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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.04.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-04-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190904096
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19090409
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19090409
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-04
- Tag 1909-04-09
-
Monat
1909-04
-
Jahr
1909
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2 Bella«« Freitag, v. April 1»»». Leipziger Tageblatt. Rr. -v. 103. Jahrgang. Der Sterrersatz für 1909. * Nachdem die Stadtverordneten in ihrer letzten Sitzung der Rats- Vorlage über die Erhebung von 150 Prozent dcS Normalfatzes im Jahre 1909 zugestimmt haben, wird eS jeden Steuerzahler interessieren, darüber unterrichtet zu sein, welchen Steuerbetrag er m diesem Jahre zu entrichten bat. Wir teilen deshalb nachstehend den Steuersatz für dieses Jahr mit und zwar in der Höbe, wie er nach 150 Prozent in den entsprechenden EinkommenSllafsen zur Erhebung gelangt. Ferner fügen w»rd den Betrag der Staatssteuer hinzu, so daß — unter Summierung der beiden Posten — jeder weiß, was er im ganzen zu bezahlen hat. Weiter aber geben wir auch den Dresdner Steuersatz für 1909 und zugleich den für 1910 in der Residenz in Aussicht genommenen Steuersatz. Es ist nämlich in der letzten Stadt- verorvneiensitzung von verschiedenen Seiten auf DreSven Bezug genommen und die Frage erörtert worden, ob man in Leipzig oder in Dresden böhere Steuern bat. Hierüber gibt die nachstehende Uebersicht Aufschluß. Es beträgt der Steuersatz: Sa a r». tn Dresden Einkommen s-ilpzta 1SW: lSW: (Ibü Pro,.) beschlossen beabsichtigt 112 Pico». 11V Proz. 400- 500 ^« 1.6 — — — 500— 600 - 2 . 3,— >r 2,24 2,32 600— 700 - 3 - 4H0 - 3,36 - 3,48 - 7M— 800 - 4 - 6,— - 4,48 - 4,64 » 800— 950 - 7 - 9,— - 7,84 - 8,12 - 950- 1100 - 10 - 12,— - 11,20 - 11,60 - 1100- 1250 - ^3 - 15,— - 14,56 - 15.08 - 1250— 1400 - 16 - 19 .50 - 17,92 - 18 56 - 1400— 1600 - 20 - 24,- - 22 40 - 23,20 - 1600— 19'0 - 26 - 31,50 - 29,12 - 30,16 - 1900— 2200 - 36 - 43 50 « 40 32 - 41,76 - 2200— 2500 - 46 » 53 25 - 51,52 - 53 36 - 2500— 2800 - 56 - 63,— - 62,72 - 64,96 - 28,B— 3100 - 67 - 74.25 - 75.04 - 77,72 - 3100— 3400 - 78 - 86.25 - 87,36 - 90,48 - 3400— 3700 - 90 - 98.25 - 160,80 - 104,40 - 3700— 4000 - 105 - 110.25 - 117,60 - 121,80 - 4000— 4300 - 120 - 124,50 - 134 40 - 139,20 - 4300— 4,900 - 140 - 141,— - 156,80 - 162,40 - 4800— 5300 - 160 - 165.— - 179,20 - 185,60 - 5300— 5800 - 180 - 193.50 - 201,60 - 208,80 - 3800- 6300 - 200 - 217,50 - 224,— - 232,— - 6300— 6800 - 221 - .247,50 - 247,52 - 256,36 - 6800— 7300 - 242 - 276— - 271,04 - 2-0,72 - 7300 - 7800 - 263 - 300,— - 291,56 - 305,08 - 7800— 8300 - 285 . 330,— - 319,20 - 330,40 - 8300— 8800 - 307 - 360,— » 343,84 - 35612 - 8801— 9400 - 330 - 391,50 - 369,60 - 382,80 - 9400-10000 - 354 - 429,— - 396,48 - 410.64 - Die vorstehende Uebersicht zeigt, daß iu Dresden die Steuersätze in den EinkommenSklafsen von 500—2500 Einkommen mehr oder weniger niedriger sind, bann aber bei den Beträgen von 2800—6300 „dl höher werden als ber uns. Es ist das darauf zurückzuführen, daß bei dem im Jahre 1896 ausgestellten Leipziger Steuertarif die mittleren Einkommen absichtlich mit verhältnismäßig niedrigen Steuersätzen ein gestellt wurden. Dresden hat dagegen den staailichen Tarif akzeptiert und erhebt, je nach Bedarf, Zuschläge. Die Dresdner Prozentsätze beziehen sich also