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Und dann schloß sie wieder die Augen, um, von Fieberträumen frei, ruhig zu entschlummern. Leonhard erhob sich und schritt ge räuschlos zn dem wahnsinnigen Marchese, der in einem gegenüber stehenden Bette schlummerte; man durfte es nicht wagen, ihm den Anblick seines Lieblings zu rauben. Lange betrachtete er den Greis, der in den wenigen Wochen, seit er ihn nicht gesehen, einem Schatten gleich geworden war. „Armer Unglücklicher," murmelte Leonhard, „o, könntest Du nur ein einziges Mal das Licht der Vernunft zurückerhalten, um versöhnt und ruhig in meinen Armen zu sterben." „Er wird bald sterben, der arme Herr!" flüsterte der Kammer diener, welcher sich leise hinter dem Vorhang des Bettes erhoben, „Madonna sei ihm gnädig, daß er nicht in der Nacht des Wahnsinns dahinscheide. O, dieser Signor Rapo! ich habe ihm niemals getraut." Lconharv nickte schweigend, der Name Rapo erweckte alle unan genehmen und finstern Gedanken seines Innern. Jetzt war sie dort, Arabella, umgeben von Lng und Verrath, in der Höhle der Klapper schlange dem sicheren Verderben preisgegeben. Er hatte sie einst geliebt, — von ihrem Zauber umwunden, hatte er nicht athmen können, wo sie nicht weilte. Jetzt war der Zauber gebrochen, — aber — durfte er die Verblendete ruhig ihrem Schick sal überlassen, war er nicht durch natürliche Bande mit ihr verwandt? — O, hätte er Gewißheit über jene unheimliche Familie, wäre seine Ahnung Wahrheit, wie rasch würde er sich an die rechte Hülfe wen den, um die Leichtsinnige zu retten. Da hörte er seinen Namen rufen. Es war Agnes, welche er wacht war und ihn zn sich rief. „Was wünschest Du von mir, meine Agnes-Fidelio?" fragte Leonhard, mit einer wunderbaren Empfindung in den klaren blauen Spiegel ihrer Augen blickend. „Wo ist die Marchesa?" fragte Agnes, die, als sie die Augen schloß, nicht geschlummert, sondern nur, befreit von den wirren Bil dern des Fiebers, die letzten furchtbaren Scenen in ihr Gedüchtniß zueückgerusen hatte, indem ein leichtes Roth ihre Wangen färbte: „Ist sie mit Ihnen zurückgekehrt, Herr Leonhard?" „Nein, sie befindet sich in Bisaccia, im Hause des Signor Rapo." „Großer Gott, dann ist sie verloren," rief Agnes aufgeregt, „wissen Sie, wer dieser Signor Rapo ist? — Was seine ganze Fa milie? — Räuber!" Leonhard bebte zusammen, als er seine fürchterliche Ahnung so bestätigen hörte, aus diesem Munde, den er keiner Lüge zeihen konnte. „Agnes," sagte er leise, „besinne Dich wohl, was Du sprichst, die Familie Rapo ist in Bisaccia hochgeehrt und in großem Ansehen." „Mein Auge hat es gesehen, mein Ohr gehört," versetzte sie langsam und erzählte nun Leonhard die Begebenheiten jener fürchter lichen Nacht, bis zu dem Augenblicke, in welchem sie das Bewußtsein verloren hatte. Leonhard hörte bleich und entsetzt dieser klaren Erzählung zu; er war jetzt überzeugt, daß die Wirklichkeit seine Ahnung noch über- treffe und schauderte bei dem Gedanken an das schreckliche Schicksal, welches seiner sicherlich dort geharrt; nur mit Abscheu dachte er an Seraphine, welche unter der Maske eines Engels die Gestalt der Hölle barg. Wie bewunderungswürdig erschien ihm die kleine, zarte Heldin auf ihrem Krankenbette, welcher Muth gehörte dazu, dem Dolche des Mörders vor Augen, einen wahnsinnigen verwundeten Greis zu retten, der sie durch den geringsten Laut wieder m den Tod reißen konnte; und dieser Greis war ihr fremd; — sie wußte nur, durch welchen Zufall war ihm unerklärlich, daß er sein Vater war; und darum hatte sie ihr Leben als Opfer hingeben wollen. Leonhard küßte zärtlich ihre Hand, welche sie ihm erröthend ent zog. Dann sprach er: „Ich werde alle nöthigeu Schritte thun, um das Geheimniß der Familie, welche so verhänguißvoll in unser Leben Angegriffen hat, zu enthüllen, um die Welt von solchen Ungeheuern zn befreien." „Und die Marchesa?" fragte sie aufs Neue. „Die Marchesa wird, wenn esdann noch nicht zu spät ist, gerettet werden und zu ihrem Oheim zurückkehren. Vielleicht kann diese schreckliche Lehre ihr eine heilsame Warnung für die Zukunft sein." Als der Baron wieder eintrat, entfernte sich Leonhard, um Ge org und Marco auf sein früheres Zimmer, welches er noch