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einigen Sitzungen des preußischen Abgeordnetenhauses beiwohnen, wenn ihm der Stand seiner schwankenden Gesundheit dies nicht verbietet. Den dentschen Großhandel hat ein schwerer Verlust betroffen; in Hamburg hat das hochangesehene Rheder-Geschäft Godefsroy ck Sohn seine Zahlungen eingestellt. Seit mehren Tagen durchliefen trübe Gerüchte die Hamburger Börse und am letzten Tage war die Spannung ungeheuer, ob der Ches, der königliche Kaufmann, Wieman ihn nannte, die Börse besuchen werde; er kam zum erstenmal nicht; denn er hatte Morgens seine Zahlungen eingestellt. Die Erschütterung ist schwer und reicht nach Berlin, London und über das Meer. Das Haus Godefsroy hat viele Schiffe aller Art auf dem Meer und mau kennt es in der ganzen Welt; es ist eines von denen, die Deutschland Ehre machten in der ganzen Welt. Seine Geschäfte förderten zugleich nationale Zwecke. Auf den Samoa- und Fidschi-Inseln hat es große Niederlassungen begründet, welche den eigentlichen Kern der Colonial politik der deutschen Reichsregierung in jenen fernen Gegenden bilden. Viele deutsche Produkte hat es ausgeführt und ihnen den Weltmarkt erschlossen. Bei diesem Falle handelt es sich um viele, viele Millionen. Zwischen der deutschen Reichsregierung und der Regierung der Republik Peru droht ein ernster Couflict auszubrechen. Die Pe ruaner haben das deutsche Handelsschiff „Luxor" wegen angeblicher Verladung von Kriegscontrebande nach Chile als gute Prise mit Be schlag belegt. Da indessen das Schiff keine Ladung im Sinne von Kriegscontrebande führt, so hat das deutsche Panzerschiff „Hansa" den Befehl erhalten, die thatsächliche Besitznahme des Handelsschiffs „Luxor" im Hasen von Lima durch die Peruaner zu verhindern. Die Nachrichten aus England beschränken sich neben den aus führlichen Berichten über die fortgesetzten großen Volksversammlungen, welche theils für die irische Bewegung, theils gegen das jetzige eng lische Ministerium Propaganda machen sollen, auf die Kunde von einem Unwohlsein, welches die Königin Victoria befallen hat. Madrid, 4. Dccember. Die vier öffentlichen Festtage, die an läßlich der Hochzeit des Königs hier stattfandcn, sind in größter Ord nung und unter allgemeinster aufrichtiger und freudiger Theilnahme der Bevölkerung verlaufen. Die junge Königin hat hier nicht nur bei den besseren Classen der Gesellschaft, sondern überall beim Volke Len sympathischsten Empfang gesunden, welches letztere der Königin seine große Ehrerbietung und Ergebenheit besonders bei Gelegenheit der Stiergefechte, zu welchem sich mehr als 16,000 Zuschauer eingefunden hatten, bezeigte. Auch bei der Umfahrt des Königs und der Königin durch die Stadt wurden die Majestäten von der Bevölkerung, welche den Wagen dicht umdrängte, mit enthusiastischen Kundgebungen em pfangen. Es ruhen zur Zeit alle politischen Fragen und das Interesse der ganzen Stadt ist nur auf die Persönlichkeit der jungen Königin und die ihr zu Ehren veranstalteten Feste gerichtet. Paris, 4. December. Das „Journal officiel" veröffentlicht eine Note, in welcher der Entrüstung Ausdruck gegeben wird, die das Attentat gegen den Kaiser von Rußland in ganz Frankreich errege. Das Attentat werde die Sympathien nur vermehren, die das Ver weilen der Kaiserin in Frankreich bereits erweckt habe. Der Präsident Grevy habe sich beeilt, dem Kaiser den Ausdruck dieser Gefühle tele graphisch zu übermitteln. Der Ministerpräsident Waddington