Volltext Seite (XML)
„Ich weiß genau," unterbrach ihn Nicolaus Erichsen schroff, „was ich meiner Tochrer, die eine Bubenhand an den Rand des Grabes brachte, schulde; Sie aber, mein Herr, haben vollkommen vergessen, was Sie Ihrer Gattin schulden, wenn Sie es überhaupt jemals gewußt haben — davon legen die Ereignisse Zeugnis ab." „Es ist mir unerfindlich, wer meine Frau veranlassen konnte, unter den gegebenen Verhältnissen von der albernen Geschichte zu reden — wir hatten uns ja längst versöhnt; ich möchte Sie doch ernstlich ersuchen, sich nicht in eine Angelegenheit zu mischen, die ganz allein Leonore und mich angehl." Eugen v. Ravens fühlte, daß er in dieser Stunde, trotz aller erzwungenen Unverfrorenheit, vor dem alten Dorfpfarrer, über den er sich so hoch erhaben dünkte, doch eine recht erbärmliche Figur abgab und seine Worte nichts weiter waren, als der armselige Behelf inhaltsloser Phrasen. „Das ist ein Irrtum — diese Angelegenheit geht nicht allein Sie und meine Tochter, sondern in erster Linie auch mich an; noch hat Leonore ihren Vater, der sie vor den Mißhandlungen eines Nichtswürdigen zu schützen wissen wird." „Herr!" zischte Eugen, der sich vergebens bemühte, an die Größe des vor ihm stehenden Richters hinan zu reichen, „Sie vergessen, wo Sie sich befinden, und daß Sie nicht das Recht besitzen, mich in meinem eigenen Hause zu be leidigen." „Wo wir uns befinden, ist ganz gleich, ob hier ! oder an anderer Stelle. Sie sind zu mir gekommen und haben Leonore zur Frau begehrt, ohne meine Zustimmung ist sie die Ihre geworden, denn ich hegte kein Vertrauen zu Ihnen; ich las in Ihrem Gesicht und Auftreten, all' den Hochmut, der sich aus die wertlosen Verdienste der Geburt und des ererbten Besitzes steift, all' den lächerlichen Dünkel eines Hohlkopfes und charakterlosen Menschen, daß haben Sie bewiesen, als Sie sich so weit vergaßen, ein zartes Weib zu schlagen, als sie einem engelhaften Wesen gegenüber, um sich zu verteidigen, zur blanken Waffe griffen! O, über den Heldenmut des tapferen Soldaten! Hier aber stehe ich und fordere als Vater Genugthuung für die meiner Tochter angethane Schmach!" „Und worin sollte die Genugthuung bestehen?" fragte Eugen, sich mit Gemalt beherrschend, um nicht den kühnen Sprecher an der Kehle zu packen, hohnvoll. „In der Scheidung.; Leonore wird genesen und von nun' an die Heimat wieder im Hause ihres Vaters finden?" „Das verlangen Sie!" rief Eugen, wütend mildem Fuße stampfend, „zum Teufel aber, hier kommt es nicht ! darauf an, was Sie wollen, sondern was ich und meine Frau wollen." „Ganz recht," erwiederte Nicolaus Erichsen mit der- selben kalten Ruhe. „Sie vergessen wieder, daß ich im Namen meiner Tochter rede, die hoffentlich unter ihren Händen noch nicht tief genug gesunken ist, um nicht die Scheidung zu fordern, welche sie aus so unwürdigen Fesseln befreien wird." „Unsinn, mein Herr — Leonore denkt nicht im ent ferntesten daran, und zweitens würde ich unter keiner Be dingung einwilligen; ich bin in der That erstaunt, zu hören, daß gerade Sie, ein Diener Gottes, der Liebe und Ver^ sühnung predigen sollte, hier Feindseligkeit und sogar Scheidung zu Wege bringen möchte, eine Handlungsweise, die mir schlecht mit den Pflichten ihres Amtes zu harmo nieren scheint." „Weil es eine Grenze giebt, wo die Befugnis und das Recht des Gatten dem Weibe gegenüber aufhört," entgegnete Nicolaus Erichsen hoheitsvoll. „Da Sie nicht so viel Verstand und Bildung besitzen, um einzusehen, daß Sie der Mutter Ihres Kindes, ganz abgesehen von dem liebevollen Zartsinn, eine menschenwürdige Behandlung schulden, so ist es überhaupt ganz unnütz, mit Ihnen zu verhandeln. Sie haben bewiesen, daß Sie unfähig sind, ein edles Weib zu schätzen, indem Sie dort mit bestialischer Roheit die Peitsche gebrauchten, wo zweifellos ein mahnen des Wort genügte! Diese That des