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— An den deutschen Reichskanzler Fürsten Bismarck ist vom Berschöncrungsverein „Naturfreund" in Meißen ein großes, aus dem Schrvtcr'schen Atelier hervorgegangenes photographisches Tableau, darstellend die Bismarcksäule, den Weiheakt derselben, Meißen von der Säule und vom rechten Elbufer aus, sowie die Alkrechtsburg bei Nacht, abgesandt worden mit einem Begleitschreiben, welches die erfolgte Ausstellung der Säule zum Gedächtniß an des Kanzlers Jubelfeier meldet und nachträglich um die Genehmigung »acksucht, dieselbe „Bis marcksäule" nennen zu dürfen. Meißen ist wohl die einzige Stadt im Königreich Sachsen gewesen, welche ein sichtbares Gedcnkzeichen an den 1. April 1885 in ihrer Gemarkung aufgerichtet hat. In Plauen im Voigtlande ist dagegen ein Bismarckhain gepflanzt worden und in verschiedenen Orten wurden Eichen und Linden gesetzt. — In Mulda bei Hammerbrück sammelten vor wenig Tagen zwei Kinder Brunnenkresse, um dieselbe, wie es ja im Frühjahr häufig ge schieht, zum Butterbrode zu verzehren. Jedenfalls befand sich Wasser schierling darunter, denn sofort nach dem Genüsse erkrankten die Kin der unter allen Anzeichen der Vergiftung. Leider ist ein Knabe von acht Jahren dieser Krankheit zum Opfer gefallen, indem er nach we nigen Stunden unter den heftigsten Schmerzen den Geist aufgab. Das andere Kind, ein Mädchen von 6 Jahren, hofft man zu retten, da angewcndete Gegenmittel bereits gute Dienste geleistet. Darum Vorsicht beim Kräutersammeln! — Der in Komotau wegen Mordes verhaftete und des Mor des der Frau Petzold in Meißen bezichtigte Prokop ist am 7. Mai in Brüx vor Gericht gestellt und mit 8 Stimmen betreffs der Petzold in Meißen, sowie mit 12 Stimmen betreffs der Brejcha in Komotau des Mordes schuldig erkannt und zum Tode durch den Strang verur- theilt worden. Die Grafen von Dürrenstein. Original-Roman von Emilie Heinrichs. ^Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Berg trat ins Vorzimmer, wo Dr. Ascher seiner harrte. „Ich muß Sie sogleich mit mir entführen, lieber Herr Geheim- rath!" rief jener ihm entgegen. „Ein schlimmer Fall, für den ich nicht allein einzutreten vermag und der Ihre Autorität unbedingt er fordert. Der alte Graf Dürrenstein hat einen Schlaganfall erlitten; er liegt im Erbprinzen unter meiner Behandlung und will durchaus heimkehren auf sein Schloß; Sie kennen den wunderlichen Kauz, ei gensinnig und grob —" „Weiß, weiß, lieber Doktor!" unterbrach ihn Berg ungeduldig, „setzen Sie sich, bitte, in meinen Wagen, ich komme sogleich nach." Er kehrte zu dem Baron zurück. „Die Versetzung drängt zur raschen Entscheidung", sagte er ruhig, „Gras Dürrenstein liegt, von einem Schlaganfall betroffen, krank im Hotel, Dr. Ascher wünscht mein Gutachten. Fahren Sie mit uns, Herr Baron!" Dieser nickte erregt und zog sich auf wenige Minuten zurück, um sich eiligst anzukleiden. Als er in der kürzesten Zeit, welche er jemals zu seiner Toilette gebraucht, wieder ins Zimmer trat, reichte er dem Geheimrath die Hand und sprach entschlossen: „Also zur Entscheidung, mein Freund! Wenn der Graf, dem ich ja alles jagen werde, die Verlobung auflöst, lege