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Dienstag, IS. «ai 1SV8. Lelpziqer rageßlttt. §lr. 1S8. 103. Jahrg. Gerichtrsaal. ASnkgttches Schwurgericht. Der MaffenmeineidSprozeff gegen Reichert und Genoffen. (Fortsetzung.) r Lnp,,-. 19. Mai. I am -estrigen Tage ist weiter zu -- dalls wie schon vorher bezüglich des Pferdehanbelsaus d"em Zweirkauer Schutzen feste, alle möglichen Einzelheiten angegeben, die sich bei der Unter- redung Gerickes mit Reichl ' * Murzcy^ ,18. Mai. (Unvorsichtige Schützen.) Vorgestern^ vormittag wurdc"hier auf den 9.04 Uhr nach Dresden fahrenden Schutz lt<l" zug geschossen und eine Fensterscheibe zertrümmert. Die Täter sind junge Leute und wollen, wie sie angeben, auf eine Scheibe geschossen haben. * Grimma, 19. Mai. (Der erste diesjährige Tonderzug), der am Sonntag früh von Leipzig nach Naunhof und Grimma ab gelassen wurde, war nur mäßig in Anspruch genommen. Nach hier führte der Zug reichlich 200 Besucher. * Planen i. V., 19. Mai. (Todessprungvonder Gölüfch - talbrücke.) Gestern abend gegen ' 28 Uhr sprang ein etwa Mjähriger unbekannter Mann von der hohen Goltzschtalbrücke in selbstmörderischer Absicht ab und wurde auf Ober-Mylauer Flur in sehr bedenklichem Zu stande aufgehoben. Legitimationspapiere fehlten bei ihm. -II- Radegast, 18. Mai. (FriedhofSschündung.) In rohester Weise sind gestern nachmittag auf dem hiesigen Gottesacker die Denkmäler von etwa 20 Gräbern, zumeist Kindergrübern, umgeworfen und zertrümmert worden. Die Täter sind noch nicht ermittelt. -0- Liebstadt b. Pirna, 19. Mai. (Tiefe Trauer) ist auf Schloß Kukukstein, dem bekannten romantischen Sitze derer v. Tarlowitz, eingekehrt. In Neapel erlag dem Typhus Dr. Alfred Hösch. dessen Ver mählung mit der ältesten Tochter de» Kammerherrn v. Carlowitz-Liebstadt vor zwei Monaten stattgefunden hatte und den jetzt auf der Rückkehr von der Hochzeitsreise in Neapel die tückische Krankheit packte. Der Verblichene ist der Sobn des bekannten Großindustriellen Kommerzienrats Hugo Hösch zu Hütten bei Königstein. wohnhaft, -ab eine Schilderung, wie der -auf mit Reichert zustande gekommen ,st. neu« Momente ergaben sein« Äu-saoen nicht. Sein« Darstellung deckt sich mit den Tatsachen, wie wir sie schon wiedergegeben haben. Die Verhandlung wurde sodann auf Di«n»tag vertagt. Ueber die fortgesetzte Verhandlung am gestrigen Tage ist weiter zu berichten, daß Kaatzsch in seiner Zeuaenaus age auch in diesem Haue, wie schon vorher bezüglich des Pferdeyandels auf dem Zwenkauer Schützen feste, alle möglichen Einzelheiten angegeben, die sich bei der Unter redung Gerickes mit Reichert im Börsenrestaurant am 20. Juli abge- spielt yaben sollten. Er will selbst am Nebentische gesessen haben, die beiden hätten sich auf 3000 „il. Nachlaß geeinigt, Gericke habe sich ver- pflichtet, die rückständigen Zinsen nachzuzahlen. Im Termin vor dem Landgericht in Halle am 29. September 1902 hat Gericke mit aller Entschiedenheit bestritten, daß Kaatzsch bei der Unterredung im Börsen restaurant zugegen gewesen und nachher bis an das andere Restaurant mitgegangen sei, er, Gericke, kenne Kaatzsch überhaupt nicht. Kaatzsch