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Wirkung auf das Verhältnis der Deutschen zu den verschiedenen Parteien in Amerika hinterlassen wird. Bisher haben wir Deutsche geglaubt, daß die demokratische Partei in den Vereinigten Staaten für uns freundliche Gesinnungen hegte. Die Samoaangelegenheit hat dargethan, daß dieser Glaube auf einem Jrrthum beruhte, denn das deutschfeindliche Vorgehen der Vereinigten Staaten hat unter der Herrschaft der demokratischen Partei stattgefunden. Als sie am Ruder war, haben die amerikanischen Konsuln Greenbaum und Sewall, Vizekonsul Blacklock, sowie Klein ihre Agita tionen gegen Deutschland betrieben. Von der zur Zeit noch im Besitz der Regierungsgewalt befindlichen demokratischen Partei sind ferner dem Zusammentritt der Konferenz Hindernisse in den Weg gelegt worden. Den Republikanern ist es nun überlassen, den Weg eines gütlichen Aus gleiches zu betreten. Dann wird aber nicht nur die öffentliche Meinung in Deutschland sich dieser letzteren Partei zuwenden, sondern sie wird auch die Unterstützung unserer Landsleute finden, welche jenseits des Ozeans an dem politischen Leben theilnehmen. In Italien hat das Ministerium Crispi am Donnerstag, um eine allgemeine Krisis zu verhüten, freiwillig seine Entlassung gegeben, die der König angenommen hat. Es handelt sich nun um die Bildung eines Kabinets zur Herbeiführung von Finanzreformen. Crispi bleibt jedenfalls Premier. Der König konferierte mit verschiedenen Abgeordneten. In Frankreich ist einstweilen eine Arr Waffenstillstand auf parla mentarischem Gebiete eingetreten, der dem Kabinet Tirard nur willkommen sein kann, da es desto besser seine Stellung zu befestigen vermag. Das selbe ist auch eifrigst bestrebt, nach allen Seiten hin „Fühlung" zu nehmen und hierzu gehört auch der am Mittwoch stattgefundene erstmalige Empfang der Botschafter und meisten anderen Missionschefs durch den neuen Mi nister des Auswärtigen, Spuller, wobei der ehemalige Vertraute Gambettas jedenfalls die Grundzüge seiner auswärtigen Politik entwickelt haben wird. Vaterländisches. Wilsdruff. Auch an dieser Stelle seien die Mitglieder des „Ge meinnützigen Vereins" auf den ihnen nächsten Donnerstag bevorstehenden Genuß aufmerksam gemacht, der ihnen durch den Vortrag unseres Herrn Pastor Ficker über „die Sonne" dargeboten wird. Möge der Besuch ein recht zahlreicher sein. — Eine wesentliche Veränderung der militärischen Dienstzeit für die Lehrer ist durch die Hseresverordnung vom Jahre 1888 dadurch eingetre ten, daß die Dauer der Uebung bedeutend verlängert worden ist. Es ha ben fortan die Lehrer an Volksschulen beziehungsweise Candidaten des Volksschulamtes sich folgenden Uebungen zu unterwerfen: 1. einer activen 10wöchentlichen Dienstzeit von Mitte August bis Anfang November, gleichzeitig mit der ersten Ersatz-Reserve-Uebung; 2., einer ersten 6wöchent- lichen Reservedienstleistung von Mitte September bis Anfang November, gleichzeitig mit der zweiten Ersatz-Reserve-Uebung; 3. einer zweiten wöchentlichen Reservedienstleistung im Laufe der Sommermonate durch Ein stellung in Linientruppentheile entsprechend der dritten Ersatz-Reserve- Uebung. Für solche Dienst- bez. Uebungspflichtige mehrerwäbnter Ka tegorie, welche aus dringlichen Gründen als für vorstehende Zeitpunkte unabkömmlich bezeichnet werden, können die Uebungen im Anschluß an die in den Monaten November bis Januar stattfindenden Nachübungen abge- halten werden. — Der bekannte Schriftsteller Dr. Adolf Kohnt in Dresden wird demnächst in Paul Heinze's