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Anlage zu Ao. 27. des Wochenblattes für Wilsdruff etc. Vaterländisches. Wilsdruff. Wir machen heute auch an dieser Stelle "och besonders auf den nächsten Dienstag, den 5. April zwischen Potschappel-Wilsdruff verkehrenden Ertrazug aufmerksam. Im Anschluß an den 11 Uhr 15 Minuten Abends von Dresden abgehenden Personenzug findet die Abfahrt von Potschappel 11 llhr 40 Minuten Abends statt, Ankunft in Wilsdruff 12 Uhr 24 Minuten früh. Zur Benutzung desselben, welcher an allen Verkehrsstellen der Linie hält, berechtigen die gewöhnlichen Fahrkarten. — Wir erinnern auch an dieser Stelle daran, daß mit nächstem Sonntag die Prüfungen in unseren Bürgerschulen be ginnen. Eine Ehrensache muß es für jeden Meister sowie Brodherrn, wie nicht minder für alle Eltern und Erzieher sein, diese Prüfungen zu besuchen, einmal um sich über die im Schul jahre gemachten Fortschritte der ihrigen zu überzeugen, zum andern durch den Besuch das Lehrerkollegium zu beehren. — Unsere Anregung in voriger Nummer unseres Blattes bezüglich einer Bismarckfeier in unserer Stadt ist doch nicht ganz unberücksichtigt geblieben. Ein Inserat in heutiger Nr. ladet dazu in die „Schänke zur alten Post" ein. — (Frachtbrief-Formulare betr.) Zur Beantwortung etwaiger Anfragen von Güterversendern wird bemerkt, daß über den Zeitpunkt der bevorstehenden Einführung eines neuen Bc- triebsreglements und mit dieser eines erwecken Frachtbrief- Formulars, Näheres noch nicht bekannt ist, daß aber die Ein führung zum 1. April d. I. jedenfalls nicht zu erwarten steht. Es ist jedoch, da die Einführung noch im Laufe dieses Jahres nicht ausgeschlossen erscheint, denjenigen Firmen, die ihre Fracht briefe mit besonderem Aufdruck Herstellen lassen, anheim zu geben, von Anfertigung größeren Vorrathes abzusehen. — Ein Ertrazug mit den bekannten ermäßigten Preisen wird auch zum diesjährigen Osterfeste von Dresden nach Berlin gehen, und zwar wird derselbe am Ostersonnabend Nachmittag von Dresden abgelassen werden. — Da in nächster Zeit nach erfolgter Konfirmation viele Knaben in ein Lehrverhältni ß treten und die für dieses be stehenden Borschriften der Reichsgewerbeordnung vielfach unbe achtet bleiben, was für den Lehrmeister bezw. für die Eltern bes Lehrlings von nachtheiligen Folgen begleitet ist, so sei darauf hingewlesen, daß, wenn der Lehrvertrag nicht schriftlich geschlossen wird, dem Lehrmeister kein Recht auf Zurückführung des das Ahrverhältniß willkürlich aufgebenden Lehrlings, sowie auf Ent schädigungsanspruches zusteht. Uebrigens kann auch bei dem Vorhandensein eines schriftlichen Vertrages, wenn eine längere Frist nicht vereinbart ist, während der ersten 4 Wochen der ^brzeit das Lehrverhältniß durch einseitigen Rücktritt aufgelöst werden. Eine Vereinbarung, wonach diese Probezeit länger als 2 Monate beträgt, ist nichtig. Will der Lehrling, wie dies öfter geschieht, dasselbe Gewerbe bei einem anderen Meister weiter lernen, so darf dies ohne Zustimmung des früheren Lebr- herrn erst 9 Monate nach Ablauf des ersten Lehrverhältnisses geschehen. Der Antrag auf Zurückführung eines aus der Lehre getretenen Lehrlings ist nur zulässig, wenn er binnen einer Woche nach dem Austritte des Lehrlings gestellt ist. — Das Ministerium des Innern erläßt eine Verordnung, das Betäuben der Schlachtthiere betreffend. Darin wird zur thunlichsten Abschneidung von Quälereien der Thiere beim Schlachten Folgendes verordnet: 1) Beim Schlachten aller Thiere, mit Ausnahme des Federviehs, muß der Blutentziehung die Betäubung vorausgehen. Ausgenommen bleiben die wegen Un glücksfällen und plötzlicher Erkrankung nothwendig werdenden Nothschlachtungen, sobald sich die Betäubung nach den thad- sächlichen Verhältnissen nicht ausführen läßt. 2) Beim Rinde soll die Betäubung unter Benutzung der Schlachtmaske ausge führt werden, soweit nicht beim Jungvieh die ungenügende Ent wickelung des Schädels eine Ausnahme erfordert. 3) Bezüglich der Betäubung der Schweine, Kälber und Schafe durch Stirn- oder Gcnickschlag wird den Schlächtern die Auswahl der Be- täubungvapparate überlassen, doch werden als solche die Holz keule für Kälber, der Bolzenapparat für Schweine und der Schlagbolzenhammer oder ein stumpfer Keilhammer für Schafe empfohlen. 