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deutschen Volke nur zu dauerndem Segen gereichen würde. Denn wo Monarch und Volk, Regierung und Parlament vertrauensvoll'Hand in Hand gehen, ist die Verständigung selbst über schwierige Materien nicht gar schwer zu erreichen. Der Reichskanzler hat den Boden Berlins wieder betreten, nach dem er viele Wochen in Friedrichsruh zugebracht hat. Im Palais an der Wilhelmstraße sind etliche Vorhänge aufgezogen; vor dem eisernen Gitter des Vorgartens steht wieder ein Gehcimschutzmann, welcher die Wohnung des Kanzlers zu beobachten hat; der reitende Bote, welcher tagtäglich De peschen nach der Stettiner Bahn vom Auswärtigen Amt zu bringen hatte, erscheint nicht mehr — kurz, der Kanzler ist wieder eingekehrt in sein Berliner Hotel, das so düster, geradezu finster daliegt, als ob keine Menschen seele in ihm wohne. Selten, daß ein Wagen in den Vorhof hineindonnert, selten, daß ein Kopf am Fenster erscheint, und selten, daß sich Jemand von der Dienerschaft zeigt. Großer geselliger Verkehr herrscht ja nicht im Hause des Leiters der deutschen Politik. Im vergangenen Jahrhundert gebaut, hat der Umbau den Charakter eines einfachen adligen Stadtbesitz- thumes nichts verwischen können. Die Radziwill's, die vormaligen Besitzer des Gebäudes, waren und sind trotz ihres Reichthums in äußerem Auf wande stets bescheiden geblieben. Einen ziemlich bescheidenen Eindruck machte denn auch das Vestibül und die links gelegene einarmige Stein treppe, welche direkt zum großen Saal, in welchem der Berliner Kongreß getagt, hinaufführt. Dieser Raum ist der stattlichste des Hauses, wird aber selten benutzt. Sonst ist Alles einfach, besonders in den Räumen des Kanzler, weniger hingegen in jenen der Fürstin, deren Arbeits- und Musikzimmer mit Fresken von dem verstorbenen Schaller geschmückt sind. Wie jeder Umbau seine Schattenseiten besitzt, so auch dieser, und man kann daher der inneren Einrichtung das Zeugniß „komfortabel" keines wegs ausstellen. Der Fürst soll denn auch von seinem Berliner Palais gerade nicht erbaut sein. Den bevorstehenden Geburtstag Sr. Maj. des Kaisers wird der Reichstag durch ein gemeinsames Festmahl begehen, in gleicher Weise, wie ein solches in früheren Jahren am 22. März statthatte. Die äußeren Modalitäten für das Festmahl am 27. Januar hat der Vorstand des Reichstages in einer Besprechung festgestellt. Deutscher Reichstag. In Gegenwart des Reichskanzlers Fürsten Bismarck, welcher mehrfach das Wort ergriff, wurde in der Dienstags sitzung der Etat des Auswärtigen Amtes berathen. — Bei der Forderung eines Vizekonsulats für Zanzibar beantragte Abg. Richter (freis.) die Ab stimmung hierüber auszusetzen, bis die ostafrikanische Angelegenheit klar gestellt sei. Fürst Bismarck antwortete, eine bezügliche Vorlage gehe heute oder morgen an den Bundesrath. Das Vizekonsulat sei indessen auf jeden Fall nöthig. Die Forderung wird bewilligt. Bei den Forderungen für Kamerun machte Abg. Wörmann (natlib.) auf Uebergriffe der Royal-Niger- Company aufmerksam, wodurch auch deutsche Interessen geschädigt würden. Fürst Bismarck meint, es werde schwer möglich sein, direkte Beschwerde mangels eines Vertrages zu führen. Graf Herbert Bismarck erhofft eine friedliche Beilegung dieser Angelegenheit. Abg. Richter (freis.) behauptet, die Hamburger Kaufmannschaft thäte zu wenig für Kamerun, wovon das Reich keinen Vortheil habe, und forderte die Aufhebung der Sklaverei, wo diese in deutschen Schutzgebieten noch bestehen sollte. Fürst Bismarck erwidert, wenn wir uns nicht