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Waterläu-ifcheS — Dem kürzlich in den wohlverdienten Ruhestand getretenen Dom prediger Franz wurde an demselben Tage, an dem er vor 50 Jahren nach Meißen gekommen war, dem 8. März, das von Sr. Majestät dem König in Anerkennung seiner langjährigen ersprießlichen Wirk samkeit ihm verliehene Ritterkreuz erster Klasse vom Albrechtsordcn durch die Kircheninspektion, Amtshauptmann von Bosse und Superin tendent Dr. Ackermann in seiner Wohnung ausgehänvigt. — Im Gutsbesitzer Fehrmann'schen Steinbruche in Rotte Witz ist von herabstürzendem losen Gestein ein daselbst beschäftigter Stein brecher so unglücklich getroffen worden, daß derselbe einen Schädelbruch erlitt und auf der Stelle seinen Tod fand. Der Bedauernswerthe, welcher erst seit 3 Tagen im Bruche beschäftigt war, ist ein junger Mensch von 23 Jahren. — Zur Warnung für leichtsinnige Knaben wird dns Urthcil des Bautzener Landgerichts dienen, welches einen 12'/2jährigcn Schulknaden aus Reichenau mit einer 1jährigen Gefängnißstrafe belegt hat, weil derselbe einen faustgroßen Stein auf die Schienen der Se- cundärbahn gelegt h üte, um zu sehen, ob der herannahendePersonen- ug den Stein zerdrücken werde. — Die sächsischen Sparkassen, deren Ergebnisse für das Jahr 1884 nun zusammcngestellt sind, haben sich auch in diesem Jahre in erfreulicher Weise weiter entwickelt. Während der letzten 5 Jahre sind im Königreich Sachsen 16 Sparkassen entstanden und bei sämmt- Uchen Sparkassen 445 Mill. Mark in 4,8 Mill. Posten eingezahlt, sowie 417 Mill. Mark in 3,1 Mill. Posten zurückerhoben worden. Das Sparkassenguthaben der Einleger wuchs in dieser Zeit um 78 Mill. Mark, d. i. um etwa 26 Mark für jeden Kopf der ca. 3 Mill, zählenden Bevölkerung. — Am d. d. M. und folgende Tage hat eine abermalige Aus- wsung Königlich Sächsischer Staatspapicre stattgefundcn, von welcher Uc 4"/a Staatsschulden-Kassenscheine vom Jahre 1847, 30/0 Staats chulden-Kassenscheine vom Jahre 1855, ingleichen die am I. Juli l885 mit 8 i/zO/o Prämienzuschlag rückzahlbar werdenden 4"/„ sächsisch- chlesischen Eisenbahnaktien betroffen worden sind. Die Inhaber der iknannten Staatspapiere werden hierauf noch besonders mit dem Hin- »sügen aufmerksam gemacht, daß die Listen der gezogenen Nummern " der Leipziger Zeitung, dem Dresdner Journal und dem Dresdner wzeiger veröffentlicht, auch bei sämmtlichen Bezirkssteuer-Einnahmen ^»d Gkineindevorständen des Landes zu Jedermanns Einsicht ausgelegt "erden. Mit diesen Listen werden zugleich die in früheren Terminen lusgeloste», aber noch nicht abgehobenen Nummern wieder aufgerufen, "eren große Zahl leider beweist, wie viele Interessenten zu ihrem Scha an die Auslosungen übersehen. Es können dieselben nicht genug davor I.ewarnt werden, sich nicht dem Jrrthume hinzugeben, daß, so lange 'b Zinsscheine haben und diese unbeanstandet eingelöst werden, ihr Spital ungekündigt sei. Die Staatskassen können eine Prüfung der Wen zur Zahlung präsentirten Zinsscheine nicht vornehmen und lösen ^dcn echten Zinsschein ein. Da nun aber eine Verzinsung ausgeloster Kapitale über deren Fälligkeitstermin hinaus in keinem Falle stattfiu- ^et, w werden die von den Betheiligten in Folge Unkenntniß der Aus- Wung v^t erhobenen Zinsen seinerzeit am Kapitale gekürzt, vor welchem oft empfindlichen Nachthcile sich die Inhaber von Staatspa- pieren nur durch regelmäßige Einsicht der Ziehungslisten (der gezoge nen wie der restirenden Nummern) schützen können. — Dem Vernehmen nach beabsichtigt Herr Generalstaatsanwalt von Schwarze am 1. April in den Ruhestand zu treten. Ein WgjährigeZ Kehlkopfleiden macht ihm die ungestörte