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gebildet wird. Auch ist bei der Beurteilung dieses Wahlausganges nicht zu verkennen, daß derselbe die Parteien, die bisher in der Minderheit waren, dadurch, daß dieselben nun zur ausschlaggebenden Mehrheit geworden, unwillkürlich nach rechts drängt, indem er sie mit der Verantwortung für ein positives Schaffen belastet. Wir sehen also in dem Wahlausgangs gar keinen Anlaß für die Regierung oder den Kaiser, sich in der betretenen Bahn beirren zu lassen, und glauben nicht, daß die Wahl irgend welche Maßnahnen der Regierung, die ängstliche Gemüther bereits voraussahen, zur Folge haben wird, weder in Bezug auf das Sozialistengesetz, noch auf die Auflösung oder gar auf das allgemeine gleiche und direkte Stimmrecht." Fürst Bismarck soll sich über den Ausfall der Wahlen nicht sehr echauffirt haben. Vor Allem soll er sich über das Anwachsen der sozial demokratischen Stimmen nicht überrascht gezeigt haben. In der That konnte ja auch, wie die „B. B. Ztg." mit Recht hervorhebt, einem auf merksamen Beobachter schon seit Langem nicht mehr verborgen bleiben, daß die Sozialdemokratie anfing, auch bürgerliche Kreise in ihren Bann zu ziehen. Gerade die sozial-reformatorische Arbeit der letzten Jahre hat ja die Aufmerksamkeit aller Kreise mehr denn je auf die Sozialdemokratie gelenkt und die sozialdemokratischen Führer haben diesen „Zug der Zeit" zu benutzen verstanden, indem sie sich als die eigentlichen Urheber der Sozialreform hinstellten und ihre letzten Ziele klug zu verschleiern wußten. Im Anschluß an die Meldung der „Hamb. Nachr.", daß Fürst Bis marck mit Rücksicht auf den Ausfall der Wahlen seine Entschließung wegen des Rücktrittes von den Geschäften vertagt habe, bringt die „B. B. Ztg." folgende Mittheilung, die ohne Frage mit der Entschließung des Fürsten Bismarck im Zusammenhänge steht: „Dem neuen Reichstag wird eine Vorlage wegen Ersatz des Sozialistengesetzes bestimmt zugehen. Die Staatsgewalt wird nun erst recht einer Waffe zur Abwehr gegen Ausschreitungen bedürfen, die prompter functionirt als die bestehenden Ge setze. Es ist durch die bei dem letzten Wahlgange zu Tage getretene Neigung zu Uebermuth und Gewaltthaten erwiesen, daß die große Masse der sozialdemokratischen Wähler die Kaiserliche, in den bekannten Erlassen zum Ausdruck gelangte Fürsorge in einer Beleuchtung dargestellt erhielt, als man nun endlich „auch oben" einsähe, die Sozialdemokraten hatten Recht, da sich selbst der Kaiser gegen seine Rathgeber auf Seite der so zialdemokratischen Führer stellte. Die Frage ist nun: Wie wird sich die neue Mehrheit zu dieser Vorlage stellen? An Stoff zu schwerwiegenden Konflikten wird es also da nicht fehlen. Niemals war Ursache vorhanden, den kommenden Ereignissen mit größerer Spannung entzegenzusehen als jetzt. Fürst Bismarck, welcher vor einigen Tagen wieder längere Zeit mit dem Kaiser konferirte, dürfte, den Thatsachen Rechnung tragend, auch mit dem Monarchen über den Weg schlüfsig werden, welcher einzuschlagen ist, um das Wohl des Staates nicht durch eine zufällige Strömung Schiff bruch leiden zu lassen." Die am 20. Februar 1890 bei den Reichstagswahlen abgegebene Stimmenzahl von 7 031469 vertheilt sich auf die einzelnen Parteien, wie folgt: Konservative 919 646, Freikonservative 457 936, Nationalli berale 1169 112, Freisinnige 1 147 863, Volkspartei 131 438, Centrum und Welfen 1 420 439, Polen 245 852, Sozialdemokraten 1 341 587, Elsaß-Lothringer und „Wilde" 97 109 Stimmen. Es erhellt hieraus, daß die Nationalliberalen noch immer 22 000 Stimmen mehr erhalten haben, als die Deutsckfreisinnigen. Das Theilen beginnt! In den Bergarbeiter-Bewegungen wird jetzt die Parole ausgegeben, die Bergwerksbesitzer müßten sämmtlick ent eignet werden. In Dortmund hat unter Vorsitz des Bergmanns Bunte eine Bergarbeiter-Versammlung folgende Resolution beschlossen: „Bei dem Reichstage, dem Bundesrathe