ich Reginas Geschick in Ihre Hand." Neunzehnter Kapitel. Rk m «Krankenlager. Mittlerweile hatte der Zustand des Kranken Majorathsherrn sich nicht verschlimmert, obwohl die unnatürliche Aufregung, welche ihn auf- recht hielt, einen zweiten Schlaganfall befürchten ließ. Wenn ein sol cher ihn dahin raffte, bevor er die schauerliche Tragödie selber zum Ab- Muß gebracht, dann war an eine Sühne des Verbrechens überhaupt nicht mehr zu denken, da fremde Ankläger schwerlich ein gläubiges Ohr finden und sich selber nur in ein sicheres Unheil stürzen würden, wäh- rend Baron Egbert sich hüten mußte, den jungen Majorathsherrn in solcher Weise zu verdächtigen, ohne den Beweis einer so ungeheuerli chen Schuld sonnenklar führen zu können. Baron Egbert Majorathsherr — dieser Gedanke ließ dem wacke ren Rosenkranz keine Ruhe mehr, wie der Gedanke, das grauenhafte Verbrechen ungesühnt, den Mörder ungestört im Besitz des reichen Er- bes zu sehen, ihn, wie den Kranken mit verzweiflungsvoller Wuth er füllte. „Wir bringen uns selber um mit dieser Aufregung, Herr Graf!" sagte er zu dem Kranken, „was meinen Sie, wenn ich den Pfarrer hole?" „Den Pfarrer — ja, mein Freund, holen Sie mir den trefflichen Monn." Rosenkranz erfragte im Hotel die Wohnung desselben und kehrte üold mit dem Pfarrer Vinzenz zurück, der tiefbekümmert die Hand des Kranken drückte und sich in den neben dem Bett stehenden Lehnstuhl Mederließ, während Diethelm und Rosenkranz das Zimmer verließen, „Sind wir ganz allein, lieber Pfarrer?" fragte Dürrenstein leise. „Ja, Herr Gras! doch bitte ich Sie dringend, sich nicht aufzure- gen, da Ihr Zustand die höchste Schonung gebietet. Wollen Sie durch aus hier sterben?" „Nein, Hochwürden, nein, ich muß nach Schloß Dürrenstein zu- rück — lieber heut' als morgen, oho, der Atte stirbt noch nicht; ha- recht, lieber Pfarrer! muß ruhig sein, um des Hauses Ehre zu- ^ahren. Wissen Sie, daß es aus ist mit meinem — Neffen und der Tochter des Barons?" „Wie, die Verlobung wäre aufgehoben?" rief der Pfarrer bestürzt, «doch nein, ich will nicht fragen, Sie dürfen sich nicht aufregen, jpäter können Sie mir Ihren Besuch beim Freiherrn v. Littorf erzählen, da ich voraussetze, daß sich dort böse Dinge ereignet haben müssen." „Später habe ich vielleicht keine Zeit mehr dazu, lieber Pfarrer! Ich muß Sie wohl oder übel noch mit irdischen Dingen belästigen, obgleich ich einsehe, daß ich der Fürbitte beim Herrgott in einem nicht geringen Maße bedarf. Was ich gesündigt habe im Leben, das bereue ich von Herzen, aber Todsünden habe ich nicht auf dem Gewissen. Solch einem guten Pfarrer will ich gern bekennen, daß ich seit vielen Jahre» die Kirche vernachlässigt und ihre Tröstungen verachtet habe. Sollte Gott mich wieder gesund werden lassen, dann werde ich dort oben im Gebirge über Bruder Eustachius' Grabe eine neue Kapelle bauen lassen — eine Sühne-Kapelle, lieber Herr Pfarrer! Ja, ja, der Gedanke ist gut, er beruhigt meine Seele — diese Kapelle soll ge baut werden — auch wenn ich sterben müßte. Ich will nicht dahin- sahren!" Der Graf schwieg eine Weile und fuhr dann ruhig fort: »Ich hoffe auf Gottes Barmherzigkeit, Hochwürden! — und bereue es tief, daß