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stadt hinzogen, als Boten aus der alten Heimat be grüßt. — Die Frauenseele ist solch ein Geheimnis, Rahel; in ihr flutet alles Licht des Himmels, doch auch die Schatten der Hölle reichen aus der Tiefe zu ihr hinein; solch eine Welt von Farben, Tönen und Empfinden in Millionen unaussprechbaren Reflexen. Wie einfach und verständlich ist dagegen fast immer der gradsinnigere Mann — wenngleich ich Eugen gegenüber ebenfalls vor einem Rätsel stehe. Hier ist das Leben viel zu geräuschvoll, um einen in Reife nachdenken zu lasten. Ich werde jetzt oft irre an mir selbst; das Leben hier bäumt sich in solchem Kampfe auf gegen meine Erziehung, Anschauung und Begriffe; Eugen behauptet, eben diese Erziehung habe mich einseitig, überspannt und ungenießbar gemacht. Ist das wahr? Eugen hat vielleicht recht, mich anspruchsvoll und launenhaft zu nennen, denn was mir in der Heide als des Lebens höchste Errungenschaft erschien, sein Besitz im Glanze des Reichtums und der Zerstreuungen Berlins, beginnt nun, da es mein geworden, an Reiz zu verlieren; ich sehe neben dem Prunk und Schimmer auch all das namenlose Elend, welches dem denkenden Menschen den Glanz verdnnkeln muß. Soviel steht fest: ich gerate innerlich mit allem, das an mich herantritt, in Konflikt — es erscheint mir häßlich, roh und unmoralisch; der zarte Ton der Liebe im Vaterhause hat mich verwöhnt, denn abgesehen von den verlogenen, gleißnerischen Um gangsformen der Gesellschaft, herrscht hier für den Haus gebrauch solch ein häßlicher Ton, der soviel Roheit auf deckt, daß ich manchmal schaudere; und doch fühlen die meisten sich froh und zufrieden in der erstickenden Luft! Ich muß es ebenfalls lernen, Rahel, soll nicht zwischen mir und Eugen ein unheilbarer Riß entstehen; es ist Pflicht, mich an seine Welt zu gewöhnen, in die ich ihm freiwillig gefolgt bin; das geht natürlich nicht so rasch — das kostet Schweiß und Blut, die Ueberwindung fordert zu große Kraft; ich sprach zu ihm davon und bat, er möge geduldig sein — Geduld ist aber seine schwache Seite — und so bin ich nun entschlossen, mich blindlings mit ihm in den Strudel zu stürzen — er ist mein Gatte, mag ich denn leben oder sinken mit ihm! — Aber heute, um diese Stunde, bin ich die alte Leonore und im Geiste bei Dir, meine Schwester! Horch! Unter meinem Fenster zieht eine Abteilung Soldaten mit klingendem Spiel vorüber, die Musik berauscht mich bis zur Begeisterung und weckt die Sehnsucht nach Euch Reinen lebendiger. Meine Heide im Sturm und Sonnenschein, wie hab ich dich geliebt! Rahel, ich möchte mit ausgebreiteten Armen und fliegendem Haar fortlaufen, weit weg — zu ihr, zu Euch, möchte mich umwirbeln lassen vom brausenden Orkan einer finsteren Sturmesnacht, möchte niedertauchen in die hochauf schäumenden Wogen der Nordsee, um mir die Seele von irgend etwas, das mich quält und das doch so süß ist — rein zu waschen! Rahel, Du Glückliche, kannst mich nicht verstehen. Den 1. September. Weißt Du noch, wie wir als kleine Mädchen ein großes Verbrechen begangen zu haben glaubten, als wir, von unwiderstehlicher Sehnsucht nach den Birnen im Garten des Bauern Veit verlockt — heimlich den Baum er kletterten und uns satt aßen an der schönen Frucht? Gleich darauf begann ein furchtbares Gewitter zu toben und unsere kleinen Herzen wurden vom heftigen Schrecken gepackt, weil wir dachten, das sei ein Zeichen des Zornes Gottes, der uns für den begangenen Frevel strafen wollte; bebend vor Entsetzen, berieten wir, was zu beginnen sei, um ihn zu