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Beilage zu Nr. 50 des Wochenblattes für Wilsdruff. Dienstag den 23. Juni 1885. Vaterländisches — Am 13. d. M. Nachmittag gegen 3 Uhr brannten ca. gegen ^Scheffel Hochwald der königlichen Staatswaldungen aufOberfrauen- «orser Forstrevier nieoer. Auch die Gemeinde Ulberndorf ist durch Mies Brandunglück mit beschädigt worden. Mehrere Wellenhundert misjg, sowie verschiedene Klippel und Scheite, welche zur Abfuhr be- äit lagen, sind mit verbrnant. Entstehungsursache ist noch unbekannt. . Einen glänzenden Beweis hoher Leistungsfähigkeit bezüglich m Massenpcrsonenbcförderung hat die kleine Schmalspurbahn Rade- .'^"Radeburg geliefert. Die in den drei Tagen vom 5. bis 7. 'M- w Radeburg abgehaltene landwirthschastliche Ausstellung rief M dieser Bahnlinie einen ganz enormen Personenverkehr hervor, welcher M mit größter Anstrengung unter Ausnutzung aller verfügbaren Be- Mdämütel und mittels Einlegung einer großen Zahl Extrazüge (am Tonntag den 6. Juni allein deren 6) zu bewältigen war. Die Ge- Mwitbesörderung ergab 12,000 Personen, wovon auf den Sonnabend --^0, aus den Sonntag 7000 und den Montag 2800 entfallen. — Die Jagdlust scheint in Sachsen eine recht rege und eher der Zunahme als in der Abnahme begriffen zu sein. Wir schließen "» aus den vorliegenden amtlichen Mittheilungen über die sehr an- iMichen Erträgnisse aus dem Verkaufe der Jagdkarten, welche uaiintlich mit gesetzlich bestimmten Ausnahmen Alle bei sich führen Wn, die in Sachsen die Jagd ausüben wollen. Diese Karten lauten . ""der auf das ganze Jahr oder auf einen einzelnen Tag, und es " die Jahreskarte zwölf Mark, die Tageskarte drei Mark. Ver- Mhnu werden zur Zeil im Ganzen für solche Karten gegen 100,000 layrlich, Gebühren, von denen der Staatskasse drei Viertel, der usarmenkasse ein Viertel zufließt. Der Staat zieht also einen jähr- kn, ü , ^"8 von ungefähr 75,000 M. aus den Jagdkarten, und zwar E d>ese Einnahme, welche 1880 noch nicht ganz 70,000 M. ausmachte, Irlich einige Steigerung erfahren. Aus den veröffentlichten Rech- läßt sich nicht ersehen, wieviel davon auf den Erlös aus Tages- ""d andererseits aus Jahreskarten entfällt; allein man wird . uren, wenn man auf Grund der mitgetheilten Zahlen schätzungs- "ruummt, daß in Sachsen ungefähr 9000 Personen die Jagd " Jagdkarten ausüben. dem heftigen Gewitter am Mittwoch Abend ist endlich der eigentliche Erzgebirgskamm und dessen nächste nördlichen Ab- ausgiebiger Weise betroffen worden, und es hat dort oben, der Erdboden schon seit Wochen der mangelnden Niederschläge ^" vollständig ausgetrocknet war, ziemlich 8 volle Stunden geregnet, derdieser Regen in der Hauptsache für das Wachsthum Bestum mindestens 14 Tage zu spät, da die Zeit der Äm der Gräser und verschiedener Feldfrüchte schon vorüber ist. ."der sind die Niederschläge von den obererzgevirgischen Land- zoster Freude begrüßt worden, da ein weiteres Ausbleiben ' eine vollständige Mißernte in Aussicht stellte. tick^ allgemeines Interesse hat ein kürzlich vom Reich sge- Leipzig gefaßter Beschluß zu rechnen, wonach der Zusatz -Couleur zu echtem bayrischen Bier für