auf den StaatSsteuertarif. Da dieser bei den Ein kommen von über 100 000 bis zn 5 Prozent, der Leipziger Steuer tarif aber nur bis zu 4 Prozent geht, so ist Dresden in der Lage, mit einem nominell geringeren Prozentsatz auszukommen als Leipzig. Aus der Uebersicht ist dann deS weiteren ersichtlich, daß bei den Einkommen von über 6800 die Leipziger Sätze wieder höher sind als die Dresdner. Bei den Einkommen von 100 000 und darüber beträgt die Be steuerung in Leipzig (ab 1909) 6 Prozent, in DreSven 5,6 Prozent, bez. ab 1910 5,8 Prozent. Im ganzen betrachtet ist die Differenz, trotzdem in diesem Jahre bei uns 150 Prozent erhoben werden, keine ko erhebliche, daß aus diesem Grunde ein Abzug von großen Steuerzahlern etwa nach der Residenz hin befürchtet werden müßte. Für Steuerzahler mit einem Ein kommen von 100 000 sind doch 400 nicht illS Gewicht fallend. Werter aber darf der Hoffnung Raum gegeben^ werden, daß wir bei einem günstigen Steuerertrage m 1909 für spätere Jahre wieder auf einen wenigstens um ctwaö verringerten Steuersatz ankommen werten. Herr Stadwerordneter Heinze sprach in dieser Be ziehung aus, daß er und leine Freunde iu diesem Jahre den 150 Prozent zustimmen, weil sie gleich dem Rate für den Augenblick von der Not wendigkeit überzeugt seien, die Stadt für alle kommenden Ereignisse finanziell sicher zu stellen; in späteren Jahren würden sie aber um so härter sein! Die Trennung der Steuer» in Gemeindeanlagen und Schulaulagen, die andere Städte durchgesührt haben und die am Mittwoch wieder von Herrn Stadtverordneten Böhme warm empfohlen wurde, ist das Mittel, das der Siadt Hunderttausende (wegen teilweisen Wegfalls des Fünftelabzugs) zuführen wird. Biellcicht gelingt eS dann, unter Benutzung aller sonstigen finanziellen Hilfsmittel für die Gesamtheit wieder zur Erhebung von 145 oder sogar nur 140 Proz. zu gelangen. Kaufmännische Lehrlingsausbildung. Bekanntlich hat im preußischen Abgeordnetenbause der Abgeordnete Justiz rat Trimborn beantragt, die Regierung möge unter Fühlungnahme mit Ver tretern ces Kaufmannsstandes, insbeioubere den Handelskammern, len Kauf mannsgerichten , DetaiUistenverbänden uns Handtungsgebilfenorganimtionen, sowie unter Mitwirkung des Landcsgewerbeamtes in eine Prüfung bestimmter wesentlicher Fragen der taufmünniichen Lehrlingsausbildung eintreten und über die Verhandlungen eine Denkschrift vorlegen. Ohne Zweifel ist der Abgeordnete Trimborn zu seinem Anträge durch die Einladungs schrift zur kaufmänui icheu Lehrkonferenz des Ver bandes Deutscher Handlungsgehilfen zu Leipzig angeregt worden. Diese Lehikonferenz, die sorgfältig vorbereitet ist, wild ohne Zweifel wertvolles Material für den Antrag liefern. Der Verband ist aus Grund der Erfahrungen, daß die Ausbildung der Lehrlinge in kauf- männischen Betrieben oft sehr viel zu wünschen übrig läßt, daß sehr viele Prinzipale ihren Verpflichtungen den Lehrlingen gegenüber nicht Nachkommen, die Lehrlinge vielmehr als Objekte billigster Arbeitsleistung betrachten, deren Arbeitsfeld im Geschäfte nur in der Verrichtung der allergewvhulichsten Arbeiten besteht, zu dem Entschlüsse gelangt, die Lehrlingsfrage in ihrem ganzen Umsauqe zum Gegenstand einer Erörterung zu machen. Die Tatsachen, über die reiches Material gesammelt ist, lasten nur zu deutlich erkennen, daß die LehrliugSkonferenz einem dringenden zeitgemäßen Bedürfnisse ent gegenkommt. DaS beweist aber auch die Ausnahme, die der Vorschlag zur Konferenz in allen Gauen deS Vaterlandes gefunden hat. Die