bleibt dabei, daß er die rein« Wahrheit gesagt habe, er habe auch stets verlangt, daß ihm die Gegenzeugen Auge in Äuge gegen über gestellt werden sollten, warum denn das nicht geschehen sei? Er behauptet auch, daß er drei Agenten kenne, die seine Angaben be- stätigen würben, er wolle die Leute aber nicht nennen. — Der An geklagte Kühn ert hat schon früher ein teilweises Geständnis abgelegt, daß er nicht ganz die Wahrheit bekundet habe. Er hat nämlich beschworen, daß Gericke dem Reichert im „Dresdner Hof" in Sellerhausen ganz ausdrücklich versichert habe, die auf dem frag lichen Grundstücke stehenden Hypotheken seien noch auf mindestens fünf Jahre fest, er, Kuhnert, habe mit an demselben Tisch gesessen. Kühnert widerruft heute sei« Geständnis, er will dem Gespräche zwischen Gericke und Reichert doch beigewohnt haben, er habe auch gekört, daß die Hypotheken nach GerickeS Ver sicherung fest seien. — Müller, der dasselbe wie Kühnert beschworen hat, versichert ebenfalls, daß er nur die Wahrheit gesagt habe. Müller soll, als in Naumburg gegen den Mitangeklagten Schindler eine Ver handlung geführt worben war. zu der Reichert, der sich zu jener Zeit schon in Hast befand, durch ein Transporteur gebracht worden war, ein sehr großes Interesse für Reichert an den Tag gelegt haben. Mit mehreren Bekannten hat er vor dem Bahnhöfe auf Reicherts Ankunft gewartet, hat sich an die Droschke herangedrängt, in der Reicher saß, und hat ihm zugerufen: 1 »Franz, verrate nichtSl" Müller machte den noch als Zeugen zu vernehmenden Kaufmann Gericke sehr schlecht, auf besten Aussagen nicht das mindeste zu geben sei. — Der Kaufmann Gericke, jetzt in Groß-Lichtersetd« bei Berlin bängiakeit von ArenS vorgeworfen. Es aeuüge -u konstatieren, baß Aren» selber entschieden sich gegen RörigS Verdächtigung wend«! Selbst verständlich muhten eine ganze Reihe von Parallelen sich ergeben, da die zwei Autoren «in aufs engste verwandte- Thema behandelten. Sodann konstatierte Markgraf: Sein Werk sei als ein Teil von Lamprechts „Geschichtlichen Untersuchungen" erschienen; RörigS Besprechung in der von Professor Seoliger herauSgegebenen historischen BiertnjahrSschrift. Und gerade in dieser Zeitschrift — die Beziehungen der Professoren Geeliger und Lamprecht seien bekannt — sei ver erwähnte Vorwurf er hoben worden, den seines Wissens sonst kein Kritiker «schoben babe. Die mit wohltuender Ruhe und Sachlichkeit voraetragenen AuSfichrungen wirkten allgemein überzeugend. Reicher Beifall folgte dem höchst »n- bestreichen Vortrag«. ' Lntomobilrmordsahrt Paris—Moskau. Der cm der Fochrt be teiligte de Dietrich-Wagen, der Pari» am 21. Mai verläßt, um die kolossale Strecke von 3000 Kilometer ohne jeden größeren Aufenthalt zurückzuleaen, wird unsere Stadt am 22. Mai, nachmittag» zirka um 6 Uhr passieren. Er wird bei der hiesigen Vertretung der Continental CaotchE- und Gutta-Percha-Compagnie, die die Bereifung deS Wagens geliefert hat, in der Pfafjendorser Straße 20, kurze Rast halten, um Benzin, Lebensmittel usw. einzunehmen. Sicher werden e» viele Sportfreunde nicht vtzrsäumrn, bei dieser Gelegenheit den Dagen in Augenschein zu