Volltext Seite (XML)
um den Nachtzug zu benutzen. Ich habe auf Waldenburg bereits meinen Abschiedsbesuch gemacht. Doch möchte ich einen Abstecher nach der Residenz noch wagen, um den Pfarrer Vinzenz zu besuchen." Er hatte bei diesen Worten seinen Arm in den des Geheimraths geschoben und schritt mit ihm der Villa zu. „Wir werden die Residenz nach Mitternacht erst erreichen," be merkte der Geheimrath kopfschüttelnd. „Dann übernachte ich in Ihrem Hause und mache früh morgens dem Pfarrer ganz inkognito meinen Besuch," versetzte ver Graf heiler, „bevor die elegante Wett, resp. der Hof vom Schlafe erwacht, sind wir längst über alle Berge. Denn ich halte Sie unerbittlich beim Wort, Herr Geheimrath! Sie gaben mir das Leben wieder und führen mich auch in die Welt zurück, vorerst also nach meiner Väter Schloß." „Ich muß wohl nachgeben, da ich so leichtsinnig versprochen, mein Herr Graf!" lächelte nun auch der Geheimrath, „übrigens ruft mich auch die Pflicht nach Schloß Dürrenstein," setzte er sehr erregt hinzu, „ich war bei dem Tode des alten Majoratsherrn gegenwärtig, wie Sie wissen, und habe als BeglauvigungSzeuge in meiner ärztlichen Be schaffenheit ein Dokument mit unterschrieben, welches als der letzte Wille des Verstorbenen immerhin einigen Werth für Sie haben dürste." „Der alte Frank hat den letzten Willen des alten Majoratsherrn nach dessen eigenem Diktat in meiner Gegenwart nicdergejchrieben und das Dokument in Verwahrung genommen," setzte der Geheimrath hinzu. Graf Egbert blickte ihn forschend an und meinte dann, daß er es als eine heilige Verpflichtung gegen den Todten ansehen werde, den letzten Willen desselben in allen Punkten zu erfüllen. „Wir werden sehen," murmelte Berg, auf ein anderes Thema übergehend. Nach dem kurzen Souper fuhr der Graf in des Gcheimralhs Wagen durch den wundervollen Abeno nach der Station, wo sie mit dem bald darauf eint reffenden Zuge weiterrelsten, und Nachts in der Residenz eintrafen. Früh am nächsten Morgen besuchte Graf Egbert den Pfarrer Vinzenz, der ihn mit Ueberrajchung und Freude empfing. Sie halten eine kurze, aber inhaltsreiche Unterrebung miteinander, und als Graf Egbert zum Abschied dem Pjarrer die Hand druckte, da sagte dieser: „Gott schütze Sie, mein lieber junger Herr! Ich werde Ihre Sache führen, als ob Sie mein leiblicher Bruder wären." „Ich danke Ihnen, Hochwürden!" versetzte Egbert, „in Ihrer Hand ruht mein höchstes Glück, ohne welches Rang und Relchlhum leme Bedeutung für mich haben würden." So schieb er von dem Pfarrer, um dann mit dem Geheimrath nach Schloß Dürrenstem wieder auf zubrechen, wo Niemand die Ankunft des neuen Majoratsherrn erwartete. Der alte Frank gerieth völlig außer sich, als er den jungen Ge bieter erblickte, da sein schöner Empsangsptan, den er gemeinschaftlich mit Jungfer Brigitta entworfen halte, nun gänzlich in die Brüche ging. „Nur ruhig, alter Freund!" beschwichtigte ihn der Graf mit einem glücklichen Lächeln, „das könnt Ihr alles nachholen, wenn heut' oder morgen eine junge Herrm einzieht." Frank machte ein verdutztes Gesicht und warf dann dem Geheim- rath einen kläglichen Blick zu, den dieser Mit einem Achselzucken erwiderte. „Ah," ries Graf Egbert überaus belustigt, „jetzt ruft mir die Jungfer Brigitta hierher, mein braver Frank! Ich spure etwas wie Hunger und weiß, daß die treffliche Freundin eme vorzügliche Küche sührt." Jungfer Brigitta, welche gerade herbelgetrippelt kam, Hörle ihr Lob aus des jungen Majoratshcrrn Mund ertönen und war darüber so gerührt, daß sie ihrem lieben jungen Grafen gern um den Hals gefallen wäre. Da das aber nicht gut anging, so machte sie einen respektvollen Knix und versprach ein Wunder der Kochkunst yrrzunchten, welches Versprechen sie auch so getreulich hielt, daß der Gras sowohl als der Geheimrath dem vorzüglichen Diner