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mir bisher bewiesene Vertrauen meinen tiefgefühlten Dank ausspreche, ; lege ich hiermit das Amt als erster Präsident des Reichstags nieder und bitte zugleich um Ertheilung eines 4wvchigen Urlaubs vom 23. d. Mts. ab." Ich habe, fährt Vizepräsident Lucius fort, das Gefühl, uud ich glaube, dasselbe wird vom ganzen Hause getheilt, wenn ich bei der Plötzlichkeit der Nachricht es nicht für möglich erachtete, alsbald über das angesichts dieser Mittheilung zu ergreifende Verfahren im Hause in die Berathung einzutreten, beziehungsweise schlüssig darüber zu werden. Wenn ich mich in diesen meinen Gefühlen nicht täusche, werde ich mir erlauben, am Schluß der heutigen Tagesordnung, nachdem die Parteien sich vielleicht über die Frage verständigt haben, auf den Gegen stand znrückzukommen. Das Haus scheint damit einverstanden zu sein. Hierauf fand die Debatte über die Getreidezölle statt. Der Bundes kommissar Geheimer Rath Tiedemann rechtsertigte die Zollsätze, welche rechts und links gleich stark eingeflochten worden seien. Die Getreide zölle hätten nicht die sonst im Tarif überall hervortretende Tendenz des Schutzes der nationalen Arbeit, er glaube indeß, daß die Sätze trotz der Niedrigkeit der Landwirthschaft nützlich sein würden. Redner ver weist auf das Wachsen der Getreideeinfuhr und kritisirt die Angaben bezüglich des pro Kopf der Bevölkerung nothwendigen Getreidekonsums. Deutschland sei der Tummelplatz sür die Konkurrenz des Auslandes, besonders Rußlands uud Amerika's. Die Produktionsverhältnisse der mit der einheimischen Landwirthschaft konkurrirenden Länder seien un gleich günstiger als bei uns. Redner setzt dann weiter die Nothlage der Landwirthe auseinander und weist auf die kolossalen Ziffern der landwirthschaftlichen Subhastationen hin. Wenn der vorgeschlagene Zoll nur die Wirkung habe, der deutschen Landwirthschaft den deutschen Markt zurück zu erobern, so sei schon viel gewonnen. Daß dies er reicht werde, davon seien die Regierungen überzeugt. Die Behauptung, daß der Zoll den Konsumenten treffe, sei unrichtig. — 21. Mai. Den ersten Punkt der Tagesordnung des Reichs tages bildete die Präsidentenwahl. Es wurden 324 Stimmen abge geben. Die Nationalliberalen und die Fortschrittspartei demonstrirteu durch Abgabe von 119 weißen Zetteln, die ungiltig erklärt wurden. Auf den konservativen Abgeordneten v. Seydewitz fielen 195 Stimmen. Für denselben stimmten die beiden konservativen Fraktionen, das Cen trum und etliche Nationalliberale. Präsident v. Seydewitz sprach Folgendes: Ihre Wahl trifft mich, wre ich gestehen muß, unerwartet und unvorbereitet. Ich weiß, welche Schwierigkeiten mir das Amt, welches Sie mir anvertraueu wollen, auferlegt: Schwierigkeiten, die um so größer für mich sind, als vor mir auf diesem Platze ein Mann ge wesen ist, der durch seine ungewöhnliche hohe Befähigung unsere all- seitige Anerkennung erworben und verdient hat. (Beifall.) Ich nehme aber dennoch die Wahl an, weil ich mich für verpflichtet halte, in Augenblicken wie der gegenwärtige alle meine Kräfte, so schwach sie auch sein mögen, dem gemeinsamen Wohle und der Förderung des ge meinsamen Wohles unseres Vaterlandes zu widmen. Ich bitte, daß Sie mich in diesem Streben, in dieser Arbeit auch bei der Geschäfts- lcitung, die mir zufallen wird, unterstützen, uud zwar unterstützen auf allen Seiten. Seien Sie überzeugt, ich werde Unparteilichkeit und Ge rechtigkeit