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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und Umgegenden : 18.01.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-01-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782021922-189601184
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782021922-18960118
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782021922-18960118
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn ...
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Jahr
1896
-
Monat
1896-01
- Tag 1896-01-18
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Monat
1896-01
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Jahr
1896
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Die diesjährigen Kaisermanöver werden sich in ein^ historischen Gebiete abspielen, nämlich zwischen Bautzen u"b Görlitz, und voraussichtlich recht hohe Ansorderungen stellen- Auf der einen Seite werden bekanntlich das 5. und 6. Corps unter dem Befehl des Grafen Waldersee, auf der anderen das 12. Corps (sächsische), welches bekanntlich drei Divisionen zählt, und die 8. Division des 4. Korps unter Befehl des Prinzen Georg von Sachsen stehen. Für jede Armee werden nach der „Kölnischen Zeitung" was 1895 aus bestimmten Gründen unterblieben war, Armeestäbe gebildet, in deren Händen auch die Leitung verbleibt. Es verlautet, dieser Wunsch sei vom Kaiser besonders betont worden. Viel Besuch von hohen Fürst lichkeiten ist in diesem Jahre nicht zu erwarten, umso mehr kann das Kriegemäße der Uebungen in sein Recht treten. Der Wunsch hat sich hierbei geltend gemacht, daß die sogenannten Manöoer- festlichkeiten, wo sie nicht ganz zu vermeiden sind, möglichst vor dem Beginn der Uebungen ihr Ende erreichen, so daß die Uebungen selbst von den lästigen Fesseln in Bezug auf die Ein haltung bestimmter, im voraus festgesetzter Zeiten befreit und damit die großen Unnatürlichkeiten vermieden werden, welche bis her mehr oder weniger regelmäßig eintraten. Die in der vorigen Reichstagssesston unerledigt gebliebene Novelle zu den Reichsjustizgesetzen ist bekanntlich in der gegen wärtigen Session wieder vorgelegt uud vom Hause am Montag und Dienstag zum ersten Male erörtert worden. Die jetzige Vorlage stimmt mit ihrer Vorgängerin in den wesentlichsten Punkten überein, vor Allem erhält sie wiederum als wichtigste Abänderungen der bestehenden Reichsjustizgesetzgebung die Ein führung der Berufung gegen die erstinstanzlichen Erkenntnisse der Strafkammern, die Entschädigung unschuldig Verurtheilter, die Wiederherstellung des Nacheides und die Erweiterung der Zuständigkeit der Schöffengerichte. Außerdem hat die neue Regierung verschiedenen Wünschen der vorjährigen Justizkom mission des Reichstages Rechnung getragen, dafür sind freilich in einer ganzen Reihe anderer Punkte die Beschlüsse der Justiz kommission regierungsseitig unberücksichtigt geblieben. Jedenfalls kann man es aber nur mit Genugthuung begrüßen, daß die Regierung die Justiznovelle wiederum eingebracht hat, da letztere namentlich durch die rechtliche Anerkennung der Entschädigung unschuldig Verurtheilter von staatswegen und weiter durch die Wiedereinführung der Berufung in Strafsachen endlich Wünschen auf dem Gebiete der Rechtspflege entgegenkommt, die sich schon seit Jahren immer dringender aus weiten Volkskreisen erhoben haben. In der Generaldebatte über die neue Justiznovelle