Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.05.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-05-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190905205
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19090520
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19090520
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-05
- Tag 1909-05-20
-
Monat
1909-05
-
Jahr
1909
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
besondere bezüglich der Bedingungen für die Überweisungen, hinzu- wirken." In der Nachmittagssitzung sprachen über die Organisation des industriellen Kredits Kvmmerzialrat Dr. Dorn (Wien), Geh. Hofrat Dr. Hecht sMannheims und Direktor Bas sPests. Die Versammlung stimmte schließlich Ge heimrat Pros. Dr. Nieder (Berlin) zu, daß es in Anbetracht der wechseln den Koniunktur nicht angebracht sei, sich durch feste Beschlüsse zu binden. Darauf wurde die Konferenz mit den üblichen Dankesworten ge schlossen. U Bei dem Staatssekretär des Innern v. B e t h m a n n - H o l lw e g sand am Dienstagabend aus Anlaß der Tagung der mitteleuropäischen Wirlschaftsvereine ein Empfang statt, zu dem sich außer den Mit gliedern der Wirtschaftsvereine zahlreiche Persönlichkeiten aus den ver schiedenen Neichsämtern und der Berliner Gesellschaft eingefunden batten. Unter den Anwesenden befanden sich Herzog Ernst Günther zu Schleswig-Holstein, der Präsident des Deutschen Vereins, Freiherr v. Plener, der Präsident des österreichischen Vereins, ferner der Ver treter des verhinderten Ministerpräsidenten Dr. Wekerle, des Präsi denten des ungarischen Vereins, der Präsident des belgischen Vereins v. Sadelcer, der österreichisch-ungarische Botschafter v. Szögyeny-Marich, Staatssekretär Sydow, Unterstaatssekretär Wermuth, der Präsident der Reichsbauk Havenstein, der Präsident des Reichstages Graf Stolberg, der Vizepräsident der Handelskammer Herr v. Mendelssohn, Mitalieder der Finanzwelt und der industriellen Kreise usw. In angeregter Unter haltung und lebhaftem Meinungsaustausch blieb die Gesellschaft bis gegen Mitternacht zusammen. V. Allgemeiner Kongreß der Krankenkassen Deutschlands. sUnbcrcchtigter Nachdruck verboten.) Berlin, 17. Mai. Im Laufe der Verhandlung am Montag ergriff das Wort Ministerialdirektor Dr. Casper. Er bcdaure, daß er in so später Stunde genötigt sei, das Wort zu nehmen, aber er halte es für erforderlich, verschiedene Behauptungen nicht unwiderlegt in die Welt gehen zu lasten. Zunächst betonte er, daß politische Motive bei Ausarbeitung des Entwurfs vollständig ausgc schaltet waren. Diese sollen auch weiter gänzlich beiseite bleiben. Dem Ver langen eines Redners auf Beseitigung der Knappschaftskassen bürsten die Bergleute, die wohl kaum hier zu Worte kommen werden, keineswegs zustimmen. - Es ist ferner auch über die Bevor zugung der Unternehmer geklagt worden. In dieser Be ziehung wird, soweit die Klage begründet ist, Abhilfe geschehen. Jedenfalls liegt ein Grund zu einem Mißtrauen gegen die Regierung in keiner Weise vor. Der Hinweis, daß die Sozialdemokratie bemüht ist, Einfluß in die Verwaltung der Krankenkassen zu gewinnen, ist als nicht weafzuleugnende Tatsache in lediglich referieren der Weise in der Begründung erwähnt worden. Es ist gesagt worden: Das größte Hindernis in der Entwickelung drr Krankenkassen bildet die Landcszentralbehördc. lRuse: Sehr richtig!) Nein, meine Herren, das ist vollständig falsch. Die Landeszentralbehörde hat im Gegenteil alles getan, was der Entwickelung förderlich sein konnte. (Widerspruch.) Das können Sie unmöglich widerlegen. Es ist ferner geklagt worden, daß die Ar beiter in der Unfallversicherung nicht gleiche Rechte haben. Es wird dafür