üben nach jeder Seite hin. (Beifall.) » Es kann als ausgemacht gelten, schreibt das „Dtsch. Mtgsbl." daß Tabak- und Brausteucrgesetz in der laufenden Reichstagssefsivn nicht zu Stande kommen. In Betreff der Braustener ist hierbei der Umstand maßgebend, daß sich keine Mehrheit mehr finden läßt, welche gewillt wäre, die Brausteuer-Verdoppelung ohne gleichzeitige Erhöhung der Branntwcinabgaben zu votiren. In Betreff der Tabaksteuer walten andere Verhältnisse ob. Der Tabak wird als ein sehr geeignetes Object einer höheren Besteuerung angesehen, von Pflanzern sowohl, wie von Händlern und Rauchern; nur über das Maß gehen die An sichten auseinander. Eine Einigung würde sich hier ohne besondere Schwierigkeiten erzielen lassen. Es ist aber thatsächlich unmöglich, den Reichstag beschlußfähig zu halten, wenn erst der Zolltarif Heine Erledigung gefunden hat. Für Letzteren tritt die große Masse der Interessenten für und wider ein und zwingt die Reichsboten, ihren Mandatspflichten obzuliegen. Bei dem Tabak ist es anders. Hier sind die Interessenten zwar opferbereit, aber sie sind durchaus nicht opfermüthig. Nur die wüste Spekulation in Tabak hätte man gern beseitigt gesehen, und diesem Wunsche verdankt das Tabaksperrgesetz seine Entstehung. Berlin. An zahlreichen Stellen, seitens städtischer Behörden, Korporationen und Vereine unserer Stadt und des ganzen deutsche» Vaterlandes, rüstet man sich, dem Jubcltage der goldenen Hochzeit unseres Kaiserpaares durch Begründung wohlthätiger Stif tungen, entsprechend dem Wunsche der Gefeierten, ein dauerndes An denken zu sichern. Aber auch in der äußeren Physiognomie Berlins wird sich, wie sich mehr und mehr herausstellt, am 11. Juni die leb hafte und freudige Theilnahme widerspiegeln, welche das kaiserliche Familienfest in den Herzen aller unserer Mitbürger erweckt. Es kann nicht fehlen, daß insbesondere die sür den Abend m Aussicht genommene Illumination au Glanz und Ausdehnung sich ihren Vorgängerinnen würdig anreiht. Die Akademie der Künste hat eine Medaille zum Tage der goldenen Hochzeit des Kaiserpaares prägen lassen, welche dem Kaiser durch eine Deputation überreicht werden soll. Die Schulinspectoren des Herzogthums Gotha haben sich für eine Einschränkung der Lehrgegenstünde in den Landschulen ausge sprochen. Sie und andere Leute haben sich schon lange aus der Praxis überzeugt, daß es rein unmöglich ist, den Lehrstoff in seiner jetzigen Ausdehnung zum gesunden Eigenthum der Schulkinder zu machen. Eine Schule ist keine Universität, auf welcher alle Schüsseln der Wissen schaften aufgetragen werden und auch unter diesen sind viele nur — Schaugerichte. In Rußland sind die Nihilisten in der letzten Zeit, besonders in Petersburg, wo General Gurko sehr energisch vvrgeht, ruhiger ge worden. In: Innern mag es noch fortgühren, aber viele Anzeichen deuten darauf hin, daß die Regierung die Fäden der Verschwörung zum großen Thcil in der Hand hat. In Petersburg ist gegenwärtig . Alles, was früher aus Furcht vor den Nihilisten sich zurückhielt, mit i der Polizei im Bunde. Die Dworniks (Hausmeister) sind ein Haupt schutz der Stadt geworden. Den neuen Verordnungen nach gehören ' sie vollständig zur Polizei. — Während in dieser Hinsicht eine Besser ung zu cvnstatiren ist, werden die Stadtbrüude zu einer wahren Epidemie. ' Die Stadt Irbit ist in kurzer Zeit zum dritten Male von einem großen ' Brande heimgesucht worden und immer greift die Meinung um sich, daß die