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gute Herzen haben sie auch und vor allem lieben sie ihren Kaiser. ! Am Freitag war's, so wird aus Berlin berichtet, als sich plötzlich das Gerücht verbreitet hatte, daß der Zustand des Kaisers sich verschlim mert habe. In Folge dessen hatte sich eine unabsehbare Menschen menge vor dem Palais angesammelt. Kaum war die Ursache dieser Menschenansammlung dem Kaiser mitgetheilt worden, als er anord nete, daß der wachthabende Polizist zu der versammelten Menge hin gehe und ihr sage, „man solle sich nicht beunruhigen, der Kaiser sei nicht krank; aber er sei müde, wolle schlafen gehen und lasse daher das Publikum bitten, nach Hause zu gehen." Diese Mittheilung wurde mit freudiger Theilnahme ausgenommen und binnen wenigen Augenblicken war der Platz vor dem Palais leer. Der kanonendonnernde Salut verkündete am Dienstag die An kunft eines Kriegsschiffes auf der Rhede von Kiel. Es war die Kreuzerfregatte „Olga", welche von der „Kriegsfahrt" nach Kamerun glücklich wieder in dem Heimathshafen angelangt war. Kaum war das hübfche Schiff auf dem Strom vor Anker gegangen, so erschien am Großmast der Heimathswimpel, ein weißes schmales Band, welches von der Mastspitze bis zur Wasserfläche herunterflatterte. Bald um schwirrte die zurückgekehrte Korvette eine ganze Flottille von Barkassen, Ruder-und Segelbooten aller Art. Jeder eilte, die Seinigen, die ihm so lange entrissen waren, zu begrüßen. Am Ufer harrt eine zahlreiche Menge, wie manches Herz klopft und hüpft vor Freude. Sobald es der Dienst erlaubte, wurden die Verheiratheten in erster Linie ans Land beurlaubt. Lautes freudiges Willkommen empfing die zurückge kehrten wettergebräunten „Olga"-Leute, die froh und stolz wieder der Heimath Boden betraten. Waterländisches. — Nach langen, schweren Leiden entschlief am Freitag Vormittag, 75 Jahre alt, der Eigenthümer des „Meißner Tageblattes", Herr Buchdruckereibesitzer und Stadtrath Heinrich Christian Klinkicht in Meißen. Sein Heimgang wird in den weitesten Kreisen schmerzliche Theilnahme Hervorrufen, denn mit ihm ging ein echter deutscher Ehren mann, ein guter Sachse und ein edler Mensch zur ewigen Ruhe ein. — Am 29. Mai Vormittags 10 Uhr versammelten sich im Re staurant „Zu den 3 Raben" in Dresden eine größere Anzahl von Landwirthen aus der Umgegend von Dresden zu dem Zwecke, einen Verein gegen den ungebührlichen Zwischenhandel zu grün den. Zum provisorischen Vorsitzenden wurde durch Zurus der als außerordentlich tüchtig bekannte Landwirth Rittergutspächter Andrä- Limbach gewählt. Derselbe war bereits Vorsitzender der Kommission gewesen, die bei der am 31. März d. I. an demselben Orte stattge fundenen Vorversammlung zur Berathung der Statuten gewählt wor den war. Der Vorsitzende Andrä ergriff das Wort, indem er die anwesenden Fachgenossen willkommen hieß und in kurzer klarer Weise darüber Bericht erstattete, was die Kommission seit der ersten Ver sammlung ausgeführt habe. Auf Antrag des Rittergutsbesitzers Winkler-Nickern wurden darauf vom Vorsitzenden die Statuten des zu gründenden Vereins vorgelefen. Derselbe soll den Namen „Verein zur Wahrung der landwirthschaftlichen Handelsinteressen" führen. Sein Hauptzweck ist, den ungebührlichen Zwischenhandel, d. h. nicht den gejammten Zwischenhandel, sondern nur den künstlich über Gebühr entwickelten Zwischenhandel zu bekämpfen und vorzubeugen. Stach der Verlesung der Statuten führte der Vorsitzende Andrä einzelne Punkte derselben weiter aus und trug seine Ansicht über die nun anzustreben den Ziele vor. Es sei u. A. nothwendig, auf der Börse einen