gesorgt werden, daß auch in dieser Beziehung eine Besserung eintritt. In dem Entwurf ist bereits vorgesehen, daß bei der Recht sprechung im verwaltungsrechtlichen Streitverfahren Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichmäßig als Beisitzer teilnehmen. Es sollen außerdem Aerzte und andere Sachkundige als Sachverständige gehört werden. Die Selbstverwaltung der Krankenkassen soll nicht nur nicht beschränkt, sondern im Gegenteil erweitert wer den. (Beifall.) Allerdings ist auch den Arbeitgebern ein Platz einzu räumen. Jedenfalls kann von einer Schmälerung der Rechte der Ver sicherten keine Rede sein. Die Verhandlung hat sehr reichhaltiges Material geliefert, das die Regierung bei dem Entwurf gern in Er- Wägung ziehen wird. (Teilweite lebhaftes Bravo.) Danach wurde die Verhandlung gegen 4sch Uhr nachmittags auf Dienstag, vormittags 9 Uhr, vertagt. 8. u. H. Berlin, 18. Mai. Zu Beginn der heutigen Verhandlung verwahrte sich zunächst Fraß dorfs (Leipzig) gegen die gestrige Behauptung des Regierungsvcrtreters, baß die Or t s kr a n k en ka s s en auf dem Kongreß lediglichdurch Arbeitnehmer vertreten seien: eS seien auch Arbeitgeber von den Krankenkassen delegiert worden. Das Bureau hat festgestellt, daß 117 Betriebskrankenkassen, 88 JnnungSkassen, 175 freie Hilfskassen, 634 Orts krankenkassen auf dem Kongreß vertreten sind. Es sind anwesend 184 Arbeitgeber, 792 Arbeitnehmer und 420 Beamte, die insgesamt sieben Millionen versicherte Personen vertreten. Der Vertreter der Kruppschen Betriebskrankenkasse Koma (Essen- Ruhr), der 33 000 Mitalieder angehören, betont, daß die Kruppsche Be- triebskasse auf dem Boden des Kongresses stehe. Frl. Anna Stein von der Ortskrankenkasse für weibliche Angestellte (Berlin) kommt ausführlich auf die Mutterschaftsversicherung zurück und erwähnt, daß eS gegenwärtig 300 000 verheiratete arbeitende Frauen gebe, die in dem Entwürfe für Mutterschaftsversicherung nicht in dem gewünschten Maße berücksichtigt worden sind. — Skalier (Berlin) spricht über das Verhältnis der Arbeitgeber zu den Kassen und behauptet, daß prinzipielle Beschlüsse gegen den Willen der Arbeitgeber nicht ge faßt werden. Franz Peter (Rathenow) wendet sich g e g e n das Verlangen, die Betriebskassen überhaupt aufzuheben. Er behauptet unter großer Unruhe der Versammlung, daß Führer der Sozialdemokratie in der Verwaltung der Krankenkassen sitzen. Sämtliche Redner zu dem Thema haben in der Versammlung eine Reihe von Leitsätzen vor- gelegt, die einer Kommission überwiesen werden. Zn dem nächsten Punkt der Tagesordnung Unfallversicherung und Jnstanzenzug, referiert zunächst Gustav Bauer (Berlin) an der Hand folgender Leit sätze: „Auf dem Gebiete der Unfallversicherung bringt der Kranken- kassengesetzentwurf außer einer unzureichenden Ausdehnung der Versicherungspflicht nur Verschlechterungen des bisherigen Rechtszustandes für die Versicherten. Die Gestaltung des Rechtsweges, dre Bestimmungen über oen Begriff der Erwerbsunfähig keit, die Festsetzung der Renten bis zu 20 Prozent auf Zeit, die Berech nung des Jahresarbertsverdienstes, das Ruhen der Rente und die Ab findung bedingen eine so wesentliche Schlechterstellung der Versicherten, daß sie als vollkommen unannehmbar bezeichnet werden muß. Der Kon greß protestiert gegen jede Verschlechterung der unzureichenden Rechte der Versicherten, insbesondere gegen das in dem Entwurf zum Ausdruck kommende Streben, die Entschädigung für Erwerbsfähigkeits einbuße in eine Entschädigung für Erwerbseinbuße umzugestalten und die Verletzten unter das Ausnahmerecht des Arbeitszwanges zu stellen. Der Kongreß ist der Meinung, daß die Neuregelung der Unfallversiche- rung nicht Einschränkung, sondern