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und in höherem Grunde als alle seine Vorgänger würde dann dieses Jahr sein ein Jahr des Herrn. Die Morgenröthe eines neuen Jahres steigt herauf, indeß uns noch das alte Jahr seinen Abschiedsgruß zuruft. Wohl, es ist ein eigener Moment, am Scheidepunkte zweier Jahre zu stehen, von hier aus nochmals im Geist die Blicke zurückzu wenden auf den Zeitraum, den wir soeben dnrchmessen haben, und doch sie dann sofort dem neu anhebenden Zeitabschnitte zuzulenken. All das, was wir im alten Jahre durchgekämpft an Leid, Kummer und Sorgen, wie all das, was es uns an Glück und Freude auf seinen Schwingen gebracht — noch einmal zieht es in bunter Reihenfolge an unserem geistigen Auge vorüber, schmerzliches Erinnern, wie frohes Gedenken in uns heroorrufend, Und nun schauen wir vorwärts, der nächsten Zukunft entgegen, die noch geheimnißvoll verschleiert vor uns liegt. Was verbirgt sich hinter diesem Schleier? Vergebens indessen mühen wir uns mit unseren Fragen an das Schicksal, hier zeigt sich das Unzulängliche alles Menschenwitzes, alles Scharfsinnes des Staubgcborenen gegenüber ehernen göttlichen Gesetzen, die es menschlichem Forschen und menschlichem Smnen für immer verwehren, zu erfahren, was im Buche der Zukunft geschrieben steht. Da heißt es denn, gewappnet mit Muth, Entschlossenheit und Gottvertrauen die Schwelle zum neuen Jahre zu überschreiten und geduldig dessen zu harren, was uns in seinem Laufe beschieden sein wird, vertrauend aber rollen wir das Banner der Hoffnung auf, es soll ja uns Allen auf unserer weiteren Lebensbahn voranleuchtm! Wohlan, die Hoffnung ist nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für die Völker die rechte Loosung zum Jahres wechsel, das Panier, welches stolz hineingetragen wird in den Dämmerschein des jungen Jahres. Das Jahr 1895 hinter läßt im Großen und Ganzen für Europa nicht unfreundliche Erinnerungen, die wirthschaftlichen Verhältnisse zeigten eine merkliche Besserung, und die Friedenserwartungen, mit denen das Jahr 1895 begrüßt werden durfte, gingen in Erfüllung. Zwar zogen sich im Südosten des Welttheiles drohende Wolken zusammen, aber sie lösen sich allmälich wieder auf, Dank der Einmüthigkeit der Mächte gelang es, die orientalischen Wirren zu begrenzen und ihre Umwandlung in ernste internationale Verwickelungen zu verhüten. Es darf darum mit Fug gehofft werden, daß nach dieser erfreulichen Probe der aufrichtigen Friedensliebe der maßgebenden Mächte Europa auch fernerhin das kostbare Gut der Völkcrharmonic erhalten bleiben und wird, daß sich hiermit die Aussichten auf die weitere Besser- ung der wirthschaftlichen Lage noch mehr befestigen werden. Freilich ist dafür nach einer anderen Seite hin eine bedrohlich genug ausschauende Crists entstanden, der acut gewordene Conflikt zwischen Nordamerika und England wegen Venezuelas. Aber die Verantwortlichkeit für einen etwaigen Krieg zwischen diesen zwei großen stammverwandten Nationen wäre geradezu eine ungeheuere, und deshalb steht zu er warten, laß noch eine gütliche Lösung des Streit falles gefunden werden wird. Villeicht, daß das neue Jahr gleich in seinem Beginne diese erhoffte friedliche Wendung bringt, die von allen Culturnationen, mögen sie nun mit