Ausübung seines veruses leider unmöglich und so wird man mit allgemeinem Bedauern "bedeutenden Jurist aus seiner Stellung scheiden sehen, in welcher ach um die Rechtspflege unseres engeren Vaterlandes hoch verdient "»lacht hat. — In Naundorf bei Großenhain folgten zwei größere Unfälle aufeinander. Am 9. März exploMrtc der Dampfkessel der Bo- »stt'schen Kattunfabrik, was ohne Verletzung von Menschen und ohne >Mre Gebäuoebeschädigungen verlief. Am 13. d. entstand in dem ?Vschen Gute ein Schadenfeuer, durch welches drei Scheunen und ^ Wohnhaus in Asche gelegt wurden. Es wird allgemein Brand- ^»8 vermuthet. Einen grauenvollen Tod erlitt am Donnerstag gegen Abend »ebenjährige Knabe des mechanischen Webers Herold in Elster- Derselbe war mit einem Kameraden der Magd, trotz des Ver- h berselben, nach der Scheune gefolgt. Daselbst spielten die Knaben »b „Verstecken" und kletterten in der Scheune empor. Da plötzlich der eine herab und fiel so unglücklich auf einen unten Schlitten, daß ihm ein hervorstehendcs Stück Eisen, auf Kb l>>e Deichsel geschraubt wird, zum Munde hinein und unter- b Schlafes wieder herauskam. In wenig Minuten war er o^^inen ganz unerwarteten Verlauf nahm in Zwickau ein sonst h ^Mches Damenkränzchen, das sich, wie an jedem Mittwoch, Atzten in einer Restauration der dortigen Nordvorstadt zu- 1, ^fsunden hatte. Bereits im Vcreinslokale hatten böse Zungen irr wen Konflikt heraufbeschworen, der auf dem Heimwege einen 'erkun äderen Charakter annahm. Die gegenseitigen höhnischen l lan gingen bald in ein lautes Schreien und Toben über und Aava ^hrte es, so war eine allgemeine „Hauerei" bereits flott V'r"" der sich circa 50 Repräsentanten der „zarten Weiblich- ten sagten. Als die Polizei auf dem Kampfplatze erschien, ver- , j»?A wieder alle in schönster Harmonie zur Flucht. Einige ktz doch ihrer Schwachfüßigkeit zum Opfer gefallen sein. Die Grafen von Dürrenstein. Original. Roman von Emilie Heinrichs. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Für meine Tochter besonders möchte ich diese Wandlung an ihrem Verlobten als ein glückliches Omen bezeichnen," fügte die Ba ronin hinzu. „Bah, meine Gnädige!" lächelte der Prinz wegwerfend, „wer dürfte sich von solcher Maske täuschen lassen? Die angeborne Wild heit wird früh genug wieder durchbrechen. Was mich persönlich an betrifft, so hätte ich den Grafen Albrecht lieber als Wilden heimkehren sehen, da die Höflingsmaske mich um die Zukunft der Baronesse — ah, dort sehe ich den Baron mit der schönen Tochter kommen," unter brach er sich lebhaft, „man erzählte mir so viel von der kostbaren Waffensammlung Ihres Gemahls —" „Er besitzt nur wenige, aber sehr seltene Waffen," fiel die Baronin rasch ein, „mein Gemahl wird entzückt sein, Ew. Durchlaucht dieselben zeigen zu dürfen/' Der Baron, welcher sich im selben Momente vor dem Prinzen verbeugte, blickte fragend auf. „Es handelt sich um Ihre Waffensammlung, lieber Baron!" nahm der Prinz rasch das Wort, wobei er eifrigst beflissen war, einen Sessel für Regina herbeizuschaffen, „die Liebenswürdigkeit der Frau Baronin hat mir die Aussicht eröffnet, Ihre Seltenheiten in Augenschein zu nehmen - ich bin ein großer Freund alterthümlicher Waffen." „Mein gnädigster Prinz würden durch Ihren Besuch mich ebenso sehr ehren als erfreuen," versetzte der Baron mit einer ehrfurchtsvollen Verbeugung. „Gut, dann werde ich morgen schon zu Ihnen kommen, Baron! — Apropos! der alte Graf Dürrenstein ist krank, wie ich gehört?" „Das Podagra plagt ihn einmal wieder so stark, daß er das Bett hüten muß, weshalb Gras Albrecht als Krankenpfleger, resp. Tröster ebenfalls daheim bleiben mußte, was unser Programm sehr