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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und Umgegenden : 01.07.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782021922-189007014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782021922-18900701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782021922-18900701
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn ...
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Jahr
1890
-
Monat
1890-07
- Tag 1890-07-01
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Monat
1890-07
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Jahr
1890
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Reiches am Herzen liegt, sprach vorige Woche bei einem De legationsdiner, wie er dies schon früher gethan, gegen die Agi- tatation der Jungtschechen aus. Kaiser Franz Josef beklagte, daß die Bevölkerung durch lauter leeres Phrasenwerk unnütz aufgeregt worden sei, und erklärte sich gegen die Einführung des Tschechien als Amtssprache. Vor Allem müsse, so äußerte er, das Interesse des Staatsdienstes gewahrt werden, und es dürfe überhaupt nicht dahin kommen, daß die Beamten der deutschen Sprache nicht mächtig seien. Die Deutschen werden dem Kaiser für sein Eintreten für die Sache des Deutsch thums von Herzen Dank wissen. Sofia. Die gegen den Major Panitza verhängte Todes strafe wurde Sonnabend Vormittag im Militärlager bei Sofia in Anwesenheit der Truppen und des Prokurators Markoff vollstreckt. Panitza starb vollkommen gefaßt mit den Worten: „Es lebe Bulgarien!" Der Leichnam wurde der Frau Panitza's zur Bestattung übergeben. Aus Spanien lauten die Nachrichten über die Cholera widerspruchsvoll; doch soviel steht nun auch amtlich fest, daß thatsächlich daselbst die gefürchtete Krankheit herrscht. Zur Verhütung der weiteren Ausbreitung derselben sind natürlich die strengsten Maßregeln angeordnet. In Mexiko sollen, wie verlautet, wieder einmal Un ruhen ausgebroLen sein; es sollen sich unter Anderem auch bewaffnete Banden gebildet haben, welche sich der Eisenbahnen, um Truppentransporte zu verhindern, bemächtigten. Wie indessen anderer Seite gemeldet wird, handelt eS sich hier weniger um Revolten, als um Streifzüge einiger Räuberbanden. Das wäre allerdings, wenn auch eine üble, so doch eine bei weitem harmlosere Sache. Zur 450jährigen Jubelfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst. Bei der jetzt in allen Gauen Deutschlands zu begehenden 450jährigen Jubelfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst dürften einige kurze Notizen über deren Einführung und Aus breitung in unserem engeren Vaterlande, in Sachsen, am Platze sein. In Dresden ist die Meinhold'sche Hofbuchdruckerei die älteste. Dieselbe verdankt ihren Ursprung dem Herzog Georg dem Bärtigen, welcher 1524 den Buchdrucker Wolfg. Stöckel aus Leipzig nach Dresden berief, um reformatorische Schriften zu drucken. Stöckel's Geschäft kam 1590 an die Familie Bergen, in welcher es blieb, bis Carl Christian Mein hold es 1778 übernahm und bald zu einer größeren Blüthe brachte. Als erste sächsische Stadt, in welcher sich eine Buch druckerei befand, nennt man Merseburg, da man vom Jahre 1473 einen Drucker Lukas Brandis in genannter Stadt nennt. In Meißen wurde 1520 das erste Breviarium gedruckt. Uebrigens wurde die 300jährige Jubelfeier dieser herrlichsten Erfindung