nehmen. * Abgestürzt. Auf einem Neubau in der Dörrienstrahe stürzte gestern ein dort beschäftigter 17jähriaer Arbeiter infolge eine» Fehltritt» 1^> Meter tief ab. Er zog sich Verletzungen am Unterleib« zu und fand Aufnahme im Krankenhause. * 8eiche«li«dung. In der Nähe der Fregestraße wurde heute mittag aus der Alten Elster ein unbekannter, etwa 50 Jahre alter Mann al» Leiche au» dem Wasser gezogen. Der Leichnam wurde nach der Anatomie gebracht. — Im Pleißenhochflutkanale wurde heute morgen ein unbe kannter männlicher Leichnam aufgesunden. Der Tote ist etwa 30 bi» 35 Jahre alt und dem Ärbeiterstande angehörig. * Uabold im Roseutal. Ein Unbekannter, der sich an Kinder heran macht und sie in unsittlicher Weise belästigt, machte sich im Rosental bemerkbar. Der Unhold ist 20—22 Jahre ält, von kleiner Gestalt, hat dunkles Haar, trug dunklen Anzug und schwarzen weichen Hut. * Provisionss«bwi«dler. Zur Rechenschaft gezoaen wurde ein 19 Jahre alter Reisender aus Alienstein, oer in einer hiesigen Puchhand- lung in Stellung war und sich durch Aufgabe fingierter Bestellungen Provisionen verschaffte. * Einbrüche und Diebstähle. Einbrecher drangen in eine Fabrik kn der Eilenburger Straße «in. Da sie zum Mitnehmen nichts Nennenswertes vorsanden, zerschnitten sie au» Aerger eine An zahl Treibriemen und richteten einen Schaden in Höhe von mehreren hundert Mark an. — Ferner wurde eingeorochen in einFriseurge- schäft inderKvchstraße und daraus «ine Anzahl Toilettengegen- ständde, sowie ein Geldbetrag entwendet. — Gestohlen wurde auf dem Meß platz ein schwarzseidener Damenschirm mit goldenem, runden Knops: auS einem Caf« am AugustuSplatz ein Sommerüber zieher von grauem, grüngestreiftem Stoff, mit hellgrauem seidenen Futter, ein grauer, wcichtzr Filzhut und ein Herren-Regenschirm: in der Kreuzstraße ein Fahrrad: aus einer Badeanstalt im West viertel ein hellgelber, dunkelgestreifter Sommerüberzleber mit gelb seidenem Futter, ein marineblaues Herrcnjackett, eine Doublekette mit Zigarrenabschneider u. v. 0. In den Kleidungsstücken befindet sich die Firmenbezeichnung „Franz Aknert". Den Diebstahl verübten zwei Un bekannte, etwa 18 bis 20 Jahre alt, von denen einer ein Jackett zurück ließ, mit der Firmenbezeichnung „C. Lindner", Dresden": auS einer Gärtnerei an derDemmeringstraße zwei Lorbeerpyra miden und mehrere Körbe mit Topfpflanzen. * Straf,ennnfällr. Von einem Radfahrer wurde gestern in der Gun- dorfer Straße in Lindenau ein vierjähriger Knabe umgerissen und brach den linken Unterschenkel. Ein Verschulden des Radfahrers an dem Un. glücksfalle erscheint ausgeschlossen. — In der Waldstraße rannte gestern ein hiesiger Buchdrucker an einen im Gange befindlichen Straßenbahn wagen an und erlitt eine Verletzung am Kopfe, die die Anlegung eines Notvcrbandes erforderlich machte. — In der Kantstraße stürzte heute morgen ein Pferd in eine Düngergrube und mußte von der Feuerwehr wieder bcrauSgczogen werden. Sport. Radsport. D Guiguard, der Sieger des Steglitzer Goldenen Rades, disqualifiziert. Das am Sonntag wegen Regens verschobene 100-Kilometer-Rennen um das Golden». Rad von Steglitz kam, wie bereits