ihren Sympathien mehr auf dieser oder mehr auf jenee Seite stehen, gewiß nur mit höchster Genugthuung begrüßt werden wird. Vaterländisches. Wilsdruff. Prosit Neujahr! erschallt es im trauten Familienkreise, in Gesellschaften und in Vereinen und überall da wo fröhliche Menschen beisammen sind. Prosit Neujahr! erschallt es durch die Straßen und über die Plätze und aus den geöffneten Fenstern ertönt der Neujahrsgruß den Vorüber gehenden entgegen. Es liegt nun einmal in der Natur des Menscben, dem Neuen und Unbekannten zuzujubeln und allerlei frohe Hoffnungen daran zu knüpfen. Es ist gut, daß dem so ist. Was wären wir, wenn uns die Hoffnung genommen würde? Es ist nichts Vollkommenes auf der Welt, aber nach dem Vollkommenen streben wir; es ist unser Ideal, und wir meinen uns diesem mit jedem Zeitabschnitt wieder um eine Stufe ge nähert zu haben. Was das neue Jahr uns bringen wird, wer vermöchte es zu sagen? Aber die Aussichten, unter denen es eröffnet wird, sind nicht ungünstig. Es liegt keine Veran lassung vor, eine Störung des „europäischen Friedens" zu fürchten. Hoffentlich wird es auch gelingen, die unheimlichen Mächte, welche innerhalb des Staates dessen Grundlagen zu unterminiren bemüht sind, welche unablässig an den Säulen der bestehender Ordnung rütteln, kräftig niederzuhalten. Wir haben indessen keine Ursache, düstere Kassandrarufe auszustoßm. Wir können mit Vertrauen auf den Kaiser, die deutschen Fitesten und Ine leitenden Staatsmänner blicken. So schaut uns das neue Jahr 1896 freundlich an, Hoffnung erregend und den frohen Muth zu neuem Schaffen für das eigne Glück, für das Wohl des großen Ganzen. Da es allen Kummer heilen, alles Leid fern halten, alle gerechten und edlen Wünsche erfüllen möge, daß es den Frieden erhalte dem deutschen Vaterlande, der Gemeinde, den Familien; daß es Eintracht und Bruderliebe walten lasse und unsere gute Stadt segne, damit sie blühe, allen ihren Kindern zum Segen, das ist unser Glückwunsch. Darauf allen unsern Lesern ein herzliches Prosit Neujahr! — Weihnachten, das Fest wohlthätiger Menschenliebe, hat auch 14 armen Familien im benachbarten Grumbach reiche Freude gebracht. Durch Aufstellung zweier Fechtautomaten waren durch Sammlung in 2 Jahren und andere mildthätige Beiträge einiger Gemcindeglieder die Summe von 105 Mk. eingekommen. Nützliche Gegenstände wurden am 24. Dezember Mittags 1 Uhr an die Geladenen unter herzlicher weihevoller Ansprache des Herrn Pastor vr. Wahl, unter Festgesang der 1. Klasse in der Schule daselbst vertheilt und manche Kindcr- seelc in herzlicher Weise erfreut. Sehr wohlthuend wirkte bei der Gelegenheit He Vertheilung eines schönen Konfirmanden kleides an ein Mädchen im hiesigen Armenhause, das der be kannte menschenfreundliche Herr Kaufmann Adolf Renner in freundlichster Weise derselben gespendet hat. Allendenedlen Gebern in der Beschenkten Namen ein herzlich: „Vergelt' s Gott!" — Bauernregeln. Januar muß vor Kälte knacken, wenn die Erde gut soll sacken. — Wenn Frost nicht bis im Januar kommen will, so kommt er im März und im April. — Giebt« im Januar viel Regen, bringts den Früchten wenig Segen. — Gelinder Januar bringt ein spätes Frühjahr. — — Wenns im Januar donnert überm Feld, so kommt später große Kält. — Januar warm, daß