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Duprat faßte dieses Schweigen als Gedächtnißschwäche auf und fuhr fort-. „Der Mann verschwand eines Tages und mit ihm eine Summe Geldes, deren Höhe ihn kaum zur Flucht bewogen haben könnte. Außerdem war er ein langgedienter, treuer Mensch, den man überall strengste Rcellität und Ehrlichkeit nachsagte. Es unterlag keinem Zweifel, daß er das Opfer eines schändlichen Verbrechens geworden, welches jedoch nicht enthüllt wurde." „Ich weiß es", erwiderte der Kommerzienrath dumpf und ohne sich umzublicken. „Ich weiß aber nicht, weshalb Sie mich au diese längst abgethane, nur höchst peinliche Sache erinnern, Ich habe alles zur Aufklärung des mysteriösen Falles gethan, die Polizei damit be traut und sogar eine Belohnung für die Wiedcrauffindung des alten Mannes oder die Entdeckung seiner Mörder ausgesetzt." „Ich kann Ihnen das bezeugen", bekräftigte Duprat diese Aussage. „Sie haben gethan, was in Ihren Kräften stand; wenn trotzdem von dem alten Förster nichts mehr verlautbarte, so trifft gewiß die Schuld weit eher unsere säumige Polizei als Sie. Das war auch nur die Einleitung zu dem, was ich zu sagen wich dringend veranlaßt fühle." „Reden Sie." „Dieser Forster hatte einen erwachsenen Sohn, der in dem ange sehenen Bankhause von Hellwig und Compagnie erster Buchhalter war." „Ja, ich entsinne mich. Ein netter junger Mann, Geschäftsmann durch und durch. Nur schade, daß er so wahnsinnig war, sich in meine Tochter, die kaum den Mädchenschuhen entwachsen war, zu ver lieben und bei mir ernstlich um ihre Hand anzuhalten." „Aber — Sie verzeihen — doch nur mit Zustimmung Ihrer Tochter," wandte Duprat ein. „Klara war, wie gesagt, ein halbes Kind, hatte also keine Selbst bestimmung. Ich sprach für sie, machte dem jungen Manne das vor stellig und wies ihm nicht, was ich bei jedem anderen gethan hätte, die Dhür, sondern ermahnte ihn mit Rücksicht auf seinen alten, ehrli chen Vater zur Besonnenheit. Ich erfaßte die Sache von der scherz haften Seite und sagte, er solle sich erst eine Million verdienen gehen, dann möge er wieder bei mir anklopfen." „Und Sie meinen wirklich," fragte Duprat eindringlich, „daß dies nur eine Jugendthorheit Fräulein Klaras gewesen, welche Sie inzwi schen bereut und vergessen hat?" „Ich bin davon überzeugt. Und warum fragen Sie?" „Weil ich die zwingendsten Gründe habe, anderer Meinung zu sein." „Sie meinen?" „Wissen Sie elwas von den ferneren Schicksalen des verunglück ten Liebhabers?" „Ja. Er ging in's Ausland, über's Meer und ist seitdem ver schollen." „Er war es, Herr Kommerzienrath bis —" „Bis — ?" „Bis zu dem letzten Maskenballe in Ihrem Hause." Etwold zuckte zusammen, als hätte ihn eine Natter gestochen. „Bis zu dem Maskenball?" fragte er unter dem Drucke einer Ahnung. „Warum gerade bis dahin?" „Weil —" und des Prokuristen weiche Stimme nahm einen har ten Klang an — „Fräulein Klara und der junge Forster an diesem Abend eine heimliche Zusammenkunft hatten." Der Kommerzienrath verlor für einen Augenblick seine Besonnen heit. Er rang nach Athem. „Wo?" keuchte er, „wo? Doch nicht —" „Ja!" rasch, unüberlegt, zischend stieß auch der Prokurist dieses „ja" hervor. War er selbst so fassungslos, oder wollte er den Kom merzienrath zu einer unbedachten Aeußerung Hinreißen? Wenn das Letztere, so hatte er seinen Zweck erreicht. „Doch nicht im Wintergarten?" rief Etwold. Und erst als das Wort seinen Lippen entschlüpft war, besann er sich, daß er zu vor schnell gewesen. „Eben da," entgegnete Duprat. „Sie wußten also von dieser Begegnung?" „Ich? Nicht im entferntesten." „Aber Sie sagten doch —" „Ich dachte es mir nur, da Sie von einem Rendezvous in mei- nem Hause sprachen. Wo anders konnte es stattgefunden haben? Der Wintergarten ist leicht zugänglich von außen wie von innen." „Allerdings, das ist er, und der junge Forster muß die Gelegen heit gekannt