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Zweites Blatt. MmM für MsW Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags Md Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne t Nummern 10 Pf. WiM, Wn. äiebtnlehn md die Umgrgknden. —>r r— Imlsbluti Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. —- — > für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. No. 103. Freitag, den 23. Dezember 1892. Die städtische höhere Fortbildungsschule zu Wilsdruff bereitet im Anschlusse an ihre I., 6klassige mittlere Bürgerschule (mit obligatorischem Unterrrichte in Französisch und Latein) in Abt. /r. für Psst- und Lisenbahn, „ „ L. „ -as kaufmännische und gewerbliche, „ „ L. „ „ landwirtschaftliche Hach in einem, bez. zwei Jahreskursen bei wöchentlich 24—30 Stunden vor. — Ostern 1893 Aufnahme. — Unterricht wird von 11 Lehrkräften erteilt. Der einjährige Besuch entbindet vsn dem -er sbligatsrischen Fortbildungsschule. Ausführliche Prospekte durch den Direktor der städt. Schulen. ZU Weihnachten. Wieder ist das schönste aller Feste da — wieder glänzt auf Aller Angesicht Helle Freude. Auch in der ärmsten Hütte muß heute ein Christbaum brennen, um welchen die Kinder jubeln; von dem sie Aepfel und Nüsse strahlenden Antlitzes herunterholen. Was ist es, was dem Weihnachtsfeste seinen ewig neuen Reiz verleiht? Wie kommt es, daß nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern sich stets von Neuem auf den Tag freuen? Die Geschenke thun es nicht, das gemüthliche Beisammensein der Familienglieder thut's auch nicht; ja, nicht einmal der Weihnachtsbaum macht das Fest zum Feste. Es müssen vielmehr die Weihnachtslieder dazu kommen: „O, du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit!" „Ihr Kinderlein kommet, o kommet doch all!" Es muß vom Himmel her in unser Herz tönen: „Ehre sei Gott in der Höhe, und Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!" Ja der, dem zu Ehren das Fest gefeiert wird, Jesus Christus, das Christkind, muß als der milde und barmherzige Spender alles Segens und aller Freude nahe sein, er muß sein warmes Licht in unseren Herzen Widerscheinen lassen — dann erst und dann allein wird das Fest zum Feste; dann erst und dann allein wird der Weihnachtstag zu einer Quelle unerschöpflichen Segens und reinster Freude. Wo noch in diesem Sinne Weihnachten gefeiert wird, da wandelt sich alle Lust am Haben und Ge nießen in das Verlangen, zu geben und zu opfern, weil wir uns als Brüder erkennen. Das Weihnachtsfest ist der voll gültige Beweis dafür, daß die Lösung aller schwer.» Fragen, welche die Volksseele heute bis auf den tiefsten Grund be wegen, allein in Christo zu suchen ist. Das deutsche Volk, das vor allen anderen Völkern seine Weihnachtsf.ier innig zu gestalten und herzlich zu begehen weiß, möge in se nem Heilande Christo einig werden als seinen, Haupte! Dann werden auch noch einmal Tage kommen, wo die verschiedenen Stände sich nicht mehr feindlich gegenüber stehe», sondern als Brüder und Glieder mit einander einstimmen in das Bekennlniß: „Er das Haupt, wir seine Glieder; Er das Licht und wir der Schein; Er der Meister, wir die Brüder; Er ist unser, wir sind sein." Tagesgeschichte. Die politische Situativ n, wie sie sich während der jetzigen . Vertagung des Reichstages darstellt, legi einen Vergleich mit der in den Weihnachtsferien des Jahres 1886 87 herrschenden Bewegung nahe. Auch damals war der Reichstag dicht vor einer großen kritischen Entscheidung über die Militärvorlage in die Ferien gegangen; es handelte sich um das sogenannte SeptenNatsgesetz, welches bei Eintritt der Vertagung die erste Lesung in per Kommission beendigt hatte. Es herrschte damals dieselbe Unsicherheit und Spannung über den Ausgang der großen Streitfrage, den damals niemand sicher vorhersehen konnte. Die Entscheidung kam dann rascher, als irgend jemand erwartet hattet DäS Gesetz scheiterte; am 14. Januar 1887 wurde der Reichstag aufgelöst und am 21. Februar fanden die Neuwahlen statt, welche eine ansehnliche konservativ-nationalliberale Mehr- beit Wiedel herstellten. Aeußerlich manche ähnliche, wenn auch inncrlicd sehr verschiedenartige Züge weist diegegenwärtige Situation auf. D>ie schicksalsschwere Entscheidung übcr eine große Heeres frage steht auch jetzt nahe bevor und viele sind der Meinung, auch neue Reichstagswahlen würden wir um dieselbe