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WeMftUMrff Beilage zu No. 34. Dienstag, den 28. April 1888. BaterläudifoheS. — Dresden, 26. April. Ihre Majestäten der König und die Kö nigin treffen am Dienstag, den 29. d. M., vormittags kurz nach 10 Uhr in Dresden wieder ein und werden einige Tage in der König!. Villa zu Strehlen zudringen, sich sodann, nach jetzigen Bestimmungen am 5. Mai, nach Sibyllenort begeben und dort auf längere Zeit Wohnung nehmen. Inzwischen werden die Gemächer im König!. Schloß Pillnitz einigen Er neuerungen unterzogen, wohinsodann das König!. Hoflager verlegt werden wird. — Ueber die letzten Tage des Aufenthaltes Ihrer König!. Majestäten in Mentone wird berichtet, daß bei der inzwischen eingetretenen sehr günstigen Witterung es den hohen Herrschaften möglich war, daselbst noch verschiedene Ausflüge in die Umgegend zu unternehmen. Der Aufenthalt in Mentone hat auf die Gesundheitsverhältnisse Ihrer Maj. der Königin einen sehr befriedigenden Einfluß gehabt; die Kräfte haben sich sichtlich gehoben und der Husten belästigt nicht mehr. — Einen schönen Beweis patriotischer Aufopferung und hohen moralischen Muthes erzählt H<rr v. Friesen in seinen „Erinnerungen aus meinem Leben" von Herrn Geh. Finanzrath v. Thümmel, dem jetzigen Träger des Finanzportefeuilles. Da die mitgetheilte Thatsache den wenigsten unserer Leser bekannt sein dürste und sie sich zum Theil in unserem Vogtlande ereignete, lassen wir sie hier folgen: „Es war in den Kriegsmonaten des Jahres 1866 ein ziemlich empfindlicher Geldmangel in der Finanzhaupt kaffe eingetrcten. Ich beschloß daher, mir von den Kaffenbillets, welche sich bei den in München aufbewahrten sächsischen Kaffenbeständen befanden, einen Betrag von 1 Vs Millionen Thalern nach Dresden kommen zu lassen. Da natürlich unter den damaligen Umständen offene Geldsendungen für die sächsische Regierung durch die preußische Armee hindurch unmöglich waren, so konnte der Transport jener Summe nur ganz im Geheimen und durch eine unbedingt zuverlässige Person geschehen. Ich ersucbte daher Herrn Geh. Finanzrath v. Thümmel, sich die Kaffenbillets in München übergeben zu lassen und sie persönlich nach Dresden zu überbringen. Die Aufgabe war eine überaus schwierige; die Hinreise konnte, da der direkte Weg durch die einander feindlich gegenüber stehenden Armeen versperrt war, nur auf dem großen Umwege über Frankfurt a. M., Stuttgart und Augs burg ausgeführt werden. Für die Rückreise, die deebalb besonders schwierig war, weil Herr v. Thümmel die gesammt-n 1'/s Millionen Thaler Kassen scheine theils in einer Renetasch^, theils in den Ta'chen seiner Kleid r bei sich tragen mußte, konnte bis Eger die bayrische Ostbahn benutzt werden. Von Eger, wo sächsische Eisenbahnbeamte stationirt waren und Hilfe leisten konnten, wurde bis Adorf ein kleiner offener Arbeitswagen der Eisenbahn zum Fortkommen benutzt; von Adorf ans war Herr v. Thümmel genöthigt, seine Reise auf dem Kamme des Gebirges hin, theils zu Fuß, theils zu Wagen bis Dresden fortzuietzen, wo er endlich glücklich ankam und seine 1'/2 Millionen Thaler unversehrt überliefern konnte. DieRnse war noch dadurch erschwert, daß sich der aufopferungsfähige sächsische Finanzrath bei der nächtlichen Fahrt zwischen Eger und Adorf eine Verletzung am Faße zugezogen hatte, die ihn nach seiner Rückkehr nöthigte, noch längere Zeit das Zimmer zu hüten. — Die Verbände der Metall- und Holzindustriellen in der Kreishauptmannsckaft Dresden haben sich, wie dies bereits anderwärts, beispielsweise in Chemnitz und Leipzig geschehen, zu gemeinsamen Vorgehen bezüglich am 1. Mai geeinigt. Sie haben sich dabei von den wohlmeinendsten Absichten für ihre Arbeiterschaft leiten lassen, die dieker ein rechtzeitiges Einlenken recht wohl ermöglichen. Ihre Beschlüsse sind kurz folgende: Am 1. Mai wird in sämmtlichen Verbandswerkstätten bis zum Schluß der regelmäßigen Arbeitszeit gearbeitet, die Fabrikordnungen werden voll auf recht erhalten, und keinem Arbeiter wird freiwillig Feiertag gewährt. Die jenigen, welche auf Grund der Feier des 1. Mai entlassen werden, werden bis 15. Juni von jeder Arbeit in den Betrieben des Verbandes