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Tharandt, Nossen, Jiebenlehv und die Umgegenden. Amtsblatt siir die Königl. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. 45. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montags — und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 55 Freitag, den 10. Juli 1885. Bekanntmachung. Die auf den Monat Mai 1885 festgesteüten Durchschnittspreise für Marschfourage im Hauptmarktorte Meißen sind folgende: 7 Mark 91 Pf. pro 50 Kilo Hafer, 3 - 64 - « 50 - Heu, 2 - I - - 50 - Stroh. Königliche Amtshauptmannschaft Meißen, am 4. Juli 1885. ,I. V.: Gilbert, Reg.-Asf. DageSgeschichte. Allen Ernstes wird behauptet, der Reichskanzler werde, um fremden Gelüsten auf deutsche Bundesstaaten ein für alle Male ein Ende zu machen, im Bundesrath einen weiteren Antrag stellen, nach welchem nichtdeutsche Fürsten keinen deutschen Thron besteigen können. Die Nachricht wird, wie gesagt, mit großem Ernste vorgebracht, ist aber trotzdem in dieser Fassung nicht recht glaubwürdig. Zunächst hat sich der Bundesrath am Sonnabend vertagt und tritt erst am 15. September wieder zusammen. Es wäre doch sehr früh, schon jetzt solchen Antrag anzukündigen. Zum zweiten würde durch einen solchen Antrag aber auch der Herzog von Edinburg, der Bruder der deutschen Kronprinzessin, von der ihm rechtmäßig zustehenden Thronfolge in Sach- sen-Koburg-Gojha ausgeschlossen. Und für das Letztere liegt doch in der That kein Grund vor. In der Familie des Reichskanzlers Fürsten Bismarck ist am Montag zu Kröchlendorf in der Uckermarck, so schreibt man der „Nordd. Mg. Ztg." von dort, die Vermählung des jüngsten Sohnes des Reichs kanzlers, des Grasen Wilhelm von Bismarck mit Fräulein Sybille von Arnim gefeiert worden. Die Trauung fand um 12 Uhr in der Schloßkirche zu Kröchlendorf statt. An die Trauung schloß sich um 1 Uhr ein Dsjeuner, dem das übliche Austanzen des Brautkranzes folgte. Am 4. Juli feierten zahlreiche Amerikaner mit ihren deutschen Freunden ans dem Rochusberge oberhalb Bingen das Fest der nord amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Der Amerikaner Höneck ließ die deutschen Schützen, die deutsche Einheit und das deutsche Reich le ben. Ihm antwortete Oswald Otten dürfe r, der Herausgeber der New-Dorker Staatszeitung, einer der angesehnsten Amerikaner. Er sagte, das deutsche Reich habe keine begeistertsten Verehrer als die nord amerikanischen Bürger deutscher Abkunft, dem Helden-Kaiser an der Spitze des Reiches zolle Jeder seine wärmste Verehrung. Der beste Schutz eines Volkes beruhe zwar auf der Opsermilligkeit der Bürger, ohne daß das Erträgniß des Fleißes der Erhaltung eines großen Heeres geopfert zu werden brauche, von den deutschen Bürgern Ameri kas aber werde die unerläßliche Nothwendigkeit eines großen deutschen Heeres unter den bestehenden Verhältnissen Eu ropas nicht nur vollständig anerkannt, sondern sie preisen auch laut die hohen Verdienste, welche das deutsche Heer sich um die Errichtung des deutschen Reiches eworben, und sie wetteifern, dieser glorreichen Armee nnd ihren Führern den wohlverdienten Ruhmeskranz um die Stirne zu flechten. Eben so wenig seien die deutschen Bürger Ameri kas mit solcher Blindheit geschlagen, um nicht die ungeheuren Verdienste des großen Staatsmannes anzuerkennen, besten Diplomatie es zu ver danken sei, daß die mächtigsten Nationen Europas