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wo dieselben heute früh durch das schnelle Eingreifen der Gendarmerie glücklicherweise noch zu rechter Zeit, ehe dieselben in andere Hände übergingen, ermittelt wurden und dem Eigenthümer zurückgeführt werden können. — Bei der im Laufe voriger Woche in hiesiger Stadt stattge fundenen Haussammlung für die unglücklichen Oberlausitzer sind er freulicherweise über 200 Mark eingekommen, welcher Betrag schleu nigst an die Königliche Amtshauptmannschaft zur Weiterbeförderung abgeliefert werden wird. — Kaum den Wasserfluthen entronnen und nicht ohne mancherlei empfindlichen Schaden erlitten zu haben, drohte der großen H. C. Müller'schen Flachsspinnerei in Hirschfelde bei Zittau am 17. d. M. durch das feindliche Element des Feuers eine neue Gefahr. Die naß gewordenen Flachsvorräthe waren durch Selbstentzündung in Brand gerathen. Um größeres Unglück zu verhüten, bedurfte es eilig retten der Arme, und weil an Ort und Stelle wegen der Wassersnoth noch die Aufräumungsarbeiten alle Arbeitskräfte in Anspruch nahmen, eilte ein telegraphisch berufenes Militärkommando an die gefährdete Stelle und half die Massenvorräthe ausräumen, um die Entzündungsstelle unschädlich zu machen. — Schönau a. d. Eigen. Ueber den Schaden, den die Wasser- fluth vom 14. Juni hier angerichtct hat, wird ferner berichtet: ES zeigt sich immer mehr, wie groß der Schaden ist, den unser Dorf er litten hat. Bereits gegen 50 Familien mit über 140 Personen haben ihre Behausungen verlassen müssen, da der Zustand der Gebäude für die Bewohner lebensgefährlich war. Und dabei ist noch zu befürchten, daß diese Zahl sich steigern wird, da die meist aus Lehmsachwerk auf geführten kleineren Gebäude bei der Austrocknung in einen ganz ge fährlichen Zustand gerathen. Bei der durch einen geprüften Baumeister in diesen Tagen vorläufig vorgenommenen Untersuchung der beschädigten Gebäude hat sich ein Schaden in der enormen Höhe von 226,170 M. ergeben. Und dabei ist alles fortgeschwemmte oder durch das Wasser und den mitgeführten Schlamm verdorbene Hab und Gut noch gar nicht in Anschlag gebracht. — Neugersdorf. Ein großartiges Geschenk hat die Firma C. G. Hoffmann hier für die Oberlausitzer gespendet, die höchste Summe, die vis jetzt gegeben ward: 10,000 Mark. — Schwarzenberg, 22. Juni. Einen edlen nachahmungswerthen Zug von Opferwilligkeit für die hartbedrängten Oberlausitzer bewiesen gestern Abend einige im Hotel „zum Rathskeller" hierselbst versammelte Herren. Um einen Fond für das konstituirte Hülfskomitee zu gründen, kam man auf die gewiß höchst originelle Idee, Gurken zu verauktioniren. Durch den Umstand, daß Gebote in der enormen Höhe von 10—100 auf eine Gurke gemacht und die erstandenen Objekte immer wieder zur Weiterversteigerung an das Comitee zurückgegeben wurden, erzielte man den erfreulichen Erlös von 276 Mark. — Auf einem Waldgrundstücke zu Wachau bei Radeberg wurde am Donnerstag voriger Woche eine Frau leblos und völlig verbrannt aufgefunden, die sich dem Anschein nach durch Anzünden der mit Petrole um getränkten Kleider selbst getödtet hat. Es ist noch nicht festgestcllt, wer die Person ist. — Am Mittwoch voriger Woche erschoß sich auf Buch Holzer Flur ein aus Annaberg gebürtiger Soldat. Wie man sich erzählt, hat der Betreffende einen Zettel hinterlassen, in welchem er erklärt, er sei gestern von Dresden dcsertirt und könne nicht längerleben: sein Unter