vor 150 Jahren auch in Dresden festlich begangen. Am 17. Juni 1740 wurde das Fest mit einem feierlichen Redeaktus in der Annenschule begonnen, wozu Mag. Freiberg durch ein deutsches, zwei Bogen starkes Programm, von den ältesten Buchdruckern Dresdens handelnd, einlud. Am Jo hannisfeste, dem eigentlichen Jubelfesttage, hielt der Superin tendent Löscher in der Kreuzktrche eine auf die Feier bezügliche Predigt, worauf Nachmittags 3 Uhr im „Raths-Breihahnhause" auf der „Breitengasse" in Gegenwart vieler hoher und gelehrter Perscn.-n ein feierlicher Aktus der Kreuzschule stattfand. Auch am andern Tage dauerten die Festlichkeiten in ähnlicher Weise fort. Eine besonders dazu komponirte Musik gelangte zur Aufführung, während «ine aus diesem Anlaß geprägte Denk münze vertheilt wurde. — Leipzig, das später eine so wich tige Rolle in der Geschichte der Typographie spielen sollte, er- kiüt eine Druckerei erst zu einer Zeit, als manche andere Städte schon Bedeutendes geleistet hatten. Im Jahre 1479 brachte Andrea« Friesner, welcher als Professor der Theologie an dje Universität Leipzig berufen wurde, eine Buchdruckerei mit sich. Ob er jedoch selbst gedruckt hat oder ob er vielleicht sAne Offizin einem der als die frühesten bekannten Buchdrucker Leipzigs übergeben hat, läßt sich nicht ermitteln. Friesner war .Ä82 Rektor der Universität Leipzig und starb in Rom i. I. K "18H4. Seine Presse vermachte er dem Leipziger Predigerkon vent. — Die diesjährige 450jährige Jubelfeier scheint sich im Großen und GanM in ziemlich engen Grenzen zu bewegen. Wohl keine Erfindung der Welt hat sich so segensreich 'Mr dio-Menschheit erwiesen, als di? des genialen Mainzer Edelmannes, welcher noch nicht einmal die Früchte seines Fleißes Aknießen konnte und sogar sein ganzes Vermögen dabei ein- bükte. Die unbegrenzte Dankbarkeit, welcher jeder gebildete, Id irduropäischer Kultur erzogene Mensch dem Erfinder der Bikhdruckerkunst schuldet, mischt sich mit der Bewunderung der sinnreichen und mühevollen Erfindung, welche nur der Fachmann vollkommen zu würdigen vermag. Trefflich besungen wird Guttenbergs Erfindung durch ein Gedicht, welches an dem Denkmal im Hofe- de» Guttenberg-HauseS in Mainz zu lesen ist und welches wir hier wiedergeben: - Wa^iEst Pallas Athene dem griechischen Forscher verhüllte, Fand der denkende Fleiß deines Geborenen, o Mainz! d BöM sprechen zu Völkern, sie tauschen die Schatze de« Wissens; e ^Mütterlich sorgsam bewahrt, mehrt sie die göttliche Kunst ; Sterblich war einst der Ruhm; Sie gab ihni unendliche Dauer, Txägt^M uhMPol zu Pole, lockend durch Schalen zur That;» Nimmer verdunkelt der Hrug die ewige Sonne der Wahrheit, Schirmend schwÄt'ihr die Kunst, Wolken verscheuchend, voran. Wandrer, hier segne den Edlen, dem so viel Großes gelungen, Jedes nützliche Weinst ihm ein Denkmal des Ruhms. * » —' Uebrr die mehrfach erwähnte Reise Sr. Maj. des Königs Albert verlautet, daß dieselbe sich über das Erz gebirge und das Vogtland erstrecken dürfte. Wie es heißt, wird Se. Majestät von Dresden sich direkt mit der Bahn nach Olbernhau begeben, von dort au» daS Töltzschthal, Rübenau und das Schwarzwaffenthal (Thal der Schwarzen Pockau) be suchen, alsdann nach Marienberg kommen, wo ein Frühstück H 2o bis 30 Gedecken in Aussicht genommen sein soll, und von dM aus nach Annaberg «eiter reisen. Pon dort aus wird Se. Majestät sich