und bei Seiner Majestät dem deutschen Kaiser darauf hinzuwirken, daß sämmtliche deutschen Bergwerks-Unter nehmungen durch Enteignung der bisherigen Besitzer in das dauernde, ge meinschaftliche und unveräußerliche Eigenthum der in denselben selbstthätigen Leiter, Beamten und selbstständigen Arbeiter übergehen, wie deß bis zum Vollzüge dieses Ueberganges schleunigst ein Berqbau-Notbgesetz erlassen werde, welches den schwersten gegenwärtigen Mißständen durch etwaiges unmittelbares Einschreiten der Organe der Staatsbehörden nach Möglich keit vorläufige Abhilfe zu verschaffen in Stande ist." „Hätte man im Jahre 1870 nach Sedan mit der Republik gegen eine entsprechende Kriegsentschädigung und ohne die Annexion von Elsaß- Lothringen Frieden geschloffen, dann wären diese Zustände vermieden worden," also sprach ein Mann, der ein deutscher Volksvertreter sein will, im Hinblick auf unsere militärischen Rüstungen am 25. v. M. vor einer Versammlung deutscher Männer zu Frankfurt am Main, und kein Wort der Entrüstung wurde dieser jedem Nationalgefü hl ins Gesicht schlagenden Aeußerung gegenüber laut. Allein es ist ja während des hinter uns liegenden Wahlkampfes genugsam offenbar geworden, was man im Vertrauen auf ihre Unkenntniß und Urtheilslosigkeit deutschen Wählern bieten kann. Ob wohl jeder, der auch nur die einfachste Dorfschule besucht hat, wissen muß, daß es Frankreich gewesen ist, welches uns seit Jahrhunderten stets wider rechtlich angegriffen hat und obwohl es keinem Deutschen unbekannt sein kann, daß Frankreich uns schon längst von Neuem angegriffen haben würde, wenn unsere starke Rüstung seine Revanchegelüste nickt im Zaume hielte, so hören deutsche Männer gläubig zu und jauckzen Beifall, wenn ihnen Dinge vorerzählt werden, wie es einer der Führer der deutschen Sozial demokratie, August Bebel, mit den oben angeführten Worten in Frankfurt a. M. gethan hat. Das sind allerdings reckt bedenkliche Zeichen, die allen wahren Vaterlandsfreunden eine dringende Mahnung sind, nichts un Versucht zu lassen, was dazu beitragen kann, eine bessere Einsicht unter der arbeitenden Bevölkerung zu verbreiten. Aus einen Weg haben wir neulich bereits hingewiesen, indem wir die Nothwendigkeit, Arbeiterbildungs vereine zu schaffen, betonten. Den anderen Weg hat Kaiser Wilhelm ge zeigt, als er während des letzten Kaisermanövers in Hannover gelegentlich der Unterhaltung mit den Militärgeistlichen, die den Feldgottesdienst ge leitet halten, darauf hinwies, daß der Geschichtsunterricht in der Schule mehr Religion und Deutschthum betonen und auch die neuere Geschichte weit ausführlicher behandeln müsse. Die alten Völker zu kennen, wäre wohl schön, aber für unsere deutschen Sitten und zum Verständniß der Gegenwart wäre es höchst nöthig, daß wir die Geschichte, namentlich die neuere und neueste Geschichte unseres eigenen Volkes, von Grund aus ver ständen. Daß die grundstürzenden Bestrebungen der Sozialdemokratie so Viele Köpfe und Herzen verwirrten, käme daher, daß man in hohen wie niederen Schulen zu wenig die Verwirrungen und Greuel der französischen Revolution und die gewaltigen Heldenthaten der Befreiungskriege zur Rettung des Vaterlandes den Kindern vorstelle. Er hoffe, so schloß der Kaiser, daß auf diesem Gebiete die Jugend von früh an besser belehrt werde. Es ist dringend zu wünschen, daß diese Hoffnung unseres für das Wohl seines Volkes rastlos sorgenden Kaisers recht bald in Erfüllung gehe. Die Rückgabe von Elsaß - Lothringen und die deutsche Sozialdemokratie. Vom königlichen Landrathsamte in Wiesbaden ist dem „Rheinischen Kourier" folgende Mittheilung zugegangen: „Gegenüber der Erklärung des Sozialdemokraten, Herrn Franz Jöst, wonach derselbe in einer Wahlrede in Bingen die Rückgabe Elsaß-Lothringens an Frank reich nicht verlangt Haden will, möge zur Charakteristik der Parteiführer der Sozialdemokraten und der Art ihrer Agitation dienen, daß amtlich festgestellt