Behörden, u. a. das Ministerium für Handel und Gewerbe in Berlin, das Kgl. Ministerium des Innern in Dresden, haben sich in großer Zahl bereits zur Teilnahme an gemeldet. Insbesondere wird der Deutsche Handelstag die Konfereuz beschicken, über dreißig deutsche Handelskammern, eine Anzahl «Stadtverwaltungen werden ihre Vertreter senden, sodann die Aeltesten der Berliner Kauimannschast, die meisten Prinzipalsvereinigungen und Handlungsgehilfeuvrrbänbe, die Handels und Fachschulen und die Kausmannsgerichte werden vertreten sein. Erfreulich ist auch die große Zahl der angemeldeten einzelnen Persönlichkeiten, Abgeordnete des Reichs- und Landtags, Vertreter von Hochschulen re. So ist von vorn herein ein ersprießlicher Gewinn diesen Verhandlungen sicher. Die Tagesordnung der Konferenz, die am 23. und 24. April in Leipzig slattfindet, ist folgende: Der heutige Stand der praktischen Lehre und die Vorbildung der Lehrlinge, der Gang der praktischen Ausbildung, die Not wendigkeit deS Fachunterricht», Maßnahmen der Gesetzgebung» Uebrrwachvnq der Lehrlingsausbildung, Lehrlingsprüfungen. LehrlingSbeimr u. a. Die Konferenz wird beherrscht von der Fräse: Ist die praktische Lehre bei zubehalten und wie ist sie auSzugestalteu? Tie Frage ist von be- Wilderer Bedeutung. Deutschland ist fast das einzige Land, daS den Nach wuchs deS Kaufmannsstandes systematisch auSbildet. Alle anderen Länder, mit Ausnahme der Schwei., kennen die praktische Lehre nicht. Hier wird der Jüngling einfach in den Beruf hingesetzt und je nach seiner Brauchbarkeit be- zahlt. Der deutsche Handel wird diese Art der Ausbildung ja nicht zulasten; Tatsache ist, daß die systematische Lehrzeit dru deutschen Kaufmann befähigt hat, große Erfolge zu erringen und daß gerade deshalb in überseeischen Geschäften der deutsche Gehilfe gern ausgenommen wird, da man eine methodische Arbeitsleistung von ihm erwartet. — Es liegt im Interesse der deutschen Kaufmannschaft, sich ernstlich mit diesen Gedanken zu beschäftigen uud die Erfahrungen und Beobachtungen auf der Kon ferenz zur Geltung zu bringen. — Wir möchten den Besuch der Konferenz mit allem Nachdruck empfehlen. Die Bemühungen des Verbandes Deutscher Hand lungsgehilfen sind geeignet, zu einer Verständigung zwilchen Prinzipalen und Angestellten, soweit Meinungsverschiedenheiten vorhanden sind, zu führen. Es ist der Weg beschritten, um Angelegenheiten des Berufs in einigender, allen Parteien gerecht werbender Aussprache zu fördern zum Segen des deutschen Handels und deS Kausmannsstandes. Ein moderner Apothekenbetrieb. Wenn heute ein Arzt oder ein Apotheker, der vor hundert Jahre» gelebt hat, aufstünde und hineinsehen könnte in die neuzeitlichen techni schen Hilssmafchinen des Apothekcnbetriebes, überhaupt m eine moderne Apotheke, — wenn beispielsweise heute der erste Besitzer der Hofapotheke zum weißen Adler in Leipzig in der Hainstraße, der -hochgelahrte" Nicolaus Jerre, in den Neubau der Hofapotheke hineinschauen könnte! Allerdings liegen zwischen seiner Geschäftsgründung und heute genau 200 Jahre, denn dieses freudige Geschäftsjubiläum konnte die Hof apotheke zum weißen Adler dieser Tage zugleich mit der Einweihung des neuen Hauses feiern. Bei dieser Gelegenheit kounten wir einmal einen Einblick in einen modernen Apothekenoetrieb gewinnen, der hier in eigens dafür erbauten, außerordentlich zweckmäßig verteilten und eingerichteten Geschäftsräumen untergebracht ist. Die in vier Geschossen verteilten großen Vorratsräume, die durch zahlreiche