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— Eibenstock. Am Nachmittag des 27. Mai brach Plötzlich im Hcckcr'schen Wohnhause in Hundshübel Feuer aus, welches sich in we nigen Minuten über mehrere Nachbargebäude erstreckte; selbst an der Kirche züngelten schon die Flammen des verheerenden Elements. Doch vermochten die schnell herbeigeeilten Feuerwehren dem Brand soweit Einhalt zu thun, daß nur zwei Wohnhäuser vollständig einäscherten, während Kirche und andere Gebäude mit mehr oder weniger Beschä digung davon kamen. — Der aus der Bachstraße 14 in Dresden bei seinen Angehöri gen wohnhafte, 24 Jahre alte Theolog Fredy, welcher in letzer Zeit Spuren von Irrsinn gezeigt, hat Donnerstag Vormittag seine Mutter und seine 26 u. 17 Jahre alten Schwestern mit einem Holzhammer schwer verwundet und darnach sich durch Schnitte in den Hals und Arm zu tödten versucht. Alle vier sind schwer verletzt. Die Damen wurden in die Diaconissenanstalt gebracht. Fredy sebst aber fand ein Unterkommen im Stadtkrankenhause. — Dem Vernehmen nach haben vor einiger Zeit Regierungsin genieure Vermessungen für Ausführung einer schmalfpurigen Sekun därbahnlinie von der Station Mügeln der Döbeln-Oschatzer Schmal spurbahn nach der Station Nerchau-Trebsen an der normatspurigen Selundärbahnstrecke Großbothen-Wurzen der Muldenthalbahn vorge nommen. Die Linie soll die Stadt Mutzschen berühren und bezw. durch Einlegung einer dritten Schiene in die Normalspurbahn von Nerchau-Trebsen bis Wurzen weitergeführt werden. Es steht in Aus sicht, daß dieses Projekt schon der nächsten Ständeversammlung vor gelegt wird. —Ueber die in Aussicht stehende Obsternte in unserer Gegend läßt sich nunmehr, da sich die Bäume ihrer tauben Blüthen entledigt haben und der Fruchtansatz allenthalben erfolgt ist, vorausgesetzt, daß äußere Einwirkungen, als Stürme und Ungeziefer, das Resultat nicht wesentlich verschlechtern, etwa Folgendes berichten. Kirschen haben in der Mehrzahl einen guten, in manchen Lagen sogar einen sehr reichen, Aepsel dagegen im Allgemeinen einen mittelmäßigen Fruchtansatz auf zuweisen. Pflaumen versprechen durchweg nur eine untermittlere Ernte, dagegen sind die Birnen-, Aprikosen- und Pfirsichbäume mit Früchten fast ausnahmslos sehr reich besetzt. Die Grafen von Dürrenstein. Original-Roman von Emilie Heinrichs. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Nach einer Weile kehrte Frank mit den nöthigen Schreibutensilien Mück, legte einen Bogen Papier zurecht und setzte sich, mit der Fe der in der Hand, an den Tisch, während Berg sich etwas in den Hintergrund zurückzog, um seine Beobachtung zu machen, wobei ihm eine seltsame Beklemmung die Brust zusammenschnürte. „Bist Du bereit, Alter?" fragte der Kranke. „Zu Befehl, Herr Graf!" „Schreibe: Ich, Albrecht, derzeitiger Majoratsherr vor Dürren stein, thue auf meinem Krankenlager meinen letzten Willen dahin kund, daß ich meine beiden Neffen, die Grafen Albrecht und Franz Dürren stein enterbe und mein bewegliches Vermögen, von welchem ein Ver- zeichniß in meinem Schreibtisch, dessen Schlüssel mein Kammerdiener Frank in Verwahrsam hat, wohlgeordnet sich befindet, dem Baron Egbert Dürrenstein, welcher Kraft fürstlicher Sanktion zum provisori schen Majoratserben ernannt gewesen, hinterlasse. Hast Du geschrie ben, Frank?" „Hinterlasse — zu Befehl, Herr Graf!" versetzte der Alte, der selbstverständlich in genügenden Zwischenräumen das langsam Diktierte niedergeschrieben. „Ich verknüpfe mit diesem meinem letzten Willen an Se. Hoheit, meinen gnädigsten Fürsten, die unterthänigste Bitte, den Baron Egbert zum Nachfolger meines Neffen, des Grafen Albrecht, im Majorat huldreichst ernennen zu wollen, mit Uebergehung meines zweiten Nef fen Franz, den ich als einen Unwürdigen verstoße; richte dann zum Schluß die Aufforderung an Baron Egbert, in das Recht meines Neffen Albrecht einzutreten und die für diesen bestimmt gewesene Braut, die Baroneß Regina v. Einsiedel, als seine Gemahlin in das Haus ihrer Ahnen zurückzuführen. Gott möge