mittelst Ertrazuges nach Schwarzen berg begeben und unterwegs die Begrüßung der an der Bahn gelegenen Gemeinden entgegennehmen. Ferner ist, wie bereits mitgetheilt, der Besuch einer Reihe vogtländischer Städte in Aussicht genommen. ? — Nossen, 26, Ium. Gestern wurde das zwei Jahre alte Kind des Fuhrmanns Förster in dem Augenblicke, in welchem es einem Wagen auSwich, von einem anderen Wagen überfahren und blieb fdfort todt. Wenige Tage vorher wurde auf der Brandstätte ein Arbeiter namens Baldauf aus Pinne witz durch einbrechende Mauertheile so schwer verwundet, daß er in der folgenden Nacht starb. — Auf dem Verbandstage sächsischer Innungen in Löbau wurde eine Resolution angenommen, daß das Ge setz, betreffend die Alters- und Invalidenversicherung, auch auf die selbstständigen Handwerker ausgedehnt werde. Einstimmige Annahme fand weiterhin ein Antrag, bei den Reichsbehörden dahin zu wirken, daß für Handwerks- und Gewerbsgehilsen aller Art eine Legitimation durch Karten oder Arbeitsbücher obli gatorisch wieder «ingesührt werde. Aus der sehr belebten Dis kussion sei Folgendes hervorgehobcn. Hr. Knauer-Dresden behauptete, die Socialdemokratie könne heute nicht in dem Um fange bestehen, weil eS leider der Fall sei, wenn es immer Arbeitsbücher gegeben hätte. Der Arbeiter könne den Meister, wenn nöthig, verklagen, wie dieser stets zu finden sei, vom Gesellen wisse man aber nie, woher er komme und wohin er gehe, ihm gegenüber könne sich der Meister sein Recht oft nicht suchen. Emmerich-Dresden fragt an, in welche Form man diesmal die Petition kleiden wolle, seit 20 Jahren habe man immer die schönste gewählt und doch nichts erreicht, cs dürfte sich vielleicht empfehlen, etwas deutlicher auszudrücken , was der Handwerkerstand schon lange wollte, er habe beinahe den Muth verloren. Rietschel-Dresden bemerkt, daß man sich einiger maßen selbst helfen könne durch Einführung von Verbands büchern, solche hätten bereits gute Dienste geleistet. Von anderer Seite kommt der Einwurf, Verbandsbücher ließen sich bei ein zelnen Handwerken gar nicht einführen und nützten in kleineren Ortschaften gar nichts. Vom Vertreter der Handels- und Ge werbekammer wird angeführt, daß auch diese die Einführung von Arbeitsbüchern anstrebe und mehrfach darauf hingewiesen habe, gleichwohl sei die Einführung von Verbandsbüchern, wie es Herr Rietschel wünsche, nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen, es könne schon dadurch Gutes erreicht werden. — Als Sitz des Verbandsvorstandes wurde wieder Dresden, als Ort des nächsten Verbandstages Leisnig gewählt. — Für die Bauhandwerker hat sich im Laufe vorigen Monats die Lage auch in Dresden wesentlich ungünstiger gestaltet. Die Aussicht auf Arbeit bei den hier in der Aus führung begriffenen und für die nächste Zukunft geplanten umfänglichen Bauten hatte Tausende fremder Bauhandwerker, zumeist Maurer und Handlanger, nach hier gelockt, deren An gebot auf die Lohnverhältnisse, nicht ohne Einfluß bleiben konnte. Von einer Lohnverbefferung konnte schon beim Be ginn der Bauperiode keine Rede sein und Versuche hierzu wurden keineswegs, wie in früheren Jahren, durch Versammlungsbe schlüsse unternommen, in Gegentheil ist die Lage jetzt eine der artige, daß zahlreiche der hier oder in der Umgegend wohn haften Bauleute thatsächlich ohne Beschäftigung sind. Bei so großem Angebot von