Erweiterung der Leistungen bringen soll. Der Kongreß fordert insbesondere: Beteiligung der Ver- sicherten an der V e r w a l t u n g der Berufsgenossenschasten, Ueber- tragung der R e n t e n f e st s e tz u n g an eine unparteiische Stelle unter paritätischer Beteiligung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Aufrecht erhaltung der Rekursinstanz. Rentengewährung für alle durch die Be- triebstätlgkcit hervorgerufenen Gesundheitsschädigungen (Gewerbekrank- beiten) und alle Betriebsunfälle, auch der auf dem Wege zu und von der Arbeit sich ereignenden. Die Entschädigungspflicht der Äerufsgenofsen- schaft hat mit dem Tage des Unfalls zu beginnen. Der Rentenberechnung ist der von dem Verletzten erzielte Jahresarbeitsverdienst in voller Höhe zugrunde zu legen. Die für die Dauer der gänzlichen Erwerbsunfähig, kcit zu gewährende Rente (Vollrente) ist von zwei Drittel auf drei Viertel des Jahresarbeitsverdienstes, die Witwen-, Waisen- und Aszendenten renten von 20 auf 25 Proz. und der Höchstbetrag der an die Hinter bliebenen zu gewährenden Rente auf drei Viertel des Jahresarbeitsver- dienstes zu erhöhen. Da die Bestimmungen des Entwurfes den vorstehenden Grundsätzen in keiner Weise entsprechen, ersucht der Kongreß die gesetzgebenden Körperschaften, dem Entwurf eine Fassung im Sinne dieser Forderung zu geben. Der Korreferent Gustav Hartmann (Berlin) legte u. a. folgende Leitsätze vor: Für die Seeunfallversicherung und die land- bzw. forstwirtschaftliche Unfallversicherung ist im gleichen Maße wie für die Gewerbcunsallversicherung festzulcgen, daß vom Beginn der 5. Woche ab der Unfallzuschuß bis zu zwei Drittel des Lohnes zu leisten ist. Auf die Gewährung dieses Zuschusses darf der Bezug von Krankengeld, das die versicherte Person als Mitglied einer Ersatz, oder Znsahkasse aus solcher bezieht, keine Einwirkung haben. Für die gesamte Unfallversicherung ist der Jahresarbeitsverdienst über 1500 voll rn Anrechnung zu bringen und nicht nur mit einem Drittel. Den Gewerbeaufsichtsbeamten, deren Zahl entsprechend erhöht werden muß, sind zur Durchführung geeigneter Unfallverhütungsemrichtungen größere Vollmachten zu geben, die aber erst dann von wesentlicher Wirkung sein werden, wenn bei Kontrolle dieser Einrichtungen geeignete Personen aus dem Kreis der Versicherten herangezogcn werden. Dies muß durch Arbeiterkontrolleure im Bergbau, auf Bauten aller Art und bei allen anderen Betriebsarten durch Arbeiterassistenten, die den Gc- Werbeaufsichtsbeamten beigegeben werden, geschehen." Die Leitsätze beider Referenten gelangten einstimmig zur Annahme. Darauf wurden die Verhandlungen gegen 144 Uhr nachmittags auf morgen vormittag 9 Uhr vertagt. Gerrchtssaal. ASnigliche» Schwurgericht. j: Leipzig, 19. Mai. Meineid, betrügerischer Bankerott vnd Beihilfe zum betrügerischen Bankerott. (Fortsetzung.) Tie heutige Verhandlung begann mit einem energischen Hinweise des Vorsitzenden, daß zum Nachtchreibcu der Verhandlungen nur die Vertreter der Presse das Recht hätten. Sollte, wie am ersten Tage geschehen, cs wieder Vorkommen, daß im Zuschauerraume Notizen ge- macht werden, dann würde der Gerichtshof sich darüber schlüssig zu machen haben, ob nicht für die Folge der Zuhörerraum für das Publikum zu sperren sei. Tenn cs liegt der Verdacht nahe, daß diejenigen, die sich Notizen machen, dieselben zu unlauteren, dem ordentlichen Gange der Verhandlung znwiderlaufenden Zwecken zu verwenden beabsichtige. Tie Bekanntschaft -wischen Sielaff und seinem Mitanaälagten Thiele hat sich aus dem Umstande entwickelt, daß Thiele in Bitterfeld Vertreter der Versicherungsgesellschaft war, bei der Sielaff als Reisender angestellt war. Nach Thieles