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unserem Kaiser jene Jugendkraft und Hoffnungsfreudigkeit sich verkörpert, di« von den glanzvollsten Blättern der deutschen Kaisergcschichte im Mittel- alter wiederstrahlt; daß in dieser Verkörperung bereits die Gewähr der Zu kunft gegeben sei, ebenso, wie in der männlichen Entschlossenheit, mit der Kaiser Wilhelm II. zu den Ueberlieferungen seines Hauses sich bekennt, «m dieselben unerschütterlich zu vertreten. Diese Ueberlieferungen haben allerdings mit der Hauspolitik der Hohenstaufen, die sich übrigens der einzige Welfe auf dem Kaiserthron alsbald ebenfalls zu eigen machte, nichts mehr gemein. „Allezeit Mehrer des Reiches" hat für die Hohen- zollern nicht den Sinn einer Erweiterung ihrer Herrschaft über die staats- und völkerrechtlich gegebenen Grenzen hinaus. Auch der unverständigste Chauvinist im Westen kommt jederzeit wieder davon ab, der deutschen Po litik eine derartige Tendenz zu unterschieben. Die Gemeinde derer, die es glauben möchte, ist doch zu unansehnlich. Und das Moskowiterthum wirft unserer Reichspolitik überhaupt nicht vor, daß sie direkt für das Reich einen Zuwachs an Herrschaftsbesitz anstrebe, — nur, daß sie den Macht bestrebungen des Donaukaiserreichs größeren Vorschub leiste, als den russischen und dadurch die Letzteren aufhalte. Aber schon in diesen Vorwürfen der Friedensfeinde liegt die Anerkennung enthalten, daß das neue Kaiscrthum im Reiche dem alten Spruch ganz anderen Inhalt verliehen. Die Bürg schaften einer weisen und volksthümlichen Herrschaft im Lande selbst und Bürgschaften des Völkerfriedens in Europa allezeit zu mehren, ist jetzt die Losung, und ihr zollen die Fürsten im Reiche, wie die Völkerstämme so rückhaltlosen Beifall, wie das Kaiserthum im Mittelalter in der Ver tretung seiner hauspolitischen Grundsätze bald da, bald dort zähem Wider stand begegnete, der schließlich auch die Wurzeln der Herrschaft angriff und zersetzte, In jenem freudig bezeugten Einklang zwischen Kaiser, Fürsten und Volk erkennt das Ausland mit vollem Recht den sichersten Grundpfeiler der deutschen Einheit und Machtstellung und die untrügliche Gewähr ihrer Dauerhaftigkeit. Von dorther, von öffentlichen Organen, die außerhalb der Reichsgrenze erscheinen, werden dem deutschen Volke dazu Glückwünsche dargebracht, daß Kaiser Wilhelm II. in glanzvoller Weise die Aufgabe seiner „Antrittsbesuche" durchgeführt habe: den Friedensfreunden zur Ge wißheit zu bringen, daß sie unserer Bereitschaft auf alle Fälle versichert sein können, den Zweiflern, daß in dem Friedensbund sich diejenigen Mächte vereinigten, denen die Zukunft gehört, denen sich anzuschließen die Klugheit schon gebietet, den offenen und heimlichen Feinden des Friedens aber, daß die Uebereinstimmung der verbündeten und befreundeten Friedens mächte eine unauflösliche, und die Wehrhaftigkeit derselben eine vollauf gebietende ist. Wenn ein Wiener Regicrungsorgan von dem Besuch des Kaisers im Elsaß erhofft, daß der Blick auf den Kaiser die reichsländische Bevölkerung lehren muß, auf welcher Seite die Zukunft ist, und daß sie sich „der Zukunft zuwenden, wie dies das Gesetz der Lebendigen ist", so dürfen wir, im Hinblick auf die Begegnung unseres Kaisers mit den ver bündeten und befreundeten Fürsten diese Hoffnung wohl erweitern: daß der Friedensbund, dem die Zukunft ebenfalls gehören soll, allezeit auch eine unüberwindlich starke Gemeinschaft von nächsten Interessenten sein wird, um den Frieden wirksam schützen zu können. Berlin, 28. August. Es ist vielfach ausgefallen, so schreibt die „Nat.