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315 fabrikanten, die Herren Diplomaten. Es kann Dir im Grunde genommen auch einerlei sein, wer Dich am Zopfe faßt, ob der moskowitsche Selbstherrscher oder der Kaiser von Fez und Marokko; der Ge prügelte bleibst Du doch. Wenn Du aber durch* aus wissen willst, was mit Deutschland m der nächsten Zeit werden wird, so kann ich Dir auck ohne die politischen Wettermänner sagen, es wird gar nichts werden! Die deutsche Frage wird so lange eine unlösbare bleiben, als man stc auf die bisherige Weise lösen will; denn so lange Oester reich und Preußen mit gleichen Ansprüchen neben einander stehen, wird es kein Deutschland geben, und wenn Du Dich gerade auf die Quaste Deiner Nachtmütze stelltest. Die deutschen Staaten werden immer nur die Figuren eines Schachbretts sein, mit denen die Spieler sich Sckach dem Throne bieten. Wer endlich einmal das Spiel gewinnt, wird die Figuren in die Tasche stecken. — Wer weiß aber, wie bald oder wie ipät das fremde Schwert oder welch anderes Ercigniß das Spiel untereinander wirft und die langathmigc Frage kurzer Hand ent scheidet! -- So stehen jetzt die deutschen Aktien — freilich nicht höher, wie die mancher Eisenbahnen. — Gott besser's! Bild aus dem Feldlager-Leben in Schleswig - Holstein. Am südlichen Rande des Wittcnsee's, nahe bei Bünstorf, hat ein schlcswig - holsteinschcs Bataillon sein Zeltlager aufgeschlagen. Ein einzelnes Zelt Mißt ungefähr in der Länge und Breite 24 Fuß, läuft nach oben spitz zu und wird hauptsächlich durch einen in der Mitte stehenden Pfahl gehalten- Die Zelte stehen in 8 Reihen, so daß jede Compagnie eine sogenannte Compagniegasse hat. Um 4 Uhr Morgens stehen mit der Rcvcille die Köche der ein zelnen Corporalschaften auf und begeben sich mit den Kesseln nach den Kochlöchern, um dort für die ganze Mannschaft den Kaffee zu bereiten. Sobald dieser fertig ist, kehren sie mit den dampfenden Eimern zurück und wecken durch den Ruf: „Kaffec- lrinken!" ihre noch schlafenden Kameraden. Jetzt beginnt überall ein munteres Treiben; man reinigt sich durch klares Eecwasser vom Strohsiaub und setzt seine Waffen und übrigen Sachen in Stand. Um die Marketender versammeln sich verschiedene Gruppen, Offiziere und Gemeine, um auf den Tag sich die Flaschen zu füllen. Um 7 Uhr wird in der Regel exercirt oder manövrirt, abwechselnd auch ge schanzt; im letztem Falle ziehen die Compagnien in weißen Hosen und grauen Jacken mit Spaten, Hacken und Beilen versehen, nach dem nördlichen Rande des Wittcnsee's, wo bedeutende Befestigun gen aufgeworfen werden. Wenn sie zurückkchren, ist das Essen von den Köchen bereitet; dies besteht zwei Tage hintereinander in Fleischsuppe und ReiS, und an jedem dritten Tage aus Speck und Erbsen. Oft wartet der Heimkehrenden auch ein von den reichen Gutsbesitzern oder Ortschaften Holsteins ge schickter, mit Weißbrod, Zucker, Wein, Schnaps und Taback beladener Wagen. Dieser wird dann auf der Stelle semer Bürde entledigt und die Sachen gewissenhaft verthcilt. NackmuraqS von 5 bis 6 Uhr spielt das Musikchor lustige Tänze, und dann führen die großen Soldaten die kleinen, oder um gekehrt, in Ermangelung des schönen Geschlechts zum Tanze. Oft wird dieser durch' einen sogenann» len „Aufzug" unterbrochen. Mehrere Soldaten haben sich nämlich Epauletten, Schärpen und Sporen von Stroh gemackt, große Schleppsäbel umgebunden und sich auf Marketenderpferde gesetzt. Nun halten sie Parade und Exercilien über die andern Soldaten ab, inspicircn das ganze Lager und blicken da bei häufig durch ein großes Fernrohr von Stroh. Plötzlich kommt dann eine vorgebliche Dragoner- Ordonnanz und macht die wichtige Meldung, der Feind rücke an, worauf dann das ganze Corps unter Vivalrufen abziehr, um in dem nächsten Lager eine ähnliche Komödie aufzuführen. Der angenehmste Moment eines solchen Ruhetags ist aber immer der, wenn die Fourierwagen von Rendsburg mit den Briefen und Zeitungen kommen, das Einzige, was man hier zu lesen erhalten kann. So wie cs dun- kclt und kalt wird, werden von jeder Compagnie mächtige Wärmfeucr angezündet, wobei man cher Spaß und acht holsteinischer Witz vorfallt. Um 9 Uhr rasselt von der Lager, und Brandwache her der Zapfenstreich, für Jeden das Signal, sich in sein Zelt zurückzuzieben. Einzelne Stimmen hört man nur noch eine Zeil lang, aber bald liegt Alles im tiefsten Schlafe. Nur der Wacken Ruf und das gar nicht sehr harmonische Schnarchen der 1500 Waffenbrüder unterbricht die nächtliche Stille. Ost wird sie dagegen auch durch nächtliche Alarmi- rungcn und Recognoscirungen unterbrochen; dann wieder wird das Leben sehr einförmig gemacht durch tagelang anhaltenden Regen, wo man dann nur auf das Zelt beschränkt ist. Da werden die Sol daten dann recht ungeduldig und spähen nach dem Dänen aus, dem sie so gern recht tücklig vergelten möchten, was er ihnen bei Idstedt angcchan hat. Vermischtes. Die Leipz. Ztg. enthält den Vertrag des deutsch-österreichischen Telegraphcnver, eins und zugleich eine Verordnung, die Benutzung des Staatstelegraphen betreffend. Hiernach werden in Dresden und Leipzig Telegraphenbureaus errichtet, die im Wimer von früh 8 bis Abends 9 Uhr geöffnet sind und bei denen auch von Privat personen Depeschen zur Weiterbeförderung angenom men werden. Dieselben müssen deutlich und mit Tinte geschrieben sein, dürfen auch keine Rasuren enthalten. Die Preise sind mäßig. Für 20 Worte sind nämlich bis auf eine Entfernung von 10 Meilen nur 20 Ngr. zu zahlen, bis auf 25 Meilen 40*