versöhnen. Da schlichen wir uns in die Kirche, knieten am Altar nieder und beteten, Gott möge uns die schreckliche Sünde vergeben, wir würden es auch niemals wieder thun. Es war ein bedeutungsvoller Nachmittag, den ich nie vergesse; als wir wieder ins Freie traten, hatte das Gewitter sich verzogen, die Heide strahlte weit hin bis zum goldüberfluteten Meer in purpurfeuchtem Schimmer. Und da war es, als erschließe sich mir plötzlich neben der eigentlichen, alltäglichen Welt noch eine zweite poesievollere, in der ich fortan leben durste uud von dcl f niemand etwas wußte, als nur Du, ich wurde mir der > Schönheit der Natur gleichsam bewußt, und der Gewißheit daß dort drüben, wo der feurige Sonnenball im Weste» sank, noch eine köstliche Heimat liege, die uns erwartete Das war der Abend, wo wir das Märchen vom Königs sohn ersannen. Sie, Rahel, so wie an jenem Nachmittage möchte ich auch jetzt zuweilen in der Kirche zu Westlund knieen; st thue ich es im Geist. Dann sehe ich mich wieder als Braut an Eugens Seite; die feierlichen Klänge der Orgel sind verhallt — heilige Stille — Waldemar Bergs ge dämpfte Stimme wird vernehmbar; traumhaft wie damals sehe ich wieder seine hohe Gestalt — ich lese den Tod auf seinem Antlitz, den er im Herzen trug, und Ströme von Thränen weint meine Seele dem so hart Ver schmähten nach. Rahel, Eugen ist nicht der Königssohn. (Fortsetzung folgt.) Humoristisches. Zlebetangewaudte Redensart. Spindeldürrer Schneider a" einem Wegweiser hinaufsehend: „Ja, da steht nun Herkules B Scheidewege!" Iu viel verlangt. Gläubiger (entrüstet): „ . . . Natürlich« ins Theater gehen Sie, aber ihre Schulden zahlen . . . !" ^ Schuldner: „Das Theaterbillet habe ich geschenkt bekommen!" Gläubiger: „Wenn man so viel Schulden hat wie Sie, geht nw" überhaupt in kein Lustspiel!" Aus einem Briefe des Studiosus Bierling. „ . . . Uebek Haupt, lieber Onkel, bin ich jetzt sehr ordentlich geworden; ich heb' alle unbezahlten Rechnungen aus!" Rätsel. „Du glaubst ein guter Rechner zu sein," sagte Prosessos Mathesius zu seinem Sohn. „Nun laß einmal sehen, ob du zwf Zahlen, die ich dir nennen we de, mit einander im Kops multiple zieren kannst! Daraus nannte er zwei Zahlen, von denen die ein' um 7 größer war als die andere. Als der Sohn nach einige'' Minuten das Resultat seiner Multiplikation angab, forderte de' Vater ihn auf, das erhaltene Produkt durch die kleinere der ange gebenen Zahlen zu dividieren und so eine kleine Prcbe zu machen Die Division ging nicht aus, und es ergab sich 80 als Quotin» und 10 als Rest. Der Sohn sand dm Fehler sehr bald und sag" dann: er hätte vorher in dem Produkt nur 1 zu viel angegeben „Nicht 1," verbesserte der Vater, „sondern 1000." Welche beiden Zahlen hatte der Sohn zu multiplizieren? Wexierbitd. Nachdruck aus dem Inhalt dieses Blattes verboten. Gesetz vom 11. Juni 1870. Redaltion, Druck und Berlag'von B..Angerst<!in, Wernigerode. vsn den < Kaiser an Bord der der Munizip: Rugiu und t Audienz. D Haltung seine erkundigte fick dankte für di »Hohenzollern gefunden hat. Besichtigung hatte, über« Ersuchen, die M vertheilen. Wagen nach Häuserklosters dfangen wollt Berlin Reichskanzlers selben seine B Warmorsockel schafter und ! Bormittag ih Afitpolo von Bismarck un Morgen geder Baden zu beg . Nach 8: Mherungsgesei B-rsichcrte, di "ng geknüpft, entrichtet wor! nngenommm, 'uns Beitrags L Beiträgen ^5 Beiträge ^'ßensatze zu ungsamt die °uf die fünf gisste Perfi uchen Auslegr Berufung auf Anspruch aber - . Bekämpf uoüstik über ! "nheitliche S Äderen Bors "ber die Eins