beglück wünschte den Kaiser im Namen der sranzösischen Regierung. Bei dem Dankgottesdienst in der russischen Botschaftskapclle war Präsident Grevy durch den General Petite, Waddington durch den Cabinets- direktor Grafen Pontecoulant veitreten. Wörtliches und Sächsisches. — Dresden. Se. Mas. der König hat für die Hinterlassenen der in dem 2. Schachte deS Brückenbergsteiukohlenvereius in Zwickau Verunglückten 1000 M. an die Expedition des „Dresd. Journ." ein zahlen lassen. — Die Gewerbekammer in Dresden hat an die Angehörigen und Freunde des Gewerbestandes innerhalb ihres Kammerbezirkes ein Rundschreiben behufs Neubelebung der von altershcr noch bestehenden Innungen und Neuerrichtung gewerblicher Fachkorporationen gerichtet. Die Kammer verweist in dem Rundschreiben auf die Bemühungen, welche in neuerer Zeck von allen Seiten gemacht werde«, um die Jn- uungsverhältnisse wieder in ein gedeihliches Fahrwasser zu bringen und bemerkt, es sei an dec Zeit, vom Rathen zum Thaten überzugehen. Das Ersuchen, welches die Dresdner Gewerbekammer ausspricht, lautet dahiu: „es wolle ein Jeder in den ihm zugänglichen Kreisen unvcr- weilt und unablässig thätig werden im Sinne der Stärkung und För derung des Korporationsgeistes in den Gewerben; es möge an der Hand der einschlägigen Bestimmungen der Gewerbeordnung (Tit. VI.—VIII.) und insbesondere auch des Nachtraggesetzes vom 17. Juli 1878 zunächst in allen Städten des Bezirks die Neubegründnng von Innungen fachverwandtcr Gewerbsgenossen durch Wort und thatkräf- ügcs Vorgehen in Angriff genommen und die Thätigkeit der bestehen den Innungen neu angeregt und belebt werden." — Zwickan, 4. Dezember. Das heute Abend erschienene „Zwick. Wochenbl." schreibt: In langen Reihen lagen gestern die voin ge meinsamen jähen Tode bei ihrem schweren Berufe im Schachte Be troffenen neben einander gebettet und boten, die Spuren des gräßlichen Unglücks mehr oder weniger an sich tragend, ein herzerschütterndes Bild der Traner, während noch immer die Angehörigen einzeln oder in kleineren Gruppen umherstanden und den Jammer ihres Herzens in Wehklagen offenbarten oder stumm und bleichen Antlitzes in den gerötheten Augen die Spuren durchweinter Nächte erkennen ließen. Aber auch Unbetheiligte wandten sich mit Thrünen im Auge ab, wenn sie die vor Kurzem noch so rüstigen Männer verbrannt und theilweise gräßlich entstellt liegen sahen. Die bis Mittwoch Abend rekognoszirten 49 Todten sind während letzter Nacht mittest der Werksbahn nach hiesigem Bahnhofe und von da nach dem Gottesacker überführt wor den und soll nach dem am Sonnabend Vormittag in der Marienkirche abzuhaltenden Trauergottesdienste Nachmittags 2 Uhr die allgemeine Einsegnung und Beerdigung stattfinden. Zu auswärtiger Beerdigung sind bis jetzt 6 reclannrt, so daß etwa 80 für hiesigen Friedhof, auf welchem Einzelgräber hergestellt werden, übrig bleiben. Aus dem Schachte herausgebracht waren bis Mittwoch Abend 87 Mann, wäh rend 1 Mann heute Vormittag ausgebracht wurde und Anschläger Böttcher von hier noch vermißt wird und jedenfalls sich im Schachte befindet. Die Zahl des Verlustes beziffert sich demnach auf 89 Mann und hofft man, daß bis zur Beerdigung noch Alle rekognoszirt werden, obwohl dies in einigen Fällen sehr schwer sein dürfte, wie denn z. B. eine Frau nach dreimaligem Suchen bis jetzt ihren Mann noch nicht heraüsfindcn konnte. Es waren Donnerstag Mittag etwa noch 12 zu rekognisziren. Es kommen an Ortschaften, soweit