Consumenten in Mb, ^land, um dem Bier die in Norddeutschland beliebtere dunkle ""na 8eben, Nahrungsmittelfälschung zu bestrafen ist, auch viit A . H den gedachten Zusatz das Bier in seiner Beschaffenheit Ausnahme der Farbe, nicht alterirt worden ist. Das starke und langanhaltende Gewitter am Donnerstag, «frei? Vv" einem wolkenbruchähulicheu Regen begleitet war, hat in dein ii 3 ""d Umgegend schweren Schaden eingerichtet. Leider ist °"er auch ein Menschenleben zum Opfer gefallen. Kurz vor »Ns Ruhe" wurde der Fuhrwerksbesitzer Jünger aus Halsbach Heimfahrt sammt seinen Pferden vom Blitze erschlagen. Jünger, Höhs? auf der Mittelbrücke seines Erzwagens gesessen, somit der Hjks? Mnkt gewesen, was man bekanntlich vermeiden soll, ist allem s "ach zuerst getroffen worden. Der Strahl scheint an ihm lhidxx hren zu sein, wovon die an der rechten Seite gerissenen Bein- , Duzten, und dann seinen Weg an der Deichsel entlang geuom- wobei die Pferde tödtlich getroffen worden. Auf der i» ? Er Chaussee zersplitterte der Blitz einen Kirschbaum, schlug auch WuH E)e der Schmiede in eine Telegraphenstange, welche zerstört dki» »s Der kalte Schlag, welcher die Tippner'sche Restauration in Sand traf, richtete glücklicherweise nur unbedeutende ^ri v, M an. Schlimmere Folgen hatte das Gewitter für das ""s chirma, wo ein Blitzstrahl das Haus des Watdwäriers w Flammen setzte, das trotz der herbeigeeilten Spritzen nie- Im Hospitalwalde wurde eine bei der Trinkhalle stehende iklbst vom Blitz getroffen und gespalten. Der in Freiberg !»d,i??3erichtete Schaden wurde nur durch den Sturm und die mit herabstürzenden Wassermassen verursacht. In der sM? . wurde m. A. ein Kontor überschwemmt und haben die viele Waarcnvorräthe beschädigt, Auch in tiefergelegene von Freibergsdorf drang das Wasser zerstörend ein. Fast war die Verheerung, welche das Unwetter auf dem "dig?pmtze anrichtete, wo die leichtgebauten Zelte und Buden theils theils zertrümmert wurden. kr, ? Meißen. Der Schmiedemeister Leopold Schleg, ein jun- den Tod seines Vaters sehr frühzeitig an die Spitze eines eten, blühenden Geschäfts gestellter Mann, ist vor mehreren d? verschwunden und soll in Begleitung einer vorigen Winter ^eder-Haberstroh'schen Theatergesellschafl engagirt gewesenen Hch" Schauspielerin, Namens Dorofska alias Frau Geyer, das ^kd»^sucht haben. Man vermuthet, daß er sich nach Amerika ge- ^ki?' Der Verschwundene, dessen Steckbrief sich bereits in der /Münz" abgedruckt befindet, soll sich betrügerische Manipula- ^bli^dev zu Schulden kommen lassen bei Erlangung der nicht un- Geldsummen, welche er mit sich genommen. Er hat seine ühs, ffrau und ein Kind, sowie ein blühendes Geschäft, das ihm ^Senlose Zukunft sicherte, in unbegreiflichem Leichtsinn verlassen "un in der Fremde und mit einer Person sehr fragwürdigen ^ligs unstät und flüchtig umher, verfolgt von der strafenden Ge- ^k-Dkesden. Die Zahl der für das VI. deutsche Turnfest ^ vkten Turner hat nunmehr die Höhe von 12,000 überschritten. 