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Uchncklt für UWmss Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post " bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne Nummern 10 Pf. Tharandt, Nassen, Menlehn nnd die UmMN-en. Imtsölalt Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen, i Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. 6N. reelles, laschen allein >lung. l. April, ^ls ' vpp. >s«I. mar. - O e Waas 39 Ml Pfg. bit bis a Buttel rer Bors Weizc" te, sächf Markts ' Pf.-l 40 Pf Pf- H^ Kroh Pl> No. 19. Freitag, de« 4. März 1892. Bekanntmachung, Trichinenschau betreffend. Herabgelangter Verordnung zufolge bedarf das Reichsamt des Innern genauer Mittheilungen über das Ergebniß der im Königreiche Sachsen stattfindenden Untersuchungen des aus Amerika eingeführten Schweinefleisches durch die Trichinenschauer, welche gemäß der Verordnung, Maßregeln zum Schutze gegen die Trichinenkrankheit bei den Menschen betreffend, vom 21. Juli 1888 wie für jedes von auswärts eingeführte, so arech für »inrerieaitisctzes sct)we»nefleifch unbedingt einzutreten hat. Insbesondere wünscht das Reichsamt des Innern zu wissen, ob und zu welchen Bcstandtheilen die untersuchten Sendungen aus Schinken, Speck oder sonstigen Fleischwaaren be standen, und welche Bruchtheile der einzelnen Sendungen sich als trichinös erwiesen haben. Ueber diese Fragen ist in jedem einzelnen Falle einer Untersuchung von amerikanischem Schweine fleische, und zwar unverzüglich nach Abschluß der einzelnen Untersuchung genaue Anzeige zu erstatten. Die des hiesigen Verwaltungsbezirkes werden daher angewiesen, die Trichinenschauer entsprechend zu bedeuten und zu veranlassen, bei jeder Untersuchung amerikanischen Schweinefleisches das Ergebniß unter Beantwortung vorgedachter Fragen umgehend der Ortsbehörde auzuzeigen. Diese Anzeigen aber sind alsdann sofort bez. nach etwa erforderlicher Ergänzung anher einzureichen. Meißen, am 26. Februar 1892. Königliche Amtshauptmannschaft. V. ILiri Bekanntmachung. Der diesjährige hiesige wird Donnerstag, den 24. und Freitag, den 23. März, abgehalten. Wilsdruff, am 29. Februar 1892. Der Stadt rat h. rivkai», Brgmstr. Tagesgcschichte. Aus der Rede Bennigsens beim nationalliberalen Frak tionsfest in Berlin verdient folgende Stelle hervorgehoben zu werden: Wir wissen, wie der König und sein Kanzler nach dem Feldzüge des Jahres 1866, im Bollgefühl des Sieges, sich dennoch diejenige Beschränkung auferlegten, die geboten war, um die Erfolge des siegreichen Feldzugs im Innern sicher zu stellen. Es ist wohl nicht indiskret, jetzt eine Erinnerung mitzutheilen, die ein Helles Streiflicht auf die damalige Haltung der Re gierung Preußens werfen dürfte. Es war wenige Monate Nach deni Nikolsburger Frieden, als mir Bismarck einmal die ganze Lage während des Krieges in Oesterreich und die Ziele seiner künftigen Politik auseinandersetzte; mit großem Staunen und aufrichtiger Bewunderung habe ich damals seinen Worten dieses Maß von Selbstbeherrschung und Voraussicht entnommen, das ich nachher eine ganze Reihe von Jahren hindurch mehr bestätigt fand. Er hat mir damals gesagt, daß Alles darauf gerichtet werden müsse, nicht nur mit Süddeutschland eine immer bessere Verbindung herzustellen, wie sie schon vorbereitet war durch die zeitweilig geheim gehaltenen Schutz- und Trutzbündnisse, sondern auch Oesterreich gegenüber dürfe man den Sieger nicht herauskehren, nachdem nun der unselige Streit über die Vormacht in Deutschland seinen Abschluß gefunden. So schwer es ihm auch geworden, habe er bei den Verhandlungen über den Frieden mit Oesterreich es doch durchgesetzt, daß Oesterreich auch nicht ein Dorf verlieren dürfe; er habe es durchgesetzt in der wohl erwogenen Absicht, es schon im nächsten Jahre zu versuchen, in ein günstigeres Verhältniß mit Oesterreich zu kommen und in späterer' Zeit ein engstes Bündniß mit Oesterreich herbeizuführen. (Hört, hört! und lebhafter Beifall). Dieser schonenden Politik ist es zu verdanken, daß in dem späteren französischen Angriffs krieg der Osten Deutschlands keine Vertheidigung oder Abwehr stellung für nöthig machte, die alle Erfolge des Feldzuges im Westen in Frage gestellt hätte. Im