Treppen, Fahrstühle nnd kleinere Haudaufzüge miteinander verbunden sind, bieten Raum für die mannigfachen Waren, mit denen der neuzeitliche Apotheker Handel treibt: Da ist der 7 Meter unter der Straße liegende Ünterkeller, der im Sommer und Winter eine gleiche kühle Temperatur hat und zur Aufbewahrung der Mineralwässer, Medi- zinakwein« usw. dient; ferner der Ob er keil er, der auch im Winter mäßig warme und trockene Gelasse bietet, da dre Rohre der Dampf heizung hindurchgehen. Im Erdgeschoß finden wir vornchmlich die ge schmackvoll und geradezu künstlerisch eingerichtete Offizin. Unmittel bar anstoßend ist ein geräumiges Zimmer, in dem alle Ware», die aus- und eingehen, niedergelegt und einer vorläufigen Prüfung unterworfen werden, auch in einem Glasverschlag die täglich vorkommeuden kleineren chemischen Untersuchungen vorgenomme» werden können. Es schließt sich hier noch das geräumige Zimmer für di« Nachtwache und das Pri vatkontor des Besitzers an. In das Hinterhaus führt ein breiter Gang zu dem dort untergebrachten, gercchezu mustergültig eingerichteten Laboratorium. Dieses Laboratorium soll nicht mrr den Bedarf der eigenen Apotheke decken, sondern auch der Herstellung pharmazeutischer Präparate im großen dienen. Von den zahlreichen neuzeitlichen Maschinen seien nur folgende hervorgehoben: Zunächst der große Destillierapparat; er ist eingerichtet für Dampfdestillation, d. h. das in Dampf form zu verwandelnde Wasser wird nicht unmittelbar durch Feuer er hitzt, sondern durch überhitzte Wasserdämpfe. Das hat diesen Zweck: wenn das Wasser mit dem Feuer in Berührung kommt, so bilden sich aus den organischen Stoffen desselben flüchtige Zersetzungserzeugnisse, die dem destillierten Wasser einen eigenartigen Geschmack geben (sogen. Blasenaeschmacks. Da das auf oben beschriebene Weise gewonnene destil lierte Wasser außerdem noch in einer Reihe von Steingutzylindern durch Schichten von Kohle und Kies filtriert wird, so wird ein unbedingt ge schmackloses und chemisch reines Wasser gewonnen, das den strengsten Anforderungen genügt. Täglich können 700 Liter destilliert werden. Ein großer Vakuumaoparat mit elektrisch betriebener Vakuumpumpe dient zur Herstellung von Extrakten. In einem umfangreichen Sterili sations-Apparat können Verbandstoffe und andere Gegenstände entwcker in strömendem Wasserdampf oder heißer Luft keimfrei gemacht werden. Zur Herstellung von Salben und Pasten, die neuerdings wieder viel Anwendung in der Medizin finden und bei der es auf genaue uud feine Verteilung der festen Bestandteile in dem Salbenkörper ankommt, dient eine sinnreich eingerichtete Maschine, deren Besitz sich nur wenige Apo theken Deutschlands rühmen dürfen. Die Salbe geht wiederholt zwischen drei durch elektrische Kraft bewegten Granitwalzen hindurch, die durch Stellschrauben immer näher aneinandergernckt werden können. Auf dies« Weise werden Salben erzielt, die selbst unter dem stärksten Mikroskop ein durchaus gleichmäßiges Aussehen zeigen. Daß die in allen Apotheken gebrauchten Vorrichtungen zum Trocknen, Zerkleinern, Sieben der Arzneistoffe, zum Herstellen von Tabletten, Zäpfchen ufw. alle in mustergültiger Beschaffenheit vorrätig find, braucht nicht beson ders hervorgehoben zu werden. Neben dem großen pharmazeutischen Laboratorium befindet sich das analytische. Hier werden alle eingehenden Waren einer genauen Prü fung unterworfen, ehe sic in Gebrauch genommen werden. Gleichzeitig dient es aber auch als öffentliches Laboratorium für Untersuchungen jcker