unliebsam verändert hat." „Ich verstehe," nickte der Prinz, „wir sind in der That darauf begierig, den Majoratsherrn wieder einmal bei Hofe zu sehen. — Ob die Gräfin, seine Schwägerin, nicht mit dem zweiten Sohn, dem Grafen Franz — ah, wo ist dieser geblieben, Baron?" „Bedaure, mein gnädigster Prinz, die Antwort darauf schuldig bleiben zu müssen," versetzte der Baron achselzuckend, „der MajoratS- herr scheint selber in Unkenntniß darübrr zu sein." „Vielleicht auch verschollen?" sprach der Prinz halblaut, „sonder bar; ich war sehr befreundet mit dem Baron Egbert Dürrenstein, einem ebenso liebenswürdigen als vielseitig gebildeten jungen Mann, den ich seiner Zeit in Konstantinopel kennen lernte, wo er der Gesandt schaft attachirt war. Seine Aussichten sind durch die Rückkehr der Grafen Albrecht vernichtet worden, aber irre ich nicht, so ist er bereits seit Jahresfrist wieder auf Reisen gegangen. Können Sie mir viel leicht seinen jetzigen Aufenthalt nennen, Baron." „Ich bin untröstlich, mein Prinz, auch hierüber keine Mittheilung machen zu können." „Man munkelte viel von Zerwürfnissen zwischen ihm und dem alten Dürrenstein," fuhr der Prinz lächelnd fort, „nun, beim Himmel, eS muß auch kein geringes Kunststück für ihn gewesen sein, so lauge mit einem solchen Mann auszukommen." Der Baron lächelte, während seine Gemahlin hinter ihrem Fächer die Stieftochter beobachtete, welche aufmerksam den Worten des Prinzen lauschte. — Er war Egberts Freund, Grund genug für Regina, dem selben eine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. In diesem Augenblick näherte sich der Fürst seiner hohen Gemahlin, um ihr den Arm zu bieten und die Versammlung zu verlassen. Beide Herrschaften grüßten noch einmal ganz besonders huldvoll die Familie Einsiedel und entfernten sich; worauf nach wenigen Minuten der glän zende Saal öde und leer war. Nach diesem wichtigen Tage erschien Prinz Arnold häufig in der kleinen, bescheidenen Villa Einsiedel, und das elegante Koupee desselben, welches man fast täglich vorfahren sah, gab bald genug Anlaß zur Klatschsucht. Die vornehme Welt ergriff mit Freuden diese Gelegenheit, die schöne, beneidete Regina aus der besonderen Gunst der Fürstin zu verdrängen und der übermüthigen Baronin einen Schlag zu versetzen, welcher die Aussichten der Familie bei Hofe unrettbar vernichten mußte. Mittlerweile fühlte der junge Prinz, welchem bislang als ver wöhnten Liebling der Eltern kein irgendwie erreichbarer Wunsch ver sagt worden, sich namenlos glücklich in Reginas Nähe. Prinz Arnold war ein höchst liebenswürdiger Mensch, witzig und geistreich, hatte er sich mehr mit den schönen Künsten als mit der ernsten Wissenschaft beschäftigt, und besaß neben vielen edlen Eigenschaften einen höchst eigen sinnigen Charakter, welcher eine einmal gefaßte Idee mit allen Mitteln durchzusetzen, resp. zu verwirklichen suchte. Man wußte im Publikum sowohl als auch bei Hofe von mancher Liebschaft des Prinzen zu er zählen und selbst der fürstliche Vater drückte ein Auge zu, da von wirklichen Skandalen oder niedriger Gesinnung abseiten des vergötterten Sohnes niemals die Rede hatte sein können. Hier aber schien die Sache gefährlicher zu drohen. Die Baroneß Einsiedel war die wenn auch noch nicht offiziös proklamirte Verlobte eines der vornehmsten Mojoratsherren des Landes und ein Eklat, wenn nicht Einhalt geschah, unabwendbar. Als man die Geschichte heimlicherweise zunächst ins Ohr deS sittenstrengen und tiefreligiösen Erbprinzen flüsterte und dieser dem Fürsten davon Kunde gab, war der Brand schon zu groß in dem leicht entzündlichen Herzen des Prinzen gediehen, um an ein leichtes Löschen denken zu können.