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ist und unter den betheiligten protestantischen Kirchenregierungen die Geneigtheit zur Annahme eines solchen gemeinsamen Buß- und Bettages zweifellos jetzt weit mehr als früher vorhanden ist, so steht zu hoffen, daß unsere Kirchenvertretung diesem Theile der Vorlage des Kirchenregiments ohne wesentliche Bedenken zu stimmen wird. Etwas schwieriger dürfte sich die Frage der Verlegung unseres Frühjahrsbußtages vom Freitag auf Mittwoch gestalten. So oft diese Frage in den früheren Synoden zur Sprache kam, hat man sich einmüthig dagegen ausgesprochen und auch jetzt ist nicht ausgeschlossen, daß in der Synode die erforderliche Majorität dafür fehlen wird. — Tharandt. Um das Demonstrationsmaterial der hiesigen Forstakademie vollständig auszunützen, wird Herr Pro fessor Or. H- Nitsche in diesem Winter besondere Vorlesungen über die Naturgeschichte der europäischen Hirscharten halten, und zwar Mittwoch Nachmittags von 5-7 Uhr in dem großen Hörsaale der Akademie. Vor Weihnachten werden vier Vor lesungen stattfinden; am 23. November: Die Kennzeichen der hirschartigen Thiere und ihr Verhältniß zu den übrigen Huf- thieren; am 30. November: Die Gattungen und Arten der Hirsche im Allgemeinen und ihre geographische Verbreitung; am 7. Dezember: Das Rennthier und am 14. Dezember: Das Elch. Reh-, Dam- und Rothwild werden nach Weihnachten an die Reihe kommen. Die Vorlesungen sind allen Freunden des Waidwerks unentgeltlich zugänglich. — Wie wenig für Konkursgläubiger thatloses Jammern angebracht ist, hat sich m Dresden gezeigt. Eine bekannte dortige Firma machte pleite und bot nur wenige Prozente. Ein Gläubiger trat jedoch energisch auf, er traute der Sache nicht, es wurde streng revidirt, und der Erfolg ist der, daß schließlich 100 Prozent gegeben werden dürften. Der Mann war gar nicht bankerott, er hatte eine falsche Bilanz aufgestellt und hätte bei einem weniger kontrollierten Vergleich den Ueberschuß lachend in die Tasche gesteckt! — Beim Schlittschuhfahren auf der Schützenlache in Grimma brach am Montag Nachmittag der 13jährige Knabe Treuter durch das noch schwache Eis und ertrank. Die mit anwesenden Knaben konnten dem Verunglückten nicht helfen, liefen aber zu seinen Eltern, um diese in Kenntniß zu setzen. Erst nach Herbeischaffung eines Kahnes gelang es, die Leiche des unglücklichen Knaben aus der eisigen Fluth zu bergen. — In Leipzig wurde am Sonntag in dem Keller eines Schenkwirths der Leichnam eines neugeborenen Kindes, hinter einem Fasse versteckt, aufgefunden und durch die Kriminalpolizei aufgehoben. Als die Mutter des Kindes wurde ein 22jähriges, bei dem Schenkwirth bedienstetes Mädchen aus Mutzschen er mittelt. Die unnatürliche Mutter wurde in das Krankenhaus übergeführt. Ob ein Verbrechen vorliegt, wird durch die wei teren Erörterungen und die gerichtliche Leichenöffnung sestge- stellt werden. — Leipzig, 23. November. Am gestrigen Abende in der 10. Stunde geriethcn im hiesigen Stadttheile Lindenau zwei der Leipziger Westendbaugesellschaft gehörige, mit ungefähr 1000 Schock Roggen und Stroh gefüllte Scheunen in Brand. Das Feuer verbreitete einen mächtigen blutrothen Schein am Firmamente und war bis zum heutigen Vormittage noch nicht gänzlich erloschen. Neber die Entstehungsursache des Brandes hat sich bis jetzt noch nichts ermitteln lassen. Vermuthlich liegt Brandstiftung vor. — Wieder „Pirn. Anz." schreibt, wird seit diesem Monat den Touristen kein Einlaß mehr in die Festung Königstein gewährt. Dieses Verbot wird den Fremdenverkehr der Sächs. Schweiz wesentlich beschränken. Ganz besonders aber wird die Stadt Königstein dadurch eine große Einbuße erleiden, denn alljährlich kamen viele Tausende von Fremden nach hier und besuchten die Festung. — Wie aus Herrnskretschen gemeldet wird, wird Fürst Clary den Plan, von der Edmunds klamm nach der Stim- mersdorfer Höhe einen hydraulischen Aufzug und von da eine elektrische Eisenbahn nach Rainwiese anzulegen, jedenfalls noch ausführen lassen. — Rötha. Bei Gelegenheit der am 19. November stattgefundenen Holzjagd auf Rittergut Peres wurden zwei Treiber angefchossen. Die Verletzungen sollen bei dem einen be sonders schwer sein. — Am Dienstag, mittags gegen 12 Uhr suchte sich in einem Chemnitzer Goldwaarengeschäft ein Unbekannter Waaren bis zu 400 M., darunter eine Uhrkette, zum Kauf aus. ohne diesen zum Abschluß zu bringen. Nach seiner Entfernung wurde eine goldene, sehr schwere Panzerkette mit Patentring, 200 M. werth, vermißt. Der Käufer nannte