Wahnsinns legt mir die Pflicht auf, Leonore von ihnen zu befreien, indem ich die Scheitung einleite." „Nur nicht allzu eilig, Herr Pastor," äußerte Eugen mit scheinbarem Uebermut, der ihm jedoch nicht mehr voin Herzen kam, „Leonore wird sich weigern, und ich noch mehr; unterlassen Sie es also lieber, einen unnützen Skandal anzuzetteln, der, später verpufft, Sie selbst in ziemlich sonderbarem Lichte erscheinen lassen würde." „Genug des überflüssigen Wortwechsels," sagte der Greis äußerlich gefaßt, während es in seinem Innern tobte, „Sie willigen nicht in die Scheidung, sondern wollen fortfahren, Ihre Gattin zu mißhandeln, im Falle sie dein Tode entrinnt, an dessen Rand Sie die Unglückliche ge bracht; noch nicht genug mit diesem, wollen Sie ungestraft weiter sündigen, weil es in Ihrem Innern keinen Glauben an eine strafende Gottheit, keine Ehrfurcht vor dem Geni^ des Weibes, keine Hoheit der Gesinnung giebt, daß alle^ sind Ihnen nur wertlose Scheinbegriffe. Sie denken in Ihrer jämmerlichen Ueberlegenheit eines niedergehenden Zeitalters, sich gar nicht genug thun zu können in der Erniedrigung der Frau — und darum, Eugen v. Raven^ ist es meine Pflicht, Dir das anvertraute Gut, me^' Tochter zu entreißen; gesund an Leib und Seele, i>n Ueberströmen reicher Jugendkraft kam sie zu Dir, und finde ich sie wieder? Elend, gebrochen, dem Tode na^ Was hast Du aus Leonore Erichsen gemacht? Ja, bin ein Diener Gottes und alt geworden im Amte , doch niemals habe ich die Größe meines erhabenen M rufes mit tieferem Bewußtsein empfunden, als heute, ich mich zum Richter erhebe vor Dir, dem Seelenschänd^ meiner Tochter." Es giebt Worte, die einen Blitzstrahl in das Jnne^ schleudern, der auf Minuten das Dünkel der Seele lichl'" und einen Blick in ihre finsteren Abgründe gewährt; da»" stutzt der Mensch wohl plötzlich vor der eigenen Verwarft heil und sieht sich im Lichte der Wahrheit, bis ihr Schc>" im wirren Trubel der Welt wieder verlischt. So ging es Eugen. Eine Stimme, die noch ni^ ganz erstorben, erhob sich wieder ihn — er fand kei»" Entgegnung auf die Anlage Nikolans Erichsens, der das Zimmer verließ. — Letzterer wollte handeln, ungestüm drängte es M womöglich gleich die ersten Schritte zu unternehmen; se^ Stirn brannte, die Wände dieses Hauses drohten ihn E erdrücken —hinaus ins Freie, um zu atmen! Er verlit" das Haus und ging die Wilhelmstraße hinunter den Lindt" zu, unwillkürlich zerstreut nach rechts und links schaue^ da das ungewohnte Getriebe der Großstadt, die blende^ Lichtfülle der Paläste, oas Wogen der Menschen Wagen seine Blicke anzog. Wie die Feenpracht d^ blendendsten Luxus und buntbewegten Getümmels abst^ gegen die düstere Schwermut der schneesturmdurchtol^" Heide, wie er sie verlassen! ' Es hatte zu schneien aufgehört, die Luft war und still. Lange irrte er umher — endlich, nach seiner Wohm^ im Kaiserhof zurückgekehrt, fand er Albrecht vor, der H Rahel und Fräulein Jutta ausgesandt worden, den Vaf^ um den man sich ängstigte, aufzusuchen; es wurde sE ein Bote mit beruhigender Nachricht zu Leonore gesM während Nicolaus Erichsen sich mit seinem zukünftig Schwiegersöhne über die Ereignisse des Abends ausspra^ Kaum eines Wortes mächtig vor Entrüstung, Sch""! und tiefer Bewegung, hörte Albrecht den Bericht über Handlungsweise seines Bruders gegen Leonore an. „Es giebt keinen Zweifel darüber," meinte „Eugen wird sich auf sich selbst besinnen und in " Scheidung willigen, im Falle sie Leonore selbst verlang sollte." Wort Menf es ist doch Leom zum Genef schwei gebro die ü Wahl für a Hüge einer man hin verm was die Er vor Krm erim Beim tritt Vater ein i Lächel Freud ihr ! und si demüt Hera gende „J> so gl daß T Har holn kommt und r Dir noch von c Hei danken d gegeni stark g Seele jetzt a dessen, aber, denn Nicht i nicht n A sich u glühte» Vater des S< A er sind geheftet geheilt,