nur zu billigende Vorgehen verdient allseitige Nachahmung, dann dürfte wohl auch ein Erfolg in dieser Richtung erzielt werden. — Ein für Schulaufführungen berechnetes Merkchen: (schreibt das „Dresdner Journal") „Kaisers Geburtstag. — Ein Cyklus von patrio tischen Deklamationen und Gesängen zum Geburtstag Sr. Maj. des Kaiser Wilhelms II. zusammengestcllt von G. W. C. Schmidt, Director einer höheren Privattöchterschule mit Töchterpenstonat in Dresden, ist soeben noch rechtzeitig im Verlage von R. Schulze-Mittweida erschienen." Das kleine Opus enthält Chor- und Sololieder mit Pianofortebeglcitung, pa triotischer Deklamationen etc., ist für Knaben und Mädchenschulen gleich geeignet und schnell und leicht einzustudiren. — Am I. Feiertage hatte Herr Ortsrichter Willkomm in Pöt sch app el eine Postkarte erhalten, in welcher er aufgefordert worden war, binnen 4 Tagen 50 Mk. Geld an eine Saule der Bahneinfriedigung niederzulegen, widrigenfalls sein Haus in die Lust gesprengt werden solle. Auch war hinzugefügt, der Bedrohte dürfe nichts hiervon sagen, sonst solle es noch schlimmer werden. Die Sache wurde für einen schlechten Witz gehalten, doch hatte die Gendarmerie es ernster ausgenommen, Wache ge halten und am frühen Morgen des bestimmten Tages an der bezeichneten Stelle einen ihr bekannten Handarbeiter aus der Nähe in verdächtiger Weise an dem bezeichneten Platze betroffen. Die weiter gegen denselben angestellten Untersuchungen müssen nun doch belastende Dinge zu Tage gesördert haben, denn wie man hört, ist der betreffende Mann der Kgl. Saatsanwaltschaft zugeführt worden. Auf sicherer Fährte. Criminal-Roman von Emilie Heinrichs. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Kugler! sind Sie's?" Der Detectlv griff an die Reisemütze und verbeugte sich. „Wie Sie sehen, Herr Staatsanwalt!" versetzte er mit einem unge heuer triumphirenden Lächeln, das schon mehr als malitiös war, wie sein Vorgesetzter später erläuterte. Bevor dieser seinem Erstaunen weitern Ausdruck geben konnte, wandte Kugler sich wieder der offenen Coupeethür zu und rief einige Worte hinein. Sosort stieg ein Gensdarm heraus, dem eine Dame und ein Herr folgten, während ein zweiter Gensdarm den Zug beschloß. „Herr Staatsanwalt!" wandte sich Kugler jetzt an den Vorgesetzten, der seinen Augen nicht trauen wollte, „bevor ich um Entschuldigung bitte, daß ich meine Reise eigenmächtig unterbrochen habe, erlauben Sie mir, Ihnen hier den Herrn von Santen und seine Begleiterin, Fräulein Born, vorzustellen —" „Werde Satisfaction für diese brutale Behandlung verlangen," rief Santen, dessen Gesicht sehr fahl erschien, „wie kann dieser Mensch, der jedenfalls einem Jrrenhause entsprungen ist, das Gesetz zu seinem Hand langer erniedrigen —" „Bitte Herr von Santen," unterbrach ihn der Staatsanwalt, welcher Fräulein Born mit einem scharfen Blick gemustert hatte, ohne indeß die geringste Veränderung oder Bewegung in diesem schönen, marmorbleichen Antlitz bemerkt zu haben. „Hat mein Untergebener seine Instruction überschritten, dann soll Ihnen volle Satisfaction werden. Für jetzt bitte ich freundlichst, sich in das Unvermeidliche fügen und den Beamten folgen zu wollen." „Gut, gut," knirschte Santen, wüthend mit dem Fuße stampfend, „diese Geschichte soll Ihnen theuer zu stehen kommen, Herr Staatsanwalt! Ich hoffte bis jetzt, es nur mit einem Wahnsinnigen zu thun zu haben, sehe aber nun zu meinem Erstaunen, wie das Gesetz die Hand dazu bietet, freie, unbescholtene —" „Noch einmal, Herr von Santen, beruhigen Sie sich," unterbrach ihn der Staatsanwalt streng, „Sie dursten die Stadt nicht heimlich ver lassen, da Ihre Gegenwart für den Untersuchungsrichter unerläßlich ist. Wissen Sie nicht, daß Sie sich dadurch schwer verdächtigt haben?" Er gab den Gendarmen einen kurzen Wink, worauf diese die beiden Reisenden in ihre Mitte nahmen, welche jetzt durch die heraufziehende Morgendämmerung den grauen Pfad einer unheimlichen Zukunft antreten mußten. Kugler, der sonst mit scharfen Augen die ganze Umgebung zu um fassen Pflegte, hatte in der Aufregung dieses schwerwiegenden Augenblicks zwei Reisende übersehen, welche ebenfalls auf der Station ausgcstiegen und bis dahin stille Beobachter der geheimnißvollen Scene gewesen waren. Es waren eine junge Dame und ein Knabe von vielleicht zwölf Jahren, die unbeweglich, doch in sichtlicher Spannung die Scene beobachtet hatten und jetzt, als der Zug sich in Bewegung setzen wollte, unwillkürlich näher traten. „Erkennst Du die Beiden, Otto?" fragte die junge Dame erregt. Jetzt siel das Licht einer noch brennenden Gaslaterne auf Santens Antlitz. „Er ist es," rief der Knabe plötzlich erschreckt, „der fürchterliche Mann, welcher die arme Dame hinabstürzte, haltet ihn fest!" Seine Begleiterin zog ihn jetzt hastig vorwärts, sie standen den bei den Gefangenen Auge in Auge. Der Staatsanwalt und sein Detectiv wechselten einen überraschten Blick mit einander und schauten dann athem- los auf die neue Scene. „Was wollen Sie?" rief Santen, einen Schritt zurückweichend wie