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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und Umgegenden : 08.07.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782021922-189007089
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782021922-18900708
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782021922-18900708
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn ...
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Jahr
1890
-
Monat
1890-07
- Tag 1890-07-08
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Monat
1890-07
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Jahr
1890
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Märsche, Truppenverlegung, Gerichtssitzungen und andere Ver anstaltungen, die den Stand der ortsanwesenden Bevölkerung vorübergehend wesentlich ändern können, nicht stattfinden. „Der „Voss. Ztg." meldet man aus London: Der Berliner Korrespondent des „Standard" erfährt, daß, sobald das deutsch- englische Abkommen in Kraft tritt, die deutschen Hilfstruppen in Ostafrika auf 600 Mann reduzirt werden sollen, welche Anzahl als hinreichend zur Aufrechterhaltung der Ordnung er achtet wird, während der Reichskommissar mit hinreichendem Personal zur Uebernabme der Civilverwaltung hinausgesandt wird. Infolge dieses neuen Arrangements werde Major v. Wißmann wahrscheinlich nicht wieder nach Afrika gehen, sondern vielleicht einen Posten im Kolonialamt oder in dem neu zu bildenden „Kolonialrathe" erhalten. Zn der That ist es gerade im jetzigen Augenblicke, wo das Gerücht immer bestimmter auftritt, daß das von Frankreich lang erstrebte Bündniß mit Rußland abgeschlossen sein soll, für alle betheiligten Verbündeten geboten, an dem Dreibunde in Treue und Aufrichtigkeit festzuhalten; es ist auch nicht zu bezweifeln, daß dies nach den Wünschen der Bevölkerung seitens der Regierungen der Dreibundstaaten in vollstem Maße ge schieht. Bedauerlich aber ist es immer, daß gewisse Elemente in Italien fortfahren, gegen das Friedensbündniß zu Hetzen. So haben die italienischen Radikalen kürzlich wieder viele Tau sende von Flugblättern verbreitet, in denen gegen die Tripel allianz agitirt wird. Es zeigt sich hier wieder, daß die Re publikaner und Kryptorepublikaner aller Länder theils offen, theils geheim für Republiken gegen Monarchien, selbst im eigenen Vaterlande, Stimmung zu machen suchen. Bei dem kürzlich erfolgten Mobilisirungsversuch eines französischen Kriegsgeschwaders sind wieder reckt üble Er fahrungen gemacht worden. Ein Kriegsschiff erlitt Schiffbruch, ein anderes, das dieses Fahrzeug ersetzen sollte, erlitt Havarie. Die Zuversichtlichkeit der Franzosen, welche sich im Besitz einer vortrefflichen Reserveflotte wähnten, hat durch diese Unfälle einen starken Stoß erlitten; doch werden alle Anstrengungen gemacht, um das Flottenmaterial auf die Höhe der Leistungs fähigkeit zu bringen. Zn Italien macht der Konflikt zwischen der Regierung und dem Gemeinderathe von Rom viel von sich zu reden. Bekanntlich ist jene gegen die koddrige Finanzwirthschaft der Stadtväter von Rom mit einem Gesetze energisch eingeschritten, welches die Regierung u. A. auch berechtigt, künftig in die Verwaltung der „ewigen Stadt" ein ernstes Wörtlein mit hineinzureden. Dies veranlaßte nun den Gemeinderath, zurück zutreten, aber nur, um heftige Proteste gegen die Regierungs maßregeln, namentlich