Gott erbarm. — Viel Regen, wenig Schnee thut Aeckrrn und Bäumen weh. — Ist das Wetter hell und klar, wirds ein schöner Januar; wenns dagegen stürmt und schneit, fehlt es mit der Schönheit weit. — Wächst das Gras im Januar, ists im Sommer in Gefahr. — Ist der Januar naß, bleibt leer das Faß. — Am Weih nachtstage wächst der Tag, soviel die Mucke gähnen mag; am neuen Jahrtag wächst der Tag, soweit der Haushahn schreien mag; um Drei-König (6. Januar) wächst der Tag, soweit das Hirschlein springen mag. — Am Vinzenzi (22. Januar) Sonnenschein, bringt viel Korn und Wein. — Petri Stuhl feier (18. Januar) kalt, wird vierzig Tage alt. — Wie in den Vorjahren, so dürfte sich auch dieses Jahr Se. königl. Hoheit Generalfeldmarschall Prinz Georg in seiner Eigenschaft als kommandirendec General des 12. Armeekorps am Neujahrstage nach Berlin begeben, um Er. Majestät dem Kaiser die Glückwünsche der Armee darzubringen. — Sieben lehn, 30. Dezember. Vor einigen Tagen wurde auf hiesigem Gottesacker, und zwar am Grabe seiner Schwester, der Schuhfabrikant W. todt aufgefundcn. Er hatte sein Leben durch einen Schuß geendet. Die Kugel war auf der linken Brustseite zwischen der 5. und 6. Rippe cinge- drungen und hatte das Herz getroffen. Die Ursache der be dauerlichen That soll in unglücklicher Liebe zu suchen sein. Der Verstorbene war 26 Jahre alt. — In Nerchau ist am Freitag der dreizehnjährige Sohn des Steueraufsehers Fehmel auf der Mulde eingcbrochen und ertrunken. — Aus Anlaß ihres 50jährigen Bestehens hat die Firma August Hoffmann in Neugersdorf am Heiligen Abend ihrem Personal 50000 Mark als Stiftung vermacht mit der Bestimmung, daß die Zinsen davon an hilfsbedürftige Arbeiter ihres Hauses vertheilt werden. Vermischtes. * Ein großer Geist und doch ein undankbarer Sohn. Der berühmte französische Schriftsteller Rousseau befand sich einst in einer bochvornehmen Gesellschaft, die ihn mit allerlei Ehren auszeichncte. Da trat auch ein aufs einfachste gekleideter Mann ein und ging mit offenen Armen auf ihn zu. Rousseau trat unwillig zurück und bemerkte: „Ich kenne Sie nicht!" — „Wie," erwiderte Jener, „Du kennst mich nicht? Ich bin doch Dein Vater!" — Bestürzt will der Sohn aus dem Saal, als ob cs die größte Schande für ibn wäre, der Sohn eines schlichten Handwerkers zu sein. Ein mitleidiger Herr führte den aufs tiefste betrübten Vater nach Hause. Dem undankbaren Sohne aber ließ man es fortan ganz gehörig merken, daß man seinen Geist bewundere, seinen Charakter aber verachte. Als sein Vater in Kummer und Herzeleid ge storben war, da erwachten peinliche Gewissensbisse bei ihm, aber es war zu spät, bas Geschehene gut zu machen, das Versäumte nachzuholen. Rousseau starb 1741 zu Brüssel, fern von seiner Heimath einsam und verlassen. Der Eltern Segen hat nicht auf ihm geruht. Neujahr! Die Zukunft, jene dunkle Frage, Die drohend stets am Himmel stand, Mit mitternächt'gem Glockenschlage Greist hent' aus Wolkeu ihre Haud. O mit des Jahr's beschwingter Runde Ist Lust und Leid dahingeflohn. An manche Schicksalsschwere Stunde Mahnt uns der dumpfen Glocke Ton. Wenn auch ein neues Jahr geboren, Das alte lebt gespenstig fort, Zum Schatteu wird, was wir verloren, Was uns geblüht, es ist verdorrt. Und doch, wir ziehn am neuen Morgen