ich die arme, irregeleitete Regina so schwer beleidigt habe. Ich möchte es wieder gut machen — aber jenem Menschen auf Schloß Dürrenstein darf sie niemals angehören, niemals, Herr Pfarrer! Hö ren Sie mich an." Er theilte ihm nun in kurzen Worten sein Erleb niß beim Freiherrn v. Littorf mit, und still hörte der Pfarrer zu. „Ich befürchtete, die Unglückliche getödtet zu haben", setzte der Graf leise hinzu, „was mich so furchtbar alterierte, daß ich auf der Straße den nichtsnutzigen Schlaganfall bekam und niedergestürzt wäre, wenn nicht der wackere Rosenkranz, welcher mit Diethelm meiner draußen harrte, mich nicht aufgefangen hätte. Aber, dem Himmel sei Dank, die Geschichte ist nicht jo schlimm geworden, da Regina, wie man mir gemeldet, in das väterliche Haus zurückgekehct ist." „Ja, dem barmherzigen Gott sei Lob und Dank dafür", sprach der Pfarrer tiefaufathmend, „der Sie vor einer großen Sünde bewahrte. Denn wie der Schein auch gegen die arme Regina sprechen möge, so bin ich doch fest von ihrer Unschuld überzeugt, Herr Graf! Die Un glückliche konnte sich wohl für den Vater opfern und einem ungeliebten Gatten angehören, aber ihre Ehre preisgeben, nimmermehr!" „Und wenn sie diesem Prinzen Arnold ihr Herz geschenkt hätte, Herr Pfarrer, was dann?" „Dann hätten wir allerdings Grund, für sie zu fürchten — doch ist dies, Gott sei Dank, nicht der Fall, Herr Graf! Regina v. Einsiedel kann Ihr Herz nicht zweimal verschenken." Der Kranke bickte ihn erschreckt an. „So liebt sie jenen Mann, den ich ihr bestimmt hatte?" fragte er mühsam, „unmöglich, Hochwürden, Sie irren sich." „Das habe ich nicht gesagt, Herr Graf!" „Wer ist's denn? Sagen Sie es mir, Pfarrer! Sie dürfen nicht auf halbem Wege stehen bleiben." „Es ist ein vertrauliches Geständniß", versetzte der Pfarrer ernst. „Gut, gut, was geht's mich weiter an", seufzte der Kranke, „ich habe ihre Mutter einst von ganzem Herzen geliebt, aber all mein Reich thum konnte mir dieses eine Glück nicht erkaufen. Da hatte ich einen Traum, einen schönen Traum, der mein Alter noch so recht beglücken sollte. Zum Henker! — warum heirathete ich sie nicht selber, wäre ihr am Ende ganz gleich gewesen — Onkel oder Neffe, da sie den Liebsten doch nicht bekam." „Regen Sie sich nicht mehr auf, Herr Graf!" bat der Pfarrer mit milder Stimme, „Regina ist noch ein Kind in ihren Gefühlen, sie liebt einen Maun, den sie nur ein einziges Mal gesehen und der sich ihrer wohl kaum noch errinnern wird. Darf ich ihnen ein Gebet vorlesen?" Der Kranke nickte und hörte dann still und aufmerksam zu, als der Pfarrer ein Gebetbuch hervorzog und zu lesen begann. Ein hei liger Friede zog durch den Raum und schien sich wie Sonnenglanz auf das düstere Gesicht des Kranken zu legen, welches zuweilen von einer tiefen Rührung bewegt zu sein schien. „So vergebet denn allen, welche an euch gesündigt haben, auf daß auch euch vergeben werde eure Missethat", sprach der Pfarrer mit er hobener Stimme, „denn die Rache ist mein, spricht der Herr; wir sind allzumal Sünder und mangeln des Ruhmes vor seinen heiligen Angesicht." „Nein, Hochwürden, nein", unterbrach der Kranke ihn mit Anstren gung, „das kann nimmer so gehalten