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nißmäßig nur geringen Textilindustrie im Vergleiche mit anderen Bezirken unseres engeren Vaterlandes und Deutschlands weniger hart betroffen wurde. Auch die Windom - Bill, die die Wieder einsetzung des Silbers in seinen früheren Stand bezweckte, hat zwar unserem einheimischen Bergbau eine erfreuliche Besserung m der Verwerthung des von ihm gewonnenen Silbers gebracht, anderen Erwerbs- und Handelszweigen aber durch die zeitweilige Erhöhung des Silberkurses den Bezug mancher Rohprodukte vertheuert, ganz abgesehen von den schädlichen Folgen des Zu sammenbruches der damit verknüpften amerikanischen Spekulation. Von weiteren, Handel und Verkehr ungünstig beeinflussenden Vorgängen in außerdeutschen Ländern sind noch die politischen und finanziellen Wirren in einigen südamerikanischen Staaten, namentlich Argentinien, sowie der gegen Ende des Jahres er folgte Sturz des Welthauses Baring in London zu nennen. Durch erstere erlitt der deutsche Ausfuhrhandel empfindliche Einbuße, durch letzteren wurde das schon bestehende Mißtrauen gegen die Lage des Geldmarktes, sowie die Geldknappheit er Heblich gesteigert und die etwa auf einig'n Gebieten sich regende Unternehmungslust auf längere Zeit hin zurückgedrängt. Selbst verständlich kam, je länger je mehr, die Geldknappheit in ver schlechterter Zahlungsweise und Forderung langer Kredite nur zu häufig zum Ausdrucke. Mit all diesen, eine frische Ent wickelung von Handel und Industrie hemmenden Faktoren hing eng zusammen die Preisbildung vieler Industrie-Erzeug nisse. Vermehrtes, zu Zeiten stürmisches Angebot, theils in Folge thatsächlicher Ueberproduktion, theils veranlaßt durch den befürchteten oder wirklichen Verlust von Absatzgebieten, ließ die im Jahre 1889 für manche Fabrikate errungenen Preisauf besserungen größtentheils wieder verschwinden, auch die Konven tionen, die zur Aufrechterhaltung der Preise geschlossen worden waren, konnten vielfach dem Andrange nicht widerstehen und lösten sich auf. Dagegen hielten sich die Preise der meisten Rohmaterialen und Betriebsmittel auf dem im Vorjahre er reichten hohen Stande; in erster Linie galt dies von dem der Industrie unentbehrlichsten, den Kohlen; ja mehrfach wurde die Steigerung der Kohlenpreise erst im Berichtsjahre vollführ bar, da frühere, zu billigeren Preisen gemachte Abschlüsse in seinem Verlaufe zu Ende gingen. Ganz besonders hatte, um ein Beispiel aus unserem Bezirke anzuführen, die auf den Be zug böhmischer Braunkohlen angewiesene, so sehr ausgebildete keramische Industrie in allen ihren Zweigen mit deren Ver- theuerung zu kämpfen. Preiserhöhungen, zum Theil in recht erheblichem Maße, traten ein bei mehreren Chemikalien, nament lich Schwefelsäure, bei Weißblech, Gerste, Fellen und Häuten, Spiritus, Talg; Preisrückgänge weisen Roheisen, einige Eisen halbfabrikate, baumwollene Webstoffe auf. In den Löhnen ist mehrfach eine kleine, durch die Vertheuerung des Lebensunter haltes gerechtfertigte Steigerung zu verzeichnen, keinesfalls aber ist der Gesammtdurchschmtt niedriger als im Vorjahre gewesen. — Das „Dresdner Journal" schreibt: Die „Neue Preußische (Kreuz-) Zeitung" Nr. 336 vom 22. Juli d. I., Abendausgabe, enthält einen „Aus Ostpreußen" überschriebenen Artikel, in dem die Behauptung aufgestellt wird, „daß die Offiziere jener sächsischen Landwehren, die aus den sozialdemokratischen Jndustriebezirken im vorigen Jahre zur Uebung eingezogen waren, mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, daß wieder holt auf die Führer geschossen wurde." — Wir sind ermächtigt zu erklären, daß diese Behauptung den thatsächlichen Verhält nissen in