preußischen Abgeordnetenhause hat sich der Handels- minister von Berlepsch über die Nothwendigkeit, eine Organi sation des Handwerks herbeizuführen, ausgesprochen, und mit Nachdruck den guten Willen der Regierung, dem Handwerks stande wieder aufzuhelfe», betont. Wie bekannt, soll das Hand werk zunächst durch Errichtung von Handwerkerkammern orga- nisirt nnd in diesen Instituten den Handwerkern eine offizielle Standesvertretung gegeben werden. Wie Herr von Berlepsch erklärte, sollen die Handwerkerkammern nicht lediglich nach dem Muster der Handelskammern eingerichtet werden, sondern es soll — da mit solcher Organisation dem Handwerk nicht genügt würde — den Handwerkerkammern eine weitergehende Aufgabe, namentlich in Bezug auf eine Kontrole über die Ausbildung der Lehrlinge gestellt werden. Wie bereits ausgeführt, erblicken wir in den Handwerkerkammern den Anfang, aber den noth- wendigen Anfang einer Organisation; daß sich an diese Ein richtung mit Naturnothwendigkeit weitere Institutionen, wie die Zwangsinnungen mit dem diesen innewohnenden Befähigungs nachweise, angliedern werden, gilt uns schon nach der Erklärung des Handelsministers, der erst neuerdings sich entschlossen hat, Regelung des Lehrlingswesens der Kompetenz der Hand werkerkammern zu unterstellen, als zweifellos. Zwar hat sich Herr von Berlepsch gegen die Einführung des Befähigungs-! Nachweises ausgesprochen, da er der Ueberzeugung ist, daß dieser dem Handwerk zum Schaden gereichen würde; aber nur in der Hinsicht kann dem Minister in diesem Punkte Recht ge geben werden, daß die vorzeitige Einführung des Befähigungs nachweises auf dem Boden der heutigen Innungen die zuin Theil übertriebenen Hoffnungen, die von den Handwerkern auf diese Maßregel gesetzt werden, nicht erfüllen und dahr die Muthlosigkeit und Unzufriedenheit der Handwerkerschaft nur noch steigern würde. Sind aber erst Handwerkerkammern er richtet, so wird die Regierung um die Angliederung von Zwangs innungen mit obligatorischer Meisterprüfung nicht mehr herum kommen. Betonte doch Herr von Berlepsch selbst, daß der kor porative Zusammenschluß des Handwerks nur noch durch die Innungen aufrecht erhalten worden sei, trotzdem die ganze Art unserer Gesetzgebung nicht glücklich war, und gab der Minister doch zu, daß er die Innungen nach ihrem augenblicklichen Be stände nicht für das, was dem Handwerk ausschließlich helfen könne, halte. Bezüglich der jüngsten Berliner Tumulte schreibt die „Nat- lib. Korr.": Die lärmenden und aufrührerischen Scenen, deren Schauplatz die Neichshauptstadt in den letzten Tagen war, sind geeignet, Beunnruhigung und Besorgnisse bei allen ordnungsliebenden Bürgern hervorzurufen. Die Vorgänge sind erheblich über den Unifang kleiner lokaler Tumulte, wie sie da und dort vorzukommen pflegen, hinausgegangen. Wiederholt und stundenlang haben förmliche Gefechte zwischen der Polizei und den Massen stattgefunden. Blut ist auf beiden Seiten geflossen, in großem Umfang sind Zerstörungen und Sachbe schädigungen vorgekommen, und leider muß man täglich auf die Wiederkehr solcher Auftritte gefaßt sein, wenn einmal ge wisse Schichten des Volkes an derlei Treiben Gefallen zu finden anfangen. Die Menge derjenigen, die sich an solchen Aus schreitungen betheiligcn, setzt sich aus sehr verschiedenartigen Elementen zusammen. Vielleicht die Mehrzahl sind neugierige und schaulustige Leute, die überall dabei fein müssen, wo etwas „los" ist; ein anderer sehr erheblicher Theil besteht aus jenen verkommenen, arbeits- und lichtscheuen Strolchen, wie sie jede Großstadt zahlreich in ihrem Schoße birgt; einen anderen aber sicherlich schwächsten Theil mögen ehrliche Arbeiter sein, die zur Zeit brod- und erwerbslos sind und glauben, sich durch drohende Aufzüge Arbeit erzwingen zu können. Uebereinstimmend wird berichtet, daß die ganz jugendlichen Altersklassen, halbwüchsige Burschen, auffallend stark vertreten waren. Der Polizei ist es bisher noch einigermaßen gelungen, die schlimmsten Ausschreit ungen zu verhüten, wenn auch bereits sehr starke Exzesse vor gekommen sind und der Zustand des Landfriedensbruches und Aufruhrs offen herrschte. Ob nicht noch schärfere Maßnahmen zur Sicherung der Ordnung