Frisch wieder auf die Wanderschaft, Und ist das Künft'ge uns verborgen, So schaffen wirs mit eigner Kraft. Wie auch die Frist uns zugemessen, Der Augenblick gehört uns ganz; Ob Lorbern winken, ob Cypressen, Den Tupfern schmückt ein jeder Kranz. Eins aber sei uns stets beschieden, Wie auch des Schicksals Würfel fällt; Dem Herzen Ruh, dem Hause Frieden, Den Völkern Frieden und der Welt. Fort mag die Morgensonnc küssen, Der Schmerzen Thau vom Lebensrain; Die Thränen, die wir weinen müssen, Es sollen Freudenthränen sein. Rudolf von Gottschall. Kirchennachrichten aus Wilsdruff. Neujahr 1896 Vorm. 8'/, Uhr Gottesdienst, Predigt über Psalm 121. »1rvI»«i»iuu8Lk XviiLsIir 18»«. „Nun laßt uns gehn und treten" Neujahrslied für So pran und Orgel von Schurig. 2 Knaben, welche Lust haben, die «rj zu erlernen, können unter ganz günstigen Bedingungen in die Lehre treten bei Oulcui- Ueiiuui-, Bildhauer, Wilsdruff. Einen Tischlerlehrling sucht zu Ostern »sx Wilsdruff, Zellaerstraße 36. Tüchtige Hausma-chen sucht Frau Petruschke, Kötzschenbroda. Ein Drechsler wird sofort gesucht von Otts Haus;ner, Tischl-rmstr. Ein kleines Logis wird gesucht. Zu erfragen in der Exp. d. Bl. bleu! öle»! Ohne Aonkurrenz. Hiermit bringe ich zu gefl. Kemtniß, daß ich in den Be sitz des neuen VW" J-eal-EorirLe-ers "MW gelangt bin, dessen Erfinder ein Herrischer in Amerika war. Derselbe verkaufte die großartige Efindung des Gerbstoffes für 100 000 Mk. an Deutschland und oird dieselbe für die Kais erl. und Königl. Hoheiten, sowie für sänmtliches Militär eingeführt. Dieses IrlSsI-voninleiled zu Stiefeln und Schuhen, besitzt folgende großartige Eigenschaft«: es ist sehr leicht, Wasser dicht, elastisch, drückt nicht, wird nich hart, braucht nicht gefettet zu werden und ist trotzdem immer die Glacsledcr. Ein Versuch in solchem wunderbaren Leder genügt und empfiehlt sich von selbst. Hochachtungsvoll ALolf Zippel, vorm. Lerri Dresdnerstr. Ve imrliMsn KM" M Segenwümke rum N6U8N kräiiKt Uilsäi'M Zokönb u. krau. Fl eischerm eifer. Allen unsern wertster Gasten, Kunden, Nachbarn und Bekannten von nah und fern wünschen ein glückliches Meujastr bellum Uirbtsr v. er», ^11«» ««rtlikii «i»«t <A«8«Iir»kt8- Lin» ck»I»r« 8»t < Il8tl «iiv ILIppel und Flau, Schuhmacher. Unseren geehrten Gästen, freunden und Bekannten bringen hierdurch zum Jahres- wechsel die herzlichsten Glück- u. Segenswünsche. Gasthss zur Nrone in Ueffelsdsrf, am l. Januar 1886. kvki»nwsnn und Frau. Unserer hochgeschätzten Kundschaft, Freunden und Bekannten zum Jahreswechsel die Mlck- UNÜ 8kgW8WÜN86k8. Kesselsdorf. Fleischermeisier Lleinens Henker und Frau. lttmervu doedAveUrtvn Ollstoo, krounckon unä 8«kauvt6n senilen diorckurvb n»m neuen ^adrv ckis herzlichsten Hlück- u. Segenswünsche. Oberer (lastdok LvsselMorL. Hol». Brüoknvr und Frau. LtiMsehweszer, nur nüchterne, fleißige brauchbare Leute, empfiehlt geehrten Herrschaften stets kostenfrei. 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Die ergebenst unterzeichnete Expedition erlaubt sich deshalb die geehrten Bewohner unserer Stadt und Um gegend durch recht zahlreiches Neu-Abonnement um freund liche Unterstützung zu bitten und zeichnet mit größter Hochachtung Expedition des Amts- und Wochenblattes für Wilsdruff. »»»»»VKA»»»