800 Orte Deutschlands und des Auslandes werden im 7t ?''ffizuge hier vertreten sein. Die Reichshauptstadt allein stellt » "iku stattliche Zahl von etwa 500 Turnen, Leipzig deren 441, 104, Breslau 103, Hannover 114, Königsberg i. Pr. 39, o3 Turner senden. Aus München und Nürnberg stehen die Zungen aus. Köln a. Rh. hat 34, Bremen 38, Halle a. S. 57, Stuttgart 32, Görlitz 89, Erfurt 49, Torgau 33, Gera 32, Mer seburg 25, Nordhausen 30,'Lübeck und Koburg je 30, Mühlhausen i. Th. 28, Weimar und Mannheim je 25, Kassel 22, Straßburg i. E., Hof und Liegnitz je 17, Altenburg 41 Turner angemeldet. Von den kleineren Universitäten sind Würzburg mit 25, Jena mit 22, Göttin gen mit 11 und Kiel mit 9 Turnern vertreten. Deutsch-Oesterreich sendet eine ziemliche Anzahl Turner, die Hauptstadt Wien 86, mit den Vororten I52, Brünn 22. Aus Böhmen allein sind gegen 600 Tür ner angemeldet. So aus Aussig 45, Teplitz 33, Reichenberg 32, Rum- bürg 29, Saaz 28, Pilsen 26, Trautenau 24, Leipa und Tetschen je 23 und Karlsbad 15. Biele Ausländer haben gebeten, ihre Anmel dungen erst Ende Juni bewirken zu dürfen, so besonders die Ameri kaner. Doch sind deren bis jetzt schon über 60 zur Anmeldung ge langt, darunter eine Musterriege aus Philadelphia, welche das Bun desbanner des „Nordamerikanischen Turnerbundes" mit sich führen wird. Dieselben treffen über Antwerpen hier ein. Aus Amsterdam und Lind sind 65 niederländische Turner angesagt, aus Moskau und Helsingfors je 5 deutsche, bezw. finnländische Turner. Der Festzug dürfte sonach ein interessanter werden, umsomehr, als etwa 500 zum Theil prächtige Fahnen und Banner einen reichen Schmuck desselben bilden. Die Grafen von Dürrenstein. Original - Roman von Emilie HeinriKS. (Nachdruck verboten.l (Fortsetzung.) „Was sagen Sie zu diesem Plane Ihres Patienten, mein lieber Geheimrath?" wandte sich der Prinz mit einem Achselzucken an Berg. „Ich sage, daß derselbe löblich ist und von mir kräftig unterstützt wird, mein Prinz!" lautete die feste Antwort. „Ja, daß ich sogar willens bin, den Grafen selber nach Schloß Dürrenstein zu geleiten." „Ich danke Ihnen, Herr Geheimrath!" sagte Egbert, ihm die Hand drückend. „Ja, dann muß ich wohl die Segel streichen," lachte der Prinz, „werde aber nicht ermangeln, Sie recht bald in Ihrer Klause aufzu suchen. Wann gedenken Sie abzureisen, lieber Graf?" „Wenn es mein Arzt erlaubt, noch heute, Durchlaucht!" „Auf Wiedersehen!" Er drückte beiden die Hand, verbat sich mit liebenswürdiger Abwehr ihre Begleitung und schritt rasch durch den Garten, worauf nach wenigen Augenblicken die Equipage des Prinzen davonrollte. Die beiden Zurückgebliebenen hatten bislang geschwiegen. „Ein liebenswürdiger Charakter," meinte Graf Egbert dann, „Prinz Arnold war bislang als sehr leichtsinnig verschrien." „Mit Recht," nickte Berg, „doch hat er sich, Gott sei Dank, gänz lich umgethan. Die letzte Thorheit seines galanten Lebens bildet durch ihren tragischen Verlauf sozusagen den Schlußpunkt." „Sie meinen damit die Entführung der jungen Baroneß Einsiedel!" warf Graf Egbert ruhig hin. Der Geheimrath blickte ihn überrascht an. „Aber, mein Himmel, Gras, von wannen kam Ihnen diese Wissen schaft? Giebt's denn keinen Winkel auf Erden, welcher vor der Klatschsucht der Welt sicher ist? Oder sollte etwa der