unver ändert vorfand, zu rufen. Hier ließ er sich nun ausführlich die näheren Umstände seiner Rettung, wie überhaupt Alles, was sich seit feiner Verwundung bei Pompeji ereignet, berichtet. Er wollte in je der Hinsicht Licht haben, und dabei rechnete er ganz besonders auf Marco. Dieser schmunzelte, als er Leonhards Begehr vernahm, und meinte, Corso möge nur immer beginnen, er wolle schon zur rechten Zeit mit seinen Heldenthaten einfallen. Siebenzehntes Kapitel. Unter den Räubern. Die Thatsachen bis zur Wegschleppung Georgs durch die Räuber sind uns bereits bekannt; wir übergehen deshalb diesen Theil von Georgs Erzählung und lassen ihn nur von diesem Zeitpunkte an wei ter erzählen: „Auf vielen Umwegen und womöglich immer durch Wald und Berge kamen wir endlich in die Nähe von Bisaccia. Hier hatten die Räuber eine unterirdische Höhle, einen richtigen Fuchsbau, den ich selber nicht wieder finden würde, und wenn mein Leben daran hinge. Hier nun wurde ich wie ein Gefangener gehalten, es war in dem unterirdischen Palaste ganz schön, keine Bequemlichkeit fehlte, Speisen und Wein im Ueberfluß, ich lebte wie ein Fürst. Doch durfte ich weder an den Herrn Baron schreiben, noch von Ihnen reden; der Schiavone hatte seinen Kopf darauf gesetzt, aus mir einen tüchtigen Briganten zu machen, und so sollte ich erst an diesem Schlaraffenleben Geschmack finden. Nun, ich hütete mich wohl, das Gegentheil zu zeigen, sondern war äußerst lustig und guter Dinge. Dabei war mir aber recht verzweiflungsvoll ums Herz und ich war entschlossen, lieber sterben, als noch lange dort zn bleiben und und vielleicht gar zum Morden und Rauben gezwungen zu werden. Der Herrgott beschützte mich indessen, denn als ich mit Schiavone zum ersten Male in der Nacht ausziehen sollte, wurde ich so krank, daß er mich brummend zu Hause lassen mußte. Ich wußte, daß die ganze Bande die Höhle verlassen hatte, und war fest entschlossen, in dieser Nacht zu fliehen. Ein Lämpchen brannte vor meinem Bette, ich kleidete mich an und hielt meine Wan derung in dem wnnderbaren Fuchsbau. Plötzlich hörte ich Schritte, rasch die Lampe ausgelöscht und mich in eine Ecke niedergekauert. Das Herz schlug mir gewaltig. Jetzt hörte ich ihn sprechen, es war Schiavone, er sprachsmit dem Signor Rapo, darauf hätt' ich schwören mögen, und wovon sprachen sie? Von Ihnen, gnädiger Herr, ich dachte laut aufzuschreien vor Freuden." „Das wäre aber sehr unvernünftig gewesen," schaltete Marco ein. „Nun, ich that's auch nicht, sondern hörte mäuschenstill zu, und da sagte der fremde Signor: was, wir können das Löselgeld entbehren, brauchen es nicht, der Hund von Tedesco soll sterben, und müßte ich ihn selber mit meinen Händen erwürgen." „Gut, dann thu' es," sagte Schiavone hierauf, „aber zahl' mir die 5000 Scudi aus." „Die sollst Du haben," versetzte der Andere, „morgen vor Mitter nacht kommt Ihr Alle zum Feste, ich will Verlobung feiern, die Braut darf natürlich nicht dabei sein, Deine Filomena kann sie vor stellen." Ueber diesen Spaß lachten Beide und dann wurde verabredet, daß man erst noch mit dem Bruder reden wolle, — denn der Te desco könnte nicht so ohne Weiteres verschwinden, da man in der Stadt wisse, daß Signor Leonardi sich als Gast im Hause Rapo be finde. — Nach kurzer Zeit verließen sie die Höhle und ich befand mich wieder allein in einer fürchterlichen Aufregung." „Du vergissest, daß Pasquale Rapo auch Deinethalben mit dem Schiavone wetterte, mein guter Corso!" schaltete Marco wieder mit großer Seelenruhe ein. „Also war es doch der Student," rief Georg überrascht, „wahr haftig, Freund Marco! Du weißt mehr davon, als Du sagst. Ja wohl, Schiavone erzählte ihm, daß er auch mich als Geisel mitge nommen habe und hier in. der Höhle zum Briganten erziehen wolle, worüber der Signor ganz heidenmäßig fluchte und ihn einen Narren schalt." ' Forts, folgt. vermischtes. Stuttgart, 14. Sept. Dem „Fr. Jonrn." wird geschrieben: In der bekannten Hackländer'schen Nachversteuerungssache ist kürz lich das Urtheil vom Gericht gesprochen worden. Es lautet auf Nach zahlung von 12,OM M. und auf die gesetzliche Verzehnfachung dieses Betrages aus Strafe. Damit würde der bedauernswerthen Familie, welche an der Steuervorenthaltung