ist fast allseitig das Verlangen zu Tage getreten, daß in der laufen den Session die angestrebten Reformen in der Justizgesetzgebung nunmehr zu Stande kommen möchten, und so steht wohl zu hoffen, daß die Vorlage in dieser Tagung endlich zur Verab- scheidung gelangt. Freilich ist nicht zu verkennen, daß die oor- geschlagenen Abänderungen und Verbesserung der Gerichtsver fassung und der Strafprozeßordnung noch keineswegs eine or ganische Reform des Reichsjustizwesens bedeuten. Man braucht sich dabei keineswegs dem scharfabfälligen Uctheile hervorragender deutscher Juristen über die Novelle zu den Justizgesetzen, wie z. B. Karl Binding's anzuschließen, der die ganze Vorlage als einen Versuch charakterisirt hat, unsere Strafpraxis im neuen Reiche in den Anfang der fünfziger Jahre zurückzuwerfen, das heißt denn doch über das Ziel hinausgeschossen. Aber aller dings stellt von unseren großen Justizgesetzen die Strafprozeß ordnung den am wenigsten, harmonisch durchgebildeten Bau dar, der eigentlich nur infolge theilweise recht widerspruchsvoller Kom promisse zu Stande gekommen ist. An dem ziemlich bunt scheckigen Bilde unseres strafprozessualen Rechtsganges ändert auch der vorgelegte Justizgesetzentwurf noch nicht allzuviel, es ist immer nur Stück- und Flickwerk, was er bedeutet, von einem wirklich organischen Reformwerk ist er noch immer mehr oder weniger entfernt. Aber trotzdem kann man immerhin mit Befriedigung aufnchmen, was die Justiznovelle jetzt bringt, sie spricht eben vor Allem mit der Berufung in Strafsachen und der Entschädigung unschuldig Verurtheilter Reformen aus, die sich ohne eine schwere Schädigung des allgemeinen Rechtsbewußt seins in der Tyat nicht länger zurückstellen lassen. Einiger maßen bedauerlich bleibt es freilich, daß die Regierungsvorlage auch gegenwärtig mit allerhand minder wichtigen und minder dringlichem Beiwerk bepackt ist, aber hoffentlich wird dasselbe die Verständigung zwischen Regierung und Reichstag über die hervorragendsten Punkte der erstrebten Reform nicht wieder so aufhalten und schließlich das Zustandekommen der Vorlage ver hindern, wie in der vorigen Session. Es ist ja die ganze Materie schon damals im Reichstage genügend durchberathm worden, jetzt kann man sich nun um so kürzer fassen und steht namentlich zu erwarten, daß die Commission für die umge arbeitete Justiznovelle mit ihren Arbeiten nicht allzuviel Zeit gebraucht. Die Budgetkommission des Reichstages erledigte in ihrer Dienstagssttzung den größten Theil des Etats der Reichs- Post- und Telegraphenverwaltung, die Commission für die Novelle zum Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaftsgesetze begann am Dienstag ihre Arbeiten, während die Börsencommission am Donnerstag zusammentrat. Die Thronrede, mit welcher am Mittwoch die neue Session des preußischen Landtages eröffnet worden ist, weist in ihrem Eingänge auf die wesentlich günstigere Gestaltung der preußischen Staatsfinanzen im laufenden wie im abgeschlossenen Rechnungsjahre hin, wozu namentlich die höheren Erträgnisse der Staatsbahnen beigetragen hätten. Ebenso betont die Rede den Wiederaufschwung des gewerblichen Lebens. Außer dem Etat kündigt die Thronrede dann noch neue Eisenbahn-Vorlagen, die Lchrerbesoldungs-Vorlage, die Novelle zum Lehrerpensions gesetz, einen Gesetzentwurf über die Organisation der Handels kammern für das ganze Land, den schon im vorigen Jahre sig- nalisirt