ist, daß der Sozialdemokrat, Herr Emil Fleischmann von Karls ruhe, in einer von ihm am 21. Januar d. I. in Biebrich a. Rh. ge haltenen Wahlrede wiederholt gesagt hat: Er gebe lieber Elsaß-Lothringen wieder her, als daß deshalb ein neuer Krieg geführt werde. In einer später in Rambach bei dem Gastwirth Meyer, Gasthaus „Zum Rebstock," stattgehabten sozialdemokratischen Wahlversammlung hat ein sozialdemo kratischer Redner gesagt, indem er zugleich seine geschichtliche Unkenntniß bekundete: Wenn nicht Elsaß-Lothringen, das nie Deutsch gewesen sei, zu- rückgegeben würde, gebe es keine Ruhe und keinen Frieden in der Welt." In Grümpen (Sonn-berg) ist am Tage der Reichstagswahlen der Mühlenbesitzer Brehm erstochen und dann die Leiche in de?. Fluß geworfen worden. Der Mord, denn ein solcher isi nach der Bekanntmachung der Koburger Staatsanwaltschaft anzunehmen, wird auf politische Streitigkeiten zurückgeführt, die vorher in dem Wirthshause zu Grümpen stattgefunden haben. London,.1. März. Nach einer Lloyddepesche vom heutigen Tage ist der Postdampfer „Quetta", von Brisbane nach London gehend, in der Meerenge von Torres auf Felsen g> stoßen und soso t gesunken. Zwei hundert Personen sind ertrunken. Die Eigenthümer des Dampfers erhielten ein Telegramm, wonach 100 Personen, darunter der Kapitän, gerettet worden sind. Auch der neueste Versuch Rußlands, Bulgarien durch Aufwerfung der Okkupationskostenfrage abermals Verlegenheiten zu bereiten, kann als gescheitert betrachtet werden. Die bulgarische Regierung hat angeordnet, daß der betreffende Betrag in Höhe von 3 600 000 Papicrrubeln an Ruß land ausgezahlt werde und aus dem Nationalfonds zu entnehmen sei — die russische Diplomatie ist also Bulgarien gegenüber wieder einmal ab geblitzt! — Der auf den 26. Februar fallende Geburtstag des Fürsten Ferdinand ist diesmal in ganz Bulgarien besonders festlich begangen worden. London. Die Zahl der Kohlenarbeiter, welche für Anfang März die Arbeit gekündigt haben, beträgt schon 430 000. Ein allgemeiner Streik gilt für bevorstehend, wenn die geforderte Lohnerhöhung nicht gewährt wird. Rircheuuachrichteu ans Wilsdruff. Freitag, den 7. März, Vusztag. Vorm. 8 Uhr allgem. Beichte. Anmeldung durch Zettel mit Namen. 8'/2 Uhr Gottesdienst. Predigt über Ephes. 5, 8—14. Nach der Prcdizt Feier des h. Abendmahls. An den Kirchthüren wird eine Collccte für die innere Mission eingesammelt werden. Nachm. 1 Uhr Gottesdienst mit Predigt über Psalm 51, 17—19. Ganz seid, bedruckte I'oularäs Mk. 1 9Ü bis 6 25 p. Met. — versendet roden- und stückweise Porto- u. zollfrei in^s Haus das Seidensabrik-Depot G. Henneberg (K. u. K. Hoslies.) Zürich. Muster umgehend. Briefe kosten SO Pf. Porto. Nur eine Wark kostet die Schachtel, enthaltend 50 Pillen der ächten Apotheker Richard Brandt's Sckweizerpillen in den Apotheken. Selbst bei täglichem Gebrauch reicht eine Schachtel sür einen Monat, so daß die Kosten nur wenige Pfennige pro Tag auswachen. Hieraus geht hervor, daß Bitterwässer, Magentropfen, Salzpastillen, Ricinusöl und wie die vielen Mittel alle heißen, dem Publikum viel theurer als die ächten Apotheker Richard Brandt's Schweizerpillen zu stehen kommen, dabei werden sie von keinem anderen Mittel in der angenehmen, unschädlichen und sicheren Wirkung bei Magen-, Leber-, Gallen-, Hämorrhoidalleiden rc. rc. übertroffen. Man sei stets vorsichtig, die ächten Apotheker Richard Brandt's Schweizerpillen zu erhalten, da täuschend ähnlich ver packte sogenannte Schweizerpillen sich im Verkehr befinden. Die auf jeder Schachtel auck quantitativ angegebenen Bestandtheile sind: Silge, Moschus garbe, Aloe, Absynth, Bitterklee, Gentian. Einem geehrten Publikum zur gefälligen Kenntnißnahme, daß ich im Eckhaus der Berggaffe einen k088Hei8ok- u. Wu^t^aanen-VenkAuf eröffnet habe und bitte um geneigten Zuspruch. Achtungsvoll VSriuA. WI" H o i i rr 1 Ii. 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