unnöthige Feinde machen wollten, dürften wir nicht zu schnell vorgehen. Wovon sollten die Sklaven leben, wenn sie ohne weiteres freigelassen würden? Abg. Wörmann (natlib.) weist die Angriffe Richters gegen die Hamburger Kaufleute mit Nachdruck zurück. Richter kenne überhaupt die Verhältnisse in den Kolonien gar nicht. Abg. Richter antwortet, Wörmann spreche viel zu sehr als Interessent, um mit seinem Urtheil maßgebend zu sein. Redner erklärt auf eine kurze Bemerkung Fürst Bismarcks, die freisinnige Presse sei unabhängig und wahr und werde auf niemanden Rücksicht nehmen. Der Reichskanzler bestreitet, daß die freisinnige Presse wahr sei. Was die Kolonialpolitik betreffe, könne uns nur treue Arbeit Erfolge sichern. Abg. Stöcker (kons.) bekämpft die Einfuhr von Branntwein in den Kolonien und tadelt die Haltung der freisinnigen Presse in der Kolonialpolitik. Abg. Bamberger (freis.) spricht über die Besitzrechte der südwestafrikanischen Gesellschaft, die von England angefochten würden. Fürst Bismarck antwortet, solche Aeußerungen bedeuten einen Mangel an Patriotismus und brächten uns großen Schaden. Daran knüpft sich eine scharfe Auseinandersetzung zwischen dem Reichskanzler und dem Abgg. Richter und Bamberger über Stellung der freisinnigen Partei zur Kolonialpolitik und dem Fürsten Bismarck, worauf Vertagung eintritt. — Fürst Bismarck wurde bei seiner Ansahrt im Reichstage und bei der Rückkehr mit lauten Hochrufen begrüßt. Eine so große Menschenmenge hatte sich vor dem Reichstags- gedäude eingefunden, daß außerordentliche polizeiliche Maßnahmen nöthig waren, und alles harrte trotz der bitteren Kälte von 12 Grad tapfer aus. Am Bundesrathstische begrüßte der Kanzler die Herren mit einem kräftigen Händedruck und nahm dann seinen Platz an der Ecke ein. Neben ihm saß Graf Herbert Bismarck. Fürst Bismarck sah außerordentlich wohl aus und seine Stimme klang scharf und verständlich. Augenblicklich war er guter Laune, zumal die Debatte anfangs sehr still verlief. Später wurde der Kanzler etwas erregter. Die erwartete Programmrede erfolgte noch nicht. Die große Kolonialdebatte steht also noch bevor. Der „Post" wird aus Wien gemeldet: Die preußische Thronrede findet in den Wiener Journalen die günstigste Beurtheilung. Die „Neue Freie Presse" sagt, diese Thronrede sei umwoben von dem Nimbus der Friedenspolitik und sie habe mehr erfüllt, als von ihr erwartet worden. Das „Fremdenblatt" führt aus, die Thronrede stelle dem preußischen Landtage eine Reihe großer Aufgaben, die er unter dem Zeichen des Frie dens hoffentlich zu Ende führen werde. Das „Extrablatt" schließt aus der Thronrede, daß sich die Politik, welche die Grundlage der Friedensliga bildet, zum Heile der Völker Europas bewährt hat. Die „Deutsche Zei tung" endlich sagt mit Bezug auf den Friedenspassus der Thronrede, daß keine frohere Botschaft der Welt verkündet werden konnte. Aus der französischen Deputirtenkammer wird schon wieder ein skandalöser Zwischenfall gemeldet, der sich in den Wandelgängen zwischen dem Ministerpräsidenten Floquet und dem boulangistischen Heißsporn Laur abspielte. Floquet bezeichnete einen von Laur verfaßten Zeitungsartikel über die Verwendung der geheimen Fonds zu Wahlzwecken als eine im- same Verläumdung und forderte Laur auf, seine Anklagen und Behauptungen öffentlich in derDeputirtenkammer vorzubringen. Laur erklärte, erwürbe dieselben einer Jury von Deputirten vortragen und verlangte von Floquet die Zurücknahme des Ausdruckes „infame Verläumdung", andernfalls er Floquet seine Zeugen schicken würde. Letzterer