Vernehmung, der ebenfalls bestreitet, sich irgendwie schuldig gemacht zu haben, kamen die Vermögensverhältnisse zur Sprache, in denem sich Sielaff in den Jahren von 1900 bis 1906 befunden hat. Der Staatsanwalt Tr. Lange stellte den Antrag, das Tisziplinarnrteil des preußischen Oberverwaltungsaerichts zur Ver- lesnng zu bringen, durch das Sielaff aus seinem Amte als Bürger meister von Dassel im Jahre 1900 entlassen worden ist: in diesem Ur. teil seien ihm Tienstwidrigkeiten zum Vorwurf gemacht worden. Rechts- anwalt Dr. Landmann widersprach diesem Anträge- Das Urteil sei nicht ein Erkenntnis einer Strafkammer, eines Schwurgerichts oder eines Schöffengerichts, sondern von einer Disziplinarbehörde erlassen worden und dürfe also in dieser Verhandlung nicht zur Verlesung ge bracht werden, um so weniger, als das Verfahren ein geheimes gewesen sei. Die von Sielaff benannten Zeugen seien nicht abgehört, sondern von vornherein abgelehnt worden. Der Angeklagte Sielaff selbst schloß sich den Einwendungen seines Verteidigers an. cs sei denn, daß"zu der Sache hier an Gerichtsstellc als Zeugen der Brauereibesitzer Finck, der Stadtwachtmeister Kaiser und die Senatoren Heinemann nnd Petzold aus Dassel vernommen würden. Tas hielt der Staatsanwalt nicht für zulässig, denn das Tisziplinarurteil sei formell und materiell rechts kräftig geworden. Der Gerichtshof behielt sich einen Beschluß über den Antrag des Staatsanwalts vor. Die Zeugenvernehmung. Als erster Zeuge wurde der Generaldirektor Edelmann von der Versicherungsgesellschaft „Iduna" in Halle a. S. vernommen, der sich über die Lebensführung, das Vorleben und andere persönlichen Ver hältnisse Sielaffs auszulassen hatte. Er hat von ihm nichts Nach? tciliges erfahren, daß Sielaff in den Jahren 1900 bis 1903, als er 'bei der „Iduna'' angestellt war, ein Liebesverhältnis mit einem Mädchen unterhalten hat, trotzdem er verheiratet war, hat der Zeuge erst nach träglich gehört. Als Beamter ist Sielaff stets zuverlässig, fleißig und arbeitsam gewesen. Er bekam 1500 .<l festes Gehalt, 10 K Tages spesen und Provisionen. Die pekuniären Verhältnisse Sielaffs scheinen in einem recht pre kären Zustande gewesen zu sein. Die Kosten des Disziplinarverfahrens sind als nicht beizutrcibcn niedergeschlagen worden, wovon Sielaff allerdings keine Ahnung haben will. Seit 1901 hörten die Pfändungen bei Sielaff eigentlich gar nicht auf, er hat den Offenbarungseid ge leistet und sich dann, wenn er wieder geladen wurde, darauf berufen, daß er innerhalb der gesetzlichen Frist von fünf Jahren zur erneuten Ableistung des Manifestationseides nicht gezwungen werden könne. Auch die Kosten der Scheidung von seiner ersten Frau ist der Angeklagte schuldig geblieben: sie haben nicht einaetrieben werden können. Sielaff führte seine Rechtfertigungsversuche In einer ungemein weitschweifigen Art und Weise. Auf sehr viele Dinge, die ihm offenbar unangenehm sind, weiß er sich nicht mehr zu besinnen. Zu dem ersten Punkte der An klage, Beiseiteschaffung von Vermögensstücken und Scheinzessionen, werden eine Anzahl Zeugen vernommen, darunter die frübere Geliebte des Angeklagten Sielaff und auch seine zweite Frau. (Die Verhand lung wurde hierauf aus Freitag vertagt.) rrSnigttche» SchSffengericht. : Leipzig, 19. Mai. Sehr unheilvolle Folgen für mehrere Zeugen kann eine Ver- Handlung haben, die gegen den Pferdemakler Eduard Bernhardt aus Lindenau geführt wurde. Der Angeklagte war beschuldigt, ein von einem Kohlenhändler D. gekauftes Pferd in den Hintcrschenkel gestochen zu baben, nnd zwar aus Aerger darüber, daß er bei dem Handel keine Maklergebühr hatte bekommen können, da man seine Vermittlung nicht gebraucht hatte. In der