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Amtsblatt für die Hgl. AmtsbauvtmamMLft zu Meißen, das K«l Nmtsanicht und de» Ktadtiatb zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Mont«t< und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Rr. 7S. Freitag, den 4. Oktober" 188«. Bekanntmachung. Am 11. und 12. Oktober dieses Jahres bleiben die Lanzleilokatttäten der Königlichen Amtshauptmannschaft wegen der Reinigung derselben geschlossen, und werden an beiden Tagen nur dringliche Geschäfte erledigt. Meißen, am 1. October 1889. Königliche Amtsbauptmannschast. v. Airchbach. Tagergeschichte. Berlin, 1. Oktober. Se. Maj. Kaiser Wilhelm wird, wie nach der „Korrespondenz Baldur" der „Akropolis" aus authentischen Hofkreisen gemeldet wird, fünf Tage in Athen verweilen. Sein Aufenthalt an anderen Orten Griechenlands, besonders in Mykenae und Olympia, dürfte 4 Tage in Anspruch nehmen. Der „Post" zufolge wird das Kaiscrpaar Athen am 31. Oktober verlassen, am 2. November in Konstantinopel eintreffen und dort acht Tage verweilen. — Die amtlichen Blätter enthalten heute die folgende Allerhöchste Verordnung, betreffend die Einberufung des Reichstages, vom 29. Sept. 1889. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden, Deutscher Kaiser, König von Preußen, rc. verordnen auf Grund des Artikels 12 der Verfassung, im Namen des Reiches, was folgt: Der Reichstag wird berufen, am 22. Ok tober dieses Jahres in Berlin zusammenzutreten, und beauftragen Wir den Reichskanzler mit den zu diesem Zwecke nöthigcn Vorbereitungen. Ur kundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel. Gegeben Neues Palais, den 30. September 1889. (1^. 8. ) Wilhelm. Fürst von Bismarck. Einen Bericht des Reichskommissars Wißmann an den Reichskanzler, datirt Zanzibar, 29. August, veröffentlicht der Reichsanzeiger. Wißmann schildert die Lage in den einzelnen Gebieten und den pazifizirtcn Ort schaften der Küste, betont ferner, er müsse mit der Sklavenfrage, abgesehen von der Ausfuhr, die mit der größten Strenge geahndet werde, vorsichtig umgehen, um nicht einen großen Theil der sich jetzt Unterwerfenden durch zu harte Bedingungen abermals ins feindliche Lager zu drängen. Das Faktum könne jedoch konstatirt werden, daß heute in dem unterworfenen Theil der Ostküste Niemand es mehr wagen würde, Sklaven zu exportiren. Die mehrfach ancmpfohlene Sparsamkeit werde in jeder Weise geübt. Es sei jeder Offizier wie er, Wißmann selber, sich bewußt, daß sie nicht über Mittel verfügen können, wie dies bei englischen Unternehmungen der Fall ist. Er sei aber der Ueberzeugung, daß die Zukunft lehren werde, daß wir auch mit geringen Mitteln den gewünschten Erfolg erzielen. Prinz Christian von Dänemark, der kürzlich zum Bräutigam der Prinzessin Margarethe von Preußen ausersehen wurde, feierte in der vergangenen Woche seinen 19. Geburtstag. Der Prinz dient augen blicklich als einfacher Soldat in der dänischen Garde. In Rücksicht auf seine Jugend ist bisher die geplante Verlobung noch nicht vollzogen worden, jedoch sollen die jungen Fürstenkinder gegenseitig einen recht angenehmen Eindruck auf einander gemacht haben. Die längere Konferenz, welche di« Kaiserin Friedrich gleich nach der Rückkehr von Fredensborg mit dem deutschen Kaiserpaare hatte, galt hauptsächlich dem deutsch-dänischen Ver lobungsprojekt, welches seine erste Anregung der dänischen Königin ver dankt. Von einem Kopenhagener Blatte wurde die Kaiserin Friedrich bei ihrem Eintreffen auf dänischem Boden als die „Schwiegermutter des Prinzen Christian" sehr sympathisch begrüßt; dasselbe Blatt deutet doch neuerdings