aber gegen die Emennung eines könig lichen Kommissars für Rom, zu erheben und die Oppositions parteien im Lande benutzen nun die ganze Angelegenheit, um wieder einmal einen Vorstoß gegen das Ministerium Crispi zu unternehmen. Da das italieniscke Parlament das auf die Stadt Rom bezügliche Finanzgesetz noch nicht genehmigt hat, so will die Kammeropposition alles daran setzen, um in dieser Frage Herrn Crispi ein Bein zu stellen. Die Haltung der Pforte gegenüber der kürzlich über sandten bulgarischen Note ist, wie man der „Krz.-Ztg." aus Konstantinopel mitgetheilt hat, im höchsten Grade beachtens- werth und darf als ein Symptom derjenigen politischen Auf fassung angesehen werden, welche gegenwärtig nicht als eine vorübergehende Stimmung, sondern als eine bleibende zielbe wußte Staatspolitik die leitenden Kreise und vor allem den Sultan beherrscht. Die Antwort, welche der bulgarischen Re gierung aus die Note zugehen wird, kann, wie der Berichter statter der „Krz. Ltg." aus den Ausführungen der türkischen Presse schließt, nur zwei Punkte enthalten; sie wird darauf aufmerksam machen, daß Bulgarien in einem Abhängigkeits- verhältniß zum Sultan steht, und dieser deshalb nicht in der Lage ist, diplomatische Noten seines Vassallenstaates zu em pfanden, und zweitens wird die Antwort bezüglich der Sache darauf Hinweisen, daß allerdings der Sultan die staatlichen Verhältnisse auf der Balkanhalbinsel noch keineswegs als end gültig betrachte, daß er aber trotzdem den gegenwärtigen Augen blick zu der Erledigung der noch offenen Fragen für nicht geeignet halte. Bukarest, 4. Juli. Nach hier eingetrosfenen Tele grammen forderte die russische Partei in Sofia und anderen bulgarischen Städten durch Maueranschläge Rache für den Tod Panitza's. Vaterländisches. Wilsdruff. Am 4. d. M. feierte der noch rüstige Böttchermeister August Heeger hierselbst unter reger Theil- nahme seiner Mitbürger sein 50jährigesBürgerjubiläum. — Der landwirthschaftliche Verein Wilsdruff führte vorigen Freitag die in letzter Vereinssitzung beschlossene Exkursion nach Kloster Zella bei Nossen aus. Früh 7 Uhr fuhren die Theilnehmer in flotten Landauern und Amerikains von hier ab, in Limbach schlsß sich der Vorsitzende des Vereins, Herr Rittergutsbesitzer Andrä nach einem herzlihen Guten- morgengruß an, sowie sich von da ab noch viele Glieder von Birkenhain, Groitzsck, Schmiedcwalde und Tanneberg anschlossen, so daß eine stattliche Wagenzahl in Zella eintraf; daselbst von Herrn Amtsverwalter Lessing freundlichst begrüßt, wurde kurz darauf dessen Wirthschaftseinrichtung eingehend besichtigt und überall Lob gespendet; nach weiterer Besichtigung des Parkes und der Ruinen des Klosters fand noch eine kurze Fahrt durch die herrlichen Felder des Klostcrgutes statt, um dann noch recht zeitig zu der in Nossen um 11 Uhr stattfindenden Jahresver sammlung des Kreisvereins Dresden einzutreffen. Die meisten Mitglieder des Vereins nahmen wohl an der Versammlung wie an der später stattfindenden Festtafel Theil. Bei der Nach mittags nach 5 Uhr stattfindenden Heimfahrt nahmen die Mit glieder noch die Fohlenaufzuchtstation in Tanneberg mit großem Interesse in Besichtigung und dürfte sonach, zumal auch die Exkursion durch prächtiges Wetter begünstigt wurde, dieselbe wiederum zur vollsten Zufriedenheit aller Theilnehmer ausge fallen sein. — In Nossen fand am vergangenen Freitag