Brandstiftung sich neuerdings den Schreckmitteln der Nihilisten - zugescllt habe. § OertlicheS und Tächstfches. Dem „Dresd. Journ." wird ans Freiberg geschrieben: Der Stadl rath hat auf die Eingabe hiesiger Cigarren- und Cigarettenfabrikanten folgende Antwort ertheilt: „So wenig wir es den Tabaksinteressenten verargen können, daß sie gegenüber der Tabakssteuergesetzvorlage iw Reichstage ihre Interessen thunlichst wahrnehmen, so wenig vermögen wir den Zweck der an uns gerichteten Eingabe von den Herren Ä- Collenbusch und Gen. vom 13. d. M., worin dem Stadtrathe die Für sorge für ihre Arbeiter im Falle deren Brodlosigkeit empfohlen wird, zu begreifen. Es liegt darin für uns nicht blos ein völlig überflüssige uud ungeziemende Mahnung, sondern anch eine sehr bedenkliche und gefährliche Demonstration, die um so aufregender wirken mnß, als jene Eingabe, auch bereits wortgetreu und zwar sogar noch, bevor uns solche zugegangen, durch den Druck veröffentlicht worden ist. Wir müssen daher dieses Vorgehen unter Zurückreichung jener Eingabe, welche anbei zurückfolgt, entschieden mißbilligen und erwarten, daß ähnliche beunruhigende Schritte in Zukunft unterlassen werden." Mittweida. Unsere Stadt wird im Juli dieses Jahres eine Gewerbeausstellung haben. Dieselbe findet in den Räumen des ringsum von Parkanlagen umgebenen Technikums statt. Sie wird vom hiesigen Gewerbeverein veranstaltet und soll blos die Stadt und den Gerichtsamtsbezirk Mittweida umfassen. Die letzte derartige Aus stellung hat vor ungefähr 15 Jahren stattgefunden und wird die jetzt bevorstehende insofern reichhaltiger werden, als sich seitdem neben der Textilbranche noch andere Industriezweige eingebürgert haben. (Ma schinenindustrie, Thonwaaren, Möbelfabrikate, Tabaksiudustrie und dergl. Zwickau, 19. Mai. In der Nacht vom vergangenen Sonnabend zum Sonntag wurde in dem benachbarten Dorfe Schedewitz ein äußerst frecher Einbruchsdiebstahl begangen, indem aus einem verschlossenen Fleischerladen unter Anwendung von Nachschlüsseln gegen 600 Pfund Fleisch, darunter ein ganzes Rindsviertcl, gestohlen und den hinter lassenen Spuren zufolge mittelst Handwagens fortgeschafft wurde. Der Falschmünzer. Novelle von Ludwig Habicht. Verfasser der Romaue: „Auf der Grenze", „Der rechte Erbe", rc. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Der Vertheidiger ergriff jetzt das Wort und suchte mit großem Geschick das Gewebe zu zerreißen, das man um den Angeklagten ge sponnen. Er hob ganz besonders den fleckenlosen Character Wax manns hervor und wie wunderlich es sei, daß Jemand, der in den angenehmsten Verhältnissen lebe, zur Falschmünzerei seine Zuflucht nebmen würde, um möglicherweise einige Louisd'or zu erwerben und dafür Ehre und Freiheit eiuzusetzen; deshalb sei auch die Annahme völlig begründet, daß irgend ein Feind das Handwerkszeug in das einsame Gartenhaus geschmuggelt, daß von dem benachbarten Garten sehr gut zu erreichen sei. In seiner glänzenden Vcrtheidigungsrede legte der Advocat immer wieder den Ton darauf, daß Waxmanns ehrenhafter Ruf über einen solchen Verdacht erhaben sei und wirklich blieben die mit voller Ueberzeugung gesprochenen Worte nicht ohne Eindruck. Da erhob sich der öffentliche Ankläger von Neuem; um seine Lippen spielte em boshaftes Lächeln und er begann sogleich: „Es wird uns fortwährend die außerordentliche Ehrenhaftigkeit des Angeklagten gerühmt, jein fleckenloser Ruf hervorgehoben, und doch kann ich nicht