Hackländer's bei dessen Lebzeiten ganz unbetheiligt ist, alles Vermögen genommen werden, das der frucht bare Schriftsteller hinterlassen hat. Die Wittwe hat sich deshalb mit einem Gnadengesuch an den König gewandt. Viel Hoffnung auf Ge währung des Gesuchs, die 120,000 M. Strafe zu erlassen, ist freilich nicht zu hegen, weil damit ein für dergleichen Vorkommnisse allzu be denkliches Präzedenz geschaffen würde. * Von einem Bankyause in Wien wurde derKasfediener Kager ausgeschickt, um 60,MO Gulden umzuwechseln; er kam zurück und klagte, daß ihm das Geld im Esterhazykeller gestohlen worden sei; er hat es aber jedenfalls unterschlagen und ist fest gemacht. Alv Lie inhaltreichste und billigste deutsche Zeitung kann mit vollem Recht das täglich zweimal als Morgen- und Abendblatt er scheinende „Berliner Tageblatt" nebst seinen Beiblättern, dem illustrirten Witz blatt „HOL", der belletristischen Wochenschrift „Berliner Sonntagsblatt", sowie „Wöchentliche Mittheilungen über Landwirthschafr, Gartenbau und Hanswirthschaft" bezeichnet werden. Wir heben aus dem überaus mannigfaltigen Inhalt Folgendes hervor: Freisinnige Leitartikel aus der Feder hervorragender Publicisten. — Politische Tagesübersicht. — Zahlreiche Spezial-Te legramme und Korrespondenzen aus allen Weltplätzen. (In Paris, London, Petersburg, Wien, Pesth, Rom, ist das „Berliner Tageblatt" durch eigene Cor- ^.respondenten vertreten, wodurch sich dasselbe in der Lage befindet, '"alle wichtigen Nachrichten mittelst ausgedehnter Benützung des Tele graphen, zuverlässiger und schneller als die meisten andern Zei tungen zu bringen.) — Vermischte Nachrichten aus dem Reiche. — Berliner Lo cal- und Gerichtszeitung. — Ausführliche Kammerberichtc seines eigenen Parlamentarischen Bureaus. — Vollständige Handelszeitung unter besonderer Berücksichtigung der Roh-Producten-Branche nebst ausführlichem Coursbe richt der Berliner Börse. — Erziehungs- und Unterrichtswesen.— Ziehungliste der Preuß. Lotterie. — Reichhaltiges interessantes Feuilleton, in welchem Theater, Kunst und Wissenschaft sorgfältigste Beachtung finden und außerdem spannende Romane der beliebtesten Autoren veröffentlicht werden. Im bevorstehenden IV. Quartal erscheint: „Aus Z'rwegen", Roman von T. Vely, deren früher ver öffentlichten Werke allgemein den lebhaftesten Beifall gefunden haben. Um die Billigkeit des Abonnementspreises so recht vor Augen zu sühren, dürfte die That- sache genügen, daß die einzelne Nummer nur 3 Pfennig den Abonnenten zu stehen kommt, indem der Abonnementspreis nur Z Mark LZ Pf. vierteljährlich »beträgt und dafür 150 Nummern des „Berliner Tageblatt", 13 Nummern des „Berliner Sonntagsblatt" und 13 Nummern des illustrirten Witzblatt „OIL" geliefert werden. Man abonnirt bei allen Neichspostanstalten. Interessanteste Wochenschrift!!! Kutsche Sontags.Will Obek-Usclaoteur: VsrleAsr: ^rtUnr I-av^soUn. LnUolk VLosss. DOI IIII. Motto: Von dem Guten bas öeste, Von oem tleucn das tünche. HI DaS „Deutsche Montags-Blatt" erscheint Montag Morgen, auch außer- D halb Berlins ani Montag. Das „Deutsche Montags-Blatt" giebt durch seinen vielseitigen Inhalt D nach allen Seiten hin reichste Anregung. Das „Deutsche Montägs-Blatt" enthält in jeder Nummer eine Poli- HD tische Wochenschau des Chef-Redacteurs vr. Arthur Levysohn — D Ucbersicht über den europäischen Geldmarkt von vr. Ebeling — Un- D gereimte Chronik von Ernst Dohm — Dramaturgische Glossen von Fritz Mauthner und viele andere bemerkenswerthe Separat-Ar- tikel aus der Feder der ersten Schriftsteller. Das „Deutsche Montags-Blatt" ist ein Familienblatt für die Klasse « der geistig Vornehmen und der Aristokratie der Bildung. Das „Deutsche Montags-Blatt" ist durch die Mannigfaltigkeit seines D Inhalts, welchen es an dem sonst zeitungslosen Montag darbietet, zu HD einem Spiegel des Lebens und Strebens unserer Tage geworden. Das „Deutsche Montags-Blatt" ist und bleibt die originellste literarisch- H politische Wochenschrift, welche im deutschen Reiche erscheint. I Das „Deutsche Montags-Blatt" kostet pro Quartal nur A 50 DD und nehmen alle Postanstalten und Buchhandlungen Bestellungen DI hierauf entgegen. 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