berichtet worden ist, am Montagabend zur Entscheidung. Guignard hatte nach dem Start zuerst Anschluß gefunden und legte sofort ein derart scharfes Tempo vor, daß ec seine Gegner nach Gefallen überrundete. Auf dem zweiten Platz lag anfang» Demke, doch fiel dieser durch verschiedene Raddefekte, die ihn zum Maschincnwechsel zwangen, auf den vierten Platz vor dem nur spazieren fahrenden Dickentmann zurück. Ter ein gleichmäßiges Tempo fahrende Robl endete al» Zweiter vor Goor, Demke und Dickentmann. Zur allgemeinen Ueberraschung wurde jedoch Guignard, der das Nennen in 1 St. 11 Min 20^L Sek. (nicht 1 St. 29)^ Sek.) mit großem Vor- sprung gewann, wegen unvorschriftSmäßiger Gamaschen seines Schutt macher» disqualifiziert und auf den letzten Platz verwiesen. Dadurch kam Robl, der die 100 Kilometer in 1 St. 14 Min. 40 Sek. beendete, zu einem unverhofften Siege. T I» Raila«s wurde der Holländer Stol in einem Match über 15 km vou Lequrtn geschlagen, weil die FührungSmaschlne des Holländers Motor defekt hatte. N»r»er ans alle» Welt. Die Unterfchleife auf der Kieler Werft. In Sachen der großen Unterschleife, die Berliner Kriminalbeamte auf der Kieler Werft aufgedeckt haben, sind jetzt noch, wie da« „Berl. Tagebl." mitteilt, zwei Personenverhaftet worden. Die an den Unterschleifen Beteiligten befinden sich alle in Untersuchungshaft: der Hilfsschreiber Friedrich PeterS, die Magazinverwalter Faßbutter und KarkowSki, die Buch. Halter Krause und Niemann und der Rollkutscher Müller von der Speditionsfirma Klunders Witwe in Kiel. Die Veruntreuungen be gannen schon im September vorigen Jahre». Damal» setzte sich PeterS, die Seele des Unternehmens, mit den anderen in Verbindung. Die Beute wurde für Zehntausende von Mark nach Berlin an gutgläubige Ab nehmer geliefert. Peter» ist schon mit sechs Jahren Zuchthaus bestraft. Er wollte sich, da er mit seinem Gehalt von 100 seine Familie nicht er- nähren konnte, einen Nebenverdienst schaffen und geriet so auf Abwege. Peter» ließ sich dann Briefe und Umschläge mit Angabe von Wohnung und Fernsprechanschluß drucken und benutzte sie, um in Berlin große Sen- düngen von Tauen, Oel, Farben, Mennige, Quecksilber anzubieten. Die Leute, an die er sich wandte, mußten annehmen, daß sie cs mit einem Kieler Geschäftsmann zu tun hätten, zumal da auch nicht allzu billige Preise vereinbart wurden. Sobald die Helfershelfer von PeterS den Kon. trollbezirk der Werft verlassen hatten, zerrissen und vernichteten sie die gefälschten Frachtbriefe, ersetzten sie durch neue von der Firma Friedrich PeterS und sandten die Waren nach Berlin. Es ging so lange gut, bis rS einer Berliner Spedition»-Doppelsirma auifiel, daß nur Sachen angeboren und gesandt wurden, wie sie auf der kaiserlichen Werft gebraucht werden. Die Firma teilte ihren Verdacht der Polizei mit, und ein Berliner Kriminalkommissar wurde mit einem Beamten nach Kiel gesandt, wo er das ganze Treiben aufdeckte. Als die letzten Teilnehmer wurden jetzt Müller und Krause verhaftet. In Berlin hat sich nach den bisherigen Feststellungen niemand einer strafbaren Handlung schuldig gemacht. Für etwa 20 000 .it gestohlene, aber noch nicht verkaufte Waren konnten noch angehalten und oer Werft zur Verfügung gestellt werden. Esta -kachspiel zur Hau-Affare. (Olga Molitor als Klägerin.) (Fortsetzung.) 