alle Ehre anthalen und die überglückliche Brigitta dadurch in den dritten Himmel verletzten. Als die beiden Herren in dem Trinlzimmer des alten Grasen den Kaffee schlürften und behaglich ihre Cigarre rauchten, meinte der Ge heimrath, mit sichtlichem Interesse seine Augen in dem seltsamen Ge mach des verstorbenen Sonderlings umherschweifen lassend, daß der tolle Dürrenstein doch ein echter deutscher Mann gewesen fei, allem falschen Schein und Schimmer abhold, deshalb aber auch Mit der heu tigen Welt im krassen Gegensatz und mit ihr im steten Kampf. „Jawohl," nickte Graf Egbert, träumerisch das große Wandge- mälde anblickend, dessen Figuren, vom Sonnenstrahl erhellt, lebendig hervortraten, „jein Kern war echt — nicht übertüncht von höflicher Glattzüngigkeit, schade, daß die allzu rauhe Schale den prächtigen Kern zu fest umschloß und ihn schließlich mit sich selber der Welt zerfallen lassen mußte. Kennen Sie die kurze Geschichte seiner Jugendliebe?" „Man hat mir davon erzählt." „Eine rührende Geschichte, nicht wahr? Die treue Liebe eines kindlich weichen Herzens in der Brust des Bären. Er zehrte daran fein Leden lang und wollte Leonies Tochter auf seine Welse glücklich machen. — Der Arme!" „Leonies Tochter," wiederholte der Geheimrath, „ja, es war eine seltene Liebe, eine Treue dis m den Tod! Lächerlich und rührend zugleich. Ah, Herr Graf!" setzte er lebhaft hinzu, „sehen Sie, dule, zene Figur aus dem Bilde, gleich rechts den schlanken Zecher — es ist Ihr leibhaftiges Konterfei." Der Graf nackte lächelnd. „Mein Vorsahr, der Majoratsherr Graf Egbert Dürrenstein, nach welchem mein Vater, welcher ihm ebensalls ähnlich sah, mich genannt hat. Seltsames Geschick, welches mich zum Herren des allen Stamm- schlosses macht; ich hatte die wenigste Aussicht dazu, da mein Vater eine Bürgerliche heirathete und von dem Majorat ausgeschlossen wurde. Es lebten zwei berechtigte Erben, Albrecht und Franz — der erstere ist verunglückt — wo aber blieb Franz? Können Sie mir dieses Räthjel lösen, Herr Geheimrath?" Dieser war bleich geworden — er blickte unschlüssig vor sich hin „Forschen Sie nicht danach, Herr Graf!" versetzte er nach einer Weile, „es giebt Dinge, welche besser in der Nacht des Geheimnisses bleiben. Wenn ich Ihnen indessen einen Rath ertheilen dürfte, so wäre es der, mit einer jungen Gemahlin nicht dieses düstere, ich möchte sagen, unheimliche Schloß zu bewohnen, sondern derselben ein freundlicheres Heim zu bereiten. Irre ich nicht, so gehört Ihnen auch Schloß Ein siedel —" „Freilich — doch würde ich die Besitzung erst kaufen müssen, da selbige zum Privatvermögen meines Vorgängers gehört." „Ah, da sällt mir das Testament des alten Herrn ein, bei dem ich als Zeuge fungirt habe," rief der Geheimrath lebhaft, „Sie gestatten mir wohl, Herr Graf, den Kammerdiener hierher zu citlren." Er ließ die Klingel ertönen, woraus im nächsten Augenblick schon der Alte erschien. „Haben Sie bas Testament des seligen Herrn Grafen bei der Hand?" fragte Berg, „Ihr Gebieter wünscht Einsicht davon zu nehmen." „Ich bitte darum, lieber Frank!" setzte Graf Egbert freundlich^ „Zu Befehl, gnädigster Herr Graf! Hier in diesem Schm^ des seligen Herrn liegt eS sicher verwahrl und hier ist der Schlüssels, Graf Egbert ergriff den Schlüssel, während Frank sich ins Nebenzimmer zurückzog, nachdem er mit dem Geheimrath^ ängstlich bedeutungsvollen Blick gewechselt hatte. Der junge Majoralsherr öffnete den Schreibtisch und nahm' Dokument, welches an der Aufschrift erkenntlich war, heraus. Er setzte sich hin und las es aufmerksam durch. Sein röthete sich beim Lesen und als er am Schluß war, da sprang " f elektrisirt empor und rief mit einer Stimme, welche vor Erregung verhaltenem Glück bebte: „O, mein Freund, wie glücklich macht es mich, diesen letzte» eines edlen Mannes von