die General versammlung des Landwirthschaftlichen Kreisvereins Dresden statt. Die Generalversammlung war überaus zahl reich besucht und durch die Anwesenheit vieler Ehrengäste, da runter Geh. Rath und Abtheilungsdirektor Böttcher, Amts hauptleute Dr. Wäntig, Dr. Haberkorn, v. Kirchbach, Präsident des Landeskulturraths v. Oehlschlägel, Reichstagsabgeordneter Dr. Mehnert, Bürgermeisters Zschiedrich, Oberamtsrichter Weidauer Landtagsabgeordneter Uhlemann, die Vertreter der Nachbarkreisvereine, ausgezeichnet. Nach Begrüßung der An wesenden von Seiten des Herrn Bürgermeister Zschiedrich, Er öffnung der Generalversammlung durch den Vorsitzenden Herrn Käferstein auf Niedersedlitz und nach Erstattung des Jahres berichtes hielt der neue Direktor des Landwirthsckaftlichcn In stituts der Universität Leipzig, Herr Prof. Dr. Kirchner, einen überaus klaren und hochinteressanten Vortrag „über die Nutzung der Rinderracen und die Mittel zur Hebung derselben," der in manchen Beziehungen völlig neue Gesichtspunkte enthielt. Diesem Vortrag schloß sich ein Referat des als praktischen Landwirth bekannten Herrn Rittergutsbesitzers Andrä - Limbach über „die Enquete, betreffend den Weizenbrand", an. Beide Vorträge fanden lebhaftesten Beifall der Versammlung und es ist dankbar zu begrüßen, daß dieselben durch den Druck weiteren Kreisen zugänglich gemacht werden sollen. Den 3stündigen Verhandlungen folgte ein Festmahl, bei welchem Herr Käfer stein auf König Albert ein von der Versammlung mit brausen dem Jubel aufgenommenes Hock ausbrachte. Der nächste Redner war Herr Geh. Rath Böttcher; ihm folgten noch viele andere, sodaß das Mahl auch viele geistige Anregung bot. — Sonnabend Nachmittag schlug der Blitz in das Wohn haus des Grundstücksbesitzers Rolle in Rothschönberg bei Deutschenbora und tödtete im Stalle eine Ziege. Das Feuer konnte alsbald gelöscht werden. — Wiederum hatte sich der Redacteur der „Sächsischen Arbeiterzeitung" Carl Bruno Sommer wegen Be leidigung vor dem Schöffengericht zu verantworten. In einer Nummer der erwähnten Druckschrift befand sich ein Aufsatz, in welchem der Bergarbeiter Götzold in Freiberg als Denunciant und Speichellecker bezeichnet wurde, der durch dieses Gebühren sich nur Gewinn bei seiner Arbeit verschaffen wollte ec. Sommer stiebt an, der fragliche Aufsatz sei ohne Willen und jegliches Zuthun seinerseits in der Zeitung zum Abdruck gelangt. Es sei ihm in der Erinnerung, das ihm als Brief gesandte Schrift stück, da es anonym verfaßt war, in den Papierkorb geworfen zu haben. Möglicherweise könne das Manuscript auch daneben gefallen sein und der Setzer habe sich dasselbe als Manuscript zur Verwerthung geholt, ohne Sommer in Kenntniß zu setzen. Der Angeklagte wird in Gemäßheit der W 185, 186 des Reichsstrafgesetzbuches zu einer Gefängnisstrafe von 2 Wochen verurthsilt. Strafmildernd kommt der Umstand in Betracht, daß er sich bemühte, seinen Fehler durch eine Genugthuung dem Verletzten gegenüber wieder gut zu machen. Der ver fügende Theil des Urtheils ist außerdem auf des Angeklagten Kosten im Freiberger Amtsblatt und in der „Arbeiterzeitung" zum Abdruck zu bringen. — Das „Dresdner Journal" berichtet: In letzter Zeit haben die Blätter wiederholt Mittheilungen über den Stand gebracht, in welchem sich die Vorarbeiten zur Durchführung der ZnvaliditätS- und Altersversicherung in Preußen und Bayern befinden. Es