gewesenen Gesetzentwurf über das Anerbcnrecht bei Renten- und Anstedelungsgütcrn, sowie eine Vorlage, betr. die finanzielle Unterstützung der genossenschaftlichen Errichtung von Kornhäusern (Silos) an. Ueberhaupt will die Staatsregierung, wie die Thronrede erklärt, auch fernerhin alle Mittel in An wendung bringen, die zur Besserung der bedrängten Lage der einheimischen Landwirthschaft als geeignet scheinen. Am Schluffe gedenkt die vom Staatssekretär Dr. v. Bötticher verlesene Rede der bevorstehenden 25jährigen Wiederkehr des Tages der Neu begründung des Reiches und schließt in Hinblick hierauf mit den Worten: „Möge die Erinnerung an jene große Zeit auch für uns eine ernste Mahnung sein zu einträchtigem Zusammen wirken in fruchtbringender vaterländischer Arbeit!" Die Bestrebungen, den. provisorischen Zustand in Bayern zu beseitigen, sind jetzt von ultramontaner Seite aus genommen worden. Nach einer Meldung der „Germ." besprach der Reichstags- und Landtagsabgeordnete Professor Schädler am Sonntag in Ingolstadt in öffentlicher Versammlung die Be seitigung des bayrischen Provisoriums. Er wünscht einen König an der Spitze der Regierung im Hinblick auf Bayerns Be deutung und den monarchischen Gedanken. Die Rede fand jubelnde Zustimmung. Trotzdem wird sich die bayrische Re gierung zu einem entsprechenden Vorgehen für die nächste Zeit kaum entschließen. London, 15. Januar. Einer Meldung aus Ramsgate zufolge ist der spanische Dampfer „Cisgar" infolge eines Zu sammenstoßes mit dem Bremer Schiffe „Nerens" in der Nähe des Galloper Leuchtschiffes bei Nebel untergegangen. Von der Besatzung des „Cisgar" sind 19 Personen ertrunken. Der Kapitän, der Steuermann und ein Passagier wurden gerettet und vom „Nerens" ausgenommen. Die Ungarn treffen die einleitenden Vorbereitungen für die Feier des tausendjährigen Bestehens ihres Staates. U. A. hielt am Dienstag der große Ausschuß der Jubiläums-Aus stellung in Pest eine Sitzung ab. In derselben wurde der Antrag berathen, die sämmtlichen Bürgermeister der europäischen Haupt- und Großstädte zur ungarischen Milleniumsfeier ein zuladen, und zwar für die Zeit des Huldigungsfestzuges vor Kaiser Franz Josef. Vaterländisches. Wilsdruff, 15. Januar. Gestern Nachmittag 4 Uhr hielt der landwirthschaftliche Verein für Wilsdruff im Saale des Hotels zum Adler unter Vorsitz des Herrn Ritter gutsbesitzers Andrä-Limbach-Wilsdruff-Braunsdorf seine erste diesjährige gutbesuchte Versammlung ab. 'Zt5 wurde die Sitzung eröffnet und war zunächst eine Entschuldigung des Ritterguts besitzers Kluge-Steinbach wegen Krankheit eingegangen, der einen Vortrag „über das Knochenmehl im Lichte der jetzigen An schauung" übernommen hatte. Zunächst wurde das Protokoll letzter Sitzung verlesen. Bezüglich der Arbeiterprämiirung bittet der Vorstand um weitere Anmeldung würdiger Dienstboten. Gegen die Hartschaligkeit der Kleesamen hat zur Erreichung besserer Keimfähigkeit der Schwede Swoalöf einen Präparator für hartschalige Kleesamen konstruirt, der zu empfehlen ist. Aus geschieden, theils durch Verzug, sind 5 Mitglieder, ausgenommen wurden 4 Herren in den Verein. Kantor Kranz-Grumbach erstattete hierauf als Schriftführer den Jahresbericht. Die Mitgliederzahl ist von 170 im Vorjahre aus 162 zurückge gangen. Alsdann hält der Vorsitzende einen Rückblick auf das Wirthschaftsjahr 1895. Allgemein war das Jahr besser als das Vorjahr. Die Ernte war