offizier, der ihn zu schlecht behandelt habe, sei Schuld an seinem Tode. Der Vorfall erregt begreiflicher Weise Sensation. — Meißen. In dem gegenwärtig ye-untergenommenen Knopfe des Thurmes der Stadtkirche fand sich eine Mechkapsel mit verschie denen Denkschriften, gedruckt und geschrieben' M^jeutscher und lateini scher Sprache, theils auf Pergament, theils auf Papier, und auch ein Kalender vom Jahre 1790. Die Denkschriften findens verschiedenen Jahrhunderten und Alles ist gut erhalten. Aus benähen geht unter 'Andern, hervor, daß im Jahre 1793 Abraham Steinbach, ein Schenk- .wirth in Meißen, den Thurmknopf auf seine Kosten hat vergölten lassen. — Freiberg. Die Ehefrau des hiesigen Schuhmachei^-7'ters .Franke erstand vor Kurzem in einer Auktion einen mit Schn^Hen versehenen Schrank. Derselbe, früher wohl Eigenihum eines Matensl- waareuhändlers, enthielt in einem der mit Waarenbezcichnungen ver sehenen Kästen eine weiße Masse, Kuchcnbrocken ähnelnd, die, als man ffie kostete, süß schmeckte. Frau Franke, welche diese Masse für Cho- olade hielt, kochte am 22. Juni ein größeres Quantum davon und -trank mit ihrem Ehemann, ihrem Sohne von 16, ihrer Tochter von 15 Jahren und einem Enkel von dem Getränk, das nun einen weniger .süßen Geschmack hatte, und auch die im Hause mitwohnende Familie des Berginvaliden Arnold, Mann, Frau und zwei Mädchen im Alter von 12 und 13 Jahren tranken mit von der vermeintlichen Chokolade. Schon nach Verlauf einer halben Stunde wurde den betreffenden Haus bewohnern unwohl, ein brennender Schmerz im Magen, verbünden mit Krampf und großer Mattigkeit, stellte sich ein, so daß alsbald ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden mußte. Bei den meisten der Patienten stellte sich infolge angewendeter Arzneimittel Erbrechen ein, doch waren die Schmerzen und die Mattigkeit bis Abends nicht gewichen, so daß sie in Betten, auf Sophas, ja sogar auf den Dielen lagen und von den gräßlichsten Schmerzen gequält wurden. Am 23. Juni ist Frau Arnold von diesen Schmerzen durch den Tod befreit Wörden. Die übrigen Patienten find noch nicht sämmtlich außer Le bensgefahr. Die hiesige Polizeibehörde hat ihrem verpflichteten Che miker Auftrag ertheilt, noch vorhandene Theile der gefundenen Masse zu annalyfivru. — In Sachsen bestehen gegenwärtig 5 landwirthschaftliche Kreisvereine mit 448Zweigvereine» und24,963Mitgliedern. Der Landesobstbauverein zählt in 26 resp. 27 Bezirksvereinen 2512 persön liche und 134 korporative Mitglieder. — Am Dienstag Mittag entleibte sich in Zwickau der 13 Jahre alte Schulkuabe Max Hilbig durch Erhängen. Derselbe war von seinem Vater aufgesordert worden, eine kleine wirthschastliche Arbeit zu verrichten hatte vorgegeben unwohl zu sein und sich aus der Stube entfernt. Nach einer Stunde fand man denselben auf dem Dachboden erhängt vor. Die Beweggründe zu dieser That sind nicht bekannt ge worden doch soll sich der jugendliche Selbstmörder wiederholt unzu frieden darüber ausgesprochen haben, daß er bei seinem Alter noch in der 5. Klasse der Bürgerschule sitze und das nicht ertragen könne. — Ein eigenthümlicher Straffall wurde dieser Tage vox dem Geschworenengericht in Leipzig verhandelt. Im Frühjahre 1873 brannte das Kühn'sche Wohnhaus in Wednig nieder, und wenn auch damals schon der Verdacht auftauchte, der Besitzer selbst sei der Brand stifter, so mußten doch die Erörterungen gegen denselben wieder ein gestellt werden. Vor einiger Zeit