sich um Deutsch lands Gunst bewerben. Die Deutsch-Amerikaner verhindere weder ihr Republikanismus, mit vollster Seele in die Jnbelhymne einzustimmen, die heute hier der Macht, der Größe und dem Ruhme des deutschen Vaterlandes ertöne. Die Innung der Berliner Maurermeister ist thatkräftig in den Kampf für das Recht der Arbeitgeber gegen den maß- und zügellosen Sinke eingetreten und hat eine Entschlossenheit entwickelt, die nicht genug gelobt werden kann und die auch die Niederlage des Strikes über kurz oder lang herbeiführen wird. Sie hat rundweg die Ver handlungen mit jenen Agitatoren, die den Strike eingeleitet, abgelehnt, sie hat ihre Mitglieder mit Energie beseelt, ihr Recht betont — und das ist schon der halbe Sreg. Auch damit ist ein Vorbild für die Zukunft gegeben. Und die Folge dieses Auftretens der Innung? Sie hat eine Menge neuer Mitglieder erhalten, die sich freiwillig ihr angeschlossen. Das zeigt am besten, daß bei uns für ein freies, kräf tiges Jnnungsleben noch viel, viel Raum ist, daß es daran eben so wenig, wie an allgemeinem Beitritt, ohne alle Zwangsmaßregeln und Chikanen, fehlen wird, sobald es nur die Innung versteht, für das Gewerbe kräftig und entschlossen einzutreten. Gerade gegenüber den unberechtigten Ärbeitersorderungen ist die gesunde, freie Innung die beste Waste, sie gleicht einem Fels, den die Agitationswogen wohl umbrausen können, aber nicht niederreißen werben. Das Wort von der Einigkeit ist keine leere Rede! Für die sinkenden Maurer Berlins wird jetzt in allen dor tigen Fabriken und Werkstätten fleißig gesammelt, überall circuliren Sammellisten; die meisten Arbeitervereine haben Gelder den Maurern übermittelt. Die Lohnkomniissivn der Maurer hat nunmehr in Massen ein Flugblatt verbreitet, das sich an die Berliner Bürger und an das bauende Publikum, sowie an die hohen staatlichen und städtischen Behörden wendet und die Arbeitseinstellung behandelt. — Der bis jetzt in Folge des Maurerstrikes verloren gegangene Lohn beziffert sich bereits nach Millionen, denn der Strike influirt selbstverständlich auf alle bei der Maurerarbeit beschäftigten Handwerker; auf das Baufuhr werk, die Zimmerer, Klempner, Schlosser, Maler, Glaser, Töpfer, die zu unfreiwilliger Muße gezwungen werden, ebenso wie die zahlreichen Ziegeleien auf dem Lande. Wer jetzt den Spandauer Kanal betrachtet, findet Kahn an Kahn gereiht, welche vergeblich ihrer Löschung harren. Einer der sinkenden Maurer Namens Legeler hatte sich bereits wegen Ausübung von Zwang behufs Theilnahme am Strike und wegen gro ben Unfugs zu verantworten. Der Angeklagte wurde mit 16 Tagen Gefängniß und 1 Tag Haft bestraft, die erlittene Untersuchungshaft dem Angeklagten anzurechnen, sah sich der Gerichtshof, welcher mit dem Staatsanwalt der Ansicht war, daß dem terroristischen Treiben mit energischer Strafe begegnet werden müßte, nicht veranlaßt. Ein Straßenkampf hat sich in der Nacht vom Sonntag zum Montag in Berlin vor der Kaserne des Kaiser Franz-Garde-Grena- dier-Regiments abgespielt. Eine Nachtpatrouille hatte einen Civilisten verhaftet und mit in die Wachtstube genommen. Nun liefen Bummler und Dirnen zusammen, warfen mit Steinen nach den Posten und den Fenstern, so daß der Offizier die Wache ins Gewehr treten ließ. Das Publikum wurde dreimal aufgefordert, auseinanderzugehen, doch auch jetzt hörte das Werfen und Schreien nicht auf. Da ließ der Offizier