8. u. ». Karlsruhe, 18. Mai. Zu Beginn der Nachmittagvsitzung, der auch Fräulein Olga Molitor wieder beiwohnt, erklärt Rechtsanwalt v. Pannwitz: Ich habe vor einigen Tagen, um di« Wahrheit der amerikanischen Zeugenaussagen zu beleuchten, in der Form von Fragen Ausführungen zitiert, die oer Botschaftsrat Witte in einer Broschüre niedergelegt hat und in denen der Generalkonsul Schönfeld eine sehr schlechte Rolle spielt. Dec Beklagte Herzog hat darauf die Broschüre eine Schmähschrift genannt. In- zwischen hat auch Generalkonsul Schönfeld an mich einen Brief ge- richtet, der von meiner Loyalität eine öffentliche Berichtigung der un- günstigen Aussagen Witte» über ihn erwartet. Zugleich ist mir ein Brief de» ehemaligen deutschen Botschafter» in Amerika v. Holleben überreicht worden, in dem eö wörtlich heißt: „Ich stehe nicht an, Herrn Prof. Schön feld als einen hochangesehenen würdigen Mann zu bezeichnen und bestätige, daß mir niemals über ihn eine ehrenrührige Handlung mitgeteilt wurde". Ferner habe ich einen Brief des ehemaligen deutschen Reichstagsabgeordneten Louis Viereck erhalten, der jetzt in Amerika lebt. Den Brief kann ich wegen des stark beleidigenden Inhalt» gegen Witte nicht im Wortlaut wiedergeben, e« geht aber auch aus ihm hervor, daß Viereck Schönfeld für einen hochgeachteten Mann hält. Auf Grund dieses Materials erkläre ich: In der Erkenntnis, daß kränkende Behauptungen, die durch die Presse veröffentlicht worden sind, so schnell al» möglich zu redressieren sind, daß die Quellen, auf Grund deren ich pflichtgemäß meine Fragen an die Zeugen richtete, nicht einwandfrei sind. — Justizrat Bernstein: Nach unseren Ermittelungen war Witte übrigens nie Botschaftsrat. Wir haben außerdem erfahren, daß er gegen ein Schweigegeld von 1500 die Vernichtung seiner Schmähschrift den Beleidigten anbvt. — Es wird sodann-als Sachverständiger der Büchsen, macher Heinrich Andree au» Karlsruhe vernommen. Ec ist bereits iin Hau-Prozeß als Sachverständiger vernommen worden. Er bekundet heute, daß er nicht eigentlicher Schiehsachverständiger sei. Seine Arbeit sei nur eine geringe gewesen, da man weder da» Geschoß noch die Waffe gefunden habe. Ob der Täter ein Riese oder einZwerg gewesen sei, sei gleichgültig, fest stehe, daß er zielte und den Arm dorthin streckte, wo er treffen wollte. Schießversuche seien nicht nötig. Nach seinen Berechnungen sei der Schuß auf 80 Zentimeter und näher au« einer guten und starken Waffe mit ScHwarzpulver abgegeben worden. Die Frage, ob Frl. Olga Molitor die Täterin sei, sei aus dem Bereich seiner Betrachtungen aus geschlossen. — R.-A. Oppenheimer: Ist dem Herrn Sachverständigen an den Kleidungsstücken etwa» ausgefallen? — Sachverständiger: Die Stelle an der Einschußöffnung schien ausgewaschen zu sein. — R.-A. Oppenheimer: Wer mag an dem Stoff mit Wasser operiert haben? — Sachverständiger: Es kann auch sein, daß die Spuren durch Blut verwischt sind. — Auf Befragen des R.