-Ztg.," daß die Hochzeit der Prinzessin Sophie mit dem Kronprinzen von Griechenland in Athen und nicht in Berlin vollzogen wird. Es be ruht diese noch zu Lebzeiten des Kaisers Friedrich getroffene Anordnung anscheinend aus dem griechischen Hausgesetz. Endgiltige Bestimmungen über die Gegenwart Kaiser Wilhelm's bei den Hochzeitsfeierlichkeiten in Athen sind trotz der Sicherheit, mit der die darauf zielenden Nachrichten auftreten, keineswegs bereits getroffen. Der „Magdeb. Ztg." schreibt man von Berlin: Der Kaiser hat die Vertreter, welche diebelgische und luxemburgische Regierung zu seiner Be grüßung nach Metz entsandt, mit hohen Ordensauszeichnungen bedacht. Dir Meldung, daß der Präsident der französischen Republick, Herr Carnot, den französischen Botschafter am hiesigen Hofe zu gleichem Zwecke nach Metz abordnen werde, hat sich nicht bestätigt. Es scheint also, daß man in Paris jetzt selbst die Ausübung einer einfachen Höflichkeitspflicht für bedenklich oder überflüssig erachtet, von der sich ein früherer Präsident der Republik dem verstorbenen Kaiser Wilhelm gegenüber nicht entbinden zu können glaubte. Wenn derartige Tactlosigkeiten, die sich selbst am besten richten, einen Eindruck auch nicht weiter machen können, so bleiben sie doch für die Entwicklung der Beziehungen Frankreichs zu Deutschland be- merkenswcrth. Sie könnten auch im gegenwärtigen Augenblick doppelt auffällig erscheinen, wo die ausgezeichnete Höflichkeit, welche die deutschen Behörden und nicht diese allein jüngst erst noch bei der Ueberführung der irdischen Ueberreste Camots und Latour d'Auvcrgnes bekundet, noch frisch in Erinnerung ift. In einem Rückblick auf die Straßburger Kaiscrtage schreibt die fran zosenfreundliche, in Rom erscheinende „Tribune": Der Eindruck der Kaiser seste war geradezu vernichtend für Frankreich; es wäre bornirt, wollte die Revanchepartei künftig noch die Statue der Stadt Straßburg bekränzen, nachdem der Abfall Elsaß-Lothringens von Frankreich unaufhaltsam und definitiv geworden ist. Die russische Presse bespricht die Abrüstungsfrage. Sie sagt, weder für Rußland, noch für Frankreich könne von einer Abrüstung die Rede sein, da die wirkliche Aufgabe der Friedcnsliga sei, Rußland und Frankreich zu nöthigen, mit dem Verlust Bulgariens bezw. Elsaß-Lothringens sich zu frieden zu geben. Solange die Balkanfrage nicht friedlich geregelt worden, sei nur ein bewaffneter Friede möglich. Die Reisedispositivnen des Czaren haben wiederum eine über raschende Abänderung erfahren. Wie der Petersburger „Regierungsbote," also ein bochamtliches Blatt, meldet, sind der Kaiser und die Kaiserin mit dem Großfürsten-Thronfolger und ihren andern Kindern am Montag Abend 6 Uhr nach Kopenhagen abgereist. Es ist nach der endlich erfolgten Ab reise des Czaren und seiner Familie aus Rußland die Möglichkeit nun wieder eine offene, daß der Kaiser Alexander in allernächster Zeit doch noch nach Deutschland kommt. London, 27. August. Ungefähr 100000 Arbeiter verschiedener Branchen streiken jetzt. Der Pöbel beginnt gewaltthätig und unruhig zu werden; 300 Dampfer liegen hülflos in der Themse, es herrscht großer Kohlenmangel. Die Fleischzufuhr hat völlig aufgehört. Vaterländischer. Wilsdruff. Die letzten acht Tage waren wieder recht belebte in unserer Stadt und Umgegend, denn wir hatten wiederum Gäste zu be herbergen und zwar diesmal die tapferen Jäger aus Dresden und den Stab dieser Brigade. Wie wir hören, sind auch diese Gäste mit ihren Quar tieren allseitig zufrieden und herrscht denn auch das beste Einvernehmen zwischen Militär und Bürgerschaft, wie man sich vielfach überzeugen konnte. Am Sonntag Abend konzertirte die Kapelle des 3. Jägerbataillons im Adlersaale und erntete von den sehr zahlreich erschienenen Conzertbesuchern reichen Beifall. Am Montag hatte unsere Stadt am Nachmittag das Vergnügen, Se. königl. Hoheit den Premierlieutenant Prinz Johann, welcher auf dem Schlosse zu Weistropp im Quartier liegt, zu beherbergen. Se. königl. Hoheit war von dem hiesigen Offizierkorps zur Tafel geladen worden und hatte freundlichst zugesagt; das Rathhaus und verschiedene Privathäuser am Marktplatz