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Beilage zu Nr. 4 -es Wochenblattes für Wilsdruff re. Vaterländisches. — Nachstehender bedauerlicher Vorfall mahnt wieder einmal Eltern und Pfleger, Kinder und namentlich kleinere nie unbewacht zu lassen. Die Frau eines Einwohners in Altchemnitz hatte sich behufs Besorgung ihrer wirthschaftlichen Arbeit auf kurze Zeit aus der Stube entfernt und ihr im 3. Lebensjahr stehendes Kind sich selbst überlassen. Der Knabe begab sich während der Abwesenheit der Mutter an den Ofen und spielte daselbst mit Feuer, wobei eine glühende Kohle in den daneben stehenden, mit Spänen gefüllten Korb fiel, die Späne in Brand setzend. Das da hintersitzende unglückliche Kind wurde dabei dermaßen verbrannt und ent stellt, daß es nach gräßlichen Schmerzen wenige Tage darauf seinen Leiden erliegen mußte. — In der „Sächs. Maschinenfabrik zu Chemnitz" wurde am Jahres schluß 1888 eine seltene Festlichkeit begangen. Nicht weniger als 43 Be amte und Arbeiter feierten an einem Tage Jubiläen der 25-, 30- und sogar 40jährigen Arbeitszeit in genannter Fabrik. An 19 Mann davon wurde von der König!. Staatsregierung die „große silberne Medaille für Treue in der Arbeit" verlieben. Eine Anzahl der am längsten in der Fabrik gewesenen Jubilare erhielt von der Direktion größere Geldgeschenke. — Eine schändliche That ist in Zwickau ausgeführt worden. Es hat da Jemand auf die Straße Cigarren gelegt und in der sicheren An nahme, es wird sich schon irgend Wer finden, der sie zu rauchen lüstern wird. Es hat sich leider auch ein Schulknabe gefunden, welcher eine solche Cigarre aufnahm und in der Unüberlegtheit der Jugend zu rauchen be gann. Es dauerte nicht lange, so enthüllte sich die Teufelei, die Cigarre explodirte und der arme Knabe erhielt erhebliche innere und äußere Ver brennungen. Der leider noch Unbekannte hatte Pulver in die Cigarre gefüllt. — Das Königl. Landesgericht zu Leipzig verurtheilte den Buchbinder Friedrich Hermann Göbel aus Nischwitz wegen Majestätsbeleidigung zu 2 Jahren und den Schmiedegesellen Hermann Meinhardt aus Breiten feld zu 2 Monaten Gefängniß. Der erstere Angeklagte hatte sich in den rohesten Ausdrücken über Se. Majestät dem Kaiser sowohl auch gegen Se. Majestät den König, der andere Angeklagte sich mißliebig über Se. Majestät dem Kaiser ausgesprochen. — Wie unsicher die Gegend von Senftenberg in letzter Zeit ge worden ist, davon mögen zwei kürzlich vorgekommene Fälle den Beweis liefern: Ein Bierkutscher fährt von Senftenberg nach Zschipkau. Unter wegs bittet ihm ein am Wege sitzendes altes Mütterchen, sie ein Stück mitzunehmen. Der Fuhrmann gewährt ihr die Bitte. Die anscheinend alte Frau giebt ihm den Handkorb, den er auf den Wagen stellen soll. Bei dieser Gelegenheit wird der Kutscher gewahr, daß die Hand eine Mannes hand ist. Er giebt den Pferden die Peitsche und fährt schnell davon, ohne natürlich die Person mitgenommen zu haben. In dem Handkorb befanden sich Pistolen und Dolche. — Einem Lehrer aus Sorno, eben falls in dortiger Gegend, wurden kürzlich von zwei geschwärzten Leuten Uhr, Geld und Kleidungsstücke abgenommen, so daß derselbe mit Hose und Weste nur bekleidet, nach Hause kam, dabei noch froh, daß er wenigstens mit dem Leben davon gekommen war. — Die