darauf hin, daß „dieselbe Persönlichkeit die Verlobung der Prinzessin Mar garethe und somit auch die Wünsche der dänischen Königsfamilie durch kreuzt habe, die sich früher schon den Neigungen der Prinzessin Viktoria entgegengestellt habe." ES liegt auf der Hand, daß diese Auffassung eine haltlose Erfindung ist, denn mag der Zar auch der Beherrscher aller Reußen sein, der Beherrscher seiner Schwiegermutter ist er nie gewesen. Nach einer Kopenhagener Meldung der „Allgemeinen Reichscorrc- spondenz" trifft der Zar am 7. Oktober in Kiel und am 8. Oktober um 3 Uhr Nachmittags in Berlin ein: Hofminister Graf Woronzow-Dasch kow sei von Kopenhagen aus telegraphisch angewiesen worden, während des Besuches des Zaren in Berlin zu sein. Der russische Hofzug für Reisen in das Ausland, früher der Kaiserin Eugenie gehörig, werde heute oder morgen von Wirrballen nach Berlin, der Hofzug für Reisen in Rußland am 1. Oktober von Petersburg nach Wirrballen abgehen. Nach der „Nor dischen Correspondenz" dagegen würde der Zar aus seiner Dacht zur See nach Petersburg zurückkehren, ohne Fredensborg wieder zu berühren. In einem für halboffiziös erachteten Artikel über die russisch-franzö sischen Beziehungen erklären die „Nowosti", daß beide Mächte sofort zur kriegerischen Aktion schreiten würden, wenn Rußland von deutscher Seite gereizt werde. Frankreich, dem die letzten Wahlen ein stabiles Regiment gesichert hätten, sei jetzt in der Lage, sofort gegen den Dreibund Front zu machen, dessen Rüstungen die größte Gefahr für den europäischen Frieden bildeten. Ein Feldzug gegen die Eitelkeit ist in Oesterre ich von dem Minister- Präsidenten Grafen Taaffe eröffnet worden. Eine Verordnung des Ge nannten, deren Nachahmung übrigens auch bei uns zu empfehlen sein dürfte, richtet sich gegen die Fülle von OrdenS-Auszeichnungen und Medaillen der Radfahrer und ähnlichen Sportgenossen, die in Folge des ergangenen Verbotes ihre Medaillenpracht künftig nur noch innerhalb der vier Wände ihrer VereinSlokale oder in der heimischen stillen Klause zu bewundern ver mögen, da ein ferneres öffentliches Paradiren nicht mehr gestattet ist. Beim jüngsten Radfahrer-Kongreß war diese Ordensherrlichkeit noch eine solche, daß nach der Bemerkung eines Spaßvogels selbst ein Moltke gegen über den im Vordergrund gestandenen „Meisterfahren" rc. nur alS „Waisen knabe" erscheine. Eine Anzahl von hervorragenden Mitgliedern der französischen Königs partei befindet sich zur Zeit in Sheenhouse in Englang bei dem Grafen von Paris, um über die Stellungnahme bei den für den 6. Oktober statt findenden Stichwahlen zu berathen. Sie sollen auch mit den leitenden Boulangisten Verhandlungen angeknüpft haben, um sich über die Theil- ung der Wahlkreise zu verständigen. St. Genest vom Pariser „Figaro," ein Politiker, der sich selbst als den „monarchischsten und reaktionärsten aller Männer" bezeichnet, sich aber einen vorurtheilsfreien Blick über die Lage in Frankreich zu bewahren gewußt hat, liest seinen Freunden und Parteigenossen darob im „Figaro" in eindringlichster Weise den Text. Er faßt zunächst das Ergebmß der Wahlen dahin zusammen, daß trotz aller Verschwörungen und Verleumdungen, trotz allen Kriegsgeschrei'S und aller Drohungen mit allgemeiner Umwälzung Alles beim Alten bleibt oder viel mehr von vorn anfängt; der Berg habe eine Maus geboren. St. Genest erklärt auch den Krieg, den die Königspartei gegen den Parlamentaris mus geführt hat, für unsinnig, denn außerhalb des Parlamentarismus gebe es nur die Diktatur eines CäsarS oder eines Konvents. Die Verfassung hält St. Genest gar nicht für so