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Wochenblatt sm Mts dmss Erscheint wöchentlich zweimal u. zwar Dienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne f Nummem 10 Pf. Tharandt, Ma, Menleha nad die Umgegenden. r- Imtsölull Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für dis Agl. Amtshauptmain,schäft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 194. Dienstag, Seu 27. Dezember 1892. Erlaß irrt die Herren Standesbeamten, die mnenvezeichneten Register-Auszüge betreffend. Die Herren Standesbeamten des hiesigen Bezirkes werden hierdurch darauf hingewiesen, daß von ihnen vom Jahre 1893 ab, und zwar bis zum (5. Januar jeden Jahres gemäß § 46 Punkt 7n der Wehr-Ordnung (Gesetz- und Verordnungs-Blatt vom Jahre 1888 Seite 609 flg.) den Ortsbehörden ihres Bezirkes je ein Auszug aus dem Geburts register des um siebenzehn Jahre zurückliegenden Kalenderjahres, z. B. zum 15. Januar 1893 ein Auszug aus dem Jahre 1876, enthaltend alle Eintragungen der Geburtsfälle von Kindern männlichen Geschlechtes innerhalb der Gemeinde unentgeltlich zuzustellen ist. Die Formulare zu diesen Auszügen werden demnächst übermittelt werden. Meißen, am 20. Dezember 1892. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Nirchbach. Bekanntmachung, die Wahl von Bezirkstagsabgeordneten ans den Höchstbefteuerten betreffend. Bei der am 19. dss. Mts. erfolgten Ergänzungswahl von Bezirkstagsabgeordneten aus den Höchstbesteuerlen sind die zeitherigen Herren Abgeordneten, als Rittergutspachter 8tei8br»Löthain, Ziegeleibesitzer »«Äolpl>-Cölln, Fabrikdirektor Hasse-Cölln, Gutsbesitzer «vi»1»«I»-Sachsdorf und Baumeister Otto-Meißen wieder gewählt worden. Meißen, am 22. Dezember 1892. Königliche Amtshanptmannfchaft. V. ILireNI»»«!». Donnerstag, den 29. dss. Mts., Nachm. 6 Uhr, öffentliche Stadtgemem-erathssitzung. Wilsdruff, am 24. Dezember 1892. Der Stadtgemeinderat h. Brgmstr. Im Monat Januar 1893 ist die hiesige Sparkassen - Expedition jeden Wochentag außer Mittwoch geöffnet. Wilsdruff, am 19. Dezember 1892. Der Stadtrat h. Brgmstr. Abonnement - Einladung. Die unterzeichnete Expedition ladet hier durch zu recht zahlreichem Neu-Abonnemen. auf das mit dem Januar beainnende* 1s. (Quartal 18Y5 -es „Wochenblattes für Wilsdruff" (Amtsblatt -er königl. un- stä-t. Vehsr-en) ganz ergebenst ein. Bestellungen werden von der unterzeichneten Expe dition, von allen kaiserl. Postämtern, den Briefträgern und un serer Geschäftsstelle in Kessels dorf (Postagent Kohl) jeder zeit entgcgcngenommen. Für auswärts durch die Post be zogen beträgt der Preis 1 Mk. 25 Pf., für die Stadt Wils druff durch unsere Expedition bezogen I Mk. Für Ankündigungen aller Art ist unser Blatt als -ar weitaus verbreitetste im Amtsgerichts- bezirk Wilsdruff. von besonderer Wirkung; wir berechnen bei sorgfältigster Aus führung der uns überwiesenen Aufträge billigste Jnsertions- preise und gewähren bei entsprechenden Wiederholungen hohen Rabatt. Expedition des Amts- u. Wochenblattes für Wilsdruff. Tagesgeschichte. Die innere Politik weist unter dem Einflüsse des Weih nachtsfestes nichts sonderlich Neues an erwähnenswertheren Er eignissen auf, weshalb sich die Tagesdiskussion vorzugsweise mit Erörterungen von Vorgängen der jüngsten Wochen beschäftigt. So hat namentlich der „Zwischenfall" Löwe-Boulanger eine leb hafte Prcßbesprechung der Frage hervorgerufen, inwieweit die Lieferung von Kriegsmaterial seitens deutscher Firmen an aus ländische Negierungen überhaupt zulässig seien. Man weist hierbei darauf hin, daß z. B. noch jetzt Krupp Kanonen, Gruson Panzerplatten, Schichau Torpedoboote an das Ausland liefere, daß fremde Regierungen vielfach Pferde, die in ihrer Art doch ebenfalls ein wichtiges Kriegsmaterial bilden, aus Deutschland bezögen, daß deutsche Conserven fortwährend zur Truppenver pflegung an fremdländische Heeresverwaltungen geliefert würden rc. und es wird betont, daß hiermit Deutschland zum Theil Staaten mit Kriegsbedürfnissen aller Art versorge, welche Staaten dem deutschen Reiche künftig einmal feindlich gegenüberstehen konnten. Bei der Erörterung dieser ganzen Frage haben sich indessen bedeutende Schwierigkeiten ergeben, welche einer Lösung des genannten Problems entgegenstehen. Denn es kommen hierbei neben dem staatlichen, politischen und militärischen Interessen auch gewichtige Interessen der deutschen Gewerbethätigkeit und des Handelsverkehrs in