-A. Bernstein stellt der Sachverstänoige nochmals fest, daß e» ausgeschlossen sei, daß der Täter viel weiter als 30 oder 35 Zentimeter von der Ermordeten entfernt stand. — Sachverständiger: Ich muß noch ausführen, daß Frl. Olga Molitor nicht die Täterin sein kann. — R.-A. v. Pannwitz: Dos werde ich schon besorgen. — Der nächste Sachverständige ist Oberingenieur Sieber von den Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken in Karlsruhe. Nach der Meinung des Sachverständigen, der keinerlei Schiehversuche angestellt hat, ist der Schuß auS etwa 10 Zentimeter Entfernung gefallen und zwar - auS einer großkalibrigen Waffe von etwa 9 Millimeter, doch könnte auch eine Waffe von 7,7 Millimeter in Betracht kommen. Der Sachverständige legt zahlreiche Muster von Schußansichtcn auf schwarzem Stoff vor. Durch die Pulvergase erfolge eine Hautvcr- hrennung bis zu einer Entfernung von 20 bis zu 30 Zentimeter. Der Täter stand dort, wo er tödlich treffen mußte. Der Schuh kam nicht von einer urmcschickten Hand, es war ein Meisterschuß von einer absolut "sicheren Hand. Der Täter war ein raffinierter Schütze, der hinter-den ' Dvmen Hkryrna. Die Schußrichtung von unten nach oben war ?(ne rein- zufällige. — Sachverständiger Fabrikdirektor Behr (Suhl) schätzt die Schußentfernung auf 5 Zentimeter. Es sei aber wohl nicht ein S-Milli. meter-Rcvolver, sondern eine Repetierpistole mit einem Mantelgeschoß in Anwendung gekommen. — Sachverständiger Dr. Men de-Ern st (Zürich): Die blauschwarze Färbung der Wundränder rührt von einer Quetschung her. Die Entfernung der Waffe vom Körper betrug höchsten» 5 Zentimeter. Da» Sektionsprotokoll de» Dr. N e u m a n n sei nicht aus- reichend, da es Irrtümer nicht auSschließt. Wenn das Sektionsprotokoll richtig gewesen wäre, dann hätte niemand daran gedacht, Fräulein Olga Molitor der Täterschaft zu beschuldigen. — Es folgen die Gutachten der weiteren Sachverständigen, die sich bis in die späten Abendstunden hin- ziehen. — Da« Urteil dürfte kaum vor Donnerstag zu erwarten sein. (Fortsetzung folgt.) Zur Expl«si»n «uf dem Kruppsche» Werk in Essen wird weiter ge meldet, daß e» der Feuerwehr nach angestrengter Tätigkeit gelang, sämt liche in dem Laboratorium beschäftigten Arbeiter unter den Trümmern hervorzuholen. Drei Arbeiter erlagen alsbald ihren Ver letzungen,sieben wurden schwerverletzt in» Hospital geschafft. Da« Laboratorium, in dem Pikrinsäure nebst anderen Lhemikalien lagerte, liegt unter der Erde. Weitere Explosionen werden befürchtet. Ueber die Ursache der Katastrophe verlautet, daß bei Ver suchen mit einem neuen Sprengstoff eine Granate explodierte. Kampf mit Wilderern. Au» Stuttgart meldet ein Telegramm: Im Walde bei Weilderstadt fand ein erbitterter Kampf -wischen dem Förster Widmann und einigen Wilderern statt. Ein Wilderer nainen» Lutz wurde erschossen, der Förster erlitt schwere Verletzungen. Sächsischer Landtag. (Telegraphischer Vorbericht.) ?. Dresden, IS. Mai. (Privattelegramm.) Die Zweite Kammer überwies heute nach kurzer, unwesent licher Debatte die mit Dekret Nr. 50 vorgelegte zweite Ergänzung zum ordentlichen Etat 1908/09 der Finanzdeputation — Nächste Sitzung