ausge- schlossm. Die Entlassenen können von dieser Frist nur in den Betrieben wieder angenommen werden, von welchen sie entlassen wurden. An die Regierung ist die Bitte gerichtet worden, den am 1. Mai ihrer Beschäftigung nachgehenden Arbeitern genügenden Schutz zu gewähren. — Glauchau. Die Arbeitgeber sämmtlicker Industriezweige haben beschlossen, die am 1. Mai feiernden Arbeiter als entlassen zu betrachten. Die Fabrikanten werden jedoch ihre Betriebe am 1. Mai nicht einstellen, sondern dieselben den einsichtigen Arbeitern offen halten. Dieser Beschluß wird in dm Fabriken durch Anschlag veröffentlicht. Ein Gcdenkblatt zu König Albcrt's Geburtstag am 23. April 1871. In dem herrlichen Kaiserlichen Lustschloß Compiogne, nördlich der französischen Hauptstadt gelegen, feierte am 23. Apnl vor 19 Jahren Sachsens König, der mit dem Siegeslorbeer geschmückte damalige Kron prinz Albert, seinen 43. Geburtstag. Kanonendonner hallte vonParis hinüber nach dem Hauptquartier des ruhmgekrönten Feldherr», als dieser, beglückt dgxch die Gegenwart seiner Gemahlin, getragen von der Liebe des Sachsenvolkes und bejubelt von den Offizieren und Soldaten der Maas armee den Morgen des 23. April 1871 begrüßte. Die rollenden Ge schützsalven galten aber nicht mehr den deutschen Truppen, die während der 132tägigcn Belagerung der Weltstadt fortgesetzt dem feindlichen Bom benhagel ausgesetzt waren, denn von den Pariser Forts wehten seit dem 29. Januar deutsche Fahnen und die wehrhaften Söhne Germania's h>eltm die französischen Festungswerke besetzt. Der Kanonendonner des 23. April 1871 galt dem revolutionären Paris; die auf ihre Rettung bedachte junge Republik Frankreich mußte ihre vollen militärischen Kräfte entwickeln, um die täglich wachsenden Jnsurgentenmassen zu zerschmettern. Nachdem Kronprinz Albert am 29. Januar inmitten eines glänzenden Stabes, unter den Klängen rauschender Musik und umbraust von dem Jubel seiner Soldaten den Siegeseinzug in der alten sranzösitchen Haupt stadt Königsstadt St. Denis gehalten und in den nächsten Tagen die Forts an der Pariser Nord- und Ostfront besucht hatte, nahm er am 1. März am Einzug der deutschen Truppen in Paris theil. Am 3. März führte der gefeierte Feldherr in „Bois de Boulogne" das Gardekorps dem greifen Hrldenkaiser Wilhelm vor und zwei Tage nach der großen Kaiser ¬ parade auf dem Schlachtfelde von Villiers, am 9. März 1871, reiste der Kronprinz mit dem im Stabe der Maasarmee aufhältlichen Prinzen Georg von Sckönburg-Waldenburg, jetzt Generallieutenant und General L In suits Sr. Maj. des Königs, zu einer kurzen Begrüßung der Seinen und der lieben Heimath nach Dresden. 'Am 11. März 1871 rückte das Hauptquartier der Maasarmee von Margency über Chantilly rc. nach Compiezne. Die Ankunft daselbst er folgte Tags vor der Auflösung des Verbandes der Maasarmee. Das von Ludwig XV. neu erbaute, von Napoleon I. glänzend restaurirte Schloß, die einstige Landresidenz Napoleon III. mit einem herrlichen, 12 czßm großen Park, wurde zu dem Empfang des kronprinzlichen Paares einge richtet. Am 18. März Abends 7 Uhr trafen Kronprinz Albert und die Kronprinzessin Carola in Compisgne ein. Fast täglich fanden seitdem Ausflüge zu Pferde in den herrlichen Park statt, der das dritte Kaiserreich bei einer Reihe von Hof- und Jagdfesten im höchsten Glanze gesehen und das blühenduftende Frübjahrsgewand angelegt hatte. Insbesondere gehörte auch das prächtige Jagdschloß Pierrefvnds zu den gern besuchten Aus flugszielen des hohen Paares. Am 23. April, dem Geburtstage des Kronprinzen, entboten mehrere Regimentskapellen dem fürstlicken Feldherrn ihre musikalischen Grüße und Mittags fand große Gratulationscour statt, woran sich ein Diner im Prunksaale schloß, zu welchem über 200 Generäle und Stabsoffiziere Ein ladung erhalten hatten. In dem bei Einbruch der Dunkelheit auf An- ! ordnung der Kronprinzessin feenhaft illuminirten Park wurde Abends ein aus Dresden geliefertes, brillantes Feuerwerk abgebrannt. Die je mit einem Thaler beschenkten Truppen des Hauptquartiers brachten dem freude strahlenden Kronprinzen einen Fackelzug. , Am 3. Mai 1871 kehrte das hohe Paar von einer mehrtägigen Reise ' nach Rouen