die Wache mit dem Kolben den Platz säubern, wobei weitere 9 Per sonen verhaftet wurden. Bis auf einige weibliche Arbeiter haben in sämmtlichen Cigarren fabriken von Liegnitz die Arbeiter aufgehört zu arbeiten und den Fabrikbesitzern die Bedingungen, unter welchen sie bereit sind, die Arbeit wieder aufzunehmen, durch Deligirte mittheilen lassen. Unter den Bedingungen figurirt, wie Liegnitzer Blätter schreiben, als erste diejenige, daß die Meister gewisser Fabriken entlassen und weibliche Roller in Zukunft weder beschäftigt, noch angelernt werden sollen; ferner wollen die Strikenden eine näher bezeichnete billige Arbeit ganz abgeschafft und für die theueren Cigarrensorten einen Zuschlag von 50 und 25 Pfg. pro Mille haben. Ebenso sollen die Tabakblätter besonders vorgerichtet sein rc. Die Fabrikanten haben in einer Zu sammenkunft beschlossen, nicht nachzugeben. Zu einem für unsere Industrie gewiß segensreichen Unternehmen haben sich der „Zentralverein für Handelsgeographie" uud die deutsche Exportbank" vereinigt. Sie wollen in allen den überseeischen Plätzen, wo deutsche Waaren noch nicht eingeführt sind, Musterla ger errichten und Persönlichkeiten abschicken, die den deutschen Waaren Eingang zu verschaffen geeignet sind. Aber auch Expeditionen sollen ausgerüstet und in alle diejenigen Häfen gesandt werden, in denen deutsche Waaren jetzt noch unbekannt gewesen sind. Nun mag unsere Industrie dafür sorgen, daß sie gute konkurrenzfähige Waaren liefert! Fort sind sie am vergangenen Freitag, die drei Panzerkorvet ten, welche auf der Werft des Vulkan in Stettin für China gebaut wurden. Ehe die Reise von Kiel aus von statten ging, weihte der chinesische Gesandte die Schiffe unter allerhand merkwürdigen Ceremo- nien für den Dienst des himmlischen Reiches. Hoffentlich geben unS die Chinesen bald einmal wieder etwas zu thun! — Gute Kunden unserer Industrie sind auch die Jap anesen. Sie haben nämlich bei der Gesellschaft „Hohenzollern" in Düsseldorf und bei der Firma v. d. Zypen nnd Chalier in Deutz eine große Lieferung von Loco Mo tiven und Eisenbahn Waggons bestellt. Ein Theil derselben ist bereits abgeschickt, die erste derartige Lieferung, die in Deutschland be stellt wurde. München, 7. Juli. Bei dem Bankier Siegfried Klopfer hat diese Nacht ein großer Einbruchsdiebstahl stattgefunden. 30,000 Mk. in Noten und Gold sind entwendet worden. Die edle und heldenmüthige Haltung König Alfons's in der gegenwärtigen Zeit der Heimsuchung für Spanien weckt in seinem Reich Begeisterung, in ganz Europa herzliche Anerkenung für den jungen Monarchen, der seine Regentenpflichten so ernst auffaßt und seinem Volk ein Beispiel hoher Selbstverleugnung und patriotischer Hingebung ist. Welchen Einfluß die mit den Wünschen seines Mi nisteriums nicht übereinstimmende Reise des Königs auf die Situation des Kabinets nehmen kann, muß vorderhand dahingestellt bleiben. In der am 4. Juli abegehaltenen Sitzung des spanischen Abgeordneten hauses eröffnete der gewesene Minister des Aeußeren, Tenor Marios, die Debatte mit Bezug auf die ministerielle Politik. Er lobte den König, daß er nach Aranjuez gegangen und das Beispiel der Energie und der Liebe für sein Volk gegeben habe, und anerkannte, daß die gegenwärtige Monarchie stärker als jene des Königs Amadeus sei, kon- statirte aber die Npthweudigkeil der Mitwirkung der Demokratie für die liberale Monarchie.