dazu seinen Segen geben Amen!" , Frank hatte mit fester Hand dies alles niedergeschrieben und seine eigenen seltsamen Gedanken, welche das Herz ihm erzittern machten, dabei gehabt, während des Geheimraths Hände sich krampfhaft ball ten und die Augen finstere Blicke schlossen. „Lies es vor, was Du geschrieben hast, Alter!" befahl der Graf, und Frank gehorchte. „Hm", brummte jener, „habt es wohl nicht für möglich gehal ten, daß der tolle Dürrenstein solch ein Ding, das Hand und Fuß hat, ohne Rechtsverdreher zu stände bringen könnte? Jetzt her damit, daß ich mit der gesunden Linken meinen Namen darunter kritzele. So, das ist geschehen, nun meinen Siegel dabei. Und zum Schluß schrei ben Sie darunter, daß ich meinen Verstand beisammen und dieses Testament selbst unterzeichnet habe, Doktor!" Berg war mit seinem Entschluß fertig, er trat langsam an den Tisch, um das Geschriebene beim Scheine der Lampe aufmerksam durch, Mesen, was den Kranken in eine nicht geringe Aufregung zu ver letzen schien, denn seine buschigen Brauen zogen sich drohend zusammen, und um den Mund zuckte ein grimmiges Lächeln. „Was soll das Doktor?" sragte er kurz, „trauen Sie uns nicht, he?" „Ein gewissenhafter Mann unterschreibt nichts, was er zuvor mit seinen eigenen Augen nicht selber gelesen", versetzte Berg ebenso kurz. „Zum Henker damit, Herr! Sie haben sich um den Inhalt gar nicht zu kümmern", schrie der Kranke mit geröthetem Gesicht, „sollen es nur bezeugen, daß ich meine fünf Sinne beisammen und das Ding da selbst diktiert und selbst unterzeichnet habe, basta!" „Ganz gut, Herr Graf!" lächelte Berg kalt, „bitte aber zu beden- ken, daß ich nach dem Inhalt dieses Schriftstücks Ihre geistige Zurech nungsfähigkeit beurteilen muß. Aber bitte, regen Sie sich nicht zu sehr auf, ich muß als Arzt darauf dringen, solche geistige Exerzitien zu unterlassen, da ich für Ihr Leben sonst keine Stunde mehr einstehen kann." „O, ich will noch nicht sterben, will mich nicht ärgern — aber — Sie werden dieses Schriftstück mit Ihrem Zeugniß versehen, he?" „Hier, Herr Geheimrath!" sagte Frank, dem Arzt die Feder hinreichend. „Später, mein Freund, später", wehrte Berg ab, „werden hoffent lich morgen noch Zeit genug dazu haben. Sorgen Sie für eine Ma tratze, da ich entschlossen bin, diese Nacht die Wache bei dem Herrn Grasen zu übernehmen." Frank blickte ängstlich auf seinen Herrn, welcher mit finsterm Lä cheln diese Worte vernahm — und dann den Alten zu sich winkte. „Leuchte dem Doktor die Treppe hinunter, Frank!" sagte er mit seltsam ruhiger Stimme, „ich habe den Herrn nicht gerufen und ver bitte mir deshalb seinen Beistand. Brigitta soll kommen. Weise dem Doktor ein Zimmer an und sorge für den Gast; ich will nicht weiter belästigt werden, verstanden?" „Zu Befehl, Herr Graf!" Der Kammerdiener nahm ein Licht und verbeugte sich gegen den Geheimrath, welcher zerstreut lächelnd noch immer das Schriftstück in der Hand hielt und dasselbe jetzt anscheinend mechanisch in seine Brust tasche gleiten ließ. Weder der Kranke, welcher erschöpft die Augen geschlossen, noch Frank, der in diesem Moment besorgt auf seinen Herrn blickte, hatten dieses Experiment des Arztes bemerkt und ruhig folgte letzterer jetzt dem mit dem Licht voranschreitenden Kammerdiener die enge Wendeltreppe hinab. Beim Heruntergehen konnte Berg es nicht unterlassen, über den geistigen Zustand des kranken Sonderlings einige beißende Bemerkung gen zu machen. Frank schwieg dazu; er geleitete den fürstlichen Leibarzt mit der schuldigen Devotion in den neuen Flügel hinüber, wies ihm zwei prächtig ausgestattete Zimmer an und versprach, schleunigst für ein Souper zu sorgen. „Melden Sie mich dem jungen Grafen", sagte Berg, als Frank um seine weiteren Befehle bat. i Letzterer verbeugte sich und verließ das Zimmer, um nach einer kleinen Weile wieder zurnckzukehren, und dem Herrn Geheimrath zu melden, daß Graf Albrecht mit dem Herrn Baron soupiere und ihn bitten lasse, sein Gast zu sein. Berg nickte kurz, warf noch einen Blick in den