im Durchschnitt gut, nur laborirt die Landwirthschaft heute noch an zu niederen Getreidepreisen. Die Preise für die landwirthschaftlichen Erzeugnisse als Butter, Fleisch rc. waren gut. Die künstlichen Düngemittel waren nicht zu theuer, ebenso die Futtermittel außer Roggenkleie. Der Kassenbericht des Kasstrers Gerl ach-Sachsdorf ergab eine Einnahme von 2341 M. 53 Pf. und eine Ausgabe von 455 M. 41 Pf., mithin bleibt ein Kaffenbsstand von 1886 M. 12 Pf. Die Rechnung von Risse-Klipphausen und Uibri g-Wilsdruff geprüft, wird für richtig befunden und dem Kassirer der Dank der Versammlung. In den Vorstand werden einstimmig wiedergewählt: Vorsitz Andrä-Limbach, Kassirer Gerlach-Sachsdorf, Schriftführer Kranz-Grumbach, Archivar Thomas-Wilsdruff; neugewählt werden: stellvertr. Vors. Risse-Klipphausen, stellvertr. Schriftführer Hientzsch- Wilsdruff. Weiter meldet das Gestndevermittelungsbureau von Heine, daß sich 106 landwirthschaftliche Arbeiter meldeten, wovon 68 verdingt wurden, wovon 14 weiblich waren. Als dann spricht der Vorsitzende über Kalkuntersuchungen von Bodenproben der Wilsdruffer Gegend, spricht kurz über das Knochenmehl und die Wirksamkeit einiger Kraftfuttermittel auf die Milchsekretire. Hier empfiehlt er zur Fütterung Melaße aus Rübcnzuckerfabriken, Preis per Ctr. 1 M. 65 Pf. Man gebe nicht zu viel. Nachdem seitens der Versammlung dem Vorsitzenden herzlicher Dank für seine Mühewaltung aus gesprochen worden war, schloß ^7 nach Leerung des Fcage- kastens die Sitzung. Wilsdruff, 17. Januar. Ganz besonders festlich wird auch der 25jährige Gedenktag der Wicderaufrichtung des deutschen Kaiserreiches, der 18. Januar d. I., in unserer Stadt gefeiert werden. Mit Anbruch des Tages findet eine Reveille statt. S Uhr vorm. werden in den städtischen Schulen in den einzelnen Klassen Mus, bestehend in Gesängen und Ansprachen der Herren Lehrer an ihre Kinder, abgehalten. Von 11—12 Uhr konzertiert unser Stadtmusikchor auf dem Marktplatze (natürlich nur bei günstigem Wetter). Von 12—1 Uhr soll feierliches Glockcngeläute auf die Bedeutung dieses großen Tages Hinweisen. Endlich wird ein größerer Fest kommers am Abend im goldenen Löwen abgehalten, wozu auch unsere lieben Frauen diesmal freundlichst cingeladen sind. Die Vorbereitungen zu diesem Kommers sind in vollem Gange und versprechen einen des Festes würdigen, herrlichen Abend. Indem man einem recht zahlreichen Besuche entg-genfi-ht, erwartet man gewiß auch, daß unsere Stadt für diesen Tag Floggenschmuck anlegen wird. Das Programm zu dem Kommers-Abend lassen wir im Interesse unserer Leser hierselbst folgen: 1. „Auf Deutsch lands Wohl", Marsch von H. Starke; 2. „Gott schirme Dich mein Vaterland", Festgesang für Männerchor und Orchester v. Zedtlcr; 3. Trinkspruch auf Se. Mas. Kaiser Wilhelm II. und Se. Maj. König Albert (Herr Bürgermeister Ficker); hierauf sofort Allg. Gesang: Mel. „Heil Dir im" rc.; 4. Ouvertüre z. Operette „Leichte Kavallerie" von Franz v. Suppe; 5. Trink- spcuch auf das deutsche Reich (Herr vmtsgerichtsrath Dr. Gangloff; 6. Allg. Gesang: „Deutschland, Deutschland" rc.; 7. „Auf der Wacht", Lied für Piston (Solo in der Ferne) v. Dierig; 8. Trinkspruch auf Se. Durchlaucht den Fürsten Bismarck (Herr Schuldirektor Gerhardt); 9. Reveille mit Choral: „Nun danket alle Gott", Einst. Männerchor m. Orchester v. Stein häuser; 10. Trinkspruch auf das deutsche Heer (Herr Kantor Hientzsch); 