Tat hatte das Tier eine so schwere Verletzung am Schenkel an der inneren Seite, daß es hat getötet werden müssen. Die Auslagen der zu der schöffengerichtlichen Verhandlung geladenen Zeugen gingen so sehr auseinander, daß der Vorsitzende sie wörtlich protokollieren ließ, weil hier unter allen Umständen falschgeschworene Aussagen vorliegen müßten. Die Sache wird auf die Berufung des Staatsanwalts hin jedenfalls noch das Landgericht als zweite Instanz beschäftigen. Vermischter. Das jüngste Kronprinzenpaar. Eine eigenartige Hochzeit ist jetzt mit großer Feierlichkeit in Addis Slüeba gefeiert worden: Prinz Johann, der Enkel Meneliks und Thronerbe Abessiniens, bat der Prinzessin Ro- manie, der Enkelin deö verstorbenen Kaisers Johann und Nichte der Kaiserin Tai-Tu, die Hand zum Chedunde gereicht. Die beiden KönigS- kinder waren schon zwei Jahre lang verlobt; heute sind sie das jüngste Kronprinzenpaar der Welt, denn Prinz Johann, der glückliche Gatte, hat kürzlich das dreizehnte Lebensjahr erreicht und seine jungen Gemahlin ist setzt sieben Jckhre alt. Eine schwere Gasexplosion wird au» Berlin berichtet: Der Dirigent und vier Arbeiter der Charlottenburger Gasanstalt waren gestern früh mit der Nachprüfung einer im Maschinenraum zu- tage getretenen Unregelmäßigkeit beschäftigt, al» plötzlich au» noch nicht aufgeklärter Ursache eine Explosion erfolgte. Alle fünf Anwesenden mußten schwerverletzt in» Krankenhaus geschafft werden, doch be steht nach Aussage de» Arzte« bei keinem unmittelbare Lebensgefahr. — Nach weiteren Berliner Meldungen wurde der schwere Unfall in der Charlottenburger Gasanstalt nicht durch die Explosion, sondern durch Platzen eine» Dampfrohre» veranlaßt. Da» Dach und da» Mauerwerk de» Maschiueahause» stad eiugestürzt. Die Verunglückten mußten unter den Trümmern hervocgezogen werden. Die im Maschinen bau» befindlichen Brtrieb-anlagen sind vernichtet. Außer den fünf be reits erwähnten Personen ist noch eia Telephonist verletzt. Tie Diamanten »er Pawlowa. Au» Berlin meldet eine Depesche: Anna Pawlowa, die russische Prima Ballerina, wird von heute ab nicht nur bewundert, sondern auch bedauert werden müssen. Die Künst lerin hat vorgestern abend einen schweren Verlust erlitten, als^sie vom Neuen Königlichen Opernhause nach dem Zeatralholel fuhr. Sie legte eine graue Ledertasche, die außer anderen Sachen auch ein kleines Körbchen mit ihre» Brillanten und sonstigen Schmucksacheu enthielt, auf den Vordersitz der Droschke und ließ sie dort liegen, al» sie am Hotel ausstieg. Erst, als sie sich schon im Hause befand, merkte sie ihren Verlust. Der Kutscher war unterdessen schon weggefahren. Er war bisher nicht zu ermitteln und hat seinen Fund auch noch nicht ab geliefert. Die Künstlerin beziffert ihren Schaben auf 100 000 — Ein zweites Telegramm meldet hierzu beruhigend: Tie Brillanten der Prima Ballerina Pawlowa sind von dem Kutscher auf dem Polizei- Präsidium deponiert und der Pawlowa wieder zugestellt worden. Tie Genickstarre. Aus Breslau meldet uns ein Privat telegramm unseres Korrespondenten: Die Erkrankungen und Todes fälle an Genickstarre haben einen großen Umfang angenommen. Nach amtlicher Mitteilung erkrankten im April in Preußen 190 Per sonen an Genickstarre, 73 starben daran. Tas Rätsel des Luitballons. Aus Lübeck wird gemeldet: Auf dem Gute Wensin ist gestern ein geplatzter Ballon mit anhängen dem Trapez niedergegangen. Der Lusischiffer ist wahrscheinlich im Sturm verunglückt, lieber die Herkunft des Ballons konnte nichts ermitteli werden. Trama eines Ehepaares. Aus Klagenfurt wird gemeldet: Die OberlehrerSsrau Samonizy erschoß ihren im Bett schlafenden Mann und verwundete sich dann selbst durch mehrere