keiner Weise entspricht. Weder hatten die betreffenden Offiziere „mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen", noch ist auf diese Offiziere oder sonstige Führer geschossen worden. Wie die „Neue Preußische Zeitung" dazu kommen konnte, eine derartige dreiste Erfindung in ihre Spalten aufzunehmen, er scheint räthselhaft und bedauerlich. — Zur finanziellen Unterstützung der Handwerker und Kleingewerbtreibenden hat sich in den letzten Tagen in Dresden eine „Volksbank zu Dresden" gebildet, welche sich anfänglich in den bescheidensten Grenzen zuhaltengedenkt. Die Mitglieder des Vorstandes verwalten ihre Posten als Ehrenamt, ohne jede Besoldung. An der Spitze des Unternehmens stehen die Herren Stadtrath Carl und Consul Gräße, als deren Stellvertreter fungiren die Herren Kaufmann Otto Metzner und Kaufmann Alexander Riedel. — Der Cirkus Herzog, welcher in diesem Winter wieder nach Dresden kommt, wird zum letzten Male auf vem Bis marck-Platz seine Vorstellungen abhalten. — Borna, 24. Juli. Ein gestern Mittag im Nord westen der Amtshauptmannschaft Borna aufgetroffenes Hagel wetter hat in etwa fünfzehn ländlichen Gemeinden und in der Stadtflur Rötha den Feldfrüchten geradezu unberechenbaren Schaden zugefügt. In einigen Fluren schätzt man den Verlust der bis jetzt prächtig entwickelten Ernte auf 60 bis 75 Prozent. Vom Getreide hat namentlich die Gerste, von den Futterpflanzen haben Runkeln und Kraut schwer gelitten; den Obstbäumen und deren Heuer überaus reichlichem Anhänge, desgleichen den nicht versicherten Gartenfrüchten, Gurken, Bohnen, Zwiebeln rc. ist ebenfalls schwerer Schaden zugefügt worden. Erfreulicher Weise wird hier die Gelegenheit zur Hagelversicherung in ländlichen Kreisen stark benutzt, sodaß der Verlust für den Einzelnen weniger fühlbar wird. Angesichts des täglichen Regens bedrücken aller dings das Herz unserer Landleute schwere Sorgen; Korn und Gerste sind reif, bezw. auf leichterem Boden bereits gemäht, und doch verheißt der Tag für Tag bewölkte Himmel kein glück liches Einbringen der Heuer in besonders reichlichem Maße er wachsenen Feldfrüchte. — Roßwein, 24. Juli. Ein schweres Gewitter ging gestern über die hiesige Gegend in der Richtung auf Lommatzsch. In der Nähe der Dörfer Leschen, Maltitz, Priesen und Choren soll eine Wasserhose niedergegangen sein. Wenigstens ergoß sich der Regen in solchen Strömen, daß binnen wenigen Minuten das Wasser mehrere Ellen hoch in einigen Häusern stand. Auch hat der Blitz mehrere Male eingeschlagen. In Marbach ging an drei Punkten Feuer auf. In Prüfern ist dem Wirth - schaftsbesitzer Jobst eine Scheune abgebrannt. In Priesen wurde an dem Hause des Wirthschaftsbesitzers Münnich der Giebel beschädigt. In Vraterschütz bei Ziegenhain traf ein Strahl in eine Linde neben dem Wolf 'schen Gute und sprang auf das benachbarte Roßberg'sche Gut über. Das ent standene Feuer wurde aber bald gedämpft. — Hohenstein, 22. Juli. Ein aufregendes Gerücht durcheilte heute Vormittag unsere friedliche Stadt. Es hieß, daß die Frau des Milchhändlers Neubert auf dem Wege zwischen hier und Tirschheim in der Nähe des Forsthauses er mordet aufgefundenwordensei. Dieselbe, eine junge, kräftige Frau von 28 Jahren, war in der 7. Morgenstunde mit ihrem Hundewagen von hier aufgebrochen und wurde bereits in der 9. Stunde mit vielen Wunden — nach einer Mittheilung Stich-, nach einer anderen Schrotschußwunden — anfgesunden und in ihre Wohnung zurückgebracht. Das Vorkommniß hat die hiesige Einwohnerschaft in große Bestürzung versetzt, zumal der dortige Weg gerade um die angegebene Zeit vielfach von Handelsleuten aller Art frequentirt ist. Zur gerichtlichen Leichen schau und