nun — so stellt der Angeklagte, jener Kühn, die Sache selbst dar — war derselbe in der Kirche an wesend, und da sei denn die Macht des Gesanges der Gemeinde und die Predigt des Pfarrers von so überwältigender Wirkung auf ihn gewesen, daß er dem Pfarrer und hinterher auch dem Ortsrichter sein Verbrechen eingestanden habe, um endlich sein Gewissen wieder zu be ruhigen. Dieses Geständniß wiederholte Kühn gestern und zwar unter der gleichzeitigen Versicherung, daß er nun auch wieder die innere Ruhe gesunden habe. Das Unheil lautete auf 1^ Jahr Zuchthaus und 5 Jahre Verlust der Ehrenrechte. — Reudnitz bei Leipzig. Dem unvorsichtigen Gebühren mit Petroleum beim Feueranzünden ist kürzlich hier wiederum ein Men schenleben zum Opfer gefallen. Die 11jährige Martha Eulitz, Tochter eines bier am Täubchenwege wohnhaften Budenverleihers, war am vergangenen Sonnabend in Abwesenheit ihrer Eltern beschäftigt, Feuer in der Kochmaschine anznzünden. Um das Holz schneller in Brand zu bringen, gießt das Mädchen aus einer blechernen Kanne Petroleum auf das schwach brennende Feuer. Durch die verursachte größere Flam me explodirt aber auch sofort die Petrolenmkanne mit lautem Knall, die mit Petroleum bespritzten Kleider des Mädchens fangen Feuer und im Nu steht das Kind in Flammen. Auf das Geschrei eines durch den lauten Knall aufmerksam gewordenen und hinzugeeilten Knaben, welcher das Mädchen schnell nach der Hausflur geführt, kommt ein Hausbewohner zu Hülfe, und obwohl dieser die Flammen eiligst mit Wasser und durch Zusammendrücken der Kleider erstickt, ist das Kind doch schon so schrecklich verbrannt, daß es schleunigst in's städtische Krankenhaus gebracht werden.mußte. Dort ist dasselbe schon am näch sten Morgen unter den gräßlichsten Schmerzen gestorben. — Grimma. Als ein bemerkenswerthes Zeichen, wie schlimm in den letzten Jahren das Lehrlingswesen bestellt gewesen ist, kann wohl auch das in einer der letzten Nummern des „Grim. Wochenbl." enthaltene Gesuch gelten: „Ein Bäcker, schon einige Jahre Gehülfe, wünscht noch ein halbes Jahr zu lernen und sucht einen Lehrherrn." Dresden. 22. Juni. Es ist sicher in manchem treuen Sach senherzen der Gedanke zum Wunsche geworden, dem hochseligcn König Johann von Sachsen ein Denkmal erstehen zu sehen, daß das hehre Bild des edlen Fürsten bleibend in der Seinen Erinnerung erhält. An die Oeffentlichkeit ist dieser Gedanke noch nirgends getreten. Dieser Sachsendank gegen seinen nunmehr 7 Jahre hochscligen Fürsten ist leicht realisirbar, und wird unser diesbezüglicher Appell ans Sachsen volk gewiß Anklang finden. Zur Bildung eines Komitees ist u. A. eine vom „Dresdn. Anz." gekannte, nicht allein genannt sein wollende Persönlichkeit gern bereit. Dem literarischen trefflichen Denkmal, wel ches vr. v. Falkenstein dem hochseligen König mit seinem Buch „König Johann" errichtet, lasse das Sachsenvolk bald ein plastisches folgen. Vermischtes. * Zur Beachtung für Hausfrauen und weibliche Dienstboten wird Nachstehendes mitgetheilt: Eine Frau hatte das Unglück, sich einen Topf mit siedender Milch über die Hände zu gießen. Obwohl sie vor Schmerz fast ohnmächtig wurde, eilte sie doch auf den Rath einer zu fällig bei ihr anwesenden Hospitalitin an den Mehlkasten und steckte die Hände tief ins Mehl. Darauf bedeckte sie die Hände mit einem Tuche und behielt bis zum Abend das Mehl an den Händen. Es ent stand nun weder eine Blase, noch hatte die Frau die geringsten