Schöffe lebens gefährlich. Tte Ursache des Eisenbahnunglücks bei Hrrlishcim ist noch immer nicht bekannt. Wie der „Franks. Ztg." aus dem Elsaß gemeldet wird, erzählt man sich dort, daß das Unglück dadurch geschehen lei, daß eine Dynamitpatrone, die aus dem Bergwerk stammt, in die Kohlen geraten wäre und dort explodierte. Eine fatale Verwechselung. Aus Brünn wird geschrieben: In der Beobachtungsabteilung der Landeskrankenanstalt ereignete sich folgen der Vorfall: Ein Landwirt aus BlanSlo und dessen Gattin brachten ihren geistesgestörten Sohn in die Anstalt, damit er auf Grund eines ärztlichen ParereS in Pflege genommen werde. Nachdem das ärztlickc Attest in der Anstaliötanzlei abgegeben worden war, warteten die drei Personen in der Vorhalle. Es erschien hierauf ein Anstaltödiener, der den Namen des Landwirtes ausrief. Dieser meldete sich und wurde von einem Diener in einen Raum geführt, wo ihm bedeutet wurde, er möge leine Kleider ablegen. Diesem Auftrage weigerte sich der alte Mann zu entsprechen und fragte nach derUrlache. Der Diener antwortete ibm, daß er sich wegen leiner körperlichen Untersuchung zu entkleiden habe. Gleich darauf erschien ein neuer Diener und der Fremde wurde ent kleidet, mit Anstaltskleidern versehen, und trotz seiner Erklärung, daß er normal und gesund sei, in ein Zimmer gebracht, wo ihm ein Bett als Lager angewiesen wurde. Als er dagegen protestierte, erklärten ihm die Diener, daß sich fast alle Kranken widersetzen, ec müsse sich in sein Schicksal fügen, widrigenfalls andere Maßnahmen ergriffen werden würden. Dem alten Manne blieb daher nichts anderes übrig, als sich vorläufig zu fügen und zu warten. Mittlerweile wartete seine Gattin mit ihrem geistesgestörten Sohne noch immer in der Vorhalle nnd war wegen des langen Verweilens sehr ungeduldig. Endlich kam cm Arzt, der den neuen Patienten ausznfragen begann und da wurde der Irrtum festgestellt. Der vermutliche Patient wurde sosort in Freiheit gesetzt, dafür aber sein geisteskranker Sohn übernommen. Tie Affäre Stetnhetl. Die Angelegenheit Steinheil will nicht zu Ende kommen. Wie das „Berl. Tagebl." aus Paris meldet, haben die Bekundungen des in Versailles verhafteten Allaire die Antlage- kammer unter dem Präsidium des Richters Grenier veranlaßt, entgegen dem Antrag des Staatsanwaltes noch eine ergänzende Unter suchung anzuordnen. Das Gericht in Versailles steht den Auslagen Allaires sehr skeptisch gegenüber. Er ist Alkoholiker und scheinbar nicht ganz zurechnungsfähig. Die angebliche Geliebte des verschwundenen Tardiven, ein Märchen von üblem Ruf, Marie Witzer, sollte nach Mitteilung eines Boulevard blattes heimlich beiseite geschafft sein. Da unter diesem Mädchen der geheimnisvolle Rotkopf vermutet wurde, von dem Frau Steinheil erzählte, schien diese Tatsache cmige Bedeutung zu haben. Leider ist sie nicht wahr: Marie Witzer, genannt La Rouquine, war überhaupt nicht verschwunden und ist wiederholt vernommen worden. Sie hak' ausgesagt, daß sie die Erzählungen Allaires für Lügen halte und nie von ihm ein Wort über den Fall Steinheil vernommen habe. Ihre Angaben waren so präzis, daß sie auf freiem Fuß gelassen wurde. Zu der Feuersbrunst in Lille, über die wir gestern berichtet haben, wird aus Lille weiter gemeldet: Das letzte Gebäude der auf dem Boulevard Lrbertb in Brand geratenen Alkohol- und Getreide lager, das bisher vom Feuer verichont geblieben war, ist gleichfalls vom Feuer ergriffen worden. Es wird mehrere Tage dauern, bis das Feuer bewältigt sein wird. Mehrere Werke werden infolge der Feuersbrunst gezwungen sein, zu feiern. Der Schaden wird ans sieben Millionen Franken geschätzt. Ein Arbeiter wird vermißt. Ein gemütlicher Posten. Von