Feststellung kam am Nachmittag der Bezirksarzt aus Glauchau hier an. Die Polizei fahndet eifrigst auf die Ver brecher; es soll bereits ein Arbeiter aus dem Hüttengrunde, als der That verdächtig, eingezogen worden sein. Von dem Gelbe, welches die Ueberfallene zum Einkäufe der Milch bei sich führte, fehlte nichts; es wurde in einer Milchkanne befindlich aufgefunden. — Das Brod wird billiger! Die Bäckergenossen schaft Wiesbaden hat eine Bekanntmachung erlassen, wonach sämmtliche Brodsorten 4 Pf. pro Laib abgeschlagen sind. Möchten doch andere Bäcker recht bald nachfolgen! — Am Mittwoch wur-e von dem Getreidehändler Adolf Riemer in Kötzschenbroda der erste diesjährige, auf Flur Niederlößnitz erbaute neue Roggen gekauft. Die neue Waare entspricht voll den gehegten Erwartungen: die Körner sind voll, schwer und groß. Während die alte Waare bisher dort mit 17—18 Mk. bezahlt wurden, stellt sich der Preis für neue Waare der ihr noch anhaftenden Feuchtigkeit wegen um etwa 1 Mk. niedriger. — Ein Bahnfrevel, der unberechenbar traurige Folgen haben konnte, wurde am Montag auf der Eisenbahnstrecke Falkenau- Oederan glücklicherweise noch rechtzeitig entdeckt. Es waren an einem Schienenstoß sämmtliche Laschenschrauben herausge zogen, an einem anderen Stoß dies erst zum Theil ausgeführt, da der Thäter vermuthlich gestört worden sein mochte. Die so fort eifrigst angestellten Nachforschungen sind denn auch von Erfolg begleitet gewesen. Den Frevler hat man in der Person des Arbeiters Richter aus Thiemendorf ermittelt und bereits ge fänglich eingezogen. Letzterer erklärte, das ruchlose Vorhaben deshalb vorgenommen zu haben, um dem Bahnmeister der be treffenden Strecke „eins auszuwischen", da seine Wiederannahme als Streckenarbeiter, aus welcher Beschäftigung er seinerzeit ent lassen werden mußte, abgelehnt worden sei. Bei der Verhaftung leistete Richter den heftigsten Widerstand. Am Altar getrennt. Original-Roman von Ulrich Roden. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.). 20. Capitel. Und dennoch mnsz er mein werden. Die Bestürzung der Mutter Roderichs, als Sie Serena's Erzählung hörte, war unbeschreiblich. Sie suchte unverweilt ihren Sohn auf. Er wandelte noch immer im Garten ruhelos umher. „Roderich," flüsterte sie, sich ihm nähernd und seine kalten Hände in die ihrigen nehmend, „Du darfst Dich Deinem Kummer nicht so hingeben. Unter den obwaltenden Umständen kann Dich nicht der leiseste Tadel treffen. Jener Unfall und die Gehirnerschütterung und das mit dieser ver bundene hitzige Fieber, das eine so merkwürdige Gedächtniß- schwäche bet Dir zurückließ, verwischte die Erinnerung an alles, was unmittelbar vor Deinem Sturz geschehen war. Nicht absichtlich hast Du Deine Frau verlassen. Alle Schuld muß Doris zur Last gelegt werden. Warum offenbarte sie mir nicht alles, als sie hierher kam? Weshalb schlich sie sich unter einer Verkleidung und unter falschen Vorspiegelungen in'L Haus? Und weshalb trat sie Dir nicht gegenüber, Dich zur Rede zu stellen? Die Angelegenheit würde dann aufge klärt und in befriedigender Weise geordnet worden sein." „Sie war noch so jung und unerfahren, Mama, und die Umstände zwangen sie, sich von meiner Falschheit überzeugt zu halten." „Noch über eine andere Sache muß ich mit Dir sprechen, mein Sohn," fuhr die Mutter zaghaft fort, „Ort und Zeit sind augenblicklich nicht günstig, dennoch ist es nothwendig, sie so bald wie möglich zu erledigen. Du heirathest jenes Mädchen in der Erregung des Mitleids, doch, obgleich Du sie zur Frau nahmst, gehörte Dein Herz unverändert Serena. Als Du Dich später frei glaubtest, bewarbst Du Dich um ihre Hand. Du wurdest Serenas Bräutigam und Euer