Art. Im ersten Obergeschoß des Hintergebänbes befinden sich die Vor ratsräume für Verbandstoffe, Drogen und Chemikalien (die sogenannte Materialstubes. Von hier führt bis in den untersten Keller ein beson derer Warenauszug. Es zeigt sich schon an dem wenigen hier Gesagten, daß der moderne Apothekenbetrieb sich olle Hilfsmittel zunutze gemacht hat, di« von der Technik, besonders der Elektrotechnik, ersonnen sind. Sie ermöglichen auch die heutige Seistungssähiakeit unserer Apotheken, die neben dem Herstellen der Medikamente ihre Aufgabe sehen nnd erfüllen in den schwierigsten chemischen Untersuchungen, im Engros- oder Detailhandel mit Verbandstoffen usw. So befaßt sich z. B. di« Hofapotheke schon seit Jahren mit der Desinfektion von Wohnungen, was für die Volksgesund heit von bedeutendem Wert ist. In den dazu verwendeten Apparaten wird das bekannte Formalin zugleich mit Wasser in feine Nebel ver wandelt, die überallhin einzudringen vermögen, in jedes Eckchen, Ritzchen, in Möbelstoffe usw. usw., und dabei alle Ansteckungsstoffe ver nichten. Dabei erleiden Kleider, Stoffe usw. keinerlei Beschädigung. Und obendrein ist das ganze Verfahren nicht einmal teuer. Ein moderner Apothekenbetrieb ist eben vielseitig, und der eingangs erwähnte Herr Nicolaus Jerre würde sich heute wohl auf seinem ehe maligen Grundstück in der Hainstraße nicht mehr zurecht finden. Gerichtssaal. Arregsgericht. r Leipzig, 8. April. Zweimal entwiche». Unter der Anklage der unerlaubten Entfernung von seinem Truppenteile stand der beim 107. Infanterieregiment dienende Soldat M. Am 14. August v. I. verschwand M. zum ersten Male. Der Feldwebel erfuhr, daß der Mann sich in Leutzsch bei Ver wandten aufhalte, und er ließ ihn wieder holen. Am 18. Oktober war M. wieder fort, und erst nach zehn Togen wurde er in Kamburg auf gegriffen. Zu der Verhandlung vor dem Kriegsgericht waren vier ärzt liche Sachverständige geladen, die ziemlich übereinstimmend erklärten, daß M. ein geistig minderwertiger Mensch sei, der über wenig Intelli genz verfüge: er mache einen durchaus beschränkten Eindruck. Dazu scheine er erblich belastet zu sein. Vor seiner Dienstzeit ist M. einmal von der Tenne herabgestürzt; er hat damals einen Schäh^bruch und eine schwere Gehirnerschütterung erlitten. Es ist möglich, dm; Folgen von diesem Sturze zurückgeblieben sind. Ausgeschlossen ist es auch nicht, daß M an leichter Epilepsie leidet. Als er zum ersten Male wieder ein geliefert worden war und sein Feldwebel ,bm wegen seines WcglaufenS Vorwürfe machte, bekam M. einen Anfall, so daß er in das Lazarett ge schafft werden mußte. Seine dienstliche Führung hat im allgemeinen zu Tadel keine Veranlassung gegeben. Der Angeklagte selbst erklärte, daß Sanstog«, Ist ervvMov I» SpoOmS« and vrogarlen. v«er s Vie, Lauutoreo reizt eine voppetMstlnlng «tir vertvoN« XriiMzvnzs- mittel und als besondere dtsvnmg des Nervengewebes. Vies begründet »eine Unentbebrlicbiceit tür die grosse Tobi derer, die In Ivrer Qesundbeit gescbwScbt »ind (vlutnrme, dlervöse n. ».), und rur LrnStirung leidender wNirend und nxcki erscvüptenden Krnnic- beiten (bei dleurnrtdeni«, Tuberkulose, nscv Opera tionen u. ». m). Ole genttter» beispiellosen kriolg« «ned«, erlRutert und nscb- geviesen in mebr »1s 120 vissenretinMIcben Ver- SNenttlckungen und anerkennt in SVÜO iirrtileben — Prag, 8. April. Kindestötung. Vom hiesigen Schwurgericht wurde gestern die 37jäh- rige Marie Wewer ke, die ihr zweijähriges Stiefkind ermordet hatte, indem es diesem ein 20 