Leopold I., König der Belgier, erzählt ein französisches Blatt eine amüsante kleine Anekdote. Der König ver- läßt den Palast und sieht an der Schloßtür den Wachtposten, der gemüt lich ein Stück Pflaumenkuchen verzehrt. „Woher stammst du, mein Freund?" fragt der König. Der wackere Kriegsmann sieht den König von der Seite an: „Sind Sie aber neugierig!" Schließlich gibt er dem Fragenden Auskunft und erkundigt sich auch nun seinerseits: „Und Sie, was sind Sie denn eigentlich. Wahrscheinlich Offizier?" „Jawohl." „Verabschiedet?" „Pensioniert; aber raten Sie, mit welchem Rang." „Hauptmann?" „Nein, höher." „Major?" „Nein." „Oberst?" „Nein." „General?" „Nein, noch Höher." „Dann sind Sie wohl vielleicht der König selbst?" „Ja." „Ach, dann halten Sie mir mal bitte meinen Kuchen, damit ich vor Ihnen präsentieren kann . . ." Der Schohdetektiv. „Wie man Hoteldiebe sängt", darüber berichtet ein Leser in den „M. N. N.". In der Saison 1907 kamen in einem erstklassigen, fast nur von reichen Amerikanern besuchten Hotel an den Nilfällen sowohl nachts, meistens jedoch in den Vormittagsstunden, ganz raffinierte Diebstähle vor. Es gelang nicht, die Spitzbuben zu fassen, bis ein im Hotel einguartierter gewiegter englischer Detektiv (nebenbei sei gesagt, ein geborener Berliner) auf eine eigentlich sehr einfache Methode verfiel. Ter Polizist setzte sich mit dem Schuhputzer des Hotels in Verbindung und, von dem kriminalistisch sehr bedeutsamen Grundsätze ausgehend, daß die Kleidung des Menschen für dessen Be urteilung wertvolle Anhaltspunkte bietet, musterte er das Schuhwcrk sämtlicher Gäste aufs genaueste, und es war verblüffend, wie sicher er infolge langer Beobachtung die treffendsten Schlüsse auf die Besitzer der Schuhe zog. Von den ihm „verdächtig" erscheinenden Schuhen stellte er ein Sortiment zusammen, und dabei war es besonders ein Paar mit breiten Sohlen, die am äußeren Rande und an den Spitzen etwas ab genutzt, sonst aber so gut wie neu waren, die seinen Verdacht erregten. Auf die einzelnen Stiefel des „Verdächtigen" wurde nun, wie ühlich, mittels Kreide die Zimmernummcr des Gastes ausgeschrieben, und das besonders verdächtige Paar Schuhe mit der Zimmernummer 8 durch Auftropfen von ein wenig Kreosot ertra gekennzeichnet. Tie Prozedur wiederholte der Detektiv eine Woche hindurch, und eines Morgens war wiederum aus einem unverschlossenen Hotelzimmer eine Brieftasche mit 30 000 Franken verschwunden. Der Hotelgast hatte nur einen Augen blick sein Zimmer verlassen und sofort den Verlust bemerkt. Tas Hotel wurde sogleich gesperrt, und in kaum zehn Minuten war der Dieb ge faßt; eS war richtig der Inhaber der gekennzeichneten Stiefel, die auf dem Teppich im Zimmer des Bestohlenen nicht nur leise verwischt die angekreidste 8 hinterlassen hatten, sondern auch den charakteristischen Geruch des Kreosots. Bei dem Gauner fand man die Brieftasche und konnte ihm noch eine Reihe der früheren Diebstähle nachweifen. Terrakotten. In der „Zeit" veröffentlicht Otto Brechler (Prag) folgende Verse: Viele kleine gelbliche Gestalten. Frauchen Griechenlands im Straßcnklcid. Oder sitzend. Sanft gelegte Falten. Um den Mund ein Flug von Eitelkeit. Reihen. Ungezählte Frauenköpfchen. Augen, welche groß ins Leben seh n. Sonderbar gewund'ne Strähnenzöpfchcn, Die verliebt bis in den Nacken geh n. Lange Reihen. Dann die Götterweiblein. Von den Schultern schlüpfte das Gewand, Und die Blöße ewig lunger Leiblein Schützt in Anmut eine schmale Hand. .Püpplein, sagst du?" Ernsthaft blickt der Meister. „Wenig meinst du und eröffnest viel. Tausend kleine, zarte Jrauengeister, Schön, unsagbar schön. Und doch ein Spiel."
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)