Spiegel, vor wel chem er soeben ein wenig Toilette gemacht, und folgte dem Alten aufs neue, um im nächsten Augenblick von dem jungen Grafen aufs liebens würdigste begrüßt zu werden. Baron Einsiedel schien ebenfalls sehr aufgeräumt zu sein, vielleicht vom Wein, vielleicht auch, wie Berg sich stutzend sagte, von neuen Hoffnungen. „Kommen Sie, Herr Geheimrath!" sagte Graf Albrecht, auf einen Sessel deutend, „setzen Sie sich in unsere Mitte und essen Sie vor alle» Dingen zuerst, was Ihnen schmeckt. Wählen Sie sich nach Be lieben Ihre Weine und später theilen Sie uns mit, wie Sie den Ma joratsherrn gesunden haben." Berg folgte still lächelnd der jovialen Aufforderung; er griff un willkürlich an seine Brusttasche und lächelte weiter bei dem Gedanken, welche zweischneidige Waffe er drinnen verwahre. Graf Albrecht war ganz merkwürdig heiter, er sprudelte förmlich von Witzen und meinte, daß er sich zum erstenmal nach langen Mon den wieder als Mensch, das heißt in anständiger Gesellschaft fühle. „Mein theurer Onkel scheint nicht damit zufrieden gewesen sein, den verlorenen Sohn als gebesserten und vollständig umgewandelten Mann wiederzusehen", sprach er unter anderm, „er mißtraute dieser natürlichen Wandlung und schob nicht allein meine Vermählung mit einer angebeteten Braut, welche er selber für mich erwählt, in eine unbestimmte Ferne hinaus, sondern hielt mich in diesem verwünschten Schlosse wie einen Gefangenen. Er legte mir dadurch eine Buße auf, welche ich in einer zehnjährigen Verbannung redlich durchgemacht zu haben glaubte. Was halten Sie von einem solchen unmotivierten Verfahren, Herr Geheimrath? Was ferner von der plötzlichen Auf hebung meiner Verlobung mit der Baroneß Einsiedel und meiner beharrlichen Absperrung von seinem Krankenlager?" „Der Kranke will Sie nicht sehen, Herr Graf?" fragte Berg nach denklich. „Nein, er hat sich deshalb in seiner bizarren Laune in den Zwin ger tragen lassen — was sagen Sie zu dieser neuen — wie soll ich's nur gleich nennen —" „Thorheit", ergänzte Einsiedel energisch. „Nun ja", fuhr der junge Graf achselzuckend fort, „es mag in alledem Methode liegen, doch sicherlich nur die eines gewisfen Wahn sinns." Berg nippte nachdenklich an seinem Glase, während Gras Albrecht hastig den Wein hinunterstürzte. „Sie widersetzen sich also dem Willen Ihres Oheims, Herr Graf?', fragte der Geheimrath, ich meine in betreff der Verlobung?" „Entschieden; Ehre, Pflicht und Herzensneigung gebieten eS mir. Soll ich den Launen eines wahnsinnigen Tyrannen alles opfern?" (Fortetzung folgt.) Vermischte». Ueber die Großartigkeit des Pfingstverkehrs in Berlin geben die Einnahmen der großen Berliner Pferdeeisenbahngesellschaft Aufschluß; dieselben ergaben am ersten Pfingstfeiertage 40,077 M., am zweiten 43.637M., am dritten 33,000 M., sonach insgesammt rund 117,000 M. * Hauseinsturz. New-Iorker Meldungen zufolge stürtzte am 27. Mai in einer Hauptstraße von Jersey Cety gegenüber New-Jork ein Haus ein, wobei 27 Personen verschüttet wurden. Nach halbtägiger Ausgrabungsarbeit wurden 20 Leichen, die übrigen im schwer verletz ten Zustande hervorgezogen. Einen Pferdeknecht sucht zum sofortigen Antritt Klingner in Unkersdorf. Zur Berichtigung. Hierdurch dem geehrten Publikum von hier zur gefälligen Kennt- niß: betreffs der Concerte auf dem hiesigen Lindenschlößchen ging daS Gerücht, daselbst keine Concerte geben zu wollen; dies beruht auf gänzlicher Unwahrheit, nur die Pfingstfeiertage war mir es nicht mög lich wegen zu später Bestellung, gab aber meine Zusage in jeder Be ziehung für nächste Zeit und bin gewiß sehr gern bereit, mit meinen musikalischen Kräften allen den Herren Besitzern von Concertetablisse- ments prompt zu dienen; allerdings darf aber nicht die Sage gethan werden, ich wolle nicht mit meiner Musik dienen. Achtungsvoll Zeuu 8pürlux, Stadtmusikdirector. Mittwoch, den S Juni gegeben vom Stadtmusikdirector 8pürlax. Neugewähltes Programm. Anfang 7^, Uhr. Entree 40 Pf. Nach dem Concert Ball. Hochachtungsvoll Spilling, Stadtmusikdir.