Verlag in Dresden-Striesen eine Festschrift: „Ruhmesblätter des Hauses Wettin. Ein geschichtlicher Rückblick auf die achthundertjährige Vergangenheit aller Lande der Rautenkrone und ihrer Fürstengeschlechter" erscheinen lassen. Diese Gedenkschrift wird durch die B-ldnisse der jetzt regierenden fünf Häupter der verschiedenen Linien des Hauses Wettin, sowie durck eine Abbildung der Stammburg Wettin ge schmückt sein, demungeachtet wird der Preis bei einer Stärke von ca. vier Druckbogen und eleganter Ausstattung nur 60 Pf. betragen. — Meißen. In der Stadtgemeinderathssitzung vom 27. v. M. wurde einstimmig beschlossen, die Errichtung einer Pferdebahn, welche vom Triebischtkal nach Cölln führen würde und um deren Bau sich die Firma Massow u. Waldschmidt in Dresden beworben hat, im Prinzip zu genehmigen. Zur weiteren Erwägung dieser Angelegenheit wurde e n Ausschuß gewählt. — In der Nacht zum 27. v. M. ist der Hausauszügler Karl Lohse in Langenburkersdorf bei Neustadt infolge von in seiner Wohnung ent standenen Kohlendunst erstickt. — Seit letzten Dienstag fehlt aus dem Dorfe Weixdorf die Hebamme Opitz. Es wurde angenommen, sie sei verunglückt, und es wurde mehr fach in der Umgegend nach ihr gesucht. Am Freitag endlich fanden einige 20 junge Leute, die zum Zweck des Suchens ausgezogen waren, ihren Leichnam etwa 20 Meter well von der Landstraße, ungefähr in der Mitte zwischen Grünberg und Lausa unweit des sog. Schmerlenteiches. Wie von einem Augenzeugen berichtet wird, sah man sofort, daß hier nicht Verunglückung, sondern ein Verbrechen, ein Mord, vorliege. Frau Opitz hatte einen dicken Strick mit fester Scklinge um den Hals, mittelst dessen sie, wie man aus den Einzelheiten schließen muß, von hinten erdrosselt worden ist. Der Mörder war dann bemüht, sein Opfer so lange als möglich den Augen der Menschen zu entziehen, schleifte es von der Straße weg ins Feld und warf dann Schnee darüber. Auf der Strecke von der Straße bis zum Fundort hat die Ermordete noch einen Filzschuh verloren, der die erste Spur für die Suchenden ergab. Den Schuh hatte der Mör der übersehen, dagegen hatte er den Handkorb feines Opfers dicht neben dasselbe hingestellt. Aus diesem Korbe fehlt anscheinend nichts, auch soll überhaupt nichts auf einen Raubmord, sondern Alles mehr auf einen Mord aus Rache schließen lassen. — Kindersegen! In einem Hausgrundstück in Spaar bei Meißen, das von 7 Familien bewohnt wird, wurden in einer Woche 6 Kinder ge boren und zwar hielten die kleinen Erdenbürger in zwei Fällen in Zwil lings- und in zwei anderen Fällen in Einzelgeburten ihren Einzug. — In Döbeln feierte in diesen Tagen Stadtrath Sturm, Besitzer der größten dortigen Cigarrenfabrik, das 30jährige Bestehen seiner Fabrik im Kreise seiner Beamten und Arbeiter. Stadtrath Sturm stiftete bei dieser Gelegenheit 10,000 M. behufs Gründung einer Altersunterstütz ungskasse für die Arbeiter dieser Fabrik; außerdem erhielten noch 2 Ci garrenarbeiter, welche seit Gründung der Fabrik derselben angehören, Ge schenke. — Der vergangene Woche in Grimma verstorbene frühere Buch bindermeister Playdy hat der dortigen Stadtgemeinde außer anderen zahl reichen Legaten in seinem Testament die Summe von 35,000 M. vermacht. Diese großartige Schenkung soll zur Erbauung eines Playdyhauses ver wendet werden, in welchem arme alte Bürger von Grimma freie Wohn ung erhalten sollen. — In der Zeit vom 6. bis 12. Februar sind allein auf der Bahn strecke zwischen Riesa und Dahlen 12,000 M. an Schneeschaufler verausgabt worden. — Vorige Mittwoch trat