bis jetzt festgestellt, auf Zwickau 28, Schedewitz 10, Vielau 4, Niederplanitz 5, Schneppen dorf 1, Jüdenhain 2, Friedrichsgrün 2, Eckersbach 1, Reinsdorf 10, Niederhaslau 3, Oberhaslau 1, Pöhlau 1, Pöblitz 1, Auerbach 1, Mülsen St. Iakob 1, Oberhohndorf 2, Wilkau 1, Marienthal 2 Ver unglückte. Die Hand der werkthäügen Menschenliebe öffnet sich aller Orten, es ist aber auch die Noth groß und der Flehenden gar viele. — Der Zustand des Schachtes ist günstig und werden morgen die oberen Flötze wieder belegt. — Leipzig, 2. Dec Von den aus Berlin auf Grund des kleinen Belagerungszustandes ausgewiesenen Sozialdemokraten hatte ein großer Theil in unserer Stadt sein Domicil genommen. Da mit Freitag Abend (28. November) die Dauer des Belagerungszustandes abgelaufeu war, so fuhren an diesem Tage die in Leipzig wohnhaften ausgewiesenen Berliner Sozialisten, 25 an der Zahl, meist Familien väter, auf Verabredung gemeinschaftlich nach der Reichshauptstadt. Ohne Behinderung konnten sie Weib und Kind besuchen, indessen waren sie wohl sämmtlich nicht wenig überrascht, als bei einem Jeden am andern Morgen schon früh in der fünften Stunde je 2 Criminalbeamte erschienen und die heimlich Zurückgekehrten aufforderten, in die auf der Straße bercitsteheudeu Droschken zu steigen. Die Fahrt ging auf Kosten der Polizei direct nach dem Anhalter Bahnhof; hier lösten die Crimi- nalbeamten Billets 3. Cl. bis an die Grenze des Bereiches des kleinen Belagerungszustandes — und die Socialisten entführte alsbald das Dampfroß weit weg vom „Grünen Rand der Spree." — In der Nacht zum 24. November verschied in Wendisch- Paulsdorf ein junger Mann, Namens Repke, auf eigeuthümliche Weise. Als er Abends in seiner Wohnung anlangte, warf er den Rest seiner Cigarre in den hölzernen mit Sägcspänen gefüllten Spuck napf und legte sich hierauf auf das Sopha. Die Sägespäne aber entzündeten sich — und Repke erstickte. — Die Weberinnung zu Meerane wird in Kürze eine große Webermeister - Versammlung einberusen, auf deren Tagesordnung die bedrängte Lage der Weber stehen uud deren Zweck die Beschließung einer Petition an die Regierung bez. an den Landtag sein soll, in welcher auf streng gesetzlichem Wege die Nothlage geschildert und um deren möglichst baldige Abhilfe und Abstellung der Arbeitslosigkeit der Hilferuf gethan wird. Vermischtes. Delitzsch. Durch die Unerschrockenheit eines 16jährigen Dienst mädchens wurde in der Mühle des nahen Netzen am 17. Nov. ein Einbruch, vielleicht auch eine Mordthat verhindert. Der Besitzer der Mühle war zur Kirmes nach Hohenossig gegangen. Müllcrbursche uud Mädchen sollten das Haus bewachen. Der Erstere ging des Abends zur Mühle, die Letztere blieb mit den Kindern im Hanse und lag im Dunkel wachend auf dem Sopha. Nach 10 Uhr klopft Jemand an das Stubenfenster uud fragt nach dem Wege nach Crostitz. Das Mädchen giebt Bescheid. Der Strolch stößt daraus ein anderes Fenster ein uud will in die Stube dringen. In der Angst ergreift das Mäd chen ein Messer und sticht den Einbrecher in den Fuß. Dieser greift nach dem Messer, das Mädchen aber zieht ihm dasselbe durch die Hand, verwundet ihn nochmals und ruft nach Hülfe. Als auf den Hülferuf der Bursche sich von der Mühle her meldet, ergreift der Dieb die Flucht. Der Thater ist bereits entdeckt uud nach Delitzsch eingebracht worden. * Ein zweiter Doctor Eisenbart hat den Lehrern rings um Bux tehude herum auf den Zahn gefühlt. Bei allen Lehrern kehrte er ein und erklärte, er