Betracht und unter einer einseitigen Berücksichtigung der einen Interessen würden unzweifelhaft die anderen Interessen zu leiden haben. Aber irgendwie muß der Frage, um die es sich hierbei handelt, näher getreten werden, speziell was die Lieferung von Kriegsmaterial an Frankreich anbetrifft, und Sache der Reichsregierung wird es sein, dem Parlamente baldigst entsprechende gesetzgeberische Vorschläge zu unterbreiten. Der Reichstag wird sich alsbald nach Wiederbeginn seiner Sitzungen mit einer sozialdemokratischen Interpellation über die zur Abwehr des herrschenden Nothstandes beabsichtigten Maß nahmen zu beschäftigen haben. Gegenüber einer ganzen Reihe von Stadtverwaltungen ist bereits die Forderung erhoben worden, öffentliche Arbeiten, die für die nächste Zukunft beabsichtigt waren, ungesäumt in Angriff zu nehmen und vielfach hat diese Forderung auch, soweit es möglich war, Berücksichtigung ge funden. Auch das Reich und die Bundesstaaten haben mancherlei öffentliche Arbeiten zu vergeben, deren Ausführung zur Milderung der vielfach herrschenden Arbeitslosigkeit beschleunigt werden kann. Ohne Zweifel wird in dieser Beziehung an allen betheiligten Stellen Rücksicht und Entgegenkommen soviel wie irgend möglich bewiesen werden. Es muß aber auch bei dieser Gelegenheit darauf yingewiesen werden, daß das gegenwärtige Darnieder liegen nnserer wirthschaftlichen Verhältnisse, der Druck auf dem ganzen nationalen Erwerbsleben zum großen Theil Schuld der Arbeiter selbst ist, welche nicht einsehen wollen, daß ihre Interessen mit denen der „Arbeitgeber" eng verbunden sind. Die be ständigen Kämpfe, welche die Industrie mit den Arbeitern zu führen hat, die daraus entspringende Unsicherheit aller wirth- fchaftlichen Verhältnisse, die wachsenden Schwierigkeiten des Weltbewerbs auf dem Weltmarkt haben nicht wenig zu dem Darniederliegen unserer gesammten Erwerbsthätigkeit beigetragen. Nimmt das Geschäft wieder einmal einen Aufschwung, so kann man sicher sein, daß alsbald Lohnstreitigkeiten und Arbeitsein stellungen störend dazwischen treten und die Nutzbarmachung einer günstigeren Lage verhindern. Die Folgen sind dann noth- wendig wieder Einschränkungen der Produktion, Entlassungen von Arbeitern, Nothstand. Unter den eigentlichen Ursachen der Arbeitslosigkeit darf dämm auch die sozialdemokratische Agitation nicht vergessen werden, welche ersprießliche Verhältnisse in der industriellen Arbeiterwelt gar nicht mehr aufkommen läßt, und damit die Grundlagen zerstört, auf denen die Wohlfahrt der Arbeiter selbst beruht. Ueber die Stellung des Fürsten Bismarck zur Juden frage bringen die Hamb. Nachr. folgende, von dem Fürsten felbst herrührende Mitteilungen: „Fürst Bismarck hat in Frankfurt a. M. mit dem alten Rothschild, in Berlin mit Herrn von Bleichröder in sehr guten Beziehungen gestanden, und der letztere bewahrt dem Fürsten eine Ergebenheit und dankbare Anhänglichkeit, an welcher viele unserer patriotischen christlichen Lands leute sich ein Muster nehmen könnten. Er dürfte gleichfalls wissen, wie Fürst Bismarck über die Be strebungen des Antisemitismus denkt. Dem Fürsten Bismarck ist die Vaterschaft für die Stellung zuzuschreiben, welche die Inden heute gesetzlich und verfassungsrechtlich in Deutschland einnehmen. Der Fürst hat ihre Emanzipation durch das Ge setz vom 3. Juli 1869, welches gegen feinen Willen nie zu stande gekommen wäre, erst vollendet, wie er es gewesen ist, der in Artikel 3 der Reichsverfassung die Gleichberechtigung der Konfessionen mit der verfassungsrechtlichen Bürgschaft umgab." Die jetzt zahlreich stattfindenden Versammlungen der Arbeits losen in Berlin sind der sozialdemokratischen Parteileitung sehr unbequem. Als seiner Zeit die Fraktion darüber berieth, hätte man zu gern eine Aufforderung an die „Genossen", diese Ver sammlungen zu unterlassen, beschlossen, aber man befürchtete, daß man damit die ersteren vor den Kopf stoßen könnte. Die Versammlungen der Arbeitslosen haben sich vermehrt; und die Parteileitung sucht nun unter der Hand, da sie offiziell nicht abmahnen kann, gegen die Abhaltung dieser Versammlungen zu arbeiten. Die Herren Singer, Bebel und Liebknecht befürchten nämlich mit Recht, daß die „armen Kerle" wieder einmal zur Sprache bringen werden, wie behaglich so ein Arbeiterführer, der erklärt, mit 7200 Mark nicht auskommen zu können, leben muß. Zudem sind die Unabhängigen, da die oberen Partei»