Zentimeter langes Stück Holz in den Leib trieb, zum Tode durch den Strang verurteilt. — Zürich, 8. April. Bilderfälschungsprozeß. Im Prozeß gegen den Landschaftsmaler Rüdisühli wegen Fälschung von Böcklin-Bildcrn wurde gestern das Urteil gefällt. Es lautet auf vier Monate Gefäng nis, Tragung der Prozeßkostcn und 100 Franken Nrtcilsgcbühren. Das Gericht nahm an, daß das Bild „Liebesherbst" von Rüdisühli ge fälscht sei, die übrigen Bilder habe er verkauft, obgleich er sie als falsch erkannte. er nicht die Absicht gehabt habe, ganz zu desertieren; er sei aus Angst weggelaufen. Die alten Leute hätten ihn öfters des Nachts überfallen und geschlagen, so daß er Nasenbluten bekommen habe, und von den Unteroffizieren sei er fortgesetzt angefahren worden. Diese Angaben haben dazu geführt, daß eine Untersuchung eingeleitet worden ist; da-) Verfahren schwebt noch. M. wurde wegen seines unerlaubten Entfernens von der Truppe zu 46 Tagen Gefängnis verurteilt; diese Strafe gilt als durch die Untersuchungshaft verbüßt. Kl ein kiädrstokk von grösster petobelt, der «Icd »I» rnree- lisstgesLrittigaoMmittel »eit einem dnbrrednt devLbrt Nnt. TLSiriglicher Landgericht. ; Leipzig, 8. April. Verstoss gegen das Vereinsgesetz. Der Buchhändler Lipinski hatte als Vorsitzender des sozialdemokratischen Leipziger AgitationSkomitres zum 11. Dezember v. I. eine Parteiversammlung zweier Wahlvereine ein berufen. in der man sich mit der Wahl der Delegierten zu der außerordent lichen Landeskonferenz beschäftigen wollte. Diese Versammlung halte Lipinski, da er es nach den Bestimmungen des Verrinsgesetzes nicht für erforderlich hielt, nicht als öffentliche politische Versammlung bet der Polizeibehörde angemeldet. Er erhielt Le»-alb eine Anklage wegen Uebertretung der Bestimmungen der 88 ö und 6 Abs. 1 deS Vereinsgesetzes in Verbindung mit dem 8 6 der säch sischen Ausführungsverordnung vom 12. Mai 1908, denen gemäß eine öffent liche Versammlung zur Besprechung politischer Angelegenheiten mindestens 24 Stunden vor dem Beginn pol-zeilich anzumelden ist. Ist die Versammlung öffentlich durch ein Plakat oder in einer von der zuständigen Behörde zu gelassenen Zeitung in ordnungsgemäßer Weise bekanntgemacht worben, und zwar als öffentliche Versammlung, dann bedarf es einer Anmeldung dagegen nicht. Da Lipinski die von ihm einberuiene Versammlung als eine Veran staltung eines geschlossenen Vereines ansab, so hatte er in dem Inserate die Bezeichnung als „öffentliche" Versammlung weggelassen. Die Behörde sah darin einen Verstoß gegen das Vereinsgeseh, da ein Wahlverein bei seiner großen Mitgliederzahl und der lockeren Verbindung der Mitglieder unter einander nicht als rin Verein im Sinne des Gesetzes betrachtet werden könne. Das Schöffengericht, das als erste Instanz über den Fall zu befinden hatte, war anderer Meinung. Es konnte sich den Ausführungen deS Angeklagten nicht verschließen, daß die Oefsentlichkeit einer Versammlung dann nicht vorliege, wenn die versammelten Personen durch ein festeres Band und durch wechselseitige persönliche Beziehungen zu einem geschloffenen Kreise verbunden seien. Bei politischen Vereinen könne die räumliche Ausdehnung unter Umständen eine recht große uud die Verbindung der Mitglieder eine ver hältnismäßig lockere fein, ohne baß deshalb der Begriff des geschlossenen Vereins verloren gehe. Tas Schöffengericht erkannte dementsprechend aus kostenlose Freisprechung Les Angeklagten Lipinski. Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein, nnd dir fünfte Strafkammer deS Land gerichts gelangte zu einer anderen Beurteilung der rechtlichen Sachlage. Die Berufungsinstanz hält die von Lipinski einberufene Versammlung für eine ösfeuttiche Versammlung, denn bei dem Wahlvercin handelt eS sich nicht um einen Verein im Sinne des Gesetzes, sondern um eine der Unter abteilungen im System der sich über ganz Deutschland erstreckenden sozialdemo kratischen Organisation, wie es deutlich aus der numerischen und räumlichen Ausdehnung und der Leichtigkeit, Mitglied zu werden, hervorgeht. Tas Urteil der ersten Instanz wurde daraufhin aufgehoben und der Angeklagte LipiaSki zu einer Geldstrafe von 30 verurieilt. Den Bruder bestohlen! Arbeitslos und ohne Mittel war der Geschirr führer Karl August Jrmisch aus Kainsborf in Begleitung des Gelegenheits arbeiters Karl August Voigt aus Leipzig kurz vor Weihnachten zu seinem hier wohnenden Bruder gekommen, der beide aujnahm und sie vor Hunger und Obdachlosigkeit schützte. Zum Danke dafür Haden die beiden Burschen ihren Wohltäter in der schamlosesten Weise bestohlen. Sie erbrachen dessen Koffer, entwendeten daraus eine Uhr nebst Kette, nahmen einen kompletten Anzug und noch andere Kleidungsstücke aus dem Schranke und verschwancen. Der Anzug wurde verletzt, der Pfandschein verkauft und dann reisten die beiden Spitzbuben nach Zwickau, wo sie am 2. Februar in Hast genommen wurden. Die vierte Strafkammer verurteilte den Angeklagten Jrmisch zu einem Jahre sechs Monaten Gefängnis und dreisährigem EhrenrechiSverlust, den Angeklagten Voigt zu sechs Monaten Gefängnis und zwei Jahren Verlust der bürger lichen Ehrenrechte. Er rieb sich ganz verwundert die Augen, der 21 Jahre alte Markt- Helfer Ernst Moritz Sachse, als er am 6. Februar in der Morgenfrühe von mehreren Arbeitern ans süßem Schlummer geweckt wurde. Denn da saß er im Kontor seines früheren Chefs in einem Hanse am Augustusplatz, wo er von RechlS wegen, da er längst entlassen war, gar nichts mehr zu suchen halte. Ec war am Abend vorher durch ein Fenster eingestiegen, um zu stehlen, Halle sich mehrere elektrische Taschenlampen und für elf Mark Postwertzeichen zurechtgelegt und sich dann an den Geldschrank gemacht. Er hatte aber iin Gelbichrankknacken noch nicht die genügende Erfahrung, der Tresor widerstand allen seinen An griffen mit einem Zentcumsbohrer. Von der anstrengenden Arbeit müde, setzte sich Sachse auf einen Sessel, um sich etwas zu erholen, daun war er ein geschlafen. Die Arbeiter, die ihn sanden, hielten ihn fest und übergaben ihn einem Schutzmanne. Vor Gericht gab Sachse an, er habe ans Not gehandelt, man glaubte ihm das nnd verurteilte ihn unter Zubilligung mildernder Um stände und Anrechnung von sechs Wochen der Untersuchungshaft wegen Dieb- slahls im Rückfalle zu einem Jahre drei Monaten Gefängnis. — Nordhansen, 8. April. - Beleidigung. Der Chefredakteur Wilhelm Apel von der sozial demokratischen „Nordhäuser Volkszeitung" wurde gestern wegen Be leidigung des Rektors Lemke zu einem Monat Gefäng nis verurteilt. Die „Volkszeitung" hatte in einem Artikel behauptet, daß der Rektor das Lehrerkollegium durch den Schuldiener bespitzeln lasse. In der Verhandlung ergab sich, daß der Schuldumer diese Angabe tatsächlich den Lehrern gegenüber gemacht habe, jedoch gab er vor Gc- richt zu, daß er einen ihm vom Rektor erteilten Auftrag falsch auf gefaßt habe. MM/MM ve/'or «irre o/k /norrs^- /er/sAe Lts/» -n« LoekLnsnnsr». Varr von» ^»-»»»»«»«»-^on/ov, »««
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