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Wencklt für Wilsdruff TlMndt, Uchn, Sikbenlehn und die Umgegkndkn. Imtsblull für die Kgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Kgl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 58. Dienstag den 22. Juli 1890? Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstagS und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen l Vik. 25 Pf. — Einzelne Nummern 10 Pf. Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. Bekanntmachung, den Bezirkstag betr. Sonnabend, den 26. Juli 1890, Bormittags 11^ Uhr wird i« Sitzungssaal« der Königlichen Amtshauptmannschaft hier Bezirkstag abgehalten werden. Die Verhandlungen sind öffentlich. Die Tagesordnung ist aus dem Anschläge in hiesiger Hausflur zu ersehen. Meißen, am 17. Juli 1890. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Airchbach. Zwangsversteigerung. Die i« Grundbuche auf den Namen des verstorbenen Friedrich August Naumann eingetragenen Grundstücke, als: 1 ., das Gasthofsgrundstück, bestehend aus Wohn-, Gast-, Stall-, Wagen- und Gerätheschuppen-, Orchester-, Veranda- und Lustgartengebäuden sammt Garten, No. 16L und 36k des BrandcatasterS, No. 31 c, 336, 35, 35a und 69c des Flurbuchs, Folium 60 des Grundbuchs für Kesselsdorf, nach dem Flurbuche 37,„ Ar groß, mit 421,g, Steuereinheiten belegt, geschätzt auf 38887 Mk., 2 ., das Feld- und Wiesengrundstück No. 205 des Flurbuchs, Folium 75 des Grundbuchs für Kesselsdorf, nach dem Flurbuch« 1 Hect 83,§ Ar groß, mit 73,,, Steuireinh«it«n belegt, geschätzt auf 5850 Mk. sollen an hiesiger AmtsgerichtSstellr zwangsweise versteigert werden und ist der 2». August 188», Vormittags y Uhr, als Ann, el-etermin, ferner der s. September 18«», Vsrniittagr ich Uhr, als Versteigernngrtermin sowie der 13. September 188», Vormittags 10 Uhr, als Termin zu Verkün-ung -es Vertheilungsylans anberaumt worden. Die Realberechtigten werden aufgefordert, die auf den Grundstücken lastenden Rückstände an wiederkehrenden Leistungen, sowie Kostenforderungen, spätestens im Anmelde- tcrmin« anzumelden. Eine Uebersicht der auf den Grundstücken lastenden Ansprüche und ihres Rangverhältnisses kann nach dem Anmeldetermine in der Gerichtsschreiberei deS unterzeichneten Amts gerichts eingesehen werden. Wilsdruff, am 16. Juli 1890. Königliches Amtsgericht. Idr. sZttMAlaN. Tagesgeschichte. „Europa hat Ruhe und mit ihm die ganze Erde", in diese wenigen Worte könnte man die Schilderung der politischen Ereignisse, ««lche sich während der abgelaufenen Woche zuge lragen haben, zusammenfaffen. Unser Kaiser genießt im besten Wohlsein die Netursckönheiten der norwegischen Küst-nlandschaft r.ud widmet sich dabeiauch der Erledigung von Regierung-geschäf- ten mit de« ihm tigtNtN freudigen Eifer. Eine Verkürzen der Reisezeit ist, wie der „Reichanzeiger" ausdrücklich bestätigt, nicht geplant, wohl aber darf man, wie von gut unterrichteter Seite versichert wird, der Rückkehr deS Monarchen nach Wil- helmhaven zu« 27. d. M. entgegensehen. Kaiserin Friedrich hat ihren Besuch bei ihrer erhabenen Mutter, der Königin von Großbritannien, beendet und am Donnerstag früh mit den Prinzessinnen-Töchtern die Seereise iUer Gibraltar nach Athen angetr-tcn. Es ist nunmehr endgiltig festgestellt worden, schreibt die „N.-J.", daß der Kaiser Wilhelm am 4. August zum Besuch der englischen Königin in Osborne eintrifft. Der Kaiser wird die Reise von der Nordsee auf der kaiserlichen Aacht „Hvhenzollern" zurücklegen, welche alsdann auf der Rhede von Cowes vor Ank-r gehen wird. — Der Kaiser gedenkt Insel Helgoland demnächst zu besuchen. Nur dürfte er allerdings nicht der U-bergabe der Insel an die deutschen Be- fördrn beiwohnen, sondern etwa» später, also wahrscheinlich auf »ir Rückreise von England nach Deutschland dort ein- treffen. Der Aufenthalt de« Kaiser« auf Helgoland wird wohl nur einige Stunden dauern. Fürsorge für Arbeiter. Kommerzienrath Krupp in Cssen hat allen Angestellten, welche nicht bei der reichSge- setzlichm Unfallversicherung brtheiligt sind, eine Pensions-, Wittwen- und Waisenkasse und eine Unfallversicherungskasse gegründet, zu welchem Zweck Herr Geh. Kommerzienrath F. A. Krupp ein Kapital von 500,000 Mk. bewilligt hat. Die Kasse gewährt den Mitgliedern im Falle deS Tode» für die h nterlassene Wittwe eine Pension und für die Kinder eine Erziehungsbrihilfe. Um de« Ueberhand nehmen deS Kontraktbruches ländlicher Arbeiter zu steuern, haben die Grundbesitzer «ine» ntlderschlrsischen Kreist« beschlossen, einen Verein gegen derartige gesetzwidrige Kontraktlösungen, sowie zur