Ver treter zu haben, ferner könnten die Futtermittel von den Mühlenbe sitzern im Ganzen preiswerther erstanden werden, in gleicher Weise auch die Düngemittel bei Garantie des Gehaltes von den Großhänd lern. Die Lieferungen an die k. Fourageämter sollen möglichst von Seiten des Vereins in größeren Posten abgeschlossen werden. Ferner sei ein zweimaliger Saatenmarkt im Herbst und im Frühjahr in Dres den anzustreben, ebenso auch Kartoffelmärkte. Wünschenswerth märe die Erbauung von Markthallen, in denen die Landwirthe direkt ihre Produkte an die Konsumenten verkaufen könnten u. s. w. Alsdann empfahl er, da der Verein nur bei starker Mitgliederzahl gedeihen könne, ein Provisorium ähnlich der deutschen landwirthschaftlichen Ge sellschaft zu errichten und dafür einen Schlußtermin zu setzen, wo der Verein sich zu konstituiren habe. Rittergutsbesier Cuny-Kleinopitz brachte dagegen den Antrag, daß es Wünschenswerther sei, den Verein sofort zu konstituiren, um dadurch leichteres Vorgehen zu haben. Nach längerer Debatte wurde endlich auf Antrag Winklers-Nickern ein Provisorium bis 1. März 1886 angenommen. Die Zahl der Mit glieder, die zu einer dann erfolgenden Konstituirung nöthig ist, wurde auf Antrag des Kammergutspächters Odrich-Dresden auf400 durch die Versammlung festgesetzt, sowie die Vereinsbeiträge für die Zeit des Provisoriums festgesetzt. Durch Zuruf erfolgte alsdann die Wahl des Vorstandes für das Provisorium, in den 5 Mitglieder gewählt wurden, und zwar Rittergutspächter Andrä-Limbach, Kammerguts pächter Odrich-Dresden, Rittergutsbesitzer Winkler-Nickern, Guts besitzer Zeis-Struppen, Rittergutsbesitzer Cuny-Kleinopitz. Der Vorsitzende Andrä schloß dann die Versammlung mit der Bitte an die Mitglieder des Provisoriums, recht thätig in ihren Kreisen für den neuen Verein wirken zu wollen, um durch gemeinsames energisches Handeln die Nothlage der Landwirthfchaft zu heben. — Diesen Mittwoch, den 3ten Juni wird in der wunderschönen, von Baurath Möckel neuerbauten Kirche zu Großdobritz ein Fest für innere Mission gefeiert werden. Im Gottesdienst, der um 2 Uhr be ginnt, wird Herr Superint. Or. Ackermann predigen, in der Nachver sammlung werden mehrere Herren auf die innere Mission bezügliche Ansprachen halten. Um Allen die Teilnahme an diesem Feste zu er leichtern, werden am Bahnhof Meißen V,1 Uhr Omnibusse zur Ab fahrt nach Großdobritz bereit stehn. Das Fest ist vom Kreisverein für innere Mission in Meißen veranstaltet, der sich bekanntlich seit Oktober vorigen Jahres gebildet, sich laut seiner Statuten zum Zweck gesetzt hat, zur Abhilfe geistlicher und leiblicher Notstände, insbeson dere innerhalb seines Bezirks, durch Veranstaltung christlicher Liebes- thätigkeit beizutragen. Als sein Erstlingswerk beabsichtigt er die Gründung einer Herberge zur Heimat in Meißen, wie solche bereits in den meisten größeren Städten Sachsens für die wandernden Hand werksburschen etc. eingerichtet worden sind. Dann ist von ihm die Verbreitung guter christlicher Bücher und Bilder beabsichtigt; aber eben so will er die schon in seinem Bezirk bestehenden Anstalten der inuern Mission, wie Rettungshäuser, Bewahranstalten, Vereine für Armen-, Kranken- und Entlassnenpflege nach seinen Kräften unterstützen, bezüg lich erweitern, gegebenen Falles aber auch z. B. für Unterbringung kranker Kinder in Heilstätten (Bethlehemstifte) sorgen, kurz Liebesdienste an den leiblich oder geistlich Gefährteten und Notleidenden üben. Schon dieser edle Zweck sollte dem Vereine viele Mitglieder zuführen, und da schon ein jährlicher Beitrag von einer Mark an das Recht der