Prinz selber—" „Ja, Herr Geheimrath, der Prinz selber hat mir die größte Thor heit seines Lebens gebeichtet — natürlich ohne mein Zuthun — obwohl ich die Geschichte auch schon von anderer Seite erfahren hatte." „Zum Exempel!" „Durch den Freiherrn v. Littorf, welcher auf der Jagd hierher verschlagen wurde." „Freilich, die Sache ist erklärlich," nickte Berg spöttisch, „der neue Majoralsherr von Dürrenstein ist eine zu gute Partie, um ihn nicht vorher mit einer Dosis Gift gegen eine vielleicht voreilige Wahl zu präpariren. Ich aber weiß es am besten, was von jener Entführung zu halten ist, und welche schmähliche Rolle auch jener Freiherr, des Prinzen damaliger Helfershelfer, dabei gespielt hat." „Ich weiß es, bester Freund," rief der Graf, beschwichtigend die Hand erhebend, „und habe durchaus keine Ursache, des Prinzen Worte zu bezweifeln. Sagen Sie mir noch, ob die junge Baroneß bei ihrer Erzieherin bleiben und somit aus der vornehmen Welt verschwinden wird?" „Ja, Herr Graf, es ist wahr," versetzte der Geheimrath, „die arme junge Dame ist durch den Schimpf, den man ihr angethan, so zusagen in der Btüthe geknickt worden, sie hat die vornehme Welt, welche ihr so schön bislang erschienen, von der häßlichsten Seite kennen gelernt und sehnt sich danach, dieselbe zu vergessen." „So ist ihre Gesundheit wieder ganz hergestellt?" „Ja, sie ist körperlich genesen, doch erregt der Baron, ihr Vater, meine Besorgnisse in einem hohen Grade. Ich komme soeben von ihm —" „Und sahen auch die Tochter?" fragte Graf Egbert, vor sich hinblickend. „Sie befand sich gerade bei ihm; Baroneß Regina ahnt nicht die Gefahr, in welcher ihr Vater schwebt und ich habe, aufrichtig gestan den, nicht den Muth, die arme Dulderin damit noch tiefer zu beugen." „Ist der Baron mit dem Entschluß seiner Tochter einverstanden?" fragte der Graf hastig. „Er widerstrebt demselben nicht, da er stets ein schwacher, nach giebiger Charakter gewesen und in seinem leidenden Zustande an kein Glück und keine Hoffnung für sich und sein Kind mehr glaubt, als im Grabe und in Abgeschiedenheit." „So betrauern beide den Tod meines Vetters, und somit den Ver lust von Glanz und Reichthum wohl am meisten," warf Graf Egbert mit leicht vidrirender Stimme hin. „Sie irren, Herr Graf!" versetzte Berg erregt, „es wäre ein Frevel, Reginas Handlungsweise so niedrig zu beurtheilen. Sie wollte sich um des Vaters willen opfern, und Gott allein weiß es, wie schwer dem armen Kinoe dieses Opfer geworden. Wenn ihr Herz nach eitlem Schimmer strebte, dann dürften sich Männer genug finden, welche sich glücklich schätzen würden, ein solches Juwel in eine glänzende Fassung zu bringen, mit einem Wort, sie würde trotz der Entführungsgeschichte die reichste Partie machen können. Sie wählt die Arbeit und athmet frei bei dem Gedanken, vor einem Meineid bewahrt geblieben zu sein. Hüten Sie sich, die Tugend und Unschuld so schmachvoll zu beleidigen, Graf Dürrenstein!" Dieser lächelte fast schalkhaft bei den drohenden Worten des Ge heimraths. „Kommen Sie, mein Bester!" sagte er, sich von der Bank erhebend „wir wollen ein wenig soupiren und dann nach der Station fahren.