besseren Wahrung der Rechte der Arbeitgeber in's Leben zu rufen. Es ist zu wünschen, daß dieser erste Versuch, den Zusammen schluß der Arbeitgeber, um sich gegen Vergewaltigungen der Arbeiter zu schützen, auch auf die Grundbesitzer auszudehnen, Nachahmung findet. Der Umstand, daß die Demokratie und Sozialdemokratie sich zu einem Ansturm auf die Landbevölker ung rüstet und daß vermuthlick den Grundbesitzern — den großen wie den kleinen — ein harter Kampf gegen die v«r- einigten Apostel von der Lehre, daß die Zufriedenheit ein Laster sei, bevorsteht, müßte allein schon den ländlichen Ar beitgebern Veranlassung sein, zur Abwehr dieses Ansturmes b«i Zeiten sich fest zusammcnzuschließen. Zur Jnvaliditäts- und Altersversicherung der Arbeiter. — Nach den Uebergangsbestimmungen des Arbeiter-Invaliditäts und Altersversicherungsgesetzes, welches bekanntlich am 1. Januar k. I. in Kraft treten soll, können die vorgeschriebenen Wartezeiten für Erlangung des Anspruches auf die Rente erheblich abgekürzt werden, wenn der Arbeiter im Stande ist, durch eine beglaubigte Bescheinigung den Nach weis zu führen, daß er während der vor dem 1. Januar 1891 liegenden 5 bez. 3 Jahren in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden hat. Das gilt nun selbstredend auch von den Bergleuten und es wäre also Sache des Einzelnen, sich die obengedachten Nachweise zu beschaffen. Der Vorstand des „Vereins für die bergbaulichen Interessen im Oberberg- amtsdezirk Dortmund" hat nun einen sehr lobenswerthen Schritt in der Angelegenheit dieser Nachweise gethan. Von der Ansicht ausgehend, daß die Zechenverwaltungen Alles, was an ihnen liegt, thun sollten, um jedem einzelnen ihrer Arbeiter die Wohlthaten des Gesetzes in vollem Umfange zu sichern, damit die erheblichen Opfer, welche das Gesetz aufer legt, den einzelnen Arbeitern ganz zugute kommen, hat der Verein den Zechverwaltungen empfohlen, ihren sämmtlichen Arbeitern und Beamten die erforderlichen Bescheinigungen schon jetzt auch ohne Antrag der Betheiligten nach Maßgabe d«r amtlich vorgeschriebenen (jeder Zeche übermittelnden) Formu lare auszustellen. Unzweifelhaft dürften wohl die Zechen im Oberbergamtsbezirk Dortmund entsprechend diesen Vorschlägen verfahren und dadurch sich den Dank ihrer Bergleut« erwerben. Es wäre zu wünschen, daß auch ander« Betrieb« diesem Bei spiele nachfolgten. Ueber die soziale Gesetzgebung, die Industrie und die Arbeiter äußert sich der Jahresbericht der Han delskammer zu Mühlheim a. Rh. für 1887 folgendermaßen: Zu den Lasten, welche die deutsche Industrie in Folge der Krankenversicherung und der Unfallversicherung zu tragen hat, wird in den nächsten Jahren eine weitere schwere Bürde kommen: die ihr durch die Alters- und Invalidenversicherung erwachsenden Ausgaben. Bis zu welcher Höhe die Belastung einzelner Etablissements hierdurch steigen wird, läßt sich zur Zeit noch nicht ermessen. Nach den Erfahrungen zu schließen, welche bei der Unfallversicherung gemacht werden, darf aber wohl befürchtet werden, daß für manche minder gut gestellte Unternehmungen die aufzuwendenden Summen einen nicht geringen Theil des Reinertrages in Anspruch nehmen. Der Wunsch erscheint deshalb gewiß gerechtfertigt, daß die Ansprüche an die Industrie gegenüber ihren Arbeitern nicht noch höher geschraubt werden, denn sonst möchte bald der Punkt erreicht werden, wo die Industrie überhaupt aufhört, leistungsfähig zu sein. Die sogenannte Arbeiterfrage hat übrigens zwei Seiten, und ist es nur billig und gerecht, die in neuerer Zeit oft übersehene Kehrseite auch einmal in's Auge zu fasten. Zunächst ist es unstreitbar, daß die Industriellen in dem letzten Jahrzehnt auch ohne äußeren Antrieb Vieles im In teresse ihrer Arbeiter gethan haben. Sie haben vielfach für g-räumige nnd gesunde Wohnungen zu billigen Miethpreisen gesorgt, sowie Konsumanstalten bei ihren Etablissement« er richtet, in welchen die Arbeiter alle Lebensmittel in guter Qualität zu billigen Preisen kaufen können. Wo Gelegenheit vorhanden ist, wurde im Sommer für billige Bäder gesorgt, Volksküchen sind projektirt u. dergl. m. Dabei sind die Löhne fast ohne Ausnahme gestiegen, sodaß man meinen sollte, e« könne kaum noch ein Grund zur Unzufriedenheit vorhanden sein, die Lebensunterhaltung müsse sich gehoben haben. Leider aber hat sich vielfach nur eins gehoben: das ist die Vergnüg ungssucht und die Verschwendung, namentlich bei den jungen Arbeitern. Hier in Mühlheim vergeht beispielsweise vom Frühjahr bis tief in den Winter hinein fast kein Sonntag, an dem nicht irgend ein Schützen-, Sänger-, Kirchweih-,