in Waldheim iu ein Uhrengeschäft ein junger Mensch, einige 20 Jahre alt, ein und präsentirte den Brief eines dortigen wohlhabenden Einwohners, in welchem derselbe um Zusendung einiger Uhren bat, um sich eine dergleichen auszusuchen und zu kaufen. Der Uhrmacher, welcher den Brief für echt hielt und demselben Glauben schenkte, händigte dem Unbekannten auch wirklich 4 gute Uhren aus. Der Uhrmacher erhielt jedoch keine Uhren zurück und stellte es sich heraus, daß er einem Schwindler in die Hände gefallen war. — Vor 447 Jahren, und zwar am 2. März, war Meißen in einer schrecklichen Lage. Eine alte Chronik besagt darüber Folgendes: „Anno 1442 am 2. März von Frost und Schnee alle Weinberge erfroren und verdorben von großen Gewässern, welche sich von einem Wolkenbruch plötz lich ergossen, sind zwei Joch von den Brücken weggeführt, die Stadtmauer gegen Mittag gar nieder gewaschen; welche übers Wasser zu fahren hatten, mußten in der Burggasse Hinterm Rathhause emsitzen und über die Stadt mauer bis an den Zscheilberg hinüber fahren." Der schwarze Robert oder: Meine Frau und ich. Von Michael Folden. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Ha, die Depesche! Sie war also von ihm, nicht von ihr? Teufel, ich hatte sie ja ganz vergessen! Was stand darin? Was konnte nur der Schurke melden, welchen Aufschluß sollte ich erhalten? Wüthend stürmte ich fort, die Treppe hinunter, riß dabei die Depesche aus der Tasche, riß sie auf und las: „Wenn Schwarzen Robert nicht bis übermorgen erhalten, verzichten darauf. Entrüstet über Verzögerung. Kaufen Anderes an und machen Sie für Schaden verantwortlich. Schrödersche Buchhandlung." Außer mir vor Wuth, ballte ich die Depesche in der Faust zusammen und schleuderte sie wie eine Bombe von mir, daß sie einem kleinen Jungen ins Gesicht flog, der darüber erschrocken zur Seite taumelte und in ein Helles Gebrüll ausbrach. Schwarzen Robert, jetzt! Empörend! Hole den schwarzen Robert der Teufel mit sammt der Schrödcr'schcn Buchhandlung und dem kleinen Jungen! — Dessen Mutter, die hinter ihm ging, brach in laute Schimpfreden gegen mich aus und rief nach einem Schutzmann. Ich freute mich ordentlich darüber, daß sie sich so ärgerte, denn das war förmlich Balsam für meine eigene Wuth; aber das Weib lief "schimpfend hinter mir her, rief abermals nach einem Schutzmann und die Leute wur den aufmerksam. Soeben hielten zwei Männer sie an und fragten, was los sei. Sie erzählte ihnen schreiend meine unmotivirte Mißhandlung ihres Jüngsten, der mir gar nichts getban und ich benutzte die Zeit, um meine Schritte zu beschleunigen und mich aus dem Staube zu machen. Aber das siel auf — die Männer schimpften und kamen hinter mir her. Ich rannte auf eine Droschke zu, denn ich hatte weder Zeit noch Muße, mich anhalten zu lassen, ich mußte nach dem Westbahnhof. Meine Hast fiel noch mehr auf; die Männer stürmten schreiend und schimpfend mir nach, das Weib mit. Ich sprang in die Droschke und schrie dem Kutscher zu: „Schnell nach dem Westbabnhof!" — Der Wagen setzte sich in Be wegung; da war er aber auch schon umringt, ein Mann fiel dem Pferde in die Zügel, es wurde nach einem Schutzmann geschrien, Alles lärmte und tobte, ich mit — ick glaube, ick wäre noch regelrecht gelyncht worden, wenn nickt im äußersten Moment ein Schutzmann als mein Netter er schienen wäre, der mich aufforderte, mit zur Wache zu kommen. Ich war arretirt! Aus der Wache erzählte ich den Vorfall und erzählte das kneifende Weib ibn, welche sich bei ihr n Erfolgen noch weit mehr in die heilige