schlecht, denn sie sei von Monarchen gemacht und gleiche den Verfassungen anderer Länder. Vor Allem warnt St. Genest vor der Fortsetzung des Bündnisses mit Boulanger. „So lange der bestrafte Soldat in seiner Arrestzelle ruft: ES lebe Boulanger; so lange der abgesetzte Offizier den Säbel von sich wirft mit den Worten: Boulanger wird ihn mir wiedcrgebcn; so lange der verurtheilte Dieb und Mörder Boulanger um Hilfe anrufl; so lange Müßiggänger, Lumpen, Zu hälter und der Abschaum der Straße Boulanger zujauchzen: so lange be schwöre ich Euch, stimmt nicht für Boulanger!" Daß dieAnhänger des Grafen von Paris die Stimme St. Genest's beachten werden, ist kaum anzunehmen. Sie haben sich durch ihre Verbindung mit Boulanger un heilbar blosgestellt, und es ist zu spät, um noch einen neuen besseren Weg zu beschreiten. Außerdem haben sie nicht gelernt, sich zu bescheiden, und sie werden sich nicnals bescheiden. Boulanger gestand einem Mitarbeiter des „Gaulois" gegenüber zwar seine Niederlage zu, doch sei noch keines wegs Alles verloren; nach der Weltausstellung werde das Elend bei der Bevölkerung, die Zerrüttung im Staatshaushalte beginnen und bald werd« man lauter als je rufen: „Boulanger hoch!" Paris, 29. September. Im Jndustriepalast fand heute die Preis- vcrtheilung an die Aussteller statt. Der Conseilpräsident Tirard theilte mit, daß die Zahl der Aussteller über 60000 betragen habe. Die Jurys verthcilten im Ganzen 33139 Preise, darunter 903 große Preise, 5I53 goldene Medaillen, 9960 silberne Medaillen, 9323 bronzene Medaillen, 8070 Ehrendiplome. Der Minister dankte allen Ausstellern und sprach die Hoffnung aus, die fremden Aussteller würden ein gutes Andenken an Frankreich mitnehmen; Frankreich sei von dem Wunsche beseelt, mit Jeder mann in guter Harmonie zu leben, unbeschadet seiner Interessen und seiner Würde. Der Präsident Carnot wurde bei seinem Eintreffen enthusiastisch begrüßt. Carnot drückte die Hoffnung aus, die Ausstellung werde für Frankreich eine Aera der Beruhigung eröffnen; die Gäste Frankreichs, welche dieses kennen gelernt, würden in ihre Heimath aufgeklärte Urtheile mit nehmen, welche nicht ohne Wirkung auf die Beziehungen der Völker bleiben würden. So würde die Politik, welcher Frankreich treu bleibe, neue Ver- theidiger gefunden und die Ausstellung einer großen Sache: dem Frieden und der Humanität, gedient haben. — Bei der Preisvertheilung erhielten die deutschen Vorschußvercine, System Schulze-Delitzsch, den großen Preis. Rom, 30. September. Telegraphische Meldungen bestätigen den Zusammenstoß zweier Personenzüge in dem Tunnel von Ariano. Der Unglücksfall ereignete sich während eines heftigen Sturmes und scheint nach den bisherigen Nachrichten durch die Nachläjsigkeit eines Eisenbahnbeamten entstanden zu sein. Die Zahl der Todten und Verwundeten ist noch nicht festgestellt, gerüchtweise verlautet von20Todtcn. Unter den leicht Verwun deten sollen sich 6 Soldaten der mobilen Miliz befinden. Der Arbeits- Minister hat sich beute Abend nach der Unglücksstätte begeben. Aus Südbelgien wird eine Streikbewegung gemeldet. 2500 Berg leute stellten die Arbeit ein. — In den Kohlengruben bei Flenu-ProduitS und Pecquery ist ein theilweiser «streik ausgebrochen. 439 Arbeiter haben die Arbeit eingestellt. Auf dem Gebiete der auswärtigen Politik interesstren zunächst die Vorgänge in Serbien, welches Land durch die nun erfolgte Rückkehr der Königin Natalie nach Belgrad in Verbindung mit den vollzogenen Neu wahlen zur Skupschtina die öffentliche Aufmerksamkeit wiederum in er höhtem Grade erregt. Trotz des Fehlens jedes offiziellen CeremoniellS