sich Thierarzt Werner aus Würzburg, war von großer, kräftiger Statur, 45—50 Jahre alt, hatte längliches Gesicht, breite, dicke Nase, hohe Stirn, dunkles, kurzes Haar mit gleichem Vollbart, trug dunklen Win terüberzieher, dunklen Filzhut, Hellen Spazierstock und an der Uhrkette ein Hufeisen mit in der Mitte hängender Perle. — Am 17. d. M. sind in Plaue bei Flöha durch die Gendarmerie einige Personen verhaftet worden, welche im Ver dachte stehen, von dem an den Töpfer Weber in Frankenberg am 24. August d. I. vollführten Mord nähere Kenntniß zu haben bezw. dabei betheiligt gewesen zu sein. Ein Mann, welcher Hauptbetheiligter sein soll, hat sich durch die Flucht vor läufig der Verhaftung entzogen. — Auf eine originelle Weise langte ein blinder Passagier, ein 16 Jahre alter Glaserlehrling aus Zwickau, der seinem Meister entlaufen war, mit dem Schnellzug in Dresden an. Der kleine geweckte Bursche ging zunächst von Zwickau nach Reichenbach i. V., um eine Verwandte aufzusuchen. Dann aber kam er auf den Gedanken, nach Dresden zu fahren, um sich die Residenz anzusehen. Da er nur 5 Pf. in der Tasche hatte, so war guter Rath theuer. Er wußte sich aber zu helfen. Auf dem Bahnhofe in Reichenbach fuhr eben der Schnellzug ein, welcher nach Dresden weitergeht. Auf den Wagen befanden sich eine Anzahl Bremserhäuschen, die ja meist leer bleiben, weil die Schnellzüge mit Luftdruckbremse versehen sind. Rasch kletterte er in ein solches Häuschen hinein, niemand hatte ihn bemerkt, und fort ging die Reife. In Freiberg kam ihn ein Bedürfniß an, er kletterte herab, während der Zug hielt, und schwang sich dann wieder unbemerkt auf den Wagen. Als der Zug bereits aus dem Bahnhofe hinausfuhr, lugte er einen Augenblick aus dem am Häuschen angebrachten Fenster heraus und wurde dabei von einem Bahnhofsbeamten bemerkt. Nunmehr spielte der Telegraph hinter ihm her, und als der Zug auf dem Böhmischen Bahnhofe in Dresden eingefahren war, wurde das Bürschchen aus seinem luftigen Sitz herabgeholt. Er mußte dann mit nach dem bekannten Freiquartier hinter der Frauenkirche hin wandern. — Dippoldiswalde. Die jüngste Sitzung des Be zirkstages unserer Amtshauptmannschaft führte zu einer wichtigen Entschließung, da sich die Versammlung mit der Vorlage über den Bau eines Bezirkskrankenhauses einverstanden erklärte und nunmehr mit der weiteren Behandlung dieser allgemein inter- essirenden Angelegenheit eine Kommission betraut worden ist. Zur Deckung der vorläufig mit 40000 M. berechneten Kosten will man den Fonds der „Wettinstiftung", sowie die Ueber- schüsse bei der Bezirksanstalt verwenden, so daß für den Bezirk keine neue Steuerbelastung entstehen wird. — Um die Eisdecke des Fabrikteiches zu Mühlau auf ihre Tragfähigkeit zu prüfen, begaben sich vorgestern Nachmittag mehrere Knaben auf das noch dünne Eis, wobei einer von ihnen einbrach und bevor ihm Hilfe gebracht werden konnte, untersank und ertrank. — Werdau. Am 14. November ist aus dem sogenannten Landwehrteiche ein Ertrunkener gezogen worden, den eine auf dortiger Teichgasse wohnende Frau aufs Bestimmteste als ihren Mann, den Handarbeiter Schmidt, rekognoszirte, und weinend bestätigte auch der Bruder des Todten diesen Ausspruch. Die betrübten Angehörigen verzichteten auf das Recht der Beerdigung und der Leichnam wurde an die Anatomie Leipzig übergeben. Das Trauerspiel schien beendet und Schmidt, der übrigens steckbrieflich verfolgt war, wurde auf dem Pfarr- undStandes- amte gelöscht. Vor einigen Tagen nun sah ein Schutzmann den Todtgesagten durch die Straßen gehen. Die Verwunderung des Schutzmannes war groß, aber Schmidt wurde nun sofort nach der Wache befördert, von wo aus er nach Zwickau in sicheres Gewahrsam wanderte. Die bekümmerten Angehörigen haben sich also entweder in dem Todten geirrt oder irren wollen, um den Gatten und Bruder für alle Zeiten außer lästige Verfolgung zu setzen. Das über der Persönlichkeit des Er trunkenen schwebende Dunkel wird sich nunmehr schwerlich lichten lassen. * Ein jüngerer Postbeamter, welcher vor einigen Tagen nachts von Mohlsdorf nach Greiz ging, wurde auf dem Wege zwischen Mohlsdorf und dem Dietz'schen Gute von einem Un- ! bekannten, der vorher aus dem neben der Straße gelegenen i Walde einen Schuß abgefeuert und hieraus auf den Postbe amten zugesprungen war, an der Kehle gepackt. Der Postbe amte wehrte sich tapfer, hieb einige Male mit seinem Stock tüchtig zu, worauf der Räuber losließ und verschwand. Der Angefallene ist mit einigen Kratzwunden am Hals und im I Gesicht davongekommen.