morgen vormittag 10 Uhr: Etat der Volksschulen und Bericht der Finanzdeputation 11. über Dekret 17, Besoldungsordnung für Volks- schulleyrer. Außerdem einige Rechenschaftssachen. Die Erste Kammer befaßte sich in ihrer heutigen Sitzung fast ausschließlich mit Eisenbahnsachen, die in Uebereinstimmuna mit den Be schlüssen der Zweiten Kammer und den Regierungsvorlagen erledigt wurden. Ferner bewilligte sie Kavitel 10 bis 12 des ordentlichen Etats, Braunkohlenwerk Leipnitz, staatliche Erzbergwerke und Hüttenwerke bei Freiberg. — Nächste Sitzung morgen vormittag 11 Uhr: Verschiedene Eisenbahnsachen, darunter Erweiterung des Bahnhofes Oschatz und Petitionen. Nach Schluß der Redaktion. Zur Erkrankung dr» Prinzen Max. Iö. Dresden, 19. Mai. (Privattelegramm.) Im Auftrage deS König hat sich heute der Leibarzt Geh. Rat Prof. Dr. Fiedler nach Frei, bürg begeben, um den Gesundheitszustand des Prinzen Max festzu. stellen. Nach einer inzwischen hier eingegangenen Mitteilung de» Privat, sekretärs deö Prinzen hält letzterer seine Vorlesungen an der Universitär wie gewöhnlich ab und hat überhaupt bisher in seiner gewohnten Be schäftigung keine Aenderung eintreten lassen. Major Donath und Dr. Peters. 1. München, 19. Mai. (Privattelegramm.) Major Donath hat an den Rechtsbeistand von Dr. Peters, wie die „B. Z. a. M." meldet, Herrn Rechtsanwalt Dr. Rosenthal, folgenden Brief gerichtet: „Angesichts der drei später ergangenen, nachstehenden gerichtliches Urteile: , 1) Nürnberg, 30. November 1907. Behauptungen, welche das subjektive Schuldbewußtsein betreffen, wurden zugunsten Dr. Peters' widerlegt. 2> Köln, 22. Januar 1908. Die Frage, ob Dr. Peters sich für berechtigt und verpflichtet halten konnte, die Todesstrafe auszusprechen, ist zu bejahen. 3) Breslau, 14. März 1908. Peters hat in dem Bewußtsein, sein gutes Recht auszuüben und das Wohl der ihm anvertrauten Station zu wahren, also nicht aus ehrlosen Motiven, gehandelt, hat sich meine am 30. Juli und 10. Oktober ausgesprochene Ueber- zeugung modifiziert, so daß ich die mir damals entsprungenen Beleidigungen gegen Dr. PeterS bedauere. Donath." Mit Rücksicht auf diese Erklärung des Majors wurden der Straf antrag, sowie die Privat klage, die heute, am IS. Mai, zur Verhandlung kommen sollte, zurückgezogen. Zola im Pantheon. L. Paris, 19. Mai. (Privattelegramm.) Für die am 4. Juni er folgende Beisetzung Zolas im Pantheon sind bereits alle Vorbereitungen getroffen worden. Tie Ausschmückung des Pantheons, sowie das Beisetzungszcremoniell werden die gleichen sein, wie seinerzeit für Viktor Hugo. Enthüllungen über die amerikanische Polizei. n- London, 19. Mai. (Privattelegramm.) Die Blätter veröffentlichen folgende Depeschen aus New V"rk: Die amerikanische Polizei bedient sich unerlaubter Methoden, um Geständnisse aus verdächtigen Personen herauszupressen. Ein Fall, der soeben enthüllt wurde, erregt in,Amerika lebhaftes Aufsehen; denn die angewendetcn Mittel der Polizei erinnern an die Foltern des Mittelalters. In New Jersey fand man einen Farmer, dessen Frau sowie dessen Dienstmädchen tot auf. Alle drei waren ermordet worden. Die Polizei verhaftete nun