Arbeitskräften ist es erklärlich, daß die Löhne in den letzten Wochen so zurückgegangen sind, daß der Durchschnittslohn für die Maurer und Zimmerer 35 Pfennige pro Stunde nicht übersteigt, während im vergangenen Jahre 38—40 Pfennige zugestanden werden mußte. Da auch die Materialpreise, zumal für die Ziegel und Grundstücke, eine rückläufige Bewegung angetreten haben, so dürfte die Zurück haltung vieler Bauunternehmer, die in Folge der unsicheren Verhältnisse im Bauhandwerk ihre Thätigkeit eingeschränkt hatten, bald wieder verschwinden. — Das Elend der Weber im Eulcngebirge steht keines wegs vereinzelt da. Die in der Nothstandspetition jener Weber geschilderten Zustände finden ein Seitenstück im Bezirk der Chemnitzer Handelskammer. Es beweist dieses eine sehr lehrreiche und mit Fleiß ausgearbeitete Lohnstatistik aus dem Jahre 1887, die in allen Hauptsachen wohl noch heute giltig ist, denn seitdem sind die nachstehend angeführten Löhne entweder nur gering oder überhaupt nicht in die Höhe gegangen. Nach der genannten Lohnstatistik werden im Bezirk der Chem nitzer Handelskammer unter Anderen folgende wöchentliche Durchschnittslöhne gezahlt an: Zwirnlützen-Knüpferin 6 Mk., Spulerinnen und Treiberinnen 6,37 Mk., Wickelmachcrin 5 Mk., Corsetarbeiterinnen 6 Mk., Filetwaarenmacherinnen 3 Mk., Gorlnähcrinnen 4—5 Mk., Baumwollspinnerinnen 6 Mk., Teppich- und Deckenweberinnen 5,33 Mk., Bettzeug weber 6 Mk., Barchentweber 8 Mk., Zündholzarbeiterinnen 2 Mk., 'Beutler 8 Mk., Blumcnarbeiterinnen 4 Mk., Kisten macher 8 Mk., Nagelschmiede 7,75 Mk., Binderinnen in der Musterkartenfabrikation 4,75 Mk., Fädlerinnen in der Ma schinenstrickerei 6 Mk., Garneinbinderinnen 5 Mk. und Hand arbeiterinnen in chemischen Fabriken 6 Mk. Im Thale der Freiberger Mulde sollen Frauen in der Wirkerei jetzt wöchentlich 4, 5 und 6 Mk. verdienen, von denen noch Abzüge gemacht werden, und Handweber, die bei langer Arbeitszeit wöchentlich 5—7 Mk. Lohn haben, sind in der Gegend von Meerane, Oederan und Mittweida keineswegs selten. Das Einkommen der meisten dieser armen Leute wird sich noch schmälern, wenn die Vereinigten Staaten die geplanten Tariferhöhungen wirk lich einführen. — Die im Frühjahr vielfach in Szene gesetzten Arbeiter- Streiks haben die schlimme Folge gehabt, daß Viele arbeitslos geworden sind und nachdem alten Sprüchwort: „Müssiggang ist aller Laster Anfang", sich auf unredliche Weise die Mittel zu ihrem Unterhalt zu verschaffen suchen. Die um Dresden gelegenen Ortschaften wissen viel von solchen Herumtreibern zu erzählen, die, wie z. B. am Sonnabend Nacht 2 Uhr in einer Villa in Ober-Blasewitz in die Wohnungen einzu dringen suchten, und daselbst eine Diebesvisite oder wohl gar noch Schlimmeres vorhatten. Unter jetzigen Verhältnissen ist allerwärts doppelte Wachsamkeit und Vorsicht zu empfehlen. — Dem „Löbtauer Anzeiger" schreibt man aus Plauen bei Dresden: „In unserem Orte hört man dieses Jahr all gemein klagen über schlechten Verdienst und schleichten Ge schäftsgang. Wer Gelegenheit hat, mit Arbeitern zu sprechen, der wird hören, daß besonders im Baufach eine Stockung ein getreten ist. Die Baumeister beschäftigen dieses Jahr uicht die Hälfte von Arbeitern wie im vorigen Jahre. Di- Ziegelei arbeiter, meistens Ausländer, sind dieses Jahr in bedeutend geringerer Anzahl vertreten, als im Vorjahre, und während dieselben damals bis 