Mitgliedschaft erwirbt, so ist ja allen der Beitritt leicht genug gemacht. Möchten darum recht Viele dem Vereine bcitreten und ihm durch ihre opferfreudige Teilnahme zu einer gesegneten Wirksamkeit helfen! — Kötzschenbroda. Die durch so manchen reizenden Punkt weit und breit bekannte und in der Neuzeit namentlich auch von Berlin aus während der Sommermonate stark besuchte Lößnitz ist vor Kur zem um ein Etablissement bereichert worden, von dessen Existenz Kennt- niß zu erhalten, so Manchem von Werth und Interesse sein dürfte, welcher beabsichtigt, längere oder kürzere Zeit auf diesem schönen Stück Gotteserde seine Sommerfrische abzuhalten. Der Besitzer der Frie densburg hat nämlich am Fuße des jenes bekannte Restaurant tragen den Berges ein Badehotel errichtet, zu welchem ein prächtiger, drei Terrassen umfassender Garten mit mehreren Springbrunnen gehört. Das eine sehr große Anzahl Fremdenzimmer enthaltende Hotel ist nach den neuesten Erfahrungen erbaut und eingerichtet, die Aussicht von allen Etagen entzückend, die Küche vorzüglich. Es werden dafelbst einzelne Personen sowohl, wie ganze Familien auf kürzere oder län gere Zeit in Pension genommen. Bäder und Wasserleitung befinden sich im Hause. Im Garten sind Spiel- und Turnapparate vorhanden und das trefflich geleitete Etablissement auch als Zielpunkt für Schüler fahrten und Vereinsausflüge bestens zu empfehlen. Das Badehotel von Kötzschenbroda — der Besitzer heißt Müller — steht an der Stelle, wo sich ehedem Gießmann's Weinberg befand, welcher wegen seiner schönen Lage dereinst im Besitze August des Starken gewesen ist. Durch seine Erbauung und eine neu angelegte Fahrstraße ist zugleich das ganze am Fuße des Berges gelegene herrliche Areal, welches sich um seiner Prächtigen Lage willen ganz ausgezeichnet zur Anlage von Villen und Landhäusern eignet, aufgeschlossen worden und es wird sicherlich gar nicht lange dauern und es wachsen auf den dortigen Terrain, von wo aus man überall eine entzückende Rundsicht genießt und den Kamm des sächsischen Erzgebirges, wie die Berge der säch- sischen-bömischen Schweiz erblickt, Häuser empor. Diejenigen, welche einen Ausflug in die Lößnitz unternehmen, mögen besonders auf jenes neue comfortable und wundervoll gelegene Etablissement aufmerksam gemacht werden, zumal die dort geforderten Preise sehr civil genannt zu werden verdienen. — Atter Voraussicht nach wird Se. Majestät der König das 9. mitteldeutsche Bundesschießen zu Chemnitz mit seinem Besuche beehren. Von Seiten des Chemnitzer Centralausschusses war an das königl. Hofmarschaüamt die Anfrage gerichtet worden, ob Se. Majestät wohl geneigt sein werde, eine Einladung zum Bundesschießen entgegenzuneh men. Daraufhin ist an den ersten Vorsitzenden, Herrn Oberbürger meister Dr. Andre in Chemnitz, die Anzeige gelangt, daß der König am 4. Juni geruhen werde, die Vertreter des Centralausschusses in Audienz zu empfangen. — Gößnitz. Zur Warnung wollen wir nachstehenden Fall mitlheilen. Ein junges Mädchen in einem Nachbardorfe hatte sich kürzlich an ei nem Finger verletzt; am nächsten Sonntag geht sie zum Ball und zieht ein Paar Handschuhe an, die mit Benzin gereinigt waren; da rauf schwoll der Finger, dann die Hand und über Nacht sogar der ganze Arm stark an, so daß der herzugerufene Arzt Blutvergiftung constatierte und nur durch energisches Einschreiten die Gefahr beseitigte. — Zittau. Der seitherige Stadtsteuereinnehmer Nessenius ist, wie wir schon meldeten, seit den Pfingstfeiertagen nicht wieder auf seinen Posten zurückgekehrt. Bei der am vorgestrigen Tage stattgefundenen Kasfenrevision fand