wollte indessen weder von der gewünschten Zurücknahme, noch von dem angedrohten Duell etwas wissen und blieb dabei, Laur müsse seine Behauptungen auf der Tribüne vorbringen, worauf Laur die Kammer verließ. Floquet wiederholte seine Erklärungen den Zeugen Laur's, die noch keinen Beschluß gefaßt. Das Arabenhum in Zentralafrika kann einen neuen Erfolg verzeichnen, wenn die der Times aus Zanzibar zugegangenen bezüglichen Meldungen richtig sind. Demselben zufolge wurde König Mwanga von Uganda, dem großen Negerreiche im Süden der Provinz Emin Pascha's von seinen revoltirenden arabischen Gardetruppen im Oktober gefangen genommen, worauf dieselben seinen Bruder Kiowa zum König ausriefen. Da aber Kiowa die hervorragendsten Aemter an Christen vergab, so er hoben sich die Araber abermals, tödteten viele neue Beamte und besetzten deren Posten mit Muselmännern. Dann zerstörten die Araber alle eng lischen und französischen Missionen in Uganda, doch konnten sich die Missionare nach Usambiro retten, an den dortigen englischen Gouverneur richteten die Araber ein beleidigendes Schreiben, in welchem sie die Zer störung aller Missionen in ganz Centralafrika ankündigen und Uganda als ein muselmännisch gewordenes Reich bezeichnen. Zanzibar, 16, Januar. Die katholische Missionsstation bei Puba wurde am Sonntag von Rebellen überfallen. Zwei Brüder der Mission und eine Schwester wurden ermordet, drei Brüder und eine^Schwcster ge fangen genommen. Einem Bruder gelang es, sich durch die Flucht zu retten. Stadtgemeinderathssitznnq am 7. Januar 1889. 1 ., Wurde das Gesuch des Herrn Schmiedemeister Bruno Große hier- selbst um käufliche Ueberlassung der, der hiesigen'Stadtgemeinde^gehörigen, neben seinem Hausgrundstückc Cat.-No. 109 gelegenen Parzelle No. 105 des Flurbuchs für Wilsdruff vorgetragen und darauf beschlossen, durch die Baudeputation zunächst eine Localbesichtigung vornehmen";» lassen; 2 ., soll, da Herr Tischlermeister Geißler die hiesige Fremdenherberge gekündigt hat, dieselbe im hiesigen Amts- und Wochenblatts ausgeschrieben werden; 3 ., beschloß man, von Herrn Apotheker Tzschaschel vorO50 000 Mk. Kaufsumme für das hiesige Apothckengrundstück die ortsüblichen Cassen- beiträge zu erheben; 4 ., genehmigte man die von der Cassen- und Rechnungsdeputation zu dem Abgaben- und Schulgeldrestantenverzeichnisse auf das Jahr 1887 ge faßten Beschlüsse; 5 ., wurden die wenigen und nicht wesentlichen aber auch beantworteten Erinnerungen gegen die Spar- und Stadtcassenrechnung auf das Jahr 1887 vorgetragen, auch mitgetheilt, daß gegen die Armencassen-,^Anlagen-, Feuergeräths- und Parochialcaffenrechnungen auf dasselbe Jahr Erinner ungen nicht zu ziehen gewesen seien; 6., wählte man durch Acclamation: L., in die Casten- und Rechnungsdeputation: die Herren Stadtverordneten Reiche, Fischer, Busch und Görne sowie den unterzeichneten Bürger meister als Vorsitzenden; tt., in die Baudeputation: Herrn Stadtrath Funke, die Herren Stadtver ordneten Galle, Starke und Dinndorf sowie den unterzeichneten Bürger meister als Vorsitzenden; o., in die Armendeputation: Herrn Stadtrath Funke als Vorsitzenden und die Herren Stadtverordneten Major, Busch und Görne; ä., in die Marktdeputation: Herrn Stadtrath Amtsrichter Or. Gangloff als Vorsitzenden und die Herren Stadtverordneten Herrmann, Galle, Starke und Dinndorf; s-, in die Deputation für die Militärleistungen: Herrn Stadtrath Funke und die Herren Stadtverordneten Herrmann, Galle und Dinndorf sowie den unterzeichneten Bürgermeister als Vorsitzenden; k., für die Abschätzung der