Hoch zeitstag wurde festgesetzt. Du kannst Doris nicht mehr ins Leben zurückrufen, es ist deshalb am besten, diese nun über wundene Tragödie geheim zu halten und die Anordnungen zu Deiner Vermählung mit Serena nicht zu verschieben. „Ich bin damit einverstanden, Mama, Doris' leidvolle Geschichte derOeffentlichkeitvorzuenthalten," antwortete Roderich mit dumpfer Stimme, „aber Serena zu heirathen ist mir unmöglich. Dringe nicht in mich, es zu thun Mama, es ist mir unmöglich." Frau Norden sah dem Sohn besorgt in das schmerz durchwühlte Gesicht, und Furcht beschlich ihr Gemüth. Hatten die Erschütterungen der letzten Stunden seinen Verstand ge trübt? Wie sollte sie sich sonst diese seltsame Abneigung gegen Serena erklären? Die Kämpfe am Rande des Wahn sinns wenden sich gewöhnlich zuerst gegen diejenigen, denen die heißeste Liebe gehörte. „Sprich nicht mehr darüber, Mama," bat Roderich, „ich kann es nicht ertragen." Die grösten Anstrengungen wurden gemacht, die Leiche der armen Doris aufzufinden, aber ohne Erfolg. Das Verschwinden der Gesellschafterin Josephine Nordens ging unbeachtet vorüber. Niemand vermißte sie, niemand hatte eine Interesse daran, sich zu erkundigen, was aus ihr geworden war, und so wurden die Tage zu Wochen und Monaten. Die Gesellschaft begann sich zu wundern, weshalb die Vermählung Roderich's und Serena's noch immer nicht ge feiert wurde. Seit jener Ballnacht wollten viele eine Erkaltung zwischen den Verlobten bemerkt haben. Roderich besuchte Serena nicht mehr mit dem Eifer des Liebenden, er vermied sie sogar, so viel die Verhältnisse es ihm gestatteten. Ganze Stunden verweilte er im Garten am Flußufer, in der Nähe jener Stelle, wo Doris vor feinen Augen verschwunden war. Für Serena Hoffinger war diese Wandlung der Gefühle ihres Bräutigams der tiefste Kummer. Sie mochte sich selbst kaum gestehen, daß sie seine Liebe verloren hatte. Vergebens bemühte sie sich, ihn wieder an sich zu fesseln. Der Zauber war gebrochen, die erloschene Gluth des LiebeSfeuers ließ sich nicht wieder entzünden. Dennoch verlor Serena den Muth nicht. Eines Nachmittags kam es zur Krisis Serena war in dem Norden'schen Landhause eingetroffen, Roderich zu einer Spazierfahrt abzuholen. Widerstrebend fügte er sich ihrem Wunsch. Ihm graute vor dem Allein sein mit ihr, und Serena entging die Wolke nicht, die bei ihrer Aufforderung seinen Blick umdüsterte. Schweigend fuhren sie eine Strecke nebeneinander. In ihrer Ungeduld zog Serena ihren Handschuh ab. Roderich bemerkte, daß sie noch immer seinen Verlobungsring trug. Sie hatte seinen Blick aufgefangen und heißes Er- röthen, dem tödtliche Blässe folgte, breitete sich über ihr Gesicht. „Roderich", begann sie mit leiser, bebender Stimme, „über diesen Ring möchte ich mit Dir sprechen. Hältst Du noch an dem fest, was Du an jenem Ballabend zu mir sagtest ?" Es verwundete ihren Stolz auf das tiefste, daß sie diese Worte aussprechen mußte, aber sie wollte endlich Gewißheit haben. Ihre Liebe, ihre ganze Zukunft stand auf dem Spiele. Roderich überwand seine Verlegenheit. In dem sanftesten Ton, der ihm zu Gebote stand, setzte er Serena auseinander, daß sie nicht nöthig habe, sich an ihn gebunden zu halten. Als er um sie geworben, habe er gar nicht das Recht gehabt, s zu thun, sei er der Gatte einer Anderen gewesen. „Nein, nein, Serena," fuhr er fort, betrachte Dich durch Dein Versprechen nicht als gebunden. Du bist frei, wie die Luft." Die Worte erstarken ihm auf den Lippen, als er sah, wie geisterhaft ihr Gesicht erblaßte. „Du hast kein Herz, Roderich, sonst würdest Du nicht mit mir brechen," schluchzte sw. „Alle Welt wird wissen, das ich das Opfer der Wandelbarkeit