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Wendung zum Besseren bei ihr bemerkbar wird und daß lichte Zeir- punkle bei ihr häufiger eintreten und auch von längerer Dauer sind als je zuvor. Die Zustände in Irland verursachen der englischen Regierung fortgesetzt schwere Besorgnisse, wenn auch die englische Presse ein be harrliches Schweigen über die dortige Lage angemessen hält. Die Pächter in Clovnoghill wurden jüngst von etwa 20 Männern, die größtentheils mit Gewehren bewaffnet waren, mit Gewaltthätigkeiten bedroht, falls sie ihren Guthsherren Pacht zahlen würden. Die Groß grundbesitzer haben in Dublin die ersten Schritte zur Bildung einer Schutzliga gethan, welche zunächst bezwecken soll, in der Presse und in öffentlichen Versammlungen die Anschuldigungen zu widerlegen, welche gegen die Classe der Großgrundbesitzer erhoben werden. Die in Japan jetzt herrschende Choleraepidemie hat ihren Herd im Bezirk Chime, wo im April d. I. die Gräber der im Jahre 1877 an der Cholera gestorbenen Soldaten geöffnet wurden, um die Leichen passender zu beerdigen. Im Juli waren die Hauptstädte To- kibo und Yokohama total infizirt. Am 17. August betrug die Zahl der in Japan an der Cholera Erkrankten 76,598, von denen 41,915 gestorben und 9789 geheilt waren; die übrigen befanden sich noch in Behandlung. Bis Ende September waren über 100,OM Erkrankungen gemeldet. Da trotz der Quarantäne einige Schiffe erkrankte Personen landeten, so wurde die mörderische Krankheit in allen Theilen des Landes verbreitet. Jetzt sind alle Qnarantänen und sonstigen Schutz wachen aufgehoben, da sie doch nichts mehr nützen können. Deutliches und Sächsisches. — Dresden. Mit dem Siegesdenkmal scheint es nun energisch vorwärts zu gehen. Trotz der starken Opposition, der in vielen Kreisen der Residenz gegen die Wahl des Altmarkts zu Tage gstreten ist, be gann man daselbst doch bereits mit der Einplankung des zur Auf- stcllung des Denkmals bestimmten Platzes. — Die Ministerien des Innern und der Finanzen erlassen unterm 4. November eine Bekanntmachung, nach welcher am 13., 14. und HL. November an der k. Forstakademie zu Tharand ein Lehrkurs für künst liche Fischzucht durch die Professoren l)r. Krutzsch und Or. Nitsche abgehalten werden wird. Die Vorträge beginnen am 13. Nachmittag um 5 Ahr und werden an den zwei folgenden Tagen Vormittags von 10 bis 12 und Nachmittags von 5 bis 7 Uhr stattfinden. Der Unter richt ist unentgeltlich und gegen vorherige Anmeldung Jedermann zu gänglich. Anmeldungen dazu nehmen die genannten Professoren und der Akademieregistrator Stelle entgegen. — Bon den Papier- und Schreibmaterialienhändlern des König reichs Sachsen wird gegenwärtig eine Adresse an den Landtag vorbe reitet, weche sich gegen den Handel von Schulbüchern und Schulre- quisiteu durch die Lehrer richtet. Bekanntlich war es nach Landesgesetz gestattet, daß aus der Schulkasse verlagsweise Geld zum Engroseinkauf von dergleichen Schulbedürfnissen entnommen wurde. Gegen diese Er- laubniß wendet sich die Petition. — Wir machen auf das heutige Agenten - Gesuch der als solid bekannten Sächsischen Vieh-Versicherungs-Bank in Dresden aufmerksam. Dieselbe hat binnen wenigen Jahren allein an Schäden über Mk. 540,OM baar ausgezahlt. . — Leipzig. Der Kriminalabtheilnng des Leipziger Polizeiamts ist -es, wie schon erwähnt, durch