haben." „Jedenfalls ging eine Verständigung voraus." Der Kommerzienrath sprang auf. Die Hände auf den Rücken gekreuzt, ging er ruhig im Zimmer auf und nieder. „Und Sie sind Ihrer Sache sicher? Keine Verwechselung?" „Ganz sicher." „Und hörten Sie, was gesprochen wurde?" Duprat machte eine Bewegung bescheidener Entrüstung. „Aber Herr Kommerzienrath!" sagte er. „Bin ich ein Spion?" „Nein nein," begütigte Etwold; „und ich kann mir denken, daß es Ihrem edlen Charakter widerstrebte, ein Vertrauen zu erschleichen, welches man Ihnen nicht entgegenbringt. Aber daß Sie den jungen Mann sofort wieder erkannten! Er war doch nur einmal in meinem Hause und ich entsinne mich nicht, daß Sie ihn da gesehen hätten." „Nein, denn ich arbeitete damals noch als Ihr erster Buchhalter im Komptoir, und Sie beehrten mich auch erst später mit dem Ver trauen, dessen ich mich heute rühmen darf." „Nun also." (Fortsetzung folgt.) Landlmrhschciftliches. — Die allgemeine Uebersicht des Landesculturrathes bezüglich des Saatc nstandes im Königreich Sachsen besagt: Bei sehr günstiger Witterung konnte die Herbstbestellung allenthalben in kürzester Zeit beendet werden und haben sich die jungen Saaten mit sehr wenig Ausnahmen schön und kräftig entwickelt. Nur in einem Bezirke wird bei der zeitigen Roggensaat über den Drahtwurm und in zwei anderen über den Erdfloh im Raps geklagt. Dagegen scheint die Mäusekala mität, trotz Anwendung verschiedener Vertilgungsmittel, noch nicht im Abnehmen begriffen zu sein und stimmen die Klagen mit Ausnahme in acht Bezirken allerwärts überein, daß sie an den jungen Saaten und besonders auf den Kleefeldern mehr oder minder große Verhe- rungen angerichtet haben, was manchen schön aufgegangenen Saaten stand auf die Note 3 und 4 herabdrückte. Die Kartoffelernte ist fast durchweg sehr reichlich und gut in der Qualität ausgefallen, doch macht sich die Fäule in sehr vielen Bezirken mehr oder weniger bemerkbar. Die neueren Sorten scheinen sich besser zu halten und widerstands fähiger zu sein als die älteren. — Auch die Ernte der Runkelrüben ist besser ausgefallen, als man nach dem regenarmen Sommer gedacht Gewerbeverein. Am 11. d. M. hielt Herr Lehrer Gärtner einen Vortrag über das sehr zeitgemäße Thema: „Die deutsche Aus wanderung im Zusammenhänge mit der Colonialpolitik". Die sehr treffliche Behandlung dieses Themas brachte viel interessante lehrreiche Aufklärungen über oft gehörte irrige Behauptungen in Bezug auf Grund und Charakter der deutschen Auswanderung, worauf näher ein zugehen uns der Raum nicht gestattet. In eingehender Weise erör terte ferner der geehrte Redner die großen volkswirthschaftlichen Schä den, welche die Auswanderung verursacht und wie nothwendig es sei, daß Deutschland durch Erwerbung vou Colonieen die Auswanderung auf bestimmte Punkte hinlenke, damit das dem Mutterlande entzogene Vermögen an Kapital geistiger und körperlicher Kraft nicht verlören gehe, sondern demselben wieder Nutzen bringe. Dem Herrn Vortragenden für das Gebotene bestens dankend, sprechen wir noch den Wunsch aus, daß er sich veranlaßt fühlen möge, auch noch ferner den Verein in dieser Weise zu beehren und zu belehren. hatte. — Am traurigsten sehen mit wenig Ausnahme die Kleefelder aus; die an uud für sich dünn aufgegangene Saat ist durch Mäuse fraß stellenweise so decimirt, daß auf eine Ernte im nächsten Jahre überhaupt verzichtet werden muß. Die große Fruchtbarkeit der Obsibäume in diesem Jahre dürfte eine mehrere Jahre anhaltende Erschöpfung derselben sein, wie .es nach guten Obstjahren immer der Fall gewesen, da die zur Aus bildung der Knospen und gleichmäßigen Ernährung aller Theile des Baumes nothwendigeu Nahrungsstoffe nicht in genügendem Maße vorhanden sind. Wenn man daher wieder Obst erwarten will, so muß man Vorsorge treffen, daß die Bäume bei Zeiten wieder erstarken; dies geschieht am besten durch Düngung und Verjüngung