sei vom hohen Consistorium beauftragt, die hohlen und schadhaften Zähne der Lehrer heranszuuehmen; dein solche Zähne hinderten deutliches Sprechen und Singen. Er nahm viele Zähne aus, ließ sich die Operationen anständig bezahlen und verschwand. Von den vielen Buxtehuder Geschichten ist diese die lustigste und wahrste. * Der „Große Kurfürst" wird leider im kühlen Wcelcs- grunde an der englischen Küste sitzen bleiben. Die Leutnersche Ge sellschaft, welche ihn heben wollte, scheint die Sache satt bekommen und ausgegeben zu haben, und wird sich auflösen. Kikchtnnachrichtcn aus Wilsdruff. Morgen Mittwoch früh 9 Uhr Beichte uud G»mmunion. Wochenmnrkt ;u Wilsdruff, am 5. December. Eine Kanne Butter kostete 2 Mark 10 Pf. bis 2 Mark 20 Pf. Ferkel wurden eingebractck 65 Stück und verkauft c. Paar 6 Mark ' — Pf. bis 12 Mark — Pf. AMumkcWchUlichten. Unzertrennlich, warum? hören wir den Leser fragen, weil man die weltberühmten Spielwerke des Herrn I. H. Heller in Bern alljährlich um diese Zeit angekündigt, und dann aus Tausenden von Weihnachtsüschm als Glanzpunkt die kostbarsten Sachen überstrahlend, findet; es ist dieses auch gartz natürlich, da Herr Heller die selben in einer Vollkommenheit erzeugt, daß Jeder, der je eines seiner Werke gehört, von dem Wunsche beseelt wird, ebenfalls eines zu besitzen. Was kann der Gatte der Gattin, der Bräutigam der Braut, der Freund dem Freunde Schöneres und Will kommeneres schenken? es vergegenwärtigt glücklich verlebte Stunden, ist alleweil munter, lacht und scherzt durch seine bald heidrn, erhebt Herz und Gemüth durch seine ernsten Weisen, verscheucht Tramigk-it und Melancholie, ist der beste Gesell schafter, der Einsamen treuester Freund, und nun gar den Leidenden, den Kranken, den an das Haus Gefesselten! — mit einem Worte ein Hell; r'sches Spielwerk darf und soll in keinem Salo», an teurem Krankenbette, überhaupt in keinem guten Hause fehlen. Für die Her en Wirtbe gibt es keine einfachere und sicherere Anziehungskraft als solch' ein' Werk, um die Gäste dauernd zu fesseln; die gemachte Ausgabe hat dieselben, wie uns von mehreren S> ib n bestätigt wird, nicht nur nicht gereut, sondern sie veranlaßt, größere Werke anzuschassen, nachdem sie die ersten mit Nutzen weiter gegeben, darum jenen Herren Wirtben, die noch nicht im Besitze eines Spiel werkes sind, nicht warm genug anempsohlen werden kann, sich dieser so sicher er weisenden Zugkraft o'ne Zögern zu bedienen, um so mehr, da bei größern Beträgen nicht alles aus einmal bezahlt werden muß. Wir bemerken noch, daß die Wahl der einzelnen Stücke eine fein durchdachte ist, die neuesten, sowie die beliebtesten älteren Opern, Operetten, Tänze und Lieder finden sich in den Heller'schen Werken aus das Schönste vereinigt. Herr Heller hat die Ehre, Lieferant verschiedener Hofe und Hoheiten zu sein, ist überdieß auf den Aus stellungen preisgekrönt. Kurz, wir können für unsere Leser und Leserinnen keinen aufrichtiger» Wunsch aussprechsn, als sich recht bald ein Heller'sches Spielwerk kommen zu lassen, reichhaltige illustrirte Preislisten werden franco zugesandt. Wir empfehlen Jedermann, auch bei einer kleinen Spieldose, sich direkt an die Fabrik zu wenden, da vielerorts Werke für Hcller'sche angepriesen werden, die es n cht sind; jedes seiner Werke und Dosen muß seinen vollen gedruckten Namen tragen, wenn es ächt sein soll Wer je nach Bern kommt, versäume nicht, die Fa. brik zu besichtigen, was bereitwillig gestattet wird.