sorgfältige Recherchen gelungen, den Raubmörder zu ermitteln, welcher in der Nacht vom 26. zum 27. Oktober u. c. in Delitzsch den Kaufmann Schumann nebst Stieftochter namens Garten ermordet, beraubt und daun Feuer in dem Hause der Greuelthat angelegt hat. Der Mörder heißt Karl Friedrich Wurz ler und ist am 28. November 1856 in Laue bei Delitzsch geboren; er ist Handarbeiter und wurde bereits zweimal wegen Diebstahl bestraft. Nach der Verbüßung der letzten Strafe ist er, wie die „L. Z." be richtet, im September nach Leipzig gekommen und am 15. desselben Bionats bei einem hiesigen Brunnenbauer in Arbeit getreten. Am 26. Oktober ist Wurzler nach Delitzsch gereist, hat sich Abends in das Schuhmann'sche Haus eingeschlichen und hat sich bis spät des Nachts im Keller verborgen gehalten; nachdem im Hause Alles ruhig geworden, ist er in die unverschlossene Schlafstube der Opfer gedrungen und hat dieselben mit einem großen kantigen Steine erschlagen. Dann hat der Mörder 400—5M Bi., zwei Uhren und noch andere Sachen gestohlen, und nachdem er in der Stube der Greuelthat Feuer angelegt, ist er zu Fuße wieder nach Leipzig zurückgekehrt. Der Mörder ist ungefähr vor 8 Jahren bei dem ermordeten Kaufmann Schumann in Delitzsch eine kurze Zeit als Laufbursche in Diensten gewesen und war daher in dem Hause und mit den Verhältnissen der Schumann'schen Familie bekannt geworden. Auch hat derselbe nach beendigter Schulzeit eine Zeit lang als Schuhmacherlehrling m der Lehre gestanden, ist jedoch aus dersel ben entlaufen, hat in Leipzig einen Diebstahl verübt und die Strafe dafür in dem Landesgesängnitz Sachsenburg verbüßt. Am 3. Novemb. wurde der Mörder in seiner in der Schletterstraße gelegenen Garyon- wvhnung verhaftet und erst am 5. November hat er die That einge standen. Anch sind noch einige Hundert Mark geraubtes Geld und die übrigen geraubten Sachen bei ihm vorgefunden worden. — Schwarzenberg, 7. November. Die Nachricht über die „sicher bevorstehende", in der k. Thronrede angedeutete Erbauung der lauge gehofften Bahnlinie Schwarzenberg-Johanngeorgenstadt wird der adjazirenden Bevölkerung sehr erfreulich sein, mehr noch würde es allerdings der Fall sein, wenn diese Bahn nicht sekundär würde, sondern in der früher projektirt gewesenen vermessenen, auf Normalbetrieb berechneten Weise gebaut würde. — Pirna. Vorige Woche begegnete der Zimmermann Fasold aus Schmiedefeld auf dem Wege nach Stolpen 3 Männern, welche die Straßenbäume beschädigten. Fasold verwehrte den Uebermüthigen solches, erntete dafür aber verschiedene Messerstiche. Dem Wachtmeister Stein in Stolpen ist es gelungen, 2 der Männer zu ermitteln und in die Frohnfeste zu bringen. Der Dritte sitzt wahrscheinlich schon in Bischofswerda. Fasold wird mit dem Leben davonkommen, trotzdem die Messerstiche das Genick trafen. ^- Jn Frankenberg hat sich am 2. Nov. ein schreckliches Brand unglück ereignet. Gegen ^5 Uhr früh brach in dem Fleischer Wink- lerschen Hause an der Altenhainer Straße Feuer aus, das sich schnell über die oberen Räume ausbreitete, so daß die Ehefrau des Appreteur meisters Schirmer mit'ihren 5 Kindern nicht mehr die Treppe herab konnte. Schon wollte die entschlossene Frau sich durch einen Sprung vom Fenster herab retten, als zum Glück noch Nahewohnende mit einer Leiter erschienen, mittelst welcher sie und ihre Kleinen gerettet