und dem Kanal nach Compiogne zurück. Bald darauf, noch ehe die Stürme der Pariser Commune den Kronprinzen nach Margency zurückriefen, reiste die Kronprinzessin über Brüssel in die Heimath zurück. Wiederholt kam seitdem der gefeierte Feldherr bei seinen Rekognos- zirungsritten in den Bereich des auf Paris ger'chteten Feuers der fran zösischen Regierungstruppen und nachdem am 25. Mai während eines j furchtbaren Slraßenkampfes in Paris die Anzündung der öffentlichen Ge bäude auf Befehl der Communistenhäupter erfolgt war, nahm der Kron prinz von den Höhen bei Montmagny das großartige Schauspiel desTui- lerienbrandes rc. in Augenschein. Am 28. Mai, dem ersten Pfingstfeier tage Mutags, als die Versailler Truppen die Vorstadt Villete und die Buttes Chaumont erstürmt batten, traf eine Depesche Mac Mahon's bei ! dem Kronprinzen in Margeny ein, welche den vollendeten Sieg über die Commune, die gänzliche Erstickung des Aufstandes meldete und dem wärmsten Danke dafür Austruck verlieh, daß der gefeierte Feldherr durch Absperrung der nördlichen und östlichen Ausgänge von Paris mittelst deutscher Truppen wesentlich mit zur Unterdrückung des Aufstandes beigetragen habe. Nachdem der Kronprinz am 7. Juni 1871 durch Kaiser Wilhelm vom Oberkommando in Frankreich entbunden war, erfolgte am 9. Juni die Rückfahrt nach Dresden und am 16. Juni nahm er an dem Sieges- einzug der deutschen Truppen in Berlin theil. Und am 11. Juli 1871 rückte „unser Albert" als Generalfeldmarschall, geschmückt mit dem Mar- sckallstab, den der Polenkönig Sobiesky beim Einzuge in Wien 1683 ge führt, an der Spitze säcksiscker Truppen unter dem Jubel der Bevölkerung in die herrlich geschmückte Hauptstadt Sachsens ein. k. R. Die Franken bürg. Roman von Marie Romany. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Du glaubst nicht, wie heftig mich die Stunde erschüttert hat, nahm Clothilde nochmals das Wort; zuerst überwältigte mich fast die Macht des Gefühls, da ich in Dir, durch Deine Reden, das Kind meines Gatten er kannte. Jetzt aber preise ich den Himmel, daß er Dich, wenngleich erst nach einer Reihe von Jahren der Trübsal, in meine Arme geführt hat. Ja, ich will Dir Freundin, will Dir fürsorgende und liebende Mutter sein, ich will das Versprechen, welches ich Deinem Vater bei seinem Scheiden gegeben, in seinem ganzen Maße erfüllen. Du sollst nicht mehr Sorge haben, sollst nicht mehr einsam und verlassen Deine Tage vertrauern; Du sollst, so oft es Dir gefallen wird, hier sem, bei mir und meinem Kinde, sollst die Gespielin, die schwesterliche Freundin meines Alfred sein. Stellt Dich das zufrieden? Die Augen des schönen Kindes strahlten; sie glaubte ja in diesem Augenblicke, was die andere sprach. So wollen wir, meinte die Gräfin wieder, einen Entwurf über das Verhältniß macken, in welches wir von heute an zueinander treten. Ich darf die Hoffnung aussprcchen, daß Du das Vergeben Deines Vaters nicht mißverstanden hast, daß das Vertrauen, welches ich Dir schenkte, eine gute Stätte gefunden. Du wirst über die Sünde Schweigen bewahren, wirst, wie es einer guten Tochter gebührt, Deinem Vater jenen Frevel vergeben, für welchen er während der letzten Jahre seines Lebens so entsetzlich ge litten hat. Gewiß I stammelte das Mädchen. Um dieses Schweigen, welches unsere erste Aufgabe zur Erhaltung seiner Edre ist, nun auch möglich zu machen, sprach Clothilde weiter, so ist es nothwendig, daß Du vor den Augen der Wett dieselbe Stellung behältst, in der Du bisher Deine Tage verdrücktest: Niemand darf eine Ahnung von der Verwandtschaft haben, welcke zwischen uns existirt. Du wirst Dick nach Harye begeben, als seiest Du mit der Anfertigung von Putzgegenständen, so wie ich es verlangte, beschäftigt gewesen, nimmst auch die Äermel und Barben, welche ich Dir zeigte, zur Bearbeitung mit; sind dieselben fertig, so bringst Du sie wieder, und so fahren wir fort. Auf diese Weise nehme ich allmählich den Schein an, als habe ich aus Kurio sität eine gewisse Neigung tür Dich gefaßt: ich werde Dich einladen, zuerst einzelne Stunden, dann Tage und Wochen bei mir zu verweilen, bis Du endlich meinem Hause ein unentbehrliches Mitglied geworden bist. Sind