Mutter-Entrüstung bineingeredet hatte, als zuvor. Da sich nickts Schlimmes craab, so wäre ick wohl allenfalls geGM ein Schmerzensgeld an den heulenden Jungen entlassen worden, wenn nicht die Männer dazwischen getreten wären und gegen mich eingeworfen hätten: ich sei davongerannt, wie ein Dieb, hätte eine Droschke nehmen und gleich nach der Bahn fahren wollen, wo in einer halben Stunde ein Courierzug abgehe — das sei verdächtig und sie verlangten Feststellung meiner Persönlichkeit! Mich hatte bei der ganzen Sache am meisten interessirt, daß auf dem Westbahnhof in einer halben Stunde ein Zug abgehen solle. In dem Wartezimmer hing ein Fahrplan und während also nach mir tele- graphirt wurde, um zu constatiren, ob ich wirklich ich sei, studirte ich den Fahrplan. Richtig, in jetzt noch 15 Minuten ging ein Courierzug ab, der in Nauheim hielt und ich konnte nickt mit! Ich schäumte! Ich bat und überredete, ick bot Caution, wenn man mich entlasse, aber das machte die Beamten nur mißtrauisch und sie erklärten, von ihrer Instruction keinen Finger breit abweicken zu wollen. In drei Stunden gehe ja noch ein Zug nach Nauheim; Nacht sei es so wie so, ehe ich dort an komme — weshalb ich denn da so sehr eile. Schäumend hielt ich aus — zwei Stunden lang! Ich hätte am liebsten ein Paar grandiose Excesse an den Möbeln der Wachtstube aus geübt, um nur meiner inner» Wuth irgend eine kleine Erleichterung zu verschaffen — aber dann hätten sie mich am Ende noch nicht fortgelassen und ich mußte ja nack Nauheim. Nickt vernünftige Ueberlegung hielt mich zurück, ein Paar Fensterscheiben der Wachtstube zu zertrümmern und vielleicht mit den Helmen der Be amten einige Gasarme zu zerscklagen, wozu ich unendliche Lust verspürte, sondern die Furcht, dann heut nicht mehr nach Nauheim zu kommen. Zwei fürchterliche Stunden vergingen, dann war festgestellt, daß meine Angaben stimmten und ich wurde entlassen. Ich schwankte hinaus nahm eine Droschke, rief dem Kutscher zu: „Nach dem Westbahnhof!" und fuhr ab. Meine Kraft war fast gebrochen. In einer Stunde gin wieder ein Zug über Nauheim, nur ein Bummelzug, aber er war doch besser wie keiner. Den Courierzug, der vor zwei Stunden gegangen, batte ich in der Wachtstube abgesessen. Ich ließ mich in dem Wartesaal nieder, um die Stunde hinzubringen, und bestellte mir beim Kellner eine Flasche Sherry. Ich hätte mir lieber eine Flasche Selterwasser bestellen sollen, aber ich bestellte Sherry. Der Kellner fragte, ob es nicht Portwein sein könne — Sherry führten sie nicht. Ich zankte heftig auf ihn los, das sie nicht einmal Sherry hätten. Es wäre mir eigentlich egal gewesen, ob es Port oder Sherry sei, aber es gewährte mir doch eine Genugthuung, mich ärgern zu können. Der Kellner sagte ganz betreten, ich möchte entschuldigen, er habe nicht gewußt, daß der Herr keinen Portwein tränke, worauf ich ihm erwiderte, er fei nicht recht gescheit, ich tränke sehr gern Portwein und er möge ihn mir bringen. Er brachte die Flasche und ich leerte, indem ich die Stunde damit füllte. Es war etwas viel von dem schweren Wein und er würde mich zu anderen Zeiten etwas aufgeregt haben. Heut aber — pah!" Es war so viel ungeheure Aufregung in mir, daß die Flasche Portwein von ihr verschlungen wurde, wie ein Tropfen heißen Wassers von einem glühenden Kanonenrohr! Wenn man in einem feuerdurchwogten Krater auch noch ein Sckwefelholz anzündet, da soll das wohl wärmen! Dann fuhr ick nach Nauheim. Die Fahrt währte eine Stunde; es war fast Mitternacht, als ich dort ankam. Ich stieg gleich im Bahnhof-