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WchmM str Msdmff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abvnnementsprcis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne Nummern 10 Pf. TharM Men. Siebelllehn und die Umgegenden. Imtsblult Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. AmLshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. HorsLrentamt zu Tharandt. No. 81. Freitag, den 1V. Oktober 18S0. Bekanntmachung. 17. und 18. dieses Monate» bleiben die «Kanzleilokalitäten der Königlichen Mmtshanptmannfchaft wegen der Reinignng derselben geschlossen, und werden an beiden Tagen nur dringliche Geschäfte erledigt. Meißen, am 6. Oktober 1890. Königliche Amtshauptmannschaft. V. Llir«I»1l»»«Ii. Bekanntmachung. Das 10. Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen vom Jahr« 1890 enthält: No. 56. Verordnung, die polizeiliche Beaufsichtigung der Dampfkessel betr., vom 5. September 1890; No. 57. Verordnung, den Verkehr von Straßenlokomotiven auf öffentlichen Wegen betr., vom 5. September 1890; , No. 58. Verordnung, die Aufhebung der Verordnung vom 3. Mai 1850 über das Verfahren bei der polizeilichen Beaufsichtigung der zu militärischen Zwecken bestimmten Dampfkessel betreffend, vom 5. September 1890; No. 59. Verordnung, die Enteignung von Grundeigenthum für Erweiterung der Eisenbahnstrecke zwischen den Haltestellen Böhla und Frauenhain der Bahnlinie DreSden- Elsterwerda betreffend, vom 6. September 1890; No. 60. Bekanntmachung, die Eröffnung des Betriebes auf der normalspurigen Secundäreisenbahn Großpostwitz-Cunewalde betr., vom 11. September 1890. Gedachtes Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes liegt zur Einsichtnahme auf hiesiger Nathsexpedition aus. Wilsdruff, am 6. Oktober 1890. Der Stadtrat h. Ficker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Die bevorstehende Wintersession des Reichstages hat mit dem am vorigen Donnerstag erfolgten Wiederzusammen- tritte des Bundesrathsplcnums ihre Einleitung erfahren. In der genannten Sitzung erledigte der Bundesrath eine sehr reich haltige Tagesordnung, die u. a. auch die schon für die ver gangene Sommersession des Reichstages erwartete Novelle zum Krankenkassengesetz aufwies. Letztere ist ein ziemlich umfang reicher Entwurf, der namentlich die Abschnitte über die Ge meinde-Krankenversicherung, über gemeinsame Bestimmungen für die Gemeinde-Krankenversicherung und für die Ortskranken kassen und die Schluß-, Stras- und Pebergangsbestimmungen behandelt. Aus der Begründung der Novelle erhellt, daß die selbe den mancherlei Zweifeln und Unzuträglicheiten, welche sich aus der Handhabung des Krankenkassengesetzes ergeben haben, durch Anbahnung von Erleichterungen ein Ende machen soll. Der Entwurf wurde zur näheren Prüfung an die Aus schüsse für Handel, Verkehr und Justizwesen überwiesen. Im weiteren Verlaufe des Oktober wird dem Bundesrath wohl auch der neue Reichsetat zugehen, der in seinen Einzelheiten im Reichsschatzamte dem Vernehmen nach nahezu fertiggestellt ist. Der „Reichs-Anzeiger" veröffentlicht die Ernennung des Generals von Kaltenborn-Stachau zum Kriegsminister und die gleichzeitige Entbindung von Vcrdys von diesem Posten. Zur europäischen Lage ist den „Hamb. Nachr." aus Berlin 6. Oktober geschrieben: Man soll in hiesigen Regicr- ungskreisen überzeugt sein, daß der Kaiser von Rußland und seine Regierung friedliche Wege innehaltcn und ihre zuwartende Haltung im Orient und nach anderen Seiten für eine über sehbare Zeit nicht aufgeben werden. Bei den letzten Besprech ungen wäre eine freundliche Stimmung Deutschland gegenüber hervorgetretcn, und man habe offenbar auch am russischen Hofe wie in dortigen einflußreichen Regierungssphären mehr noch als früher die Vertheidigungszwecke des Dreibundes erkannt, wolle daher seine Wege nicht kreuzen. Das Alles stammt von gleichmäßig unbefangener wie unterrichteter Seite. Es kann daher nicht überraschen, wenn aufmerksame Beobachter die Ansicht äußern, daß die allgemeine Lage seit längeren Jahren nicht so friedlich erschienen