11. Allg. Gesang: „Es braust ein Ruf"; 12. „Soldateska 1870-71," Patriotisches Marschvoipourri v. Seiden glanz. (Ende des offiziellen Teils). Hieran reihen sich weitere Ansprachen, Gesänge und Konzertstücke. — Die Programmnummern zu dem anläßlich der 25jährigen Wiederkehr des Tages der Errichtung des deutschen Reiches auf dem Marktplatze morgen Sonnabend Vormittag abzuhaltenden Konzert sind: 1. Deutscher Helden-Marsch v. Franz, 2. Ouvertüre z. Op. „Die Hugenotten" v. Meyerbeer, 3. Steuermannslied und Matrosen-Chor a. d. Op. „Der fliegende Holländer" von R. Wagner, 4. „Wintermärchen", Walzer von Czibulka, 5. „Deutschlands Ruhm und Ehre", Patr. Potpourri v. Römisch. — Auch an dieser Stelle machen wir unsere verehrten Leser noch besonders aufmerksam, daß kommenden Sonntag, den 19. d. M., der letzte Gottesdienst und die l-tzte Kommunion in unserem alten Gotteshaus abgehalten wird. Montag will man bereits mit dem Abbruch des Gotteshauses beginnen. — Im hiesigen „Gemeinnützigen Verein" hielt vergangenen Dienstag Abend Herr Cantor Hientzsch einen Vortrag über „Sibirien mit besonderer Berücksichtigung des Verschickungs wesens". Die Saalstube des „Hotels zum goldnen Löwen" war ob dieses hochinteressanten Themas voll von Hörern be setzt, welche mit steigender Aufmerksamkeit den Ausführungen des verehrten Redners lauschten. Seinen Vortrag, auf welchen wir später einmal an dieser Stelle zurückkommen werden, konnte Herr Cantor Hientzsch wohl nicht bester schließen, als daß er einen Vergleich zwischen Rußland und Deutschland stellte, wobei unser deutsches Vaterland den unbedingten Vorzug erhielt und das kalte Rußland mit seinen unzeitgemäßen harten Gesetzen vollständig in den Hintergrund gestellt wurde. Lebhafter Beifall folgte den Ausführungen des Vortragenden seitens der An wesenden. — Die Besucher des Badeortes Teplitz, deren eS ja in unserer Gegend viele giebt, dürfte die Nachricht interessiren, daß dort der größte Theil der Baulichkeiten auf dem '392 Meter hohen Schloßberg sammt den beiden Thürmen niedergebrannt ist. Nur der Rittersaal blieb erhalten. Die Gebäude wurden zu Anfang der 80 er Jahre aus deu alten Ruinen von dem nunmehr verstorbenen Fürsten Clary mit einem Kostenaufwande von 150000 fl. hergsstellt. Der Restaurateur Greiner ist um den größten Theil seiner Habe gekommen. Die früheren maleri schen Ruinen auf dem Berge waren die Reste eines Kinsky- schen Schlosses, das im dreißigjährigen Kriege von den Schweden zerstört worden war. — Das Landgericht Dresden verhandelte am Mittwoch gegen den am 4. August 1868 in Wilsdruff geborenen Hand arbeiter Paul Moritz Clauß wegen im wiederholten Rückfalle begangenen Betrugs und Diebstahls. Der schon mehr bestrafte, am 12. Oktober v. I. aus der Strafanstalt entlassene Ange klagte miethete sich am 17. Oktober bei der Stellmacher-Ehe frau Günther in Kötzschenbroda ein. Clauß gab dieser der Wahrheit zuwider an, er arbeite bei dem Fuhrwerksbesitzer Eisold daselbst und verdiene wöchentlich 19 Mk. Die Zeugin Günther glaubte diesen Angaben, sie kreditirte deshalb dem Angeklagten auf die Zeit vom 17. bis 28. Oktober den Preis für Wohnung und Kost und da Clauß nicht zahlen konnte, ist sie um min destens fünf Mark an ihrem Vermögen geschädigt worden. Dere Angeklagte beging während dieser Zeit noch mehrere Be- trügreien. Zunächst beschwindelte er den Kaufmann Wahu in Wacha um einen Eimer im Werthe von 2 Mark, die