4) Alle Schlachtungen, mit Ausnahme nicht auf zuschiebender Nothschlachtungen, dürfen unter Verantwortlichkeit des Schlächters nur von des Schlachtens durchaus kundigen Personen, oder doch nur unter deren Aufsicht und Mithilfe, niemals aber allein von Lehrlingen ausgeführt werden. 5) Alles Schlachten hat in geschlossenen, dem Publikum nicht zu gänglichen Räumen stattzufinden. Nur wo solche nicht in ge nügender Weise zur Verfügung stehen, darf das nichtgewerb- mäßige Schlachten im Freien geschehen, ist aber auch dann derart vorzunehmen, daß es nicht von öffentlichen Straßen, Plätzen oder Wegen aus zu sehen ist. Beim gewerbsmäßigen Schlachten ist die Anwesenheit von Personen unter 16 Jahren, mit Ausnahme der Fleischerlehrlinge und Gehilfen, verboten. 6) Zuwiderhandlungen gegen vorstehende, mit dem 1. Oktober dieses Jahres in Wirksamkeit tretende Bestimmungen werden mit einer Geldstrafe bis zu 150 Mark oder Haftstrafe geahndet. 7) Die Ortsbehörden haben die Schlächter auf die bevorstehenden Bestimmungen und darauf aufmerksam zu machen, daß sie auf den Schlachthöfen Gelegenheit haben, die verschiedenen Betäub ungsarten und Betäubungsinstrumente kennen zu lernen. — Die Haushaltungsschule in Roßwein, welche am Mai vorigen Jahres eingeweiht wurde und bereits am folgenden Tage ihre Thätigkeit begann, hat ihr Probejahr gut bestanden. Es wurden im ganzen 48 Mädchen im Kochen und den damit zusammenhängenden Geschäften der Küche unterwiesen, Diens tags die eine Hälfte und Freitags die andere. Die-24 Mädchen sind in 6 Gruppen zu je 4 vertheilt und die Arbeitsordnung fordert für jedes dieser vier Mädchen an jedem Tage eine be stimmte Arbeit; durch regelmäßigen Wechsel der Beschäftigungen lernen die Mädchen sowohl die Besorgung des Herdes, als die Zubereitung der Speisen, das Aufwaschen, Scheuern rc. Der Unterricht knüpft an das Tagesgericht an. Sparsam und doch gut und kräftig ein Mittagsmahl zu 50 Pf. herzustellen, das ist der Grundsatz gewesen, von dem fast nie abgewichen worden ist. Die Speisen wurden stets gern gekauft, so daß sich die Haushaltungsschule vollständig selbst erhalten hat. Abordnungen, welche die Haushaltungsschule in Augenschein nahmen, erschienen aus Mittweida, Plauen-Dresden und Löbtau-Dresden. Vom Chemnitzer Landgericht wurde der Strumpf wirker Julius Eduard Barth aus Lrünlos, der seinen 12 jährigen Söhn unter Drohungen gegen den Lehrer selbst aus dem Schul- zinuner^wo der Knabe strafweise nachsitzen mußte, holte, wegen versuchter Nöthigung und Uebertretnng des Volksschulgesetzes zu 3 Monaten Gefängniß verurtheilt. —, Von schwerem Unglück wurde am 23. d. M. die Fa milie des Bahnarbciters Bernhard in Lange nhessen bei Werdau heimgosucht. Dem 4jährigen Knaben B. wurde von einem .Altersgenossen beim Spielen mit einem Beil der Zeigefinger der linken Hand abgehackt Die bestürzte Mutter lud den schwerverletzten Knaben auf einen Kinderwagen und eilte in größter Hast zum Arzt nach dem Stunden entfernten Crim mitschau. Leider sollte die Frau ihr Ziel nickt erreichen. Die plötzliche Aufregung und der eilige Lauf hatten für die bedau ernswertste Mutter einen Herzschlag uir Folge; nahe ihrem Ziele sank sie zu Boden und war nach kurzer Zeit eine Leiche. Der blutende Knabe wnrdc von einem Geschirr nach der Wohn- ung des Varers zurückgebra ht und nach wenigen Stunden langte auch die Leiche der Gattin dort an. — Die städtischen Kollegien in Glauchau beschäftigen sich in ihren letzten Sitzungen mit einer Angelegenheit, die für alle Kreise von größter Wichtigkeit ist. Es handelte sich um Heranziehung von Industriezweigen, die hier noch nicht vertreten sind. Die allgemeine Niederlage der Webwaarcnbranche, wie überhaupt der durch den jüngsten Zusammenbruch der Spar- und Kreditbank nur noch verschlimmerte schlechte Geschäftsgang lassen cs nothwendig erscheinen, eine Hebung der wirthschaft- licheu Lage Glauchaus fest ins Auge zu fassen. Neberein stimmend ist dies auch von den städtischen Kollegien anerkannt und auswärtigen Gcwerbeunternehmcru im Falle der Nieder lassung in dasiger Stadt das größtmöglichste Entgegenkommen in Aussicht gestellt worden Die Gelegenheit zur Errichtung gewerblicher Etablissements rst für Unternehmer hier weit gün stiger, als in vielen anderen Orten, da fließendes Wasser, gute Bahnverbindung, geeignete Bauplätze und billige Arbeitskräfte vorhanden sind. Der Stadtrath würde außerdem geneigt sein,