umhin, meine bescheidenen Bedenken dagegen zu äußern. Es giebt einen dunklen Punkt in der Vergangenheit dcS Angeklagten, der all' diese hochtönenden Behauptungen zu leeren Redens arten herabdrückt." Waxmann war den Verhandlungen mit größter Aufmerksamkeit gefolgt, und nach der geschickten Bertheidigungsrede des Advocate» schöpfte er einige Hoffnung; — kaum aber hatte der öffentliche An kläger seinen neuen Angriff begönnert, da zuckte er wie von einet» harten Schlage getroffen zusammen und senkte das Haupt. Eine Todtenblässe bedeckte jein Antlitz und vergeblich juchte er der Be wegung des Schreckens und Entsetzens Herr zu werden, die ihn völlig unterjochte. Der öffentliche Ankläger warf einen stechenden Blick auf Wax mann, dann fuhr er fort: „Ja, dieser höchst redliche Character, der, wie die Vertheidigung behauptet, jchou durch sein vergangenes Leben über jedem Verdacht erhaben ist, hat doch nur jein Vermögen, seine behaglichen Verhältnisse einem Verbreche» zu verdanken. Er ging als junger Mensch seinem Principal mit einer bedeutenden Summe durch, um dann hier in London das Leben eines Ehrenmannes zu beginnen, was ihm nicht schwer fallen konnte, da man annahm, er sei nach Amerika geflüchtet." Ein herzzerreißender Schmerzschrei aus dem Publikum lenkte die Aufmerksamkeit dorthin. — Es war Mary, die jetzt ohumächtig zurück- jank und hinausgetragen werden mußte. Waxmann hatte bei den letzten Worten des Anklägers regungs los dagesessen; ihm war's, als ob alles Blut aus seinem Herzen Hin wegströme und als müsse die Erde unter ihm versinken. Das ent setzliche Geheimniß, die Schuld seiner Jugenv, die ihn sein ganzes Leben über so schwer gedrückt, war plötzlich vor aller Welt bloß ge legt und nun erst fühlte er sich vernichtet. — Aus seiner Erstarrung weckte ihn der Schrei seiner Tochter — er wußte, daß es Mary war und der Gedanke an seine Kinder, die sich von diesem Schlage gewiß nie wieder erholen konnten, brach ihm beinahe das Herz. — Er barg das Antlitz in seinen Händen, denn ihm dünkte es, als ob die Blicke jedes Einzelnen Dolche würden, die ihn vollends ver nichteten . . . „Ich habe die Beweise in Händen uud lege sie dem hohen Ge richt zur Einsicht vor," schloß der Ankläger seine Rede, „schwerlich wird der Angeklagte die Stirn haben, das Verbrechen seiner Jugend zu leugnen, das sich freilich, wie mir die deutsche Behörde mitgetheilt, der weiteren Verfolgung entzieht, da es bereits verjährt ist; aber, meine Herren, ein Mann, der schon so früh den Pfad des Verbrechens betreten, wird vor nichts zurückscheuen, wo er hoffen darf, daß ihu sein fälschlich erworbener guter Ruf zu schützen vermöchte. Die Be weise seiner Schuld liegen klar am Tage und ich habe zur Begründung meiner Anklage kein Wort weiter hinzuzufügen." Der Angeklagte wurde einstimmig zur lebenslänglichen Deportation verurtheilt. — Mit an Stumpfsinn grenzender Theilnahmlosigkeit hörte Wax* mann a bringen - Schicksal Schande daß sen Schon c Mädchei „J> einem 8 bracht." Du Wohl bi betroffei Vater ü dem all« Harriet für die Welt m Es zu maö und wk über all Abscheu sie auch als dar ihr zerb tiefen Ä wenn c mich n wenn 2 dabei a „L mann i sorgfält auf mi meine , 16 Iah mir do« hin der Ein Kn etwas und all — ein ich das wohl d Geheim Freitisc Bürger einer ff der M daß ich endlich Ei geschlw als ob zuviel werden Auch weine < hin dc los jet D Und m gezeigt Geschä daher Kasten Möge landen sperren interve eigene ltt. 3' liberal tragen 800