Volltext Seite (XML)
halten konntest, Du, die ihn liebt und ihn vertheidigen mußte, während ich ihn stets für unschuldig hielt." Albertine drückte die Hand der Schwester mit einem dankbaren Blick. „Du bist auch viel besser und klüger als ich, Linchen!" versetzte sie seufzend, „er wird und kann mir das niemals vergeben. Doch höre, wie ich darauf kommen mußte." Sie erzählte ihr jetzt von dem Conflikt mit Tante Sanna und von der Drohung derselben. „Ja," sprach Linchen, „nun ist mir alles klar, aber Du hättest ihn doch besser kennen müssen. Der guthmüthige Rudolf ein Mörder, — man könnte darüber lachen, wenn die Geschichte nicht allzu ernst und grausig wäre. Hättest Du es mir doch nur anvertraut!" „Ja, hätte ich nicht den Kopf verloren, — ich war ganz von Sinnen und fürchtete mich vor dem eigenen Schatten. Meine Kopflosigkeit oder vielmehr meine Dummheit brachte mich schließlich bis zum Verrath, ach Gott! — wie kann ich nur weiterleben mit diesem Gefühl in der Seele." Sie erzählte nun weiter von dem Detectiv und wie sie selber den Menschen auf sich und ihre Angst aufmerksam gemacht habe. „Himmel, wie einfältig!" rief Linchen unwillkürlich, was hat denn nun der Staatsanwalt zu Deiner Mittheilung gesagt?" „Er lobte mich, daß ich zu ihm gekommen sei, sprach mir Muth ein und schien sehr erfreut über meine Mittheilung. Dann nahm er mich wegen der andern Geschichte in's Verhör und meinte schließlich, daß selbst ein Jurist meine Auffassung hätte theilen müssen und es meinem Charakter alle Ehre mache, daß die Stimme des Gewissens nicht durch die blinde Liebe und Leidenschaft des schwachen Herzens besiegt worden sei. Ein recht schwacher Trost für meine große Schuld." „Er legte Deiner Mittheilung also doch ein gewisses Gewicht bei?" fragte Linchen. „Ja, daß war ganz ersichtlich, schärfte mir aber ein, die Sache ganz geheim zu halten und besonders die Zwillinge vor dem Ausplaudern zu warnen." „O, denen werde ich schon eine heilsame Angst einjagen," bemerkte Linchen, „ebenso dem Karl, — während Du Dich gänzlich passiv bei der Sache verhälft und den Eltern beileibe nichts von Deinem Attentat ver- räthst. Jetzt aber setze eine gleichgültige Miene auf, lasse den Kopf, wie man's jetzt gewohnt bei Dir ist, nach Belieben hängen und fange keine neue Dummheit an." Das war ziemlich derb, aber auch resolut und vernünftig gesprochen, weshalb Albertine es demüthig hinnahm und der klugen Schwester in allen Dingen zu gehorchen versprach. Der Staatsanwalt ließ nach der Entfernung des jungen Mädchens sofort seinen Detectiv zu sich kommen, dem er die Sache mittheilte und ihn zu Dr. Stevenson, welcher wieder im Hotel „Zum deutschen Kaiser" wohnte, sandte, um auch diesen davon in Kenntniß zu setzen. Stevenson begab sich mit Kugler jetzt eiligst zu dem Staatsanwalt. „Ich muß sofort zu meinem Newman," bemerkte er ganz erregt, „Sie waren ja selbst der Meinung, Herr Staatsanwalt, und erlauben wohl —" „Daß mein Kugler Sie begleitet, nU ri^kt, wie Ihr Newman sagt. — Ich würde selber von der Partie sein, will aber lieber am Platze bleiben, um jeder Eventualität begegnen zu können. Schade, daß diese Zwillinge nicht um einige Jahre älter sind." „Weshalb? — Es scheint Herrn von Santen's Verhängniß zu sein, von Kindern überführt zu werden. Kommen Sie jetzt, Herr Kugler, ich erkannte Sie als Detectiv schon bei Ihrer Ankunft und freue mich, jetzt nicht mehr den Gegner, sondern den Perbündeten zu sehen, der gemein schaftlich mit mir der Fährte des tückischen Fuchses folgt. Mein Newman wird sich freuen, Ihre Bekanntschaft zu machen." „Hm, das ist die Frage, Herr Doctor!" sprach Kugler achselzuckend, „ich wollte schon einmal eine Operation als Arzt an ihm vornehmen." „Ach so, na, der alte Bursche ist nicht rachsüchtig. Kommen Sie nur." Stevenson reichte dem Staatsanwalt die Hand und empfahl sich. „Wir haben noch drei Stunden Zeit," bemerkte Kugler, seine Uhr ziehend. „Dann bleiben Sie nur noch, lieber Doctor!" sprach der Staatsan walt, worauf der Detectiv sich rasch entfernte. „Ich habe eine Bitte an Sie," begann Stevenson nach einer kleinen Pause, „muß aber bemerken, daß nur eine