verdient bemerkt zu werden, daß auch Sachsen mit denselben nicht zurückgeblieben ist. Bekannt lich ist für das Königreich Sachsen eine einzige Versicherungs anstalt errichtet worden. Zum Vorstände derselben hat das Königliche Ministerium des Innern den gegenwärtigen Vor stand der amtshauptmanuschaftlichen Delegation zu Sayda, Regierungsrath Weger, ernannt, der sein neues Amt am 1. August dieses Jahres antreten wird. Ob und in wie weit ihm noch andere, vom Staate ernannte Vorstandsmitglieder zur Seite gestellt werden sollen, bleibt späterer Exwägung Vor behalten. Im Uebrizen wird das Statut über die Zusammen setzung des Vorstandes Bestimmungen zu treffen haben. Für die Wahl des Ausschusses hat das Königliche Landesversichcrungs- amt bereits unterm 10. Mai d. I. eine Wahlordnung erlassen. Die Wahl der 18 Ausschußmitglieder, von denen je die Hälfte dem Stande der Arbeitgeber und der Versich.rten anzugehören hat, erfolgt durch je 60 Wahlmänn-r aus dem Stande der Arbeitgeber und der Versicherten, die ihrerseits wieder zur einen Hälfte von den Bezirksvertretungen bez. den Gemeindevertre tungen der drei großen Städte, Dresden, Leipzig und Chemnitz und zur anderen Hälfte von den hierzu berechtigten Kranken- cassen (Orts-, Betriebs-, Jnnungs-, Bau- und Knappschafts- krankenkasscn) nach den hierfür festgesetzten Wahlbezirken er nannt werden. Auch diese Wahlen sind bereits in Vorbereitung, so daß die Wahlmänner voraussichtlich bereits im September zur Wahl des Ausschusses zusammentreten können. Die nächste Aufgabe des Letzteren ist alsdann die Beschlußfassung über das Statut der Versicherungsanstalt. Nach alledem werden auch in Sachsen die Vorarbeiten so zeitig zum Abschluß ge langen, daß dem Inkrafttreten des Gesetzes mit dem 1. Januar 1891 von hier aus nichts mehr im Wege stehen würde. — In Seifersbach bei Mittweida wurde am ver gangenen Sonntag ein Akt großer Rohheit verübt, indem eine dortige Frau, während sich ihr Mann in der Kirche befand, von einem in ihrem Hause mitwohnenden, kürzlich aus M tt- weida nach dort verzogenen Fabrikarbeiter so furchtbar miß handelt wurde, daß die Bedauernswerthe in ihrer Todesangst sich nicht anders zu helfen wußte, als bei ihrem Mann Hilfe zu suchen und so während des Gottesdienstes mit blutüber strömtem Gesicht in die Kirche kam, um den Gatten aus der selben zu ihrem Schutze herbeizuholen. Durch die Ruhs und Geistesgegenwart, welche der Geistliche bewahrte, wurde der Gottesdienst nur in kaum bemerkbarer Weise für einen Augen blick gestört. Der rohe Bursche, welcher sich in so gcwalt- thätiger Weise an der wehrlosen Frau vergriff, ist verhaftet worden. — An die Redaktion der in Dresden erscheinenden „Mittheilungen zur Bekämpfung der Trunksucht" hat Feldmarschall Graf Moltke ein Schreiben gerichtet, in welchem er auf eine Ansage antwortet, ob der Ausspruch, „das Bier sei der ärgste Feind der Deutschen", von ihm stamme. Diese Antwort, datirt vom 22. Juni aus Bad Cudova, lautet fol gendermaßen: „Den Ausspruch, „Bier sei der ärgste Feind Deutschlands", kann ich niemals gethan haben. Im Gegen theil, ich wünschte, wir könnten unseren Leuten ein gutes leichtes Bier wohlfeil Herstellen. Der Preis von 15 und selbst von 10 Pf. ist für sie zu hoch. In Süddeutschland hat man den billigen Zider, bei uns in Norddeutschland ist leider nur der Schnaps wohlfeil. Ich selbst trinke weder Bier noch