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Wochenblatt für für für die Königl. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Neunund-reißigster ^ahvgang. Erscheint wöchentlich SsMal (Dienstag und Freitag) AbonncmentSpreiS vierteljährlich 1 Mark Line einzelne Nummer kostet 10 Pf. Znseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 13 Uhr. Erscheint wöchentlich 3 Mal (Dienstag und Freitag Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Sine einzelne Nummer kostet 10 Pf. ssM Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Sicbcnlchn und die Umgegenden Nr. 93. Dieustag, den 2. Decemder 187S. Bekanntmachung. Mit Rücksicht auf die Unzuträglichkeiten, welche aus dem Bekleben der zu den Reichstelegraphenlinien gehörigen Stangen mit Bekannt machungen aller Art, Zetteln rc. entstehen, wird auf Antrag der Kaiserlichen Oberpostdirection in Dresden dieses Bekleben der Telegraphen« stangen für den Bezirk der unterzeichneten Königl. Amtshauptmannschaft hierdurch mit dem Bemerken untersagt, daß Zuwiderhandlungen mit Geldstrafe bis zu IO Mark oder verhältnißmäßiger Haftstrafe werden geahndet werden. Meißen, am 27. November 1879. Königliche Amtshauptmannschaft. i. v von Mayer. Bekanntmachung, Durchschnittspreise für Marschfourage betr. Die Königl. Kreishauptmannschaft Dresden hat die Durchschnittspreise für Marschfonrage dcS Hanptmarkortes Meißen für den Monat Oktober dies. Js. wie nachstehend angegeben sestgestellt: 6 Mk. 96 Pfg. für 50 Kilo Hafer, 3 - 39 - - 50 - Heu, 1 . 96 - - 50 - Stroh. Königliche AmtShanptmannschaft Meißen, »?. N°»-mb-r E von Bosse. Bekanntmachung. Bom nächsten Wochenmarkte ab ist für jedes eingebrachte Ferkel Drei Pfennige anstatt zwei Pfennige an den hiesigen Markt meister zu entrichten. Wilsdruff, am 1. December 1879. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Rußland und Deutschland. Aus Moskau berichtet man der „Köln. Ztg.": „Unter dem Titel „Rußland und Deutschland" veröffentlicht die russische Monatsschrift Rußkaja Retsch einen längeren Artikel, für welchen der Titel „Ge schichte des Deutschenhasses in Rußland" bezeichnender wäre, mit einer solchen Genauigkeit verfolgt der Verfasser seine Entstehung und Ent wickelung von dem Zaren Johann dem Schrecklichen an bis auf die neueste Zeit, wo die Politik des „Maunes von Blut und Eisen" die Deutschen Rußland gegcnüberstellt. Ein ähnliches Werk hat die russische Presse trotz ihrer maßlosen Ausfälle gegen Deutschland nicht aufzu- wcisen, denn noch nie hat man den Deutschen in so ungeschminkter Rede gesagt: „Wir Haffen euch, weil wir euch hassen müssen — weil wir ein Recht dazu haben." Es dürfte für unsere deutschen Leser nicht uninteressant sein, zu erfahren, weshalb und wie sehr die Deutschen in Rußland gehaßt werden; wir führen daher Einiges aus der ge nannten historischen Abhandlung in der russischen Monatsschrift an: „Die Freundschaft zwischen Rußland und Deutschland ist eine rein persönliche, zufällige. Sie ist auf der Persönlichkeit beider Monarchen, auf verwandtschaftlichen Beziehungen und deren Vergangenheit begründet; dieselbe wurzelt jedoch nicht im Volke und hat keine Zukunft. Der erste deutsche Name, welcher wie eine Gewitterwolke über Rußland emporstieg und unsägliches Elend über das Land brachte, war der Name des Deutschen Biron, und von dieser unseligen Epoche des vor. Jahrhunderts faßte der Haß gegen die Deutschen im russischen Volke Wurzel. Nach der französischen Invasion vom Jahre 1812, heißt es weiter, und hauptsächlich während der Regierung des Kaisers Nikolaus wurde Rußland von einem Heere deutscher Gutsverwalter überschwemmt, welche nach und nach Adelsrechte erwarben und selbst Gutsbesitzer wurden. Diese deutschen Verwalter und Gutsbesitzer wurden erbarm ungslose Blutsauger der russischen Bauern und behandelte dieselben mit kaltblütiger Grausamkeit nicht besser als das Zugvieh. Seit dieser Zeit wuchs im russischen Volke jene feindliche, bittern Haß athmende Stimmung gegen die Deutschen empor, und dieses Gefühl hat sich er halten und ist erstarkt bis auf den heutigen Tag. Daß im russischen