Zeit wie vor sechs Jahren erleben. Dieser Meinung tritt die freikonser- vative „Post" in folgenden Ausführungen entgegen: „Eristirte das parlamentarische System bei uns, so wäre eine solche Maß regel allerdings angezeigt. Der Ausfall der Neuwahlen würde darüber entscheiden, ob die zur Zeit in der Regierung befindliche Partei weiter die Zügel führen kann oder ob sie der Opposition Plätz zu machen haben wird. Davon ist bei uns keine Rede. llen der Wähler >mus nur ein fremder Begriff geblieben ist". Ein Urtheil des ausgespielt, den ultramontanen „Bad. Volksboten", daß „keine der alten Parteien der „Vorwärts" in jeder Nummer sein gröbstes Geschütz auf- ! führt. Es scheint den Arbeitern eine Ahnung aufzugehen, daß !man mit ihnen eine Komödie spielt, wobei auf ihre Kosten > gelacht wird — und das ist keinem Menschen, auch nicht dem > überzeugungstreuesten Sozialdemokraten, besonders lieb zu wissen. Die Folge davon ist eine deutlich wahrnehmbare Unlust vieler ! Arbeiterkreise, noch länger in der Tretmühle, welche für Rechnung der Herren Bebel-Liebknecht-Singer arbeitet mitzuthun. Das ' darf man wenigstens aus der fast in jeder Nummer des „Vorwärts" ' abgedruckten Klage über die „Theilnahmlosigkeit der Genossen", sowie aus den plumpen Versuchen schließen, das Verdienst des schädlichen Eindruck des Mißerfolges im Aus- und Jnnlande zu steigern. So und nicht anders würde die politische Lage nach etwaigen Neuwahlen sein. Darüber kann ein Zweifel unter ihren Anhängern so viel Antisemiten habe, als gerade die nationalliberale", wird als zutreffend bezeichnet. In dem vorliegenden Falle könnte die Auflösung nur der Aus fluß der festen Ueberzeugung sein, daß die geplante Heeresver stärkung für die äußere Sicherheit des Reiches absolut noth wendig sei, und daher kein Mittel zur Erreichung des Zieles unversucht gelassen werden dürfe. Alsdann aber dürfte man sich auch bei dem unzweifelhaft bevorstehenden ungünstigen Aus fall der Wahlen nicht beruhigen, sondern müßte der ersten Auf lösung eine zweite folgen lassen u. s. w. Wir verzichten darauf, die sich daraus ergebende Perspektive bis an ihr Ende zu ver folgen. Es genügt, auf die Erfahrungen in Preußen während der Jahre 1861—66 hinzuweisen, welche von einem solchen Verfahren eine immer oppositionellere Gestaltung des Reichs tages erwarten lassen. Erscheint hiernach dieser Weg sowohl im Interesse der Sache selbst, wie aus naheliegenden politischen Gründen ersten Ranges ganz ausgeschlossen, so fragt sich, was die Reichsregierung mit einer etwaigen einmaligen Auflösung ge winnen würde. Daß sie eine der Vorlage günstige Zusammen setzung des Reichstages von einer solchen Maßnahme nicht er hoffen darf, hat Herr v. Bennigsen mit Recht am 13. d. M. hervorgehoben. Der durchaus ungünstigen Stimmung der kaum bestehen. Um eine solche politische Lage zu schaffen, wird kein weitsichtiger Politiker zu einer Auflösung schreiten, zumal wenn die dann zu gewärtigende Zusammensetzung des Reichs tages auch im übrigen zu den ernstesten Bedenken Anlaß geben und die erheblichsten Schwierigkeiten verursachen müßte. Der Ehrenpunkt kommt hier nicht in Frage; das politische Gewissen erheischt nur in Fällen dieser Art vor schweren Mitteln nicht zurückzuschrecken, wenn sie wenigstens einige Aussicht auf Erfolg bieten, gebietet aber nicht, auch zu völlig untauglichen Mitteln von im übrigen schädlichster Natur zu greifen. So erscheint denn die Eventualität einer Auflösung gänzlich ausgeschlossen. Wohl aber könnte es sich ernstlich fragen, ob für den Fall, daß sich keine Aussicht bieten sollte, jetzt die Zustimmung des Reichstages für eine der Reichsregierung annehmbare Vorlage zu erlangen, es sich nicht empfehlen möchte, das Gefecht vor der Entscheidung abzubrechen, um es unter günstigeren Um ständen mit besserer Aussicht auf Erfolg wieder aufnehmen zu können." Die sich nun schon seit Monaten hinquälenden deutsch russischen Handelsvertragsunterhandlungen sollen wieder einmal vor einer günstigeren Wendung stehen. Nach einer Meldung des Petersburger „Swjet" wäre Geh. Rath Abasa, der neue Präsident des russischen Zollausschuffes, ein Gegner aller weiteren Zollerhöhungen, so daß die Anwendung des russischen Höchsttarifs gegen Deutschland vorläufig ausgeschlossen sei. Man glaube, Abasa werde die deutsch-russischen Handelsver tragsunterhandlungen ernstlich wieder