persönliche Absicht mich dabei leitet." „Und die Bitte betrifft?" „Eine Unterredung mit Fräulein Born?" „Mit der Geliebten des Herrn von Santen?" fragte der Staatsan walt überrascht. „Ja, kennen Sie dieselbe persönlich?" „Nein, ich kenne ihre Familie, mit der ich Beziehungen hatte, mit einem Wort, Herr Staatsanwalt, mein Vater heirathete vor vielen Jahren, als ich ein halbwüchsiger Bursche noch war, ihre Mutter, welche als Wittwe eine Tochter von drei Jahren ihm zubrachte." „Diese Ingeborg Kronau?" „Ja, — die Stiefmutter trieb mich aus dem Vaterhause und ihren Gatten, er war Arzt, in den Tod," sprach Stevenson, die Stimme senkend. Der Staatsanwalt blickte ihn mit einem unverkennbaren Respect an. „Sie haben sich somit Ihren Lebensweg selber gebahnt, Herr Doctor?" „Ja," versetzte Stevenson, sich stolz aufrichtend, „was ich bin, ist mein eigenes Perdienst. Drüben legte ich mit dem Vaterlande meines Vaters Namen für immer ab und nannte mich Stevenson nach einem alten Hafenarbeiter, welcher sein Brod mit mir theilte, als ich krank und halbverhungert auf der Straße mich sortschleppte. Dieser Name hat mir Glück gebracht, und ich glaube auch, ihm Ehre gemacht zu haben. Amerika gab mir eine geachtete Stellung und Brod — ich liebe mein zweites Vater land, fühle aber doch hier auf deutschem Boden, wie tief die alte Heimath im Herzen nistet." „Nicht wahr?" sprach der Staatsanwalt ihm die Hand drückend, „die alte Mutter Germania hält ihre Kinder doch stets in festen Banden. Nun aber sagen Sie mir, weshalb Sie die Tochter Ihrer Stiefmutter sprechen wollen, mein lieber Doctor? - Sie kann doch Sie unmöglich kennen —" „Nein, es müßte denn sein, daß ich ihr durch die große Aehnlichkeit mit meinem Vater aufgefallen bin. Ich wünsche diese Unterredung mit ihr, weil es mir weh thut, daß ein so schönes, reichbegabtes Mädchen, welches ich einst als Schwester betrachten sollte, durch die Verbindung mit dem Schurken so tief gesunken ist, da sie im Grunde nicht für straf bar gehalten werden kann —" „Sie hat sein Verbrechen gekannt und ihn zur Flucht verhalfen," schaltete der Staatsanwalt ein. „Dafür fehlen die Beweise," fuhr Stevenson fort, „und eine Flucht war im Grunde die Reise des in keiner Weise angeklagten Santen auch nicht zu nennen." „Der Tausend!" rief der Staatsanwalt laut lachend, „Sie wären wahrhaftig im Stande, sich ihr als Anwalt anzubieten. Doch Scherz bei Seite, mir liegt an der Bestrafung der Dame nichts, möchte nur betonen, daß sie als Zeug'n nothwendig ist. Ich will Ihnen den Erlaubnißschein schreiben, bitte aber, darüber den Zug nicht zu verpassen." Er schrieb den Schein und Stevenson ging nach dem Gefängniß, wo ihm sofort die Zelle der früheren Erzieherin geöffnet wurde. Ingeborg blickte erstaunt auf, als sie den Amerikaner bei sich eintreten sah. Dann erhob sie sich finster und stolz. „Was wollen Sie hier, mein Herr?" fragte sie drohend. „Um einige Minuten Gehör bitten," versetzte Stevenson ruhig. „Bitte, bleiben Sie gelassen, Fräulein Kronau, da ich als Freund, ja, wenn Sie wollen, als Bruder zu Ihnen komme." „Ich danke, mein Herr," sprach sie hochmüthig, „warten Sie, bis ich Ihre Dienste in Anspruch nehme." „Auch wenn ich Ihnen sage, daß mein Vater Dr. Helbach war, welcher im Rhein — verunglückte?" Die junge Dame zuckte zusammen, ihr Antlitz wurde bleich. „So war meine Ahnung doch richtig?" sprach sie leise, ^„Sie sind Richard Helbach, — die Aehnlichkeit mit Ihrem Pater erschreckte mich, beim ersten Anblick." „Erschreckte Sie? — Das thut mir leid, da ich Ihnen niemals wehe gethan, Ingeborg! — Lassen wir Alles ruhen, was die Vergangenheft Bitteres gehabt, und nur den einen Gedanken festhalten, daß wiplldurch ein Familienband Geschwister sein sollten. Ich war ein ungestümes, junges Blut, eifersüchtig auf des Paters Liebe, und haßte diejenige, welche sich zwischen uns gedrängt. Von diesem Gefühl beherrscht, lief ich in die weite Welt, vielleicht hätte Vieles anders und besser sich gestalten können, wäre ich daheim geblieben, vielleicht auch nicht, wir wollen den Schleier der Vergessenheit darüber decken. Auch Ihr Antlitz, Ingeborg , enthielt für mich Pekanntes, worüber ich vergebens nachgrübelte, doch als ich Ihren. Namen erfahren, da mußte ich Sie sehen und sprechen, um Ihnen meinen brüderlichen Beistand anzubieten. Weisen Sie denselben nickt zurück, Ingeborg, ein ehrliches Herz wiegt schwer in dieser Welt des Scheins." (Fortsetzung folgt.) — Vermischtes. * Von einer unglaublichen Rohheit berichtet die Nicderlausitzer V.