hatten Flaggenschmuck angelegt. Im Adler - saale wurde Se. königl. Hoheit vom gesummten Offizierkorps ehrerbietigst empfangen und Ihm von dem Töchterchen des Herrn Hotelier Gietzelt ein Blumenbouquet mit dem Wunsche überreicht: „Königliche Hoheit wolle huldvollst dieses Bouquet als ein Zeichen kindlicher Verehrung und ge bührender Hochachtung mit der unterthänigsten Bitte entgegennehmen, kö nigliche Hoheit wolle der Stadt Wilsdruff allezeit ein freundliches An denken bewahren und derselben fernerhin Ew. Königl. Gunst und Für sorge angedeihen lassen!" Se. königl. Hoheit war hierüber sichtlich er freut und dankte huldvollst dafür; ebenso waren königliche Hoheit auch über die Schmückung der Häuser, sowie über das vom hiesigen Stadt musikchor ausgeführte Abendständchen auf dem Marktplatz erfreut und dankten herzlichst dafür. Heute Freitag ziehen unsere Jäger weiter und wird deren nächstes Nachtquartier Neukirchen und Umgegend sein, dafür rücken auf einen Tag andere Truppentheile ein, welche sich dann alle nach den größeren Manöverterrains bis nach Oschatz hinziehen, woselbst das gesammte sächsische Armeekorps vor Sr. Majestät dem König Albert und Seinem hohen Gast, Sr. Majestät Kaiser Wilhelm, manöveriren wird und wo am 6. September die große Kaiserparade stattfindet. — Die mehrfachen örtlichen Festlichkeiten und die zuletzt stattgehabte Militär-Einquartierung tragen jedenfalls die Schuld daran, daß dies Jahr in unserer Stadt von einer größeren Feier des Sedantagcs abgesehen wird. Wie aus heutiger Nr. d. Bl. zu ersehen, wird Herr Stadtmusikdirektor Jahn an diesem Tage sein drittes Abonncment-Conzert im Lindenschlöß- chen abhalten, wobei vielleicht Gelegenheit genommen wird, des für ganz Deutschland hochwichtigen Tages durch Wort und Lied zu gedenken. Außer dem dürfte auch dem Stadtmusikchor Veranlassung gegeben werden, eine Festreveille und Marktmusik zu spielen. — Ueber die seitens der Stadt Dresden zum Empfange Kaiser Wilhelms geplanten Veranstaltungen wird jetzt Folgendes bekannt: Die städtischen Kollegien sollen den Kaiser an den vormaligen Thorgebäuden am Kaiser-Wilhelmplatze begrüßen. Daselbst soll in der Richtung der Kaiserstraße nach dem Plane der Architekten Giese und Weidner ein Säulen bau errichtet, vor diesem aber inmitten eines Wasserbeckens eine 6 Meter hohe Statue, die Stadt Dresden darstellend, aufgestellt werden, deren Mo- dellirung der Bildhauer Robert Diez übernommen. Mit der Modellirung einer zweiten, den Säulenbau selbst bekrönenden Figur, den Frieden dar stellend, ist Prof. Henze beschäftigt. Nach erfolgter Begrüßung des Kai sers wird der Wagen durch eine doppelte Reihe von Fahnenmasten nach der Heinrichstraße sich bewegen, auf der Hauptstraße aber, wo die in der Richtung der Heinrichstraße stehenden Wasserhäuscr nach dem Entwurf« des Architekten Herrn Schubert geschmückt werden sollen, in der Mittelallee nach dem Neustädter Marktplatze fahren, dessen Eingang die von der Wet tinerfeier .her erhaltenen Obelisken in völlig neuem Schmucke zieren werden. Auf dem Neustädter Markte soll die Schuljugend Platz finden, insoweit solche nicht bei der Spalierbildung betheiligt wird. Den größten Schmuck will man der Augustusbrücke geben. Auf jedem Pfeiler derselben werden große Gaskandelaber mit Pyramiden von weißen Glasglocken mit insge- sammt 3000 Flammen aufgestellt. Die Wettiner Jubiläums - Obelisken aus dem Schloßplatze sollen erhalten bleiben. — Ueber die bevorstehende Anwesenheit Sr. Maj. des Kaisers in Sachsen sind die ,,Dr. N." in der Lage, noch Folgendes zu berichten. Die Ankunft des Kaisers Wilhelm in Dresden steht am Donnerstag bevor. Am Freitag reisen Ihre Majestäten der Kaiser Wilhelm und König Albert zur Parade nach Oschatz mittelst SonderzugeS; demselben geht eine halbe Stunde vorher ein Sonderzug voran, der die zahlreichen fremdherrlichen Offiziere nach