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309 decung weist er, wie es heißt, in einer für seine Freunde gedruckten Handschrift glanzend nach. — Der ehemalige Minister v. Carlowitz war cs bekannt lich, welcher den ersten gleichen Schritt lhat. Beide sind übrigens zwar Aristokraten von reinstem Wasser, dabei aber höchst achtungswerthe, wahrhaft edle Männer. Außer dem Prof Niedner, sollen auch noch, wie aus Leipzig versichert wird, die Professoren Albrecht, Erdmann und Steinacker ihre Lehrämter nicdergelcgt haben. Alle sind Sterne erster Größe am Himmel der Wissenschaft im vollsten Sinne des Worres, weshalb cs schwer hal ten dürfte, die durch ihren Rücktritt entstandenen Lücken wieder ausfüllcn zu können. Die „Freiberger Nachrichten" bringen unter der Rubrik „Eingesandt" einen Artikel: Der hochgestellte Rebell, der einen auch in andern Städten bemerkli chen Uebelstand berührt, weshalb derselbe hier init- gcthcilt werden mag. Er lautet: - Unsere gute und getreue Bergstadt birgt in ih ren Mauern einen unverbesserlichen Rebellen, der, ohne Zweifel pochend, auf seine hervorragende Stel lung in der bürgerlichen Gesellschaft, unbekümmert um den eingctretenen Umschwung der Dinge sein Wesen treibt, wie in jener schönen Zeit, wo auch in unserm Sachscnlandc die Demokratie in der Blüthc stand, nnd der um so gefährlicher ist, als er auf einen nicht unbeträchtlichen Theil der Freiberger Ju gend , wir meinen die Schüler des GhmnasinmS, einen überaus nachtheiligen, ansteckenden Einfluß äußert, indem er sie zur Unpünktlichkeit und Nach lässigkeit im Schulbesuch verleitet. Seine Stimme — eine Stentorstimme ist nichts dagegen — tönt so vernehmlich, daß er von Tausenden vernommen werden kann und in weiten Kreisen eine Verwirrung der Begriffe, so weit sic Zeitfragcn betreffen, hcr- vorbringt. Dieser Rebell ist Niemand anders als — die Dom uh r. Diese setzt sich von Zeit zu Zeit in einen so schneidenden und schreienden Gegen satz zu Len übrigen Uhren der Stadt, Laß Lie Um wohner, falls sie nicht selbst im Besitz einer richtig gehenden Uhr sind, der sic vcrtrancn können, oft gar nicht wissen, woran sie sind, wie sic i» Lcr Zcit leben und wie viel cs eigentlich gcschlagcn hat. Wie wichtig cs abcr ist, dies stcts zu wisscn, weiß wohl Jeder. Die Einheimischen haben sich freilich nach gerade an die Extravaganzen der rebellischen Uhr gewöhnt, und wissen, was sic von ihr zu haltcn haben; desto befremdlicher sind sic für hier anwesende Fremde, wenn dieselbe» auch noch nicht in Gefahr kommen können, den Abgang der Eisenbahnzüge zu versäumen. Sehr wünschcnswcrth ist cs daher, daß dem recht eigentlich polizeiwidrigen Benehmen des hiermit dcnuncirtcn Rebellen ein Ziel gesetzt und ihm eine zeitgemäße Folgsamkeit zur Pflicht gemacht werde. Kann und will er sich nicht fügen, so bringe man ihn lieber ganz zum Schweigen, denn welchen Nutzen gewährt wohl eine Uhr, die nicht selten eine halbe Stunde, zuweilen abcr sogar mehrere Stunden differirt und dadurch ein ganzes Stadtviertel in Ausruhr bringt? — Aus Pegau schreibt man: Der letzte durch die Cholera herbeigeführte Todesfall erfolgte am 7. September. Bis dahin starben in Pegau (mit 4000 Einwohnern) 172 Personen an der Cholera, während die Gcsammtzahl der Todesfälle vom 25. Juli an 233 betragt. Es starben in der ersten Woche 18, in der zweiten 28, in der dritten 28, in dcr vierten (vom 15. bis 2l. August) 80, in der fünften 55, in der fechsten 22 und in dcr siebenten (vom 5. bis 11. September) 4 Personen. Die traurigsten Tage waren der 15., >6. und 17. August, mit je 15 Todesfällen. — (Dr. Z.) Der „Dorf barbiec" erwähnt ehrend eines Major v. Po lenz, welcher mit seltener Geistesgegenwart und aufopfernder Hingebung vier Wochen lang in dem von der Cholera bekanntlich furchtbar heimgesuchten Pegau das Commando geführt, und nebst der braven Garnison während dieser Schrcckenszeit für Pegau ungemein segensreich gewirkt habe. — Wie wir hören, soll dieses Lob des wackern Offiziers und seiner Mannschaft ein wirklich verdientes sein. Ehre darum jenen braven sächsischen Kriegern! Aus Großschönau schreibt man, daß daselbst so wie in dem anliegenden Neuschönau in der Zeit vom 5- August bis 8. Sept. 86 Personen an der Cholera gestorben sind. An Schleswig-Holstein. Wer ist cs, dcr am Nordcrthor Von Deutschland Wache hält ? Auf einem schmalen Streifen Land, Dcr Nord- und Ostsee Doppclstrand Kühn-trotzig hingestellt! Nach Norden schaut er unverwandt, Die Recht' an Schwertes Griff, Mit seines Feindes Art bekannt, Der, was ihm Macht nicht zugcwandt, Erschleicht mit Trug und Pfiff. Und in dcr Linkcn, seht, wic stolz Ein Banncr sich entrollt! Das deutsche Banncr, hchr nnd hoch, Das letztc dcutschc Banncr noch, Das Banncr: schwarz-roth-gold. Schwarz, wic die Nacht, die hinter uns Die deutsche Ehr' umflort, Roth, wic dcr kühncn Männcr Blut, Die dorten steh'n in Deutschlands Hut, „Freiheit" das Losungswort. Und golden, wie die Herrlichkeit Von Deutschland müßte sein, Wär' aller deutschen Männcr Sinn Wie jener Mannen Herz so kühn, Wie Eisen fest und Stein. Mein Schleswig-Holstein, grüß' dich Gott Aus blut'gcm Kampfesseld! Zu neuer Freiheit Morgenroth Führt Euch und uns Sieg oder Tod, Ein Held, wer siegt wer fällt.