Produktenhändlerin Heimann in Serkowitz um zwei Gänse im Werthe von 8 Mark 50 Pf., einen Gärtner daselbst um zehn Metzen Birnen im Werthe von 10 M. und den Porzellan händler Lehmann in Kötzschenbroda um Waaren im Werthe von 3 Mk. 50 Pf. Die Gänse verkaufte Clauß für 4 Mk., die Birnen und Porzellanwaaren sind von ihm verschenkt worden. Als der Angeklagte am 28. Oktober sich aus der Wohnung der Günther in Kötzschenbroda heimlich entfernte, stahl er daselbst dem Maurer Rossi ein Portemonnaie mit 8 M. Inhalt. Das Urtheil lautete auf 2 Jahre 3 Monate Gefängniß, wovon 1 Monat als verbüßt gilt, und 5jährigen Ehrenrechtsoerlust. — Abermals hat sich ein Fall ereignet, der recht dringend mahnt, sich nicht Kurpfuschern anzuvertrauen. In Deutschen- oorf wandte sich eine alte Frau an eine in der Gegend als „Heilfrau"Aekannte Frauensperson; diese gab den Leuten Opium tinktur ein. Der Mann ist in Folge dessen gestorben, die Frau lebt zwar noch, es ist aber wenig Hoffnung vorhanden, sie am Leben zu erhalten. — In Weixdorf spaßten am Freitage im Gasthoke einige Männer. Der Eine umfaßte einen Bekannten und wollte ihn nach dem Buffet zu tragen. Dabei stürzte der Letztere zu Boden und wurde im gleichen Augenblicke von so heftigen Ün- terleibsbeschwerden befallen, daß er nach Hause geschafft werden mußte. Der Arzt konstatirte ein Zerspringen der Harnblase. Behufs Operation wurde die Uebersührung nach Dresden an. geordnet, doch bei seiner Ankunft in Dresden war der Patient bereits verschieden. — Vergangenen Freitag fiel das einzige Kind des Guts besitzers Riedel in Borna bei Chemnitz, em Söhnchen von 4 Jahren, rückwärts in ein großes mit heißem Wasser gefülltes Gefäß, welches in der Wirthschaftsküche am Fußboden stand. Das Kind erlitt hierbei derartige Brandwunden, daß es trotz sofortiger ärztlicher Hilfe am Sonnabend seinen Leiden erliegen mußte. — Am Montag Nachmittag 4 Uhr verunglückte in Nerchau die ledige Dienstmagd Förster aus Großbardau tödlich. Die Genannte war auf den Scheunenboden des Kahleschen Gutes, woselbst sie bedienstet war, gegangen und stürzte durch das Tennenloch auf die Tenne herab. Der Tod trat kurze Zeit nach dem Unglücksfalle in Folge Schädelbrucyö ein. Das Tsnnenloch hatte wieder einmal kein Geländer. — In Frankenau bei Mittweida verschied gestern früh nach längerem Leiden im noch rüstigsten Lebensalter ein all gemein hochgeachteter Mann, Kommerzienrath Kurt Starke, der seit einem Vierteljahrhundert immer in hervorragender Weise im öffentlichen Leben gestanden, dessen Verdienste so überaus vielseitige gewesen, nicht nur in den lokalen Verhältnissen, sondern dem auch durch seine langjährige ersprießliche Thätigkeit im sächsischen Landtage eine bedeutsame Rolle als Politiker und Parlamentier zugewiesen war. Er war auch zugleich ein Vater seiner Arbeiter im wahren Sinne des Wortes, so daß sein Tod die allgemeinste Theilnahme hervorruft. — Eine neue Errungenschaft der Meißner Industrie ist wieder durch die von der dortigen Firma Freyer u. Co. gemachte Erfindung, Orgelpfeifen aus Porzellan herzustellen, zu verzeichnen. Diese großes Interesse erregende Neuerung ist be reits patentirt worden und wird schon deshalb in Zukunft aus schließlich verwendet werden, weil der Ton dieser Pfeifen sich vollständig gleich bleibt und die Stimmung derselben leicht und tonsicher hergestellt werden kann,
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