40 Mark in der Woche verdienten, bringen sie es dieses Jahr kaum auf 25 Mark. Der größte Theil verdient 16 bis 18 Mark, Viele auswärtige Arbeiter sind wegen des geringen Verdienstes wieder in ihre Heimath zurück gekehrt. Es wird behauptet, daß dieses Jahr ca 1500 Ar beiter weniger in Plauen beschäftigt seien, als früher." A^ Grund dieser Erscheinung wird die Arbeiterbewegung des 1. Mai angegeben. — ES herrscht noch häufig die Ansicht, man schone da durch seine Rosenstöcke, daß man die einzelnen Blumen ver blühen lasse. Das ist eine irrige Meinung, denn gerade zur Zeit des AbblühenS entzieht die Blums ihrem Stocke die meiste Nahrung. Es ist daher zu rathen, die Rose sobald zu schneiden, als sie ihre schönste Form zeigt, und sollte man sie nur zur Zimmerzierde u. s. w. benutzen können. Eine ab geschnittene Rosenblums hält sich länger, wenn sie ordentlich gepflegt wird, als wenn sie am Stocke belassen wäre. Der Rosenstock aber entwickelt, wenn fleißig die blühenden und verblühten Blumen abgeschnitten werden, eine Menge neuer Knospen. — Der Redacteur Sommer von der Dresdner „Säch fi schen Arbeiter-Zeitung" wurde vor einigen Wochen vom Schöffengericht wegen groben Unfugs zu 8 Wochen Haft verurtheitt, weil er in einem Berichte über eine andere vorauS- gegangene Schöffengerichtssitzung, in welcher er ebenfalls als Angeklagter fungirte, die Namen der Schöffen und deren Stand und Wohnung angegeben hatte. Einer Kritik hatte Sommer jenes frühere Urthcil in keiner Weise unterzogen. Dennoch erblickte der Gerichtshof in dieser Angabe der genauen Adresse einen Boycottversuch, den er mit jener hohen Haftstrafe ahnden zu müssen glaubte. Die von Seiten des Verurtheilten einge legte Berufung wurde vor einigen Tagen, wie das „Leipz. Tagebl." berichtet, vom Landgerichte verworfen. — Einzelne Aenderungen der Postordnung werden durch den „Reichsanz." bekannt gemacht. In Bezug aus die Be förderung von Drucksachen tritt folgende neue Bestimmung in Kraft: „Offene Karten, aus deren Inhalt die Absicht der Be leidigung oder einer sonst strafbaren Handlung sich ergiebt, sind von der Postbeförderung ausgeschlossen." — Der am Dienstag auf der Meißner Konferenz ge haltene und mit großem Beifall aufgenommene Vortrag des Regierungsrathes vo. Rumpelt aus Dresden über die Frage: Welche besonderen Wege sind unserer Kirche durch die gegen wärtige Lage der Zeit gewiesen? wird auf Wunsch der Ver sammlung gedruckt werden. In der dem Vortrage folgenden Diskussion bemerkte zunächst Konsistorialrath vr. Dibelius, daß die Lösung der sozialen Frage nicht ausschließlich durch das Christenthum möglich sei, ebensowenig aber auch ohne das selbe. Auf Anregung des Oberhofpredigers I)r. Meier be merkte Oberregierungsrath vr. Roscher zu These 4, daß die Mitarbeit der Geistlichen an der Lokalpresse mindestens in Leitartikeln zu den drei hohen christlichen Festen bestehen möchte. Die Thesen des Vortragenden fanden mit geringen Abänder ungen die Genehmigung der Versammlung. These 1 wurde durch folgenden Zusatz erweitert (Antrag Fricke): Die Meißner Konferenz spricht die vertrauensvolle Erwartung aus, daß die evangelischen Lehrer des Landes in ihrer einflußreichen und verantwortlichen Stellung der Kirchs und dem Staate die Hand bieten wollen zur Lösung der sozialen Frage. — Die Be- rathung wurde am Abende des obcngedachten Tages über das gleiche Thema