Körcommisston für das Meißner Zuchtschwein hat in den ersten Tagen dieser Woche die Körung in den Zuchtbezirken Zehren, Nimtitz, Krögiß und Diera vorgenommen und in derselben 112 Sauen und 9 Eber angekört. Die Zahl der angekörten Thiere ist dadurch auf 234 ge stiegen und zwar auf 16 Eber und 218 Sauen. Uebrig bleibt noch die Körung in den Zuchtbezirken Tanneberg und Wilsdruff. Nach Beendig ung derselben wird Anfangs Februar in Meißen die 1. ordentliche Haupt versammlung der Mitglieder der Zuchtgenossenschaft stattfinden, deren Zahl sich in den letzten Wochen benähe verdoppelt hat und jetzt etwa 100 beträgt. — Auf Grund des Reichsgesetzes vom Jahre 1884 den Verkehr mit Sprengstoffen betreffend, wurde der Guts- und Steinbruchsbesitzer Heinrich Hermann Scherber aus Langhennersdorf zu der exemplarischen Strafe von 4 Monaten Gefängniß verurtheilt. Der noch unbestrafte Angeklagte kam am 16. Juli von Lohmen nach Copitz gefahren. Ihm entgegen, etwas bergauf, fuhr ein von Freiberg kommender und nach Radeberg bestimmter, mit Dynamit beladener zweispänniger Wagen, der sich durch 2 schwarze Fahnen mit darauf befindlichen weißem v schon von Weitem kenntlich machte. Vor der gefährlichen Ladung schritt der Polizeidiener Krebs, und dieser hob als Warnungstafel für den Angeklagten beide Arme fort gesetzt in die Höhe, ries Scherbern auch als dieser, der Warnung unge achtet in scharfen Trabe weiterfuhr, mit Stentorstimme die Worte zu: „Dynamit!" „Pulver!" „Cigarre weg!" Trotzdem fuhr der Angeschuldigte schnell und mit brennender Cigarre weiter und als der Polizeibeamte Krebs im Moment des Vorbeifahrens auf den Wagen Scherbers sprang, bedachte ihn Scherber mit groben Redensarten. Damit war der Thatbestand des erwähnten Vergehens gedeckt und bei Abmessung der Strafe ging das Gericht noch über das Strafminimum von 3 Monaten Gefängniß hinaus. — Leipzg, 11. Januar. Hier ist die Nachricht cingetroffen, daß der Procurist Hahnemann, der mit einer unterschlagenen Summe von 70 000 Mark flüchtete und in Port Said verhaftet wurde, sich erhängt habe. — Aus dem Riesengebirgc wird geschrieben: Wohl schon seit vielen Jahren hat man in den Hochgebirgsdörfern nicht so sehnlichst auf Schnee gehofft, as diesen Winter, und fast scheint er, als ob derselbe erst zu einer Zeit eintreffen sollte, wo anderwärts der Lenz mit seinem Einzuge beginnt. Der Verkehr, durch welchen sonst die Ortschaften am Fuße des Riesen gebirges einigermaßen belebt, stockt gänzlich. Schlittengäste und Hörner schlittenfahrer bleiben aus und damit mancher Verdienst. Sogar das Holzrücken vom Gebirgskamme nach dem Thale, welches sonst einem großen Theile der männlichen Gebirgsbevölkerung Beschäftigung und Unterhalt gab, ist gegenwärtig nur an wenigen Stellen möglich und auch dort äußerst mühsam und anstrengend. Daher viele Klagen der Waldarbeiter, Gast- wirthe, Fuhrwerksbesitzer. Auch die Holzschleifereien an den Flußläufen leiden unter dem Schneemangel, da ihnen ihr Holzbedarf entweder gar nicht oder nur mit erheblich größeren Kosten geliefert werden kann. Vermischtes. * Eine brennende Stadt. Aus Warschau wird unterm 8. Januar gemeldet: Die im Gouverment Minsk gelegene Kreisstadt Mozycz ist von einer großen Feuersbrunst heimgesucht worden. Das Feuer ist auf un-