und Ruhe sich als nothwendiger weisen werden, ist bei der unberechenbaren Entwicklung solcher Bewegungen nicht vorauszusehen. Indessen besitzt unsere Staatsgewalt so große Macht und so starke Mittel der Ab wehr, daß man sicher sein kann, daß sie auf alle Fälle ihre Pflicht und Aufgabe im vollsten Maße zu erfüllen imstande sein wird. Man wird auch keineswegs nöthig haben, sie zur Energie aufzufordern; sie hat es schon bisher daran nicht fehlen lassen. Schwieriger als die Unterdrückung der Ausschreitungen mit den gebotenen Mitteln der Macht ist die Ergründung und gar die Heilung der Schäden und Nothstände, aus denen solche bedauerliche Vorkommnisse entstehen. Wo wirkliche Noth- und Erwerbslosigkeit bei gutem Willen zur Arbeit vorhanden ist, kann und wird jeder, der dazu imstande ist, insbesondere di staatlichen und städtischen Behörden, sich angelegen fein lassen, rasch und möglichst reichlich Arbeitsgelegenheit zu schaffen. Aber es liegt auf der Hand, daß die Mittel, auf solche Weise zu helfen, beschränkt sind. Es muß darauf hingewirkt werden, und die traurigen Erfahrungen werden das ihrige dazu bei tragen, daß die übermäßig starken .Arbeitsmassen, die jetzt jahr aus jahrein in die großen Industriestädte strömen, dahin ge lenkt werden, wo sie Brod und Arbeit finden. Es ist doch ein seltsamer Zustand, daß in den Städten die Arbeiter nach Er werb und Brot schreien und die Landwirthschaft unaufhörlich die Klage erhebt, sie müsse aus Mangel an Arbeitern zu Grunde gehen. Die industriellen Arbeiter sind auch selbst von der Schuld nicht freizusprechen, wenn es an Erwerb und Arbeit mitunter gebricht. Die Stockungen in manchen Zweigen unseres ge werblichen Lebens sind zum großen Theil aus die unausge setzten Lohn- und Machtkämpfe zurückzuführen, welche eine stetige und ersprießliche Entwickelung unserer Industrie hemmen und ihr den Wettbewerb auf dem Weltmarkt erschweren. Die so zialdemokratische Parteileitung lehnt jetzt die Schuld an den jüngsten Berliner Ereignissen ab; heuchlerisch mahnen ihre Blätter die Arbeiter zur Ruhe und Ordnung, nachdem sie sich das Aufhetzen der Massen das ganze Jahr über zum Geschäft gemacht haben. Aus fozialdemokratischen Versammlungen hin weg. mit allen Schlagwörtern dieser Agitation, sind die erregten Massen durch die Berliner Straßen gezogen. Wenn man jahr aus jahrein den Sinn für Ordnung, Recht, Autorität im Volke untergräbt, so ist es eine widerwärtige Heuchelei, hinterher die Mitschuld an Ausschreitungen abzulehnen. Der unter der be ständigen Aufstachelung einer revolutionären Agitation tief ge sunkene Sinn breiter Volksschichten für Ordnung, Recht und Autorität ist der eigentliche Nährboden für solche wüste Aus schreitungen, wie sie leider zu den häufig wiederkehrenden Er scheinungen in unseren großen Städten zu werden drohen. Wir haben schon darauf hingewiesen, daß die sozialdemo kratische Parteileitung aus naheliegenden Gründen alles auf bietet, um die Urheberschaft der Berliner Straßen krawalle weit von sich abzuweisen. Aber wenngleich niemand der Ansicht sein wird, daß von feiten der Sozialdemokratie diese Putsche geplant waren — „so dumm sind wir nicht", ist wieder holt von den maßgebenden Umsturzführern geäußert worden — so wird doch wiederum kaum bestritten werden können, daß nichts anderes an dem Entstehen der Straßenunruhen die Schuld trägt, als die fortgesetzte demagogische Agitation der sozialdemo kratischen Preß- und Parteiorgane. Der „Vorwärts" wälzt die Schuld an den betrübenden Vorgängen auf das „Lumpen proletariat" der Großstadt; aber haben nicht die Sozialdemo kraten unausgesetzt betont, daß sie Vertreter des Gesammt- proletariats sind? Oder gelten die von diesem Lumpenproletariat in die Wahlurne gelegten sozialdemokratischen Wahlzettel der sozialdemokratischen Parteileitung weniger, als die des „an ständigen" Proletariats; will die Parteileitung auf die fernere Unterstützung der „Arbeiter" mit Ballonmützen verzichten? Wir glauben das gewiß nicht und eben so wenig glauben wir daran, daß die sozialdemokratische Propaganda fortan die für die Agi tation so werthvollen „halbwüchsigen Burschen, die jede Gelegen heit zum Radau mit Freude begrüßen", entbehren wollen. Die