werden. Es giebt Sünden, welche auch vor Gottes Richterstuhl keine Gnade finden, ich nenne Ihnen den — Brudermord!" Der Pfarrer blickte ihn bleich an. „Sie reden von Todsünden, Herr Graf!" versetzte er endlich ge faßt, „doch auch solche müssen wir der Gnade des Allbarmherzigen anheimgeben. O, quälen Sie sich nicht mit falschen Voraussetzungen, welche Ihren letzten Frieden vergiften, da nichts gefährlicher ist, als von einem Verdacht sich beherrschen zu lassen, welcher jedenfalls nur ein verhängnißvoller Jrrthum sein wird." „Kein Jrrthum, Hochwürden!" stöhnte der Kranke, „o, wenn ich Ihnen alles sagen dürfte." „Sie stehen am Rande des Grabes", fuhr der Pfarrer fort, „können sterben mit einer Ungerechtigkeit oder einer schweren Bedräng niß auf der Seele, und ich, dessen Amt es erheischt, Trost zu spenden, ich soll nicht erfahren, was Ihre Seele drückt? Ist Ihre Beichte nicht sicher wie in Gottes Hand? Wollen Sie dahingehen ohne den Trost Ihrer Religion, der Sie freilich im Leben sich nur allzusehr ent- fremdet haben, welche aber nichtsdestoweniger dem Reuigen ihre Arme öffnet, um ihn sicher hinüberzugeleiten in die Gefilde der Seeligen?" Der Kranke blickte ihn unruhig an. „Ich will sühnen", sprach er leise. Da wurde die Thür geräuschlos geöffnet, Frank erschien, um die beiden Aerzte anzumelden. Der Pfarrer erhob sich, mit einem herzlichen Händedruck Abschied von dem Kranken nehmend. „Ich sehe Sie wieder, Herr Pfarrer?" flüsterte Dürrenstein bittend. „Sie werden mich stets bereit finden, Ihrem Rufe zu folgen, Herr Graf!" Dann schritt er hinaus, wo er zu seiner Ueberraschung den Ba ron Einsiedel und die beiden Aerzte erblickte. „Ich werde ihn auf Ihren Besuch vorbereiten, Herr Baron!" sagte der Geheimrath in diesem Augenblick, „Ihr Anblick könnte ihn zu sehr aufregen?" „Ah, Herr Pfarrer!" rief der Baron halblaut, „wie steht's drinnen? Meinen Sie auch, daß meine Gegenwart den Grafen alterieren könnte?" „Ganz sicher, Herr Baron!" versetzte der Pfarrer ernst, „ich bitte dringend, von Ihrem Besuche abzusehen." Die beiden Aerzte traten ins Krankenzimmer. (Forts, folgt.) Vermischtes. * Ein Opfer seiner Eitelkeit wurde in Paris dieser Tage ein Mädchen, welches am Vorabend seiner ersten Kommunion in Abwe senheit seiner Eltern in seinem Ehrenstaat vor dem Spiegel sich nach Herzenslust bewundern wollte und zu diesem Zwecke einem Brüderchen von erst 5 Jahren das Licht zu halten gab. Das unachtsame Brü derchen brachte das ihm anvertraute Licht dem leicht entzündlichen Kleiderstoff seiner geschmückten Schwester, welche nur für den Spiegel Augen hatte, zu nahe und steckte den Anzug in Brand. Auf daS jämmerliche Hilferufen der bedauernswerlhen Kinder eilten die Nach barn zu Hilfe, vermochten jedoch nur den Knaben zu retten, während das Mädchen nach zweistündigen Qualen seinen Geist aufgab. * In Genf tödtete eine Frau aus Anlaß eines geringfügigen Streites, den sie mit ihrem Manne gehabt hatte, Nachts ihre vier Kinder mit einem Rasirmesfer. Schade, in London war ein ganzes japanesisches Dorf aufgebaut worden, welches aus fünf Straßen mit Tempeln, einem Theater, Häu sern und mit Waaren gefüllten Läden bestand, damit man sich mit ei-