Schmerzen trotz der bedeutenden Wunden, die sich bald zusammenzogcn und verschrumpften. Die Frau konnte nach wenig Stunden ihre Hände wieder gebrauchen. * Ein bedauerliches Unglück versetzte am 13. Juni Vormit tag 11 Uhr die Stadt Köslin in Aufregung. In dem Keller des Materialwaarengeschäftes des Kaufmanns Vierke brach Feuer aus, zu dessen Bewältigung die rasch alarmirte Feuerwehr schleunigst zur Stelle eilte. Als sich eine Anzahl Personen im Keller zur Löschung befanden, während der Laden ebenfalls von Leuten besetzt war, fand Plötzlich eine weithin hörbare Explosion statt, die so stark war, das mehrere Leute buchstäblich auf die Straße geworfen wurden. Es sind, so weit bis jetzt ersichtlich, circa 20 Menschen zum Theil schwer, zum Theil leicht verwundet. Man zweifelt an dem Aufkommen Mehrerer. Ein Polizist, der auf die Straße geschleudert wurde, mußte bewußtlos weggetragen werden. Die Ursache des Unglückes ist die Unvorsichtig keit eines Commis, der mit frei brennendem Lichte im Keller Benzin abzapfen wollte. Da die Explosion erst geschah, nachdem das Benzin schon einige. Zeit brannte, vermuthet man, daß auch Pulver im Keller war. Der Besitzer des Geschäftes ist ebenfalls verwundet. * Verbrecherehen. Ueber in russischen Gefängnissen geschlossene Berbrecherehen schreibt man dem „Bereg" aus Woronesch: Unter den Arrestanten des hiesigm Gefängnisses hat sich das Gerücht verbreitet, daß die Verheiratheten nnter den zur Zwangsarbeit verurtheilten Ver brechern, wenn ihre Frauen sie begleiten wollen, nach Ssachalin ver schickt und dort angesiedelt werden sollen. Dort sei das Leben ein freies, dem hiesigen nicht nachstehendes, und der Seeweg nach Ssachalin dem langen Landwege durch Sibirien bedeutend vorzuziehen. Diese Erwägungen haben die Phantasie der Gefangenen derart angeregt, daß die ünverheiratheten unter ihnen sich beeilen, in den Stand der heiligen Ehe zu treten. Da sie sich ihre Lebensgefährtinnen aber unter ihren Leidensgefährtinnen wählen, so kommt manches recht sonderbare Pärchen zu Stande. Ein Soldat, welcher seinen Unteroffizier während der Ausübung seines Dienstes erschlug und dafür zu zwanzigjähriger Zwangsarbeit verurtheilt wurde, bei Verkündigung dieses Urtheils aber einen großen Lärm erhob, weil er nicht die Todesstrafe, auf die er gerechnet, erleiden sollte, hat, wie es scheint, alle Sterbegedanken aufgegeben und ehelicht eine Frau, welche im Gefängnisse sitzt, weil sie ihren früheren Mann ermordet hat! Die Antecedenzien dieses Paares bieten jedenfalls jede nur denkbare Garantie für eine glückliche Ehe! * Liebenswürdigkeit im Geschäftsverkehr mit Deutsch land scheint noch immer nicht die starke Seite der an der Spitze der Civilisation marschirenden Franzosen zu sein. Folgendes mach zur Illustration dienen. Eine Berliner Nahmaschinenfirma hatte ein ge drucktes Ciikular in französischer Sprache an einzelne Firmen in Frank reich versendet und gleichzeitig Briefumschläge mit ferner Adresse bei- gefügt. In diesen Tagen kam einer dieser Umschläge — natürlich un- frankirt an die Firma zurück, in sich einen Zettel bergend, der in mangelhafter Orthographie einige Liebenswürdigkeiten enthielt, die in der Uebersetzung etwa wie folgt lauten: „Sie sind ein Lügner! Alles, Mas Sie in Ihrem Cirkular sagen, ist Aufschneiderei! Machen Sie die Bude zu, schmutziger Preuße!" — Diese französische Stilprobe glaub ten wir der Oeffentlichkeit nicht vorenthalten zu dürfen.