den tschechischen Bauer Zastara, der aber seine Unschuld beteuerte. Nun zwang ihn die Polizei zu einem Geständnis. Man ließ ihn das Gewehr in die Hand nehmen, mit dem der Mord begangen worden war, darauf mußte erda-blutige Hemd des Ermordeten anziehen und schwören, daß er den Mord nicht begangen habe. Plötzlich wurde er vor die Leichen der drei Ermordeten gebracht und gefragt, ob sie nicht abgeschlachtet worden seien. Durch diese Mittel bequemte ec sich schließlich zu einem „Geständni s". Wie der „Daily New»" nun aus New Aork gemeldet wird, hat sich herausgestellt, daß der tschechische Bauer gänzlich unschuldig an dem Verbrechen istl Shedrama. Ll. Magdeburg, 19. Mai. (Privattelegramm.) Ter Arbeiter Her. mann Jleer verwundete heute früh seine von ihm getrennt lebende Ehe- frau durch einen Revolverschuß schwer und erschoß sich dann selbst. r>. Schöneberg b. Berlin. 19. Mai. (Privattelegramm.) Der Ma gistrat beschloß gestern, in Schöneberg ein Krematorium zu errichten. Letzte Hanöelsnachvrchten. Berliner Nachbörse vom l S. Mai 2 Uhr 45 Min. Aredltaktten Franzosen Lombarden Disco nco Deutsche Boni Hondelages. TreSdn. «an! Lärmst. Bant Nationalbank Vchaasshaufen Sommerzdank Lübecker Prim Heinrich Warsch.-Wten 103.50 Baltimore 42.— Lanada fS/.SV Pennsylvania 120.40 Miitelmeerd. — Meridionald. Solthakv Spanier Nid Porlugtes. Lhtuesen Japaner Unis. Dürren Dürkenlos« 134.30 64?- Dynam^Lrust Nordd. Lloyd Hamb. Packeis. Hansa Lamps. 3°/, Retchsanl. «L Anaiolin Orirntbakmen »r.Berl.Strah Russisch« «an» IlXLer Russen Wiener Bank«. LesttLäuderdl. Laurobütt« 213,40 Ztmltch sest. ' verlt«, 19. Mat, 2 Uhr 2V Mtn. V roduktenbärs«. Wei»«» Mat—,—, Juli 215^75. Sevtvr. 191.Ä- Roggen Mai 145,—. Juli 141.75 September 1774)0. Haler Mai 161.—, Juls 164,—. Mai« Mat 16V,—, Juli 146,-. Rüb öl Mai 7*50, Oktober 64.1V- Spielplatt Ser Leipziger Stadttyeater. Neue» Theater. Dienstag, den iS. Mat (ILO. Abonnement« - Vorstellung, 2. Serie, rov: Lee Wtttlckütz. Anfang 7 Uhr. — Mittwoch, den 2V. Mat liSl. «bonnemrnls-vorstelluag, S. Gerte, «etß): Margarete. Alte» Tbeater. Dten«tag, den 19. Mat: Ler Mau» mit de» »ret -raue«. Anfang V» Ubr. — Mitt» woch, den 2V. Mat (II. volkstüml. Vorstellung ,u halben Pretleu): Aapsrnstreuh. Spielplan -«» vereinigte» Leipziger ScyansptelhS»s«r. Leipziger 2chauipteihau«. Dient!»g, den 19. Mat «Vorstellung ,u halben Vretsen): La» GlLck t» Wtnlel. An fang Uhr. — Mtltwoch, den 29. Mat (SS. Montags-Abonnement): neu einstud,: »,» Henle. Neues Vperetten-Thealer. Teutral-Theater. Dtentiaa, den 19. Mai: rer »ternhenter. Anfang 8 Uhr. — Mtltwoch, d« 2Ü. Mal: kcr ttoele vaurr. Chefredakteur: Adolf Acht«»«. Verantwortliche Redakteur«: gür Polt«» 0. vchützr, dt« Hanbelsjettung L MU»«», lokal« und sächsische Angelegenheiten ». ». vnttla», da» Feuilleton «. U. HEM, Musik L. Aegnt», Mußestunden und vermischtes M. Veh»«», «Port und »ertchWsaat A. Gaarfel». Für den Inseratenteil «. vr«tsch»«t»er. Sämtlich t, Letpgtg. Druck und Verlag don «. P-l« «n Leipzig. Zulchristen sind nicht persSnIich, sondern an den Verlag dt« NttaM»» »» pich aipedtUn» richten. Di« p»rliege»p« R»»»er »»faßt s Veite». ,