Branntwein, aber den Alkohol ganz zu verbannen, halte ich weder für wünschenswerth, noch für ausführbar, z. B. im Felde oder nach erschöpfender Arbeit, wo es darauf ankommt, die Kräfte, — wenn auch nur vorübergehend — wieder zu beleben. Verderblich und allerdings einer der größten Feinde Deutschlands ist nur der Mißbrauch des Alkohols, und der findet leider in hohem Maße statt. Ein gesunder Mensch braucht bei mäßiger Anstrengung überhaupt kein solches Reizmittel, und es für Kinder zu verwenden, wie cs leidcr vielfach geschieht, ist geradezu frevelhaft. Dasselbe gilt für die Naturvölker, die auch nur Kinder sind. Ich wünschte, baß Kaffee, Thee und leichtes Bier wohlfeil, Branntwein theuer wären. Ergebenst Graf Molkte, Feldmarschall." Möchten roch diese Worte überall bekannt und nah Gebühr beherzigt werden! — Eine für künftige Reichstagswohlen wichtige Frage hat in den letzten Wochen die Wahlprüfungskomission des Reichstags lebhaft beschäftigt. — Mehr wie bei früheren Reichstags - Wahlen waren diesmal in einzelnen Wahl bezirken solche Personen aus dem Wahllokale ausgewiesen worden, die nicht wahlberechtigt waren. Die Ausweisungen haben Anlaß zu einer größeren Anzahl von Protesten gegeben, bei deren Berathung insbesondere der Abgeordnete Dr. Mehnert die Ansicht vertrat, daß die Theilnahme am Wahlakte und die Anwesenheit im Wahllokale nur Wählern gestattet sein dürfte. Der Genannte wies darauf hin, daß bei entgegenge setzter Auslegung des Wahlgesetzes der Zutritt auch Frauen, Kindern, solchen, die Armenunterstützung genießen, Verbrechern, denen die bürgerlichen Ehrenrechte entzogen, sogarAußerdeutschen, unter der einzigen Voraussetzung, daß dieselben sich ruhig benehmen und zu Störungen keinen Anlaß geben, der Aufent halt im Wahllokale gestattet sein müsse. Das Wahlgesetz sei thatsächlich ab r nur für Wähler erlassen und diese Annahme finde ihre Bestätigung auch im Wortlaut des § 26 des Wahl reglements, nach welchem die Oesfentlichkeit bei „Ermittelung des WahlresultatS" ebenfalls auf Wähler beschränkt sei. Habe aber bei Ermittelung des Wahlresultates eine solche Beschränkung der Oesfentlichkeit sinngemäß unter Billigung derg-setzgebenden Faktoren stattgesunden, so sei dieselbe zweifellos auch bei der im Gesetz j.ner Ermittelung des Wahlresultats gleichgestellten Wahlhandlung zulässig und beabsichtigt gewesen. Endlich wurde von genanntem Abgeordneten noch darauf hingewiesen, daß auch aus den Verhandlungen des Reichstags bei Be rathung des Wahlgesetzes im Jahre 1869 mit Klarheit her- vorzehe, daß man eine Einschränkung der Oesfentlichkeit der Wahlhandlung auf Wähler für selbstverständlich gehalten habe. Die Entscheidung üb-r die vorbehandelte' wichtige Frage ist zwar noch nicht getroffen, aber die Mehrheit ist der vorbe zeichneten Auffassung gesickert. Des Plenum des Reichstags wird im kommenden Winter die Scklußentscheidung hierüber zu treffen haben. Daß mit der Beschränkung der Öffentlich keit der Wahlhandlung auf Wähler die derzeit übliche sozial demokratische Ueberwachung der Wahlhandlung durch Personen, die meist noch nicht 25 Jahre alt waren, mit einem Schlage beseitigt und der hierbei oft geübte Terrorismus gebrochen würde, müßte von allen Ordnungsparteien mit großer Freude begrüßt werden. — Die Einführung eines einheitlichen Bußtages in Deutschland scheint nun langsam ihrer Verwirklichung ent- gegenzugehen. Bekanntlich