wäre wie jetzt. Den Chauvinisten, besonders in Paris, mag das unbequem sein, und sie em pfinden besonders widerwillig, daß das Gleichgewicht am Mittel meer auch durch England, weil den eigenen Interessen des selben entsprechend, gekichert ist, und daß dies stets als eine der bedeutsamen, wenn auch mittelbaren Folgen des Dreibundes «rkannt wurde, Italien aber sich dadurch noch mehr in seiner europäischen Stellung beruhigt fühle. Dagegen können durch- ficktige Pariser Erfindungen, wie die angeblich überstürzte Forderung Italiens wegen Tripolis und Aehnliches, natürlich nicht aufkommen. Man zweifelt nicht, daß das feste Einver nehmen Englands und Italiens auch bei der afrikanischen Grenz- regelung schließlich hervortreten und keinen dauernden oder ernst lichen Zwiespalt aufkommen lassen werde. Als Deutschland noch keine Nation war, sondern ein machtloses, in sich zerrissenes, den Spott der übrigen Nationen herausforderndes Gebilde, da sang der Dichter: „Mein letzt Gebet und Wort bleibt dies: Gott schütz' die deutsche Erde!" Und heute, da wir endlich nach langem Hoffen und Ringen eins geachtete Nation geworden sind, da bringen es Bürger des deutschen Reiches fertig, zu singen: „Deutschland, wir weben Dein Leichentuch und weben hinein den zwiefachen Fluch!" Es ist ein Anblick, der die bittersten Empfindungen erregt, und dieser Anblick verschärft sich bei der Erwägung, daß ein Franzose oder ein Engländer so etwas nie fertig bringen würde, geschweige eine aus Tausenden bestehende französische oder englische Versammlung. In verschiedenen Berliner Lo kalen wurde am Tage des Erlöschens des Sozialistengesetzes das sogenannte Weberlied, dessen Schlußrefrain wir oben anführten, mit tausendstimmigen Beifall und Jubel ausge nommen. Das nationale Bewußtsein wird mit Füßen ge- getreten, das Land, „drin meine Wiege steht", vor der Welt verhöhnt I Ein „offener Brief an Herrn Reichstagsabgeordneten Bebel" liegt jetzt in den Schaulädsn der Buchhandlungen aus und wird auch von Arbeitern viel gekauft. Der B-rfassrr des Briefes ist Herr Prediger Auerswald in Ponikau in Sachsen. Erschienen ist derselbe in der Buch handlung von Heinrichs in Leipzig. Ein Exemplar der zwei Bogen starken Schrift kostet 30 Pf. Herr Pastor Au.rswald hält den Abgeordneten Bebel für einen Idealisten, der es mit dem, was er sage, ehrlich meine, aber in starken und gefähr lichen Jrrthümern befangen sei. Diese Jrrthümer, eine völlig verkehrte Weltanschauung und darum auch ein völlig verkehrtes Ideal folgert er aus dem Buch „Die Frau in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft". Er widerlegt dasselbe in einer schla genden und überzeugenden Weise. Es dürfte Bebel schwer fallen, hierauf in entsprechender Weise zu erwidern. Zum Schluß stellt Pastor Auerswald dem verkehrten Ideal Bebels, in Wahrheit einem bloßem Idol oder Götzenbild im Christen thum das wahre Ideal gegenüber uud fordert ihn auf, zu diesem sich zu bekehren. Der eindringliche Ernst des offenen Briefes wird wie die scharfe Beweisführung auch denjenigen sympathisch sein, die im Uebrigen den Standpunkt des Ver fassers nicht allenthalben zu theilen vermögen. Wir begrüßen in der kleinen Schrift einen sehr wcrthvollen Beitrag zur Auf klärung und Belehrung über die soziale Frage. Wer den offenen Brief, den hier Herr Pastor Auerswald an den Ab geordneten Bebel richtet, vorurtheilsfrei liest und uotadtzus reif genug ist, ihn zu verstehen, der wird schwerlich noch an den Werth und die Ausführbarkeit jenes Zukunftsstaates glauben, von dem Bebel in seinem Buche über die Frau ein Bild zu zeichnen versucht hat. Umsomehr empfehlen wir die Anschaffung der anregenden Brochüre und die Verbreitung derselben in weitesten Kreisen unseren Lesern. Der Beschluß der sozialdemokratischen Ver sammlung in Bochum, die Herrschaft der reaktionären Parteien im Kohlenrevier zu brechen, das Bollwerk des Kapitalis mus zu brechen und nicht eher ruhen zu wollen, bis alle Ar beiter unter der siegreichen Fahne des Sozialismus marschiren, es koste, was es wolle, ist reckt bezeichnend für