-Z.: In den Schänken des Dorfes Turnow ist es Sitte, daß am Sylvester den Gästen freie Zeche gewährt wird. Ein fleißiger, ordentlicher Mann, der am übermäßigen Trinken keine Freude fand, hatte sich ebenfalls in einem dieser Lokale eingefunden. Als er sich nach Hause begeben wollte/ wurde er von mehreren der Uebrigen zum Verbleiben und Trinken aufge fordert. Als er aber sich weigerte, wurde er gepackt, ihm mit Gewalt der Mund geöffnet und in diesen so lange Schnaps gegossen, bis die Bethei- ligten glaubten, daß ihr Freund nun doch einmal „bezecht" sei. Auf einem herbeigeschafften Karren fuhr man dann den anscheinend Betrunke nen nach dessen Äehausung, um ihn den Seinigen als Leiche zu übergeben. * Hungersnoth. Ein in London eingetroffenes Telegramm meldet, daß in den Thälern des Jangtse und Hoang ho in China eine furcht bare Hungersnoth ausgebrochen ist. Das in Shanghei gebildete Hülss- komitee wird versuchen, auch von Europa Beitrage zu erlangen. Zur Erhaltung meiner Gesundheit. Freienbessingen (Thüringen). Ich kann es nicht unterlassen, Ihnen für die vorzügliche Heilkraft der Dr. Fernest'schen Lebensessenz von C. Lück in Colberg meinen Dank abzustatten, da ich seit Jahren an Magen-, Leber- und Nierenleiden sowie an Verstopfung leide, vieles angewandt und versucht habe und nichts hat geholfen. Die Dr. Fernest'sche Lebensessenz ist noch das einzige Mittel, welches zur Erhaltung meiner Gesundheit dient, denn durch diese bin ick allein wieder hergestellt, so daß ich jetzt wieder meinen Geschäften nach gehen kann. A. Röhl. Erhältlich in Flaschen a 80 Pf., 1 M., und 1,50 M. in Wilsdruff bei Apotheker Tzschaschel. 25Ä4M MILLI Heiserkeit etv. luuäsrm ,^Iecbmcum^Mtweüta nktvll Vorsollritb dss Ltstr. ^OkrLt Vrok! Or. 8nrlsss in Lorna, sind eins Zpeviaiität, vsivbs »eit 50 Andren tu der xaiwsn Veit Niilivneu Nensslisn bet katarrkallsebsn Lais- und Lrast - Lssvbvsiden, bei Hasten, «»sclenen - Inxknieur - Sclliile d) ^Vsrkmsistsr-Zelmlk!. Antwerpen: Silberne Medaille; Zürich: Diplom. Goldene Medaillen: Nizza 1884; Krems 1884. ^pieiwerke 4—200 Stücke spielend; mit oder ohne Expression, Mandoline, Trommel, Glocken, Himmelsstimmen, Castagnetten, Harfenspiel rc. Spieldosen 2—16 Stücke spielend, ferner Necessaires, Cigarrenständer, Schweizer- Häuschen, Photographiealbums, Schreibzeuge, Handschuhkasten, Brief beschwerer, Blumenvasen, Cigarren-Etuis, Tabaksdosen, Arbeitstische, Flaschen, Biergläser, Stühle rc., Alles mit Musik. Stets das Neueste und Vorzüglichste, besonders geeignet zu Weihnachts geschenken, empfiehlt I. H. Heller, Bern (Schweiz). MM- In Folge bedeutender Reduktion der Rohmaterialpreise be willige ich auf die bisherigen Ansätze meiner Preislisten 20 Ra batt und zwar selbst bei dem kleinsten Auftrage. Nur direkter Bezug igarantirt Aechtheit; illustrirte Preislisten sende franko. II .: keit etv. laadsrasL and Lills Asdraebt baden. 8is können bei Lrkältaußsn, Lasten and Heiserkeit nivbt varw gennA sinpioblen vsrdsn, indem sie diese lästigen LnMssiiekkeitsu raset» lindern and einer Versebiiinmsrang Vorbeugen. Vorrätkig IN itllKN Orten, Wir werden gebeten, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß sich auch seit Kurzem in unserer Stadt eine Niederlage der ächten, wohlrenommirten Weißbacki'stben Haar- und Bartwuchs-Tinktur befindet und zwar bei Herrn Friseur Hugo Hörig. Diese Tinktur rivalisirt, wie man uns mittheilt, mit allen kost spieligen Pariser Fabrikaten, ist ungemein preiswürdig und ein Ver such scHon deshalb empfehlenswerth. Jährlicher Umsatz (ca. Sttvy Flaschen allein in Sachsen) bürgt für die Güte dieser Tinktur, während der Absatz im ganzen Reichsland ein staunenswcrther genannt werden muß. Redaktion, Druck und Verlag von H. A. Berger in Wilsdruff.