sind schon seit Jahren aus den weitesten Kreisen der Bevölkerung, namentlich seitens der Ge schäftswelt, Klagen über die an die kleinstaatliche Zerrissen heit von ehedem erinnernde Verschiedenheit in der Feier der Bußtage in Deutschland laut geworden. Auf der letzten Eise nacher Kirchen-Konferenz ist nun die erfreuliche Miitheilung gemackt worden, daß die Ausführung des längst gefaßten Be schlusses über die Einführung des gemeinsamen deutschen Buß tages nunmehr in näherer Aussicht stehe und erwartet werden könne. Man empfand auf der Konferenz allgemein die Be friedigung, daß diese Angelegenheit endlich von der Stelle rücke. — Das neue Hotel „Europäischer Hof" in Dresden, Ecke der Prager-, Sidonien- und Christianstraße, geht seiner Vollendung entgegen, sodaß die Eröffnung bestimmt Mitte September zu erwarten ist. Der monumentale, im reinstem Renaissancestil aufgeführte Bau bedeckt eine Gesammtfläche von 2260 c>m. Derselbe enthält durch vier Etagen 200 Zimmer und Salons, welche mit allem Comfort der Neuzeit ausgestattet und mit elektrischem Lichte und Warmwasserheizung versehen sind. Zwei Fahrstühle werden den Verkehr mit den Etagen vermitteln. Die im Parterre liegenden Räume, als großer und kleiner Speiscsaal, Damensalon, Conversations- und Lesesaal, Rauchzimmer, sowie verschiedene größere und kleinere Speise- und Frübstückssäle werden nicht wenig zum Comfort dieses Musterhotels beitragen, welches vermöge seiner günstigen Lage sich gewiß bald die Gunst des reisenden Pu blikums erringen wird. Es soll weder ein Consortium noch Bankhaus, wie vielfach angenommen, an diesem Unternehmen betheiligt sein, Herr Ziegeleibesitzer G. Ulbricht in Mockritz und Lockwitz ist alleiniger Erbauer und Besitzer. Derselbe hat das Hotel auf eine Reihe von Zahrer an Herrn Amandus Müller verpachtet, welcher 10 Jahre als Geschäftsführer in Hillmanns Hotel in Bremen thätig war und sich in Fachkreisen, sowie in der Reisewelt eines sehr guten Rufes erfreut. — Schlafen der Kinder. Zn wie vielen Familien dürfen die Kinder mit den Erwachsenen bis in die späte Abend-, ja Nachtstunde hinein aufbleiben! Den Kindern gefällt dies natürlich; um so besser, wennB-such da ist, aber umsomehr regcn sie sich daun auf. Früh, wenn's zur Schule gehen soll, find sie mit Mühe und Noth aus dem Schlafe zu rütteln — kein Wunder, denn sie haben nicht genug geschlafen. Ein Kind braucht mehr Schlaf als ein Erwachsener; es braucht Ruhe im Liegen und Schlaf zum Wachsen, Ruhe für das junge Gehirn, um aufmerken und lernen zu können. Kinder z l 10 Jahren müssen um 8, spätestens Vad Uhr ins Bett, und in den letzten Schuljahren werde 9 Uhr als letzte Grenze festgesetzt. Ein selten lieber Besuch, eine besondere Festlichkeit mag eine Ausnahme machen, aber cs muß eben eine seltene Ausnahme bleiben. Die Schularbeiten können um diese Zeit fertig sein, werden sie rechtzeitig begonnen und ohne Zerstreu ung und unnöthige Unterbrechung gefertigt. Das „Lernen" werde möglichst auf Tagesstunden und auf ein paar mal ver- thcilt; es sitzt dann viel besser als das auf einmal Gelernie. — In einem Vororte von Zwickau hatte Nachts ein Einwohner sein künstliches Gebiß nicht abgelegt und ver schluckt. Dasselbe gelangte in den Magen und sollte durch Operation entfernt werden, als nachts Stunden der Geängstete es wieder herausbrach.
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