ausnehmen. — Zunächst muß dies indessen doch noch abgewartet werden, an das Zu vorgekommen wären, in vielen großen industrieellen Unter nehmungen ebenfalls zu konstatiren sein würden, beruht auf Unkenntnißder einschlägigenVechältnisse inder deutschen Industrie. Wir kennen kein Unternehmen, in welchem derartige grobe Fahr lässigkeiten wie das verdorbene Schmirgeln, die eigenartige Be nutzung der Zielscheiben, die massenhaften Bestechungen unterer Beamten, die Benutzung unpassenden Materials und was der gleichen mehr ist, überhaupt vorkommen könnte." Die de.cksch-soziale Bewegung ist im Osten des Reiches in steter Entwickelung begriffen. Die „Krzztg." meldet darüber: In Schlesien sind innerhalb eines Jahres allein über zwanzig deutsch-soziale Vereine mit einer sehr erheblichen Mitgliederzahl gegründet worden, und fortgesetzt sind neue Vereine im Ent stehen begriffen. Wesentlich hierbei ist, daß auch die besten Kreise an dieser Bewegung theilnehmen. In der nächsten Zeit sollen auch die anderen östlichen Provinzen für die Bewegung gewonnen und organisirt werden. Ein in Aussicht stehender allgemeiner deutsch-sozialer Parteitag soll die Direktiven für die weitere Ausdehnung der Bewegung feststellen. — Aus einem Artikel der „Frankf. Ztg." aus Baden ersehen wir, welche Der „Fall" Löwe-Boulanger wird in der deutschen Tages presse noch immer vielfach besprochen, wobei aber schließlich das Verhalten der Firma Löwe fast stets eine mehr oder weniger scharfe Verurtheilung erfährt. Ohne Zweifel ist diese allge meine Entrüstung über eine deutsche Fabrik, welche es wagte, dem „Revanchegeneral" Boulanger in dem kriegsgefährlichen Jahre 1886 Maschinen zur vervollkommneten Herstellung der neuerfundenen französischen Lebel-Gewehre anzubieten, durchaus gerechtfertigt, ein solches Anerbieten verstößt schwer gegen die nationale Würde und den Patriotismus des deutschen Volkes. Nun haben gewisse Blätter in ihren Versuchen, die so allgemein verurtheilte Firma wenigstens einigermaßen zu entlasten, darauf hingewiesen, daß die Firmen Krupp, Gruson, Schichau und wohl noch andere schon seit Jahren Material zu Kriegszwecken nach dem Auslande geliefert haben, und zwar theilweise eben falls an Mächte, die muthmaßliche Gegner Deutschlands in einem künftigen Kriege sein würden. Gewiß kann auch diese geschäftliche Gebahrung der letzteren deutschen Firmen vor dem Richterstühle politischen Taktes und vaterlädischen Empfindens nicht bestehen, aber hierdurch wird doch die moralische Schuld der Firma Löwe keineswegs irgendwie geringer. In den Reihen der Sozialdemokratie scheinen sich Dinge abzuspielen, welche den Führern unbequem sind und vielleicht verhängnißvoll werden können. Es geht den Arbeitern im Kopfe hemm, daß alle Führer der proletarischen Bewegung selbst für ihre eigene Person in sehr behäbigen Verhältnissen leben, ganz nach dem Muster der „feisten Bourgeoisie", gegen welche doch Verbreitung auch dort der Antisemitismus besitzt. Es heißt da u. A., daß insbesondere bei den jungen Beamten unter zehn standekommen eines deutsch-russischen Handelsvertrages wird man nicht eher glauben dürfen, als bis er schwarz auf weiß existiert. Die „Bank- und Handelszeitung" schreibt unter der Ueber- schrift: „Ludwig Löwe und Comp.", indem sie sich die Frage stellt, ob diese durch ihre Größe eine exponirte Stellung ein nehmende Gesellschaft ihrer Pflicht gerecht sei oder nicht : „ES hat sich zur Evidenz herausgestellt, daß diese Firma sich ihrer Pflicht weder gegen ihre Arbeiter, noch gegen ihre Arbeitgeber, weder gegen sich selbst noch gegen das deutsche Vaterland in , , . . , cm dem Maße bewußt gewesen ist, in welchem es jede anständige Herrn Liebknecht um die Partei in recht sentimentalen Worten Person sein muß. Die Behauptung des Staatsanwalies, daß auszumalen. Ob es gelingen wird, die auch bei den Arbeitern derartige „Unregelmäßigkeiten", wie sie in der Löwe'schen Fabrit in Geldsachen aufhörende Gemüthlichkeit wieder zurückzuführen? Wähler ist ohne Zweifel auch die ungünstige Wendung der Aussichten der Vorlage zuzuschreiben. So wäre der Erfolg kein anderer, als die Nothwendigkeit, um mit dem leitenden deutsch-, immer fast neun sind, „denen die Unanständigkeit des Antisemitis- freisinnigen Blatte zu reden, sich vor dem Willen der Wähler »'n R--»-ist "-mi-K-n ist" n^-il zu beugen und durch den Trumpf, den man <