städtischen Abgaben: Herrn Stadtrath Amts richter I)r. Gangloff, die Herren Stadtverordneten Reiche, Herrmann und Major sowie den unterzeichneten Bürgermeister als Vorsitzenden; Z., in die Feuerlöschdeputation: Herrn Stadtverordneten Major als wirk liches Mitglied und Herrn Stadtverordneten Fischer als dessen Stell vertreter; tt., in die Sparkassendeputation durch Stimmzettel: außer Herrn Stadt rath Funke und unterzeichneten Bürgermeister Herrn Stadtverordneten Dinndorf als wirkliches Mitglied und als dessen Stellvertreter Herrn Stadtverordneten Stärke sowie aus der Bürgerschaft Herrn Ämts- zimmermeister Partzsch als wirkliches Mitglied und als dessen Stell vertreter Herrn Zimmermeister Lungwitz; 7 ., wurden in die Deputation zur Ermittelung der Ernteerträanisse der hiesigen Stadtflur im Jahre 1888 außer dem Unterzeichneten als Vor sitzenden die Herren Stadtverordneten Herrmann und Starke sowie die Herren Stadtgutsbesitzer Wätzel, Kuntze und Stubenrauch gewählt; 8 ., wurde die Rechnung des Herrn Röhrmeister Teller hierselbst für gelieferte Brunnenarbeiten auf das 2. Halbjahr 1888 im Betrage von 132 Mk. passirlich gemacht; 9 ., nahm man Kenntniß von dem Dankschreiben der Direction der Königlichen Blindenanstalt zu Dresden für eingesendete 30 Mk. Beitrag zum Fond zur Unterstützung entlassener Blinder; 10 ., lehnte man ein Gesuch um Gewährung einer Beihilfe zum Mieth- zins ab; 11 ., soll bezüglich der von Herrn Schuhmachermstr. Wache hierselbst gewählten Schuppenbaustelle zuvörderst eine Localbesichtigung durch die Bau deputation vorgenommen werden; 12 ., nahm man Kenntniß von der durch die Königliche Amtshaupt mannschaft zu Meißen ausgesprochenen Genehmigung des städtischen Haus haltplans auf das laufende Jahr; 13 ., wählte man in den Ausschuß des Krankenkassenverbandes im Amtsgerichtsbezirk Wilsdruff bez. zur Beaufsichtigung des hiesigen Bezirks krankenhauses die Herren Stadtverordneten Starke und Dinndorf; 14 ., wurde nach Abtritt der Herren Rathsmitglieder von den Herren Stadtverordneten die Justification der Spar-, Stadt-, Armen-, Feuerge räths- und Parochialcassen- sowie der Anlagen-Rechnung auf das Jahr 1887 ausgesprochen. Wilsdruff, am 14. Januar 1889. Der Stadtgemeinderat h: Ficker, Brgmstr. Ein Bedürfnis des Volkes befriedigt nur ein Mittel, das nicht allein durch seine Billigkeit auch dem minder Bemittelten zugängliöb, sondern welches auch einfach und klat in seiner Zusammensetzung, sicher und zuverlässig in seinen Wirkungen ist. Ein solches echtes und rechtes Volksheilmittel sind die seit zehn Jahren bekannten, von den höchsten me- - dicinischen Autoritäten geprüften und empfohlenen Apotheker Richard Brandt's Sckweizerpillen, welche, wie ärztlich konstatirt ist, bei einer guten und gleichmäßigen Wirkung während längerer Zeit andauernd und ohne alle und lede Beeinträchtigung gebraucht werden ^können. Die Schweizer pillen, welche im Laufe der Zeit all die scharfwirkenden theuren Tropfen, Mixturen, Salze, Bitterwasser rc. verdrängt haben, sind daher ein unent behrliches Hausmittel für alle Diejenigen, welche an den oft so üblen Folgen von Verdauungsbeschwerden zu leiden haben. Viele Aerzte empfehlen auch dieses Mittel, das sich Jeder für ein Billiges im Hause halten kann, auf das Lebhafteste. Die Apotheker Richard Brandt's Schweizerpillen sind in den Apotheken L Schachtel 1 Mk. vorräthig, doch achte man genau auf das weiße Kreuz in rothem Felde und den Vornamen. «Kirchennochrichten aus Wilsdruff. 2. Sonntag nach Epiph. Vorm. 8^ Uhr Gottesdienst. Predigt über Joh. 2, 1—11.