das, was wir von der sozialdemokratischen Agitation in Zukunft zu erwarten haben und sollte den staatserhaltenden Elementen einen neuen Antrieb zu festem Zusammenschluß geben. Ein Grubenunglück ereignete sich am Sonnabend Abend in dem bei Ruda (Niederschlesien) befindlichen, zurKönigin- Louisen-Grube gehörigen Schacht. Drei Häuer und zwei Schlepper, davon vier verheirathet, waren damit beschäftigt, den Schacht auszumausrn, als sich plötzlich, jedenfalls durch Er schütterung eines vorbeisausenden Eisenbahnzuges, ein am Rande des Schachtes befindlicher großer Stein löste und das Gebälk zertrümmerte. Balken, Bretter, Steine und Schutt stürzten den Schacht hinab und begruben die fünf Bergleute. Es ist wenig Hoffnung vorhanden, dieselben noch lebend an's Tages licht zu fördern, da sich inzwischen etwa fünf Meter Wasser im Schacht angesammelt haben. Das Wiener Sängerfest hat einen Ueberschuß von 30000 Gulden ergeben. Kopenhagen, 7. Oktober. Kapitän Ziemde vom Stettiner Dampfer „Titania" meldet bei seinem gestrigen Ein treffen hierselbst, nahe bei Rügen ein brennendes Schiff passirt zu haben, welchem ein deutscher Bergungsdampfer Hülfe leistete. Kapitän Ziemde hält das verunglückte Schiff für den Amster damer Dampfer „Etna", Kapitän Polderbach. Untergang 400 russischer Soldaten in dm Fluchen des Styr-Flusses während der letzten Manöver in Volhynien. Den gesammten Mannschaften des manöverircnden Westcorps wurde auf's strengste verboten, auch nur ein Wort über die stattgehabte Katastrophe in die Oeffentlichkeit dringen zu lassen, desgleichen wurde den Zeitungen jede Erwähnung des Vorganges untersagt. Als Todesursache des Generals Bardowski, welcher selbst bei der Katastrophe sein Leben ein büßte, wurde in dem offiziellen Bericht ein Schlaganfall an gegeben, und den Angehörigen der verunglückten Mannschaften wurden ebenfalls Meldungen zugesandt, welche die wahre Todes ursache verheimlichten. Nichts desto weniger ist der Vorfall auch in weiteren Kreisen der Bevölkerung bekannt geworden, und die Kommentare, welche sich an denselben knüpfen, sind nickts weniger als schmeichelhaft für die Leistungsfähigkeit der russischen Genictruppe. Die von den Pionieren über den Styr- Fluß erbaute Brücke war nach einem neuen System konstruirt worden, welches nach dem Dafürhalten des russischen General stabes einen außerordentlichen Fortschritt in der Kriegstechnik darstellen sollte. Als jedoch das Pultawa-Regimrnt die Brücke passirte, brach sie mitten entzwei und 400 Mann stürzten in den durch die anhaltenden Regengüsse bedeutend angeschwollenen Fluß, von denen trotz der umfassendsten Rettungsarbeiten kaum 30 Mann dem Tode entrissen wurden. Rom, 7. Oktober. Bei Navara hat verflossene Nacht ein Zusammenstoß zweier Bahnzüge stattgefunden. Die Zug führer wurden getödtet, drei andere Bahnbedienstete, sowie vier Reisende schwer und mehrere Personen leicht verwundet. Madrid, 8. Oktober. In Barcelona sind vorgestern zehn Cholerafälle konstatirt worden, von denen zwei einen tödtlichen Verlauf nahmen. Gestern sind zwei Fälle vorge- kommcn. London, 5. Oktober. Der Maffenausstand der Hoch ofenarbeiter Schottlands hat am Sonnabend begonnen. Von 78 Hochöfen sind nur noch 6 im Betriebe. Die Zahl der Feiernden wird auf nahezu 6000 geschätzt. Die Eisenproduction Schottlands dürfte, wenn der Ausstand andauert, um etwa 5000 Tonnen wöchentlich geschmälert werden. Der Sultan von Zanzibar hat sich bereit erklärt, den deutschostafrikanischen Küstenstrich für die Summe von vier Millionen Mark an Deutschland abzutreten. Die Zahlung der bezeichneten Summe wird seitens der deutsch-ostasrikanischen Gesellschaft erfolgen. Am letzten Montag, den 6. Oktober, ist in den Vereinigten Staaten von Nordamerika die Mac Kinley'sche Zoll- erhöhungsbill in Kraft getreten. Bis jetzt weiß man in Europa jedoch noch nicht genau, wie der neue amerikanische Zolltarif eigentlich aussieht, da an ihm ja von beiden Häusern des amerikanischen Kongresses so viel herumgemodelt worden ist. Mit seinem Inkrafttreten steht aber wohl eine vollständige