Oschatz bringt. Freitag Nachmittag ist Hofdincr im Kgl. Schlosse, Abends Fackelzug und Huldigung der Stadt Dresden. Am Sonn abend begiebt sich der Kaiser abermals in die Gegend von Oschatz, um dem Manöver des gesammten Kgl. Sächs. Armeekorps beizuwohnen. Am Nachmittag ist das sogenannte Paradediner für die Stabsoffiziere des sächs. Armeekorps. Sonnabend Abend findet Galavorstellung im Königl., Hof theater statt. Dieselbe wird auf etwa 1 Stunde unterbrochen, während welcher der große Zapfenstreich der sächsischen Regimentskapellen vor sich geht. Am Sonntag wird von den Truppen Feldgottesdienst abgehalten. Kaiser Wilhelm selbst verbringt den Sonntag in aller Stille inmitten der Königl. Familie; am Montag Morgen reist der Kaiser abermals zu den Corpsmanövern ab. Se. Majestät kehrt von denselben nicht mehr nach Dresden zurück, sondern begiebt sich unmittelbar nach Hannover, um bei den Manövern des hannöverschen Armeekorps seines Amtes llls oberster Kriegsherr zu walten. — Die Ausfischung dcrMoritzburger Teiche beginnt am nächsten Sonnabend, und zwar mit dem niederen Waldteich bei Volkersdorf. — In Meißen wurde dieser Tage der 19jährige Knecht Pfeifer, welcher am 14. d. M. aus der Bezirksanstallt zu Hilbersdorf bei Freiberg entflohen war, weil sein verbrecherischer Plan, das Dircctionsgebäude daselbst niederzubrennen, entdeckt wurde, beim Verlassen eines eben angekommenen Dampfschiffes wieder verhaftet. Pfeifer hatte einen Tag nach seiner Flucht einen kühnen Einbruch bei einem Gutsbesitzer in Mohorn verübt und war mit seiner Beute (ca. 300 Mk. baares Geld) direct nach Kötzschen- broda zur Vogelwiese gegangen. Hier kaufte der Flüchtling eine Menge Gegenstände, sowie Kleider und verpraßte fast das ganze gestohlene Geld. Auch ein Pistol mit Munition hatte sich Pfeifer mit der Absicht gekauft, jeden Beamten, der sich ihm nahen würde, niederzuschießen. Gleichwohl verhaftete ihn kurze Zeit darauf der Gemeindevorstand eines nahe bei Meißen gelegenen Dorfes; durch Bestechung des ihn bewachenden Knechtes entsprang jedoch der jugendliche Verbrecher abermals, um in Meißen wieder gefaßt und sicher untergebracht zu werden. — Ueber ein auf Station Borsdorf stattgefundenes gedauernswcrtheS Unglück berichten die „Dr. N.": Die 14- bez. 4jährigen Töchter des Schneider meisters Klöpper, Lisbeth Franziska Auguste und Anna Hedwig, mußten, um einen Auftrag ihrer Eltern auszuführen, die Bahnschienen überschreiten. Da gerade der Dresdner Zug in die Station einfuhr und infolge dessen die Barriere geschlossen war, versuchten die Kinder einen weiter unterhalb der Station über die Bahn führenden Feldweg zu benutzen. Derselbe ist gleichfalls durch eine Barriere abgesperrt, die von der Station aus bedient wird und bei welcher sich demgemäß ein besonderer Wärterposten nicht be findet. Als die Mädchen sahen, daß der 11,25 Uhr in Leipzig abgehende Zug diese Stelle passirt hatte, schlüpften sie unter der geschlossenen Barriere durch, doch im selben Augenblicke brauste der Dresdner Zug, welcher den Bahnhof verlassen, heran und vor Schreck stolperte Hedwig Klöpper. Zwar wollte die ältere Schwester sie wegziehen, zu spät! Beide Kinder wurden von der Lokomotive erfaßt und der Zug ging über die Unglücklichen weg. Als der Zug zum stehen gebracht war, bot sich den Passagieren ein schreck licher Anblick dar, den armen Mädchen waren beide Beine abgefahren, der älteren auch ein Arm. Sofort wurden die Unglücklichen nach dem städtischen Krankenhaus überführt, woselbst Lisbeth Klöpper Nachmittags ^6 ihren furchtbaren Verletzungen erlegen ist. Für die Wiederherstellung der kleinen Hedwig Klöpper ist nur wenig Hoffnung vorhanden. — In Wurzen besteht zwischen dem Fabrikbesitzer Herrn Schütz und seinem Personal ein sehr schönes Verhältniß, was jetzt wieder durch eine anerkennenswerthe Einrichtung bewiesen worden ist. Schütz hat für