der Baumkrone. Diese Verjüngung erstreckt sich im gegenwärtigen Falle nicht auf vollkommene Wegnahme aller alten Aeste, sondern blos auf Wegnahme ungünstig gestellter, unfruchtbarer, wenn auch gesunder Aeste, was am besten gleich nach der Abnahme des Obstes, also jetzt im Herbste geschehen kann. Durch die aus dieser Wegnahme von Aesten folgende Verminderung der Knospen wird eine intensivere Er nährung der noch bleibenden Knospen bewirkt, wodurch ein besseres Wachsthum aller Holztheile und baldige Tragbarkeit erzielt wird. Die Düngung des Obstbaumes geschieht am besten dadurch, daß man den Boden, soweit die Baumkrone reicht, aufgräbt, Kalk und Holzasche, Compost und Jauche zuschütket oder aber den ausgezehrten Boden, mit möglichster Schonung der Wurzeln, ganz entfernt und durch frischen kräftigen ersetzt. Auch das Beseitigen der alten rissigen Rindentheile und nachherige Kalken des Stammes möge man nicht verabsäumen, j Nur aus diese Weise wird man den Baum zu weiterer Fruchtbarkeit befähigen und vor Schaden bewahren. Honigüberfluß. In die Schweiz wird jährlich für rund eine Million Francs Honig eingeführt. Da das Jahr 1885 fast durch ! die ganze Schweiz eine recht gute Honigernte ergab und viele Imker ihren Honig leider zu Schleuderpreisen abgeben, dürfte die Einfuhr ! und die Kunsthonigfabrikation wohl etwas Nachlassen. Im Jahre 1883 wurden in Deutschland 24,000 Doppelcentner und 1884 sogar 27,000 i Doppelcentner Honig eingeführt. Obgleich nun ein Zoll von 20 M. ! auf 100 kg gesetzt worden ist, hört man durch ganz Deutschland Klagen der Imker über Mangel an Absatz des Honigs. Aus allen Gauen Oesterreichs kommen Klagen über Mangel an Honigabsatz. Die Vor- räthe von 1884 sind theilweise noch nicht abgesetzt und das gute ! 1885er Jahr erhöht dieselben ganz bedeutend. In Wien kosten 100 KZ Honig 28—34 fl. Ein r. gold. Medaillon, Photogr. u. Haarl. enthaltend, ist verloren gegangen, der ehrliche Finder wird gebeten, dasselbe gegen Belohnung abzugeben bei ^vkorduusvu, Schauspieler, Dresdnerstraße No. 69 p. S KogiS, bestehend aus Stube, Kammer, Keller und Boden- ! raum sind im Ganzen oder auch getheilt zu vermiethen und können sofort oder Weihnachten bezogen werden. Blankenstein. OSW Pinkert. Tischler, die Holzarbeit für Eisschränke zur dauernden Lieferung übernehmen wollen, werden gesucht von Wilhelm Baer, Großenhain. Sollte sich jemand bereit finden lassen, sich mit 1000 Mk. gegen 6"/« Zinsen an einem soliden in dustriellen Unternehmen zu betheiligeu, so werden gefl. Offerten unter „Gesuch" in d. Exped. d. Bl. erbeten. Gesucht wird sofort ein Arbeiter, der auch mit Pferden umzugehen ver steht. Nur solche mit guten Zeugnissen wollen sich melden bei <K F. Partzsch, Amtszimmermeister. In der Nacht vom 13. zum 14. d. M. ist in Deutschenbora ein Pferd, Heller Fuchs, entlaufe«; derjenige, welchem es zugelaufen, wird gebeten, dies an Rathsstelle in Wilsdruff anzuzeigen. 2 Tischler, nur gute Arbeiter, finden Beschäftigung in der Möbelfabrik von F. DH. Müller. Wochenmarkt zu Wilsdruff, am 13. November. Eine Kanne Butter kostete 2 Mark 50 Pf. bis 2 Mark 60 Pf. Ferkel wurden eingebracht 100 Stück und verkauft ü Paar 18 Mark — Pf bis 27 Mark — Pf. Meißen, 14. November. 1 Ferkel 5 Mk. — Pf. bis 12 Mk.—Pf. Eingebracht 349 Stück. 1 Läufer 33 Mk. — Pf. bis— Mk. — Pf. 1 Kilogramm Butter 2 Mk. 50 Pf. bis 2 Mk. 60 Pf. Dresden, 13. November. (Getreidepreise.) An derBörse: pro 1000 Kilogramm: Weizen, weiß 165—170 M., Weizen, braun 160—164 Mk., Korn 144—146 Mk., Gerste 145—155 Mk. Hafer 140-148 Mk. — Auf dem Markte: Hafer pro Hektoliter 7 Mk? — Pf. bis 8 Mk. 20 Pf. Kartoffeln 4 Mk. Pf. — bis 4 Mk. 40 Pf. Butter 1 Kilo- gramm 2 Mk. 20 Pf. bis 3 Mk. — Pf. Heu pro Centner 4 Mk.— Pf. bis 4 Mk. 60 Pf. Stroh pro Schock 32—34 Mk. RechnmMformulare Wechselformulare Cisenbahnfrachtbriefe hält stets vorräthig die Druckerei dieses Blattes.