Gemüthe nichts liegt, was es zu dem Deutschen zieht, ist eine That- sache„ die jeder Russe erkennt, und daß jeder Deutsche uns von ganzer Seele wieder haßt, ist es nicht weniger. . . . Zwischen dem russischen Und dem deutschen Volke ist nicht die geringste Sympathie und es hat auch nie eine solche gegeben. Diese Sympathie besteht auch nicht bei den intelligenten Klassen, welche sich infolge vieler Ursachen in großer Mehrzahl zu den Franzosen hingezogen fühlen; sie ist bei den Armeen beider Reiche ebenso wenig zu finden. Was in letzter Zeit als Sym pathie hätte erscheinen können, war weiter nichts als der gegenseitige Austausch äußerlicher Höflichkeiten, von welchem die Masse des russischen HecreS unberührt geblieben. So erscheint denn als einziges Band Z einer Freundschaft zwischen Rußland und Deutschland die Freundschaft beider Monarchen. Doch Monarchen sind sterblich. Es ist unzweifel haft, daß Rußland auch nach denselben noch lange nicht in die traurige Nothwendigkeit versetzt sein wird, Deutschland den Krieg zu erklären, ob wir aber von deutscher Seite eine genügende Bürgschaft vor einem solchen Schritte haben, dürfte eher zu bezweifel» fein." Der Verfasser geht in die Geschichte zurück und bezieht sich auf Episoden und einzelne Umstände, welche den deutschen Namen in Ruß land anrüchig gemacht und den Haß gegen die Deutschen nach seiner Ansicht als gerechtfertigt erscheinen lassen. Und allerdings ist es wahr, daß die Stimmung gegen Deutschland eine höchst feindselige ist — darüber darf man sich in Deutschland nicht täuschen — und die Partei, welche den Krieg wünscht, stärker und zahlreicher, als man vielleicht glaubt. Wir dürfen aber hoffen, daß dem bösen Willen die Macht des Vollbringens fehlt." Tagesgeschichte. Berlin, 29. November. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht heute, wie erwartet, den Beschluß des Staatsministeriums, daß der sogenannte „kleine Belagerungszustand" von heute an auf ein Jahr verlängert wird. Der Köln. Ztg. schreibt man aus Berlin: Der Besuch des Kö nigs von DänemaA am hiesigen Hofe wird in unterrichteten Kreisen als ein Akt der Courtoisie angesehen, der die guten und freundlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern nnr befestigen könne. Di« Bedeutung des Besuches unter diesem Gesichtspunkte wird keineswegs unterschätzt. Dagegen ist von anderweitigen politischen Zwecken, die dem Besuche in einigen Blättern zugeschrieben werden, bis jetzt nichts bekannt. — Anläßlich des Besuches des dänischen Königspaares äußert sich ein hervorragendes Kopenhagener Blatt „Dagblatt" dahin, daß die bisherige reservirte Haltung Dänemarks der Ausdruck berechtigter Gefühle sei, daß es jedoch ein Mißverständniß sein würde, wenn Deutschland glauben könnte, daß dieselbe von feindseligen Hinterge danken geleitet werde. In Dänemark sei nur eine Meinung vorherr schend über die Nolhwendigkeit und über die Bedeutung freundschaft licher Beziehungen zu Deutschland, und die Wünsche, die man betreffs guter Beziehungen zu Deutschland hege, seien aufrichtig gemeint. Für Deutschland werde der Besuch des dänischen Königspaares ein Beweis sein, daß Dänemark seine Beziehungen zu Deutschland gerade so wie diejenigen zu den andern großen europäischen Mächten ansehe. Das Journal „Fädrelandet" spricht sich in ähnlicher Weise aus. Berlin. Die Deutsch-Brasilianer haben sich in einer Pe tition an den Reichstag gewandt', mit der Bitte, es möge eine Kon sularkonvention mit Brasilien geschlossen und die gegen die Auswan derung nach Brasilien erlassenen Verbote aufgehoben werden. Es be finden sich im südlichen Theile Brasiliens bereits 60,000 deutsche Ko lonisten, die in überaus günstigen materiellen Verhältnissen leben und sich schnell ein bedeutendes Vermögen erworben haben. Es besteht schon ein bedeutender Handel mit dem Mutterlande, der durch eine günstige Konsularkonvention erhöht werden würde, da die Kolonisten eine besondere Vorliebe für deutsche Fabrikate haben. Eine Auswan derung nach Südamerika ist für Deutsche überhaupt vortheilhafter und gewinntragender als nach Nordamerika.