werden konnten. Während die Lösch- und Demolirungsarbeiten im Gange waren, verbreitete sich Plötzlich die Kunde, daß ein im ober-/ Stückwerk wohnhaft gewesenes Schwesternpaar, die 72jährige Juliane verw. Uhlig und die 77 jährige Walther vermißt würden, und leider stellte es sich heraus, daß Beide Opfer des Brandes geworden waren. Gegen Abend fand man im Schutt einige Knochenstücke. Auch Geld stücke, zwei 20-Markstücke und eine Anzahl Markstücke wurden an dieser Stelle im Schutt gefunden. Es ist unzunehmen, daß die Unglücklichen, welche Hausirhaudel mit Manufacturwaaren getrieben, zunächst statt an eigene Sicherung, an Bergung ihrer Baarschaft gedacht, dann aber den einzigen Rettungsweg versperrt und rasch den Erstickungstod gefunden haben, ehe es ihuen gelungen ist, das Fenster zu erreichen. In der Schlinge. Erzählung von Ludwig Habicht. Verfasser der Romane: „Auf der Grenze", „Der rechte Erbe", rc. Nachdruck verboten. Ober-Schlesien hat in unsern Tagen durch seine wohlorganisirten Räuberbanden nicht gerade beneidenswerthe Berühmtheit erlangt. Die Zeit der Rmaldini's und Aranzo's, die wir nur noch aus Räuberro manen kennen, scheint dort wieder lebendig zu werden. Elias und Pistulka besonders waren zu Namen geworden, die überall Schrecken verbreiteten. Jener eigenthümliche, in mehr als einer Hinsicht merkwürdige Winkel, der die Grenze von drei mächtigen Reichen bildet, gewährt aber auch einen Schattplatz, der iür Leute, die ein freies Leben führen wollen, ganz wie geschaffen scheint. Eine Grenzbevölkcrung weist ohne- hm gern verzweifelte Elemente auf, die Gelegenheit, um der Polizei des einen Landes zu entschlüpfen und in das Nachbarreich zu ver schwinden, ist zu günstig; dazu kommt das Pascherunwesen, das immer eine Menge entschlossener, mit dem Gesetz auf gespanntem Fuße leben der Gesellen anzucht, und so geht es auf solchen Grenzgebieten selten so still und friedlich und so „geordnet" zu, wie im übrigen Reich. In demselben Winkel Ober-Schlesiens, an der österreichisch-russischen Grenze, in dem jüngst der Räuberhaupttnann Elias mit seiner Bande gehaust, sah es mit der öffentlichen Sicherheit in den Vierziger Jahren nicht viel besser, wenn nicht schlimmer aus. Damals war dort noch nicht der schwarze Dianmnt, die Steinkohle, zu ihrer glänzenden Aner kennung gekommen, der Hungertyphus herrschte, wie leider auch heute wieder, in jenem Landstriche und schuf wahrhaft verzweifelte Zustände. Die allgemeine Noth schien alle Bande und Ordnung zu lösen und Diebstähle und Räubereien, ja selbst Morde waren an der Tagesordnung. Anch nachdem durch öffentliche Beisteuern das größte und schreiendste Elend gemildert worden, war das Leben dort unsicher nnd trosilos genug. Die bittere oder stumpfe Verzweiflung hatte eine Verwilderung der Sitten erzeugt, die bei der vorwiegend slawifchen Bevölkerung nicht so leicht zu beseitigen war und vielleicht bis heute ihre Spuren zurück- gelassen hat. Dicht an der russisch-österreichischen Grenze, noch auf preußischem Gebiet, lebte ein Hammerwerksbesitzer, der sich durch seinen Fleiß, seine Umsicht zum reichen Manne cmporgearbcitet hatte. Mit dem zuneh menden Alter hatte sich's Meister Bernhard etwas bequemer gemacht und einen Werkführer angenommen, mit dem er sehr zufrieden war. Gustav Donat war in seinem Fache außerordentlich tüchtig und durch