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Der deutsche Vatcrlandsvcrein hac nachstehende Adresse berathcn und deren Absendung beschlossen. Zu mehrseitiger Belhestigung sind für heute und morgen Sammelbogcn aufgelegt, als: in der Ralhs- expedition, im Rathskeller, in den Gasthöfen zur Sonne und Stern, in Miltag's, Reiche's, Krell's und Große's Schanklokalcn und in der Klinkicht'- schcn Buchhandlung. Dem Reichstagsabgeordneten Hru. Burgermftr. Tzschneke aus Meißen. Bis vor wenig Monden war jede Aeußcrung des Volkswillcns mit mißtrauischem und scheelem Auge angesehen und durch Verordnungen beschrankt oder durch Gesetze verboten. Groß war die Schmach, in die Deutschland durch immer vermehrte Knech tung versank. Das Herz des Daterlandsfreundes wurde mit Schmerz und edlem Unwillen erfüllt. — Da entkleidete das Volk, entweder durch seinen blos ausgesprochenen oder auch durch seine» bethatigtcn Willen, die bisherigen Machthaber ihrer Gewalt und erzwang Befreiung. — Lin neuer Bau, der das Bestehen der volksthümlichen Institutionen sickerte, mußte begonnen werden. Sachsens Be wohner suchten ihre Bauleute nicht in den Eintags patrioten, sondern in Mannern von politisch bewahr ter Gesinnung; die sie betrauten mit heiliger Sen dung nach Frankiurt, deren Frcisinnigkcit war be kannt. Auch Sie, geehrter Herr Bürgermeister, ge hörten zu denselben und Ihre dcsfallsigc Wahl zum Rcichstagsmitglicde fand den allgemeinsten und freudigsten Anklang. Haben Sic nun durch Ihre Elcllung in der Paulskrchc mit Wort und Thar für das Volk gekämpft und fomit in ehrenvoller Treue Ihre früher beurkundeten Gesinnungen bewährt, so fühlen die Unterzeichneten sich gedrungen, mit Dank und Hochachtung Ihnen dafür zu begegne^ und offen auszufpreckcn: „daß in Ihnen und Ihren gleichgesinnten Freunden, sie vollkommen ihre politische Meinung vertreten sehen." Wurde auch vielfach behauptet, daß die Seite der Paulskirche, der Sie Sich anzuschlicßcn für gut befanden, in Ihrer Vaterstadt durchaus ohne An klang sei, so war das aber nur Behauptung und dürfte durch unsere Unterschriften hinreichend zurück- gewiefen sein. — Verlassen Sie daher, geehrter Herr, nicht das Schlachtfeld, nicht Ihre Fahne! — Ein großer, stets wachsender Theil des Volkes steht Ihnen zur Seite und wird sich fort und fort auf Ihren Ruf um das erhabene Banner der Freiheit schaarcn. Meißen, den 22. September 1848. (Folgen die Unterschriften.) Ueber Volksbewaffnung. (Beschluß.) Aber von dieser Zeit an war es mit der Freiheit der Unterthanen vorbei. Denn sowie die Fürsten gesehen haben, daß Bürger und Edclleute nicht mehr die Waffen führen und daß ihre Sol daten nur allein das Kriegshandwerk treiben, da haben sie dem Volke ein Recht nach dem andern genommen und zuweilen ganz willkürlich und unbe schränkt regiert. Das Volk konnte nichts dagegen machen, denn es hatte keine Gewalt, weil cs die Waffen nickt mehr führte. Die Fürsten hatten nun wohl kaum daran ge dacht, die Volksbewaffnung wieder cinzuführcn, wenn nicht Noth an den Mann gegangen wäre. Aber in der Zeit, als der Kaifer Napoleon herrschte, wel cher fast alle stehenden Heere der europäischen Mo narchen geschlagen hatte, da sahen zuletzt die Regie- rungcn ein, daß sie sich nur durch allgemeine Volks bewaffnung helfen könnten. Die preußische Regie rung ist damit vorangcgangen: sie hat im Jahre 1813 die Landwehr ins Leben gerufen und diese hat auch in dem Befreiungskriege wider Napoleon das Beste gekhan. Die andern Regierungen sind nachgefglgt. Nach dem Frieden hat die preußische Regierung die Landwehr beibehalten, aber so, daß die Bürger ihre Waffen nickt bei sich zu Hause haben durften; auch einige andere haben die Land wehr nicht wieder aufgehoben: aber im Allgemeinen hat man die Volksbewaffnung wieder einschlafen lassen. Erst in der jetzigen Zeit ist sie vom deut schen Volke wieder gefodert und von den Regierun gen bewilligt worden. Freilich mag nickt geläugnet werden, daß die Volksbewaffnung auch manche Unbequemlichkeiten mit sich führt, was daher kommt, weil man der Waffen nickt gewöhnt ist. Die Männer von 40 und noch mehr Jal>r«u, du- lernen so etwas nicht so leicht, wie die von 20 oder 25 Jahren: die Glieder sind ungelenker, der Körper ist schwerfälliger. Auch mag man. in ältcrn Jahren die Strapazen nicht so 4Mt ertragen, wie in jüngeren. Zudem nimmt das Exerziren, bis man es begreift und inne hat, viel Zeit weg, und daher kommt cs, daß Man chem die Volksbewaffnung unbequem erscheint. Aber wenn Alles ordentlich eingerichtet ist, wird es schon anders sein. Dann muß der junge Mann ohne Unterschied, wenn er in das zwanzigste Jahr einge- tretcn ist, ein Jahr lang Soldat sein: da lernt er denn gründlich Alles, was zum Soldatenwesen ge hört. Wenn er es einmal ordentlich gelernt hat, verlernt er es nicht so leicht wieder. Darauf tritt er in die Bürgerwchr: die mag denn etwa alle 14 Tage oder 4 Wochen Hebungen vornehmen, da mit sic in der Gewohnheit bleibt, das ist ihr dann ein Vergnügen. Ist Alles gehörig eingctheilt und in Ordnung gerichtet, so wird der Einzelne nicht zu sehr angestrengt und es wird sich zeigen, daß die Volksbewaffnung beschwerlicher aussieht, als sie in der That ist. Wir wiederholen aber noch einmal: nur durch sie, nur dadurch daß jeder Bürger das Recht und die Pflicht hat, die Waffen zu führen, können wir unsere Freiheiten auf die Dauer und mit Sicherheit behaupten.