fortgesetzt auf Grund des vom Korreferenten Archidiakonus Franke .aus Zwickau gehaltenen Vortrages. >. Redner führte aus, es sei Thatsache, daß trotz mannichfacher Fürsorge für Kirche und kirchliche Zwecke sich der öffentliche Geist auf vielen Gebieten dem Einflüsse der Kirche entzogen habe und weite Kreise, besonders in großen Gemeinden, ihr entfremdet worden seien. Der tiefste Grund für diese Er scheinungen liege in dem glaubenslosen Materialismus, der bis in die untersten Volksschichten durchgesickert sei und genuß süchtige Weltseligkeit zur nothwendigen Folge habe. Dieselbe thue sich kund bald als Streben nach mühelosem Erwerbe und eigennütziger Ausbeutung, bald als Begehrlichkeit und Unzu friedenheit. Da diese widerchristliche Weltanschauung nicht äußerlich durch soziale Reformen, so hoch dieselben in anderer Hinsicht zu schätzen seien, sondern nur innerlich durch das Evangelium überwunden werden könne, so falle der Kirche, als der Verkünderin des Evangeliums, auch die Aufgabe zu, das Volksleben wieder mit christlichem Geiste zu durchdringen und dadurch lebendige Christengemeinden zu bilden. Damit allen denjenigen Kreisen, die sich von der Kirche fern halten, das Evangelium nahe gebracht werden könne, sei es geboten, große Gemeinden iu kleinere, höchstens 5000 Seelen zählende, mit je einem Geistlichen, einem Kirchenvorstande, und, wenn möglich, einem gottesdienstlichen Raume zu zerschlagen. So lange dieses Ziel nicht erreicht, sei wenigstens in jeder größeren Gemeinde eine Bezirkscintheilung durchzusühren; jeder Bezirk solle nicht über 5000 Seelen umfassen. In jeder Gemeinde, beziehentlich in jedem Bezirke sei ein Hausväterverband zu gründen, welcher den Kirchenvorstand bei seiner durch die Kirchen vorstandsordnung ihm zugewiesenen Aufgabe der Erhaltung von Zucht und Sitte und der Belebung des christlichen Sinnes in der Gemeinde, sowie den Geistlichen bei Ausübung der Seelsorge zu unterstützen habe. Die Lösung dieser Aufgabe werde dadurch erstrebt, daß jedes Mitglied des Verbandes die Pflege der Bewohner mehrerer Häuser übernimmt und sein Absehen besonders auf sittliche Verwahrlosung, Krankheitsfälle oder sonst eingetretene Nothstände richtet. Dem Vortrage folgte eine längere Debatte über das Zerschlagen größerer Gemeinden und den Hausväterverband. Die vo^ Redner gestellten Leit sätze über die Hausväterverbände würden abgelehnt, der auf Zerschlagen größerer Gemeinden gerichtete Satz auf Antrag des Konsistorialrathes vr. Dibelius in der Form angenommen: Damit allen denjenigen Kreisen, welche von der Kirche sich fern halten, das Evangelium nahe gebracht werden könne, ist cs geboten, große Gemeinden in kleinere zu zerschlagen. Die übrigen Leitsätze fanden die Annahme der Versammlung. — Ein dieser Tage beim Amtsgericht Glauchau stalt- gefundener Termin in Miethssachen zwischen einem Hausbe sitzer und seinem jetzt in Chemnitz aufhältlichen ehemaligen Miether wurde plötzlich dadurch unterbrochen, daß der Verklagte seinem Gegner bei einer ihm nicht passenden Rede die „schönsten Ohrfeigen" crtheilte — ein Vorkommniß, welches seit Bestehen des Amtsgerichts als „einzig" dasteht. Selbstverständlich wurde sofort die Arretur des Schlägers angeordnet. Ein kleines Logis ist an einzelne oder kinderlose Leute zu vrrmiethen und sofort zu beziehe«. I-oui«
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