sich ein Zettel vor, des Inhalts, daß er bei Auf findung dieser Zeilen nicht mehr am Leben sein würde, Verzweiflung treibe ihn in den Tod. Seitdem sind die umfassendsten Revisions-Ar beiten eingeleitet, deren Resultat noch nicht vor liegt. Als Thatsache kann gemeldet werden, daß unmittelbar vor den Feiertagen noch 30,OM M. vom Steuereinnehmer an die Bezirkssteuereinnahme bar abgeführt worden sind, sowie daß sich ein barer Kassenbestand von 15,000 M- bei der Eröffnung vorgesunden hat. — Unter seltenen Umständen wurde in den letzten Tagen eine arme Frau in Zittau mit Drillingen beschenkt. Nachdem die Frau erst mit einem kräftigen, 8 Pfund schweren Kinde niedergekommen war, stellten sich sechsundsechzig Stunden —also circa drei Tage! — später noch zwei Geschwister des ersten Ankömmlings ein. Sämmtliche drei Kinder sollen vollständig entwickelt, gesund und lebensfähig sein. — In der Sache des sogen. Handfertigkeits-Unterrichts hat Sach sen jetzt entschieden die Führung in Sachsen übernommen. Bereits giebt es bei uns 52 Arbeitsstätten, wo dieser Unterricht mit Schülern betrieben wird. Auch Curse zur Einübung von Lehrern behufs Er« theilung dieses Unterrichts sind in Leipzig, Dresden und Stollberg im Erzgebirge abgehalten worden. Soeben geht wieder von Leipzig aus die Einladung zu einem solchen von dem Vorstande der dortigen Schü lerwerkstatt. Der günstige Erfolg des vorjährigen Lehr-Cursus, an welchem 30 Lehrer aus den verschiedensten Theilen Deutschlands wie aus Oesterreich sich betheiligten, scheint denselben zur Wiederholung dieses Curses ermuthigt zu haben. — Ein alter bekannter, der vielen Reisenden fast unentbehrlich gewordene Fahrplan von Fritzsche, ist soeben in seiner Sommeraus gabe erschienen. Die vorliegende Ausgabe übertrifft an Reichhaltig keit des Inhalts alle früheren. Eine Fülle von werthvollen Notizen über locale Verkehrsverhällnisse und Vergünstigungen rc. finden sich bei den verschiedenen Coursen angebracht. Das vollständige Verzeich« niß der italienischen Rundreisetouren, das Verzeichniß der combinirba« ren Rundreisebillets nach der Schweiz mit Angabe sämmtlicher vorhan denen Coupons und viele andere Notizen sind neu hinzugekommen. Die Uebersicht der direkten Zugsverbindungen ist auf eine ganz beträchtliche Zahl von Stationen erweitert worden. Die werthvollste Zugabe bil« det aber ein Verzeichniß von combinirten Rundtouren, welche mit un endlicher Mühe zusammengestellt, die beliebtesten Touren nach Thürin gen, dem Harz, dem Reihn, dem Riesengebirge, nach Süddeutschland und Tyrol, nach dem Eingänge zur Schweiz, nach dem Norden mit Angabe der Entfernung und der Preise enthält. Die mühevolle Ar beit, die in diesem Verzeichniß concentrit ist, wird Tausenden die auf hältliche und schwierige Arbeit des Zusammensuchens der Touren er sparen. Das Fritzsche'sche Coursbuch ist das erste und einzige, wel ches eine solche Uebersicht enthält. Das Merkchen ist zu dem seitheri gen Preise von 40 Pfennigen an allen Billetverkaufsstellen, Bahnhofs- und anderen Buchhandlungen und bei den Kolporteuren zu erlangen. — Sicherem Vernehmen nach wird in den nächsten Sommer- Ferien den sächsischen Lehrern Gelegenheit geboten werden, auf ganz billige Weise mit einem Extrazuge nach Wien zu kommen, um von dort Ausflüge in die herrliche Umgebung machen zu können. Das zu diesem Zwecke eingesetzte Comitee hat sich mit. Vertretern der Wiener > Lehrerschaft ins Einvernehmen gesetzt, und diese wird den sächsischen Collegen und Gästen ein herzliches Willkommen bereiten. Näheres wird, sobald Alles geordnet ist, die Sächsische Schulzeitung vermelden.