ganzem Herzen erfüllen zu können." . „So heirathen Sie Regina v. Einsiedel?" fragte Berg »»^ müthiger Freude. ' „Mein Gott, wie gern — ich liebe sie ja, habe ihr wie ein Heiliglhum im Herzen getragen und den guten Pfarrer - zcnz bereits gebeten, mein Fürsprecher bei ihr zu sein, da es . der schwerlich gelingen dürfte, eine Unterredung mit Regina zu E ; O, theuerster Freund, können Sie es begreifen, wie Überschuß glücklich ich mich fühle?" Der Geheimrath schaute ihn mit einem seltsamen Blick »»- „Ja, Herr Graf", erwiderte er halblaut, „Ihr Glück ist daß es den Neid der Himmlischen erregen könnte!" Vermischtes. * Großer Brand. Von einem schrecklichen Unglücksfallj die Stadt Leutschau in Ungarn am 14. Juni heimgesuchl- .gF Uhr Nachmittags entstand nämlich aus unverzeihlicher Nachlaß-, >m Hause eines Schmiedemeisters ein Schadenfeuer, das rasch griff und den ganzen südwestlichen Theil der Stadt einäscherte-, verheerenden Elemente sind 150 Wonhäuser mit einer AnD, - Nebengebäuden und leider auch sechs Menschenleben zum fallen, während 8 Personen, an deren Aufkommen gezwestä> schwer verbrannt in Spitälern daniederliegen. Am meisten w»^ ärmere Volksklasse heimgesucht. * Der Dampfer „Speke Hall" von der Halllinie ist aus von Liverpool nach Bombay während des jüngsten WirbelstE^ Golf von Aden untcrgegangen. Die Meldung von der überbrachte der zweite Steuermann des Schiffes, der, nachdem Tage auf einem Sparren im Wasser zugebracht, von einem " fahrenden Schiffe ausgenommen wurde, nach Colombo. Er er allein von der ganzen Mannschaft des Dampfers übrig A-/' * Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich am 14. tags gegen 6 Uhr auf dem sogenannten Breyeller See bei in der Rheinpcovinz. AlS nämluch eine Gesellschaft von steb^F sonen eine Nachenfahrt ans dem See machte, näherte sich ein ungeübter Schwimmer und klammerte sich an demselben Nachen schlug um und begrub die Insassen in der Tiefe. sonen retteten sich dadurch, daß sie sich an dem nmgestürzten i^ M sesthielten. Die übrigen fünf Personen ertranken. Besonders trifft dieser Unglücksfall eine Süchtclner Familie, deren ErnE ein siebenjähriges Söhnchen mit zu den Ertrunkenen gehörtem^ Johannistag! Ein Frühlingsleben Mit seinem Hellen Sonnenglanze Und seinem frohen Blüthenweben, Da liegt's vor uns im Todtenkranze! Die Liebesthat, die erste, dessen, Der zu das Bruderaug' ihm drückte, War, daß er Zweige von Cypressen Und Blumen auf sein Grab ihm pflückte. Begonnen hat sie allerwegen, Die Wallfahrt nach der Friedensstätte, Da sich zur Ruh' die Pilger legen Auf ihrem letzten Schlummerbette. Und wie der Bruder noch dem Lenze Ein blumenduftig Grab bereitet, So bringen Denen wir auch Kränze, Die nach dem Friedhof wir geleitet. Johannistag, der Tag der Ehren Für Alle, die uns heim gegangen, Die Gräber macht er zu Altären, Die reich im Schmuck der Blumen prange»- Werd' mit den Blumen, mit den neuen, Darauf die Hellen Thränen glänzen, Nur neu die Treu' auch für die Treuen, Die wir bedacht mit unsern Kränzen! Die Gräber müssen Kränze schmücken. Leg' hin die Treue oder — Reue, Daß droben mit verklärten Blicker Sich ihrer heut' die Liebe frue! Was du mit stillem Händefalten Der Mutter noch im Tod versprochen, Hast du der theuern es gehalten? Wie, oder hast du's schnöd gebrochen? So gehe hin, es einzulösen, Dein Wort, eh' es zu spät geworden. Die Zeit enteilt, du bist gewesen, Und stehst selbst an des Grabes Pforten. Und daß du's willst, die du begraben, Da drüben in den Sternenhöhen, Da soll in deinen Blumengaben Sie zum Johanneslag es sehen. U'MNt'll das Pfund 28 Pfge., im GanzA beiDorfchau, Dresden,,Fle>^/I Gefunden wurde in meinem Getreide ein Korb mit Kirschen. Gegen ° gütung abzuholen bei «Karl Hückel in Herzogswalde. Wein- und Speisen-Karte» hält vorräthig die Druckerei dieses Blattes.