sein bescheidenes? freundliches Wesen allgemein beliebt. Auch die Fran des Hammerwerksbesitzer hatte sich nach einer Stütze umaeseheu. Ihre ältesten Töchter waren zwar schon verheiratet; aber sie hatte in späteren Jahren noch zwei Kinder bekommen, kränkelte seitdem ein wenig, und so hatte ihr Mann darauf gedrungen, daß sie für den ohnehin großen Hausstand sich eine Wirthschafterin annohm. Die Wahl schien ebenfalls ganz glücklich zu sein. Josefa Scherwinska war zwar eine Polin — und Herr Bernhard hatte gegen alle Slawen ein starkes Vorurtheil —, die erst vor wenigen Atonalen engagirte Wirthschafterin zeigte sich jedoch von der besten Seite. Sie war trotz ihrer Jugend in allen Arbeiten erfahren, reinlich und fleißig, und Frau Bernhard schenkte ihr rasch ein volles Vertrauen und war mit ihr außerordentlich zufrieden, obwohl ihr über Josefa die häßlichsten Gerüchte zugeflüstert wurde. Sie sollte mit Diebesgesiudel i» Verbin dung gestanden haben und eine höchst abgefeimte, sehr gefährliche Per son sein. Ja, zuletzt wurden Frau Bernhard anonyme Zettel zuge schickt, in denen man sie ausdrücklich vor Josefa warnte und ihr den gute« Rath gab, das schlechte, heimtückische Geschöpf so rasch wie möglich zu entlassen. Als die Hammerwerksbesitzerin wieder einen solchen Brief bekam und in dem noch bestimmter allerhand Anklagen gegen Josefa Scher winska erhoben wurden, hielt es die brave Frau für das Beste, ihrer Wirthschafterin offen und ehrlich davon Mitthcilung zn machen, damit sich dieselbe rechtfertigen könne. Die Wirkung ihrer Maßregel war für Frau Bernhard höchst überraschend. Kaum hatte Josefa den Brief in die Hände genommen und überflogen, da sairk sie ihrer Herrin zu Füßen und ries unter hervorstürzeuden Thränen aus; „O, wie bin ich unglücklich, o, wie werde ich verfolgt! Ich weiß schon, ma« wird nicht eher zufrieden sein, als bis man mich auch hier fortgetrieben. Sie haben mir ja nirgends Ruhe gelassen und mich überall fortgehetzt. Haben Sie Mitleid mit mir! Ich bin doch unschuldig!"' und das lei denschaftlich erregte Mädchen küßte ihrer Herrin den Saum des Kleides. „Dann theile mir nur mit, wie die Sache znsammenhängt," ent gegnete Frau Bernhard etwas beunruhigt; denn sie glaubte nun doch eine Verbrecherin vor sich zu haben. „Ich will Ihnen Alles sagen, Panna!" rief Josefa, noch immer in ihrer knieenden Stellung beharrend. „Und es soll jedes Wort die Wahrheit sein, das schwör ich Ihnen, so wahr ich einmal selig werde» will," und sie legte zur größeren Betheuerung die Hand auf ihre Brust. In dem vollen schönen Antlitz des Mädchens lag jetzt so viel Ehrlichkeit, aus ihren dunklen feuchten Augen leuchtete eine solch fromme Inbrunst, daß Frau Bernhard wenigstens an der Redlichkeit ihrer Wirthschafterin auch jetzt nicht mehr länger zweifeln mochte. „Steh' auf, Josefa und setz' Dich ruhig neben mich hin und erzähle mir ganz vernünftig," sagte sie deshalb in ihrem gewohnten freundlichen Tone. Die Polin kam ihrem Geheiß buchstäblich nach. Sie suchte auch ihre aufgeregten Empfindungen möglichst zu beherrschen und begann weit ruhiger: „Vor fünf Jahren diente ich bei einem Grafen, drüben in Polen, als Kindermädchen. Ich war noch so blutjung und unerfahren und konnte mir gar nicht denken, daß es böse und schlechte Menschen auf der Erde gäbe; denn ich war als Waise in einem Kloster erzogen