Deiner Gesinnung bin. Einst liebtest Du mich, und hätte jenes Mädchen sich nicht zwischen uns gedrängt, so würdest Du mir treu geblieben, würdest Du heute mein Gatte gewesen sein. Deshalb hasse ich Doris noch im Grabe. Dein Herz windete sich von mir ab und ihr zu, als sie an bem unseligen Vellabend in Eurem Hause so weinerlich schilderte, was sie erlebt hatte. Ist es so, Roderich?" Er war zu ehrlich, die Wahrheit abzuleugnen. „Jetzt aber ist sie todt," fuhr Serena, sich noch tiefer demüthigend, fort. „Ihr kannst Du nichts mehr sein, wes halb willst Du mir Deine Liebe entziehen? Ist es zu spät, die alte glückliche Zeit wieder zurückzuführen? Wenn Du jemals eine and re heirathest, werde ich ihre erbitterte Feindin sein werde ich Dich hassen bis in den Tod. „Beruhige Dick, Serena," bat Roderich, ihre Hände in die seinigen nehmend, „ich werde niemals, niemals heirathen." „Du willst einer thörichtcn Einbildung zu Liebe Dein und mein Lebensglück opfern," rief sie bitter. „Doris ist in die Ewigkeit hinübergeschlummcrt, weshalb willst Du sie nicht vergessen? Eine Liebe, unsterblich und ewig, wie die meinige, solltest Du nicht so ohne weiteres von Dir stoßen." „Du thust mir wehe, Serena, aber glaube mir, daß ich die Fähigkeit zu Lieben verloren habe," antwortete er. „Meine Schuld an dem Tode der Armen hat meine Seele mit un besiegbarer Schwermuth erfüllt. Wie dürfte ich es wagen, das Loos eines Wesens, das ganz Heiterkeit und Lebensfreude ist, an das meinige zu knüpfen?" „So habe ich Dir nichts mehr zu sagen," entgegnete Serena kalt. Wollen wir umkehren?" Während der langen Heimfahrt wurde kein Wort ge wechselt. Serenas Gesicht war marmorblcich, aber sie hatte ihre Selbstbeherrschung vollkommen wiedergewonnen. „Wir können wenigstens als Freunde scheiden, Serena," sagte Roderich, ihr die Hand reichend, nachdem er sie aus dem Wagen gehoben hatte. „Nachdem Du mein Herz gebrochen und mich in den Augen aller Welt blosgestellt hast? Unmöglich, Roderich", wies Serena ihn ab. Ihre ganze Seele war in Aufruhr. „Und dennoch, dennoch werde ich mir seine Liebe zurück erobern, wird er mein werden", murmelte sie, „mit unermüd licher Geduld, mit nie wankender Ausdauer werde ich mein Ziel verfolgen." Am nächsten Tage wurde die Gesellschaft durch die An kündigung überrascht, daß die Verlobung Roderich Norden'S und Serena Hosfinger aufgehoben war. Serenas Vater hörte die Bestätigung von den Lippen der Tochter. Sein Gesicht färbte sich vor Zorn! Das darf nicht geschehen, Serena, rief er. „Er ist zu weit gegangen, um jetzt nock zurückzutreten. Ich dulde ein solches Spiel nicht. Er wird Dich an dem festgesetzten Tage heirathen, oder seinen Wortbruch zu bereuen baden." Mit zitternder Bewegung schloß er seinen Schreibtisch auf, zog etwas Glitzerndes hervor, und steckte es in die Tasche. „Was willst Du thun, Papa?" fragte Serena, ihn am Arm fcsthaltend, in tiefster Besorgniß. „Den Buben auffordern, sein Wort zu lösen oder mir Rechenschaft zu geben," donnerte der Vater. 21. Capitel. Hinfort habe ich keine Tochter mehr. Als Doris das Wasser über sich zusammenschlagen fühlte, kehrte ihr die ruhige Besinnung wieder zurück, und sie sagte sich, daß sie kein Recht hatte, sich das Leben zu nehmen. Als gut- Schwimmerin steuerte sie dem jenseitigen Ufer zu. Sich an den Zweigen des Überhängen«» Gestrüpps festhaltend, gc- lang es ihr, das Land wiedcrzugewinnen. Sie hörte Roderich ihren Namen rufen. Ein leises bitteres Lachen kam über ihre Lippen, dann wußte sie nichts mehr von sich. Stundenlang lag sie im feuchten Grase unter dem Schatten der Bäume. Aus ihrer Erstarrung erwachend, richtete sic sich hastig auf. Wohin sollte sie gehen?