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zu urtheilen, eher kriegerisch als friedlich. In England steht ein Mann an der Spitze der Regierung, der trotz aller Friedensversicherungen England von einem Krieg in den andern verwickelt hat und vom po litischen Standpunkte geradezu als unberechenbar bezeichnet werden kann. Die öffentliche Meinung in England sträubt sich, wenn man die Presse als den Ausdruck derselben betrachten darf, gegen solche Zugeständnisse, welche mit dem englischen Ansehen in Indien angeblich nicht zu vereinbaren wären. Das englische Parlament ist unter Glad stones Regierung ebenso unberechenbar geworden, wie es der Premier minister selbst ist. Es ist möglich, daß es den Rückzug Englands billigen, ebenso möglich oder vielmehr noch wahrscheinlicher, daß es einer Kriegserklärung zustimmen würde. Nach diesen Erwägungen würde also die Aufrechterhaltung des Friedens unwahrscheinlich dünken. Man muß indessen in der Politik stets mit dem Unvorhergesehenen rechnen, das Unglück hat seine Launen ebenso wie das Glück. Das, was man befürchten muß, braucht deshalb noch nicht einzutreffen, ebenfo wie das, was man erhoffen darf. Ein einziger nachgiebiger Schritt kann alles zum Frieden wenden. Man nimmt freilich ziem lich sicher an, daß Rußland einen solchen Schritt nicht machen wird; man glaubt, daß er von England erfolgen könne. Aber dies ist eben eine Glaubenssache, Beweise dafür liegen noch nicht vor. London. In einem Zimmer des Gebäudes der Admiralität fand am 23. April Vormittags 1l Uhr eine Explosion statt, durch welche ein Beamter der Admiralität schwer verwundet wurde. Die Polizei stellte am Thatorte eine sofortige Untersuchung an. Wenn in Amerika ein Unglück Passirt, was, nebenbei bemerkt, gar nicht einmal selten vorkomml, ist es immer gleich ein tüchtiges, wenigstens dann, wenn man den Zeitungen glauben schenkt. So soll jetzt wieder in Richmond in einem Zirkus Feuer ansgekommen sein, wobei in dem Gedränge nach dem Ausgang nicht weniger als lOO Menschen todtgedrückt worden sein sollen. Ferner aber soll die in der Nähe von Milwaukee befindliche Pelroleumquelle in Brand gerathen fein, wodurch für die Besitzer ein Schaden von „mehreren" Millionen Dollars entstanden wäre. Machen wir einstweilen hinter jede dieser Meldung ein großes — Fragezeigen. Aus Weida im Lande Dahome (Afrika) beschreibt ein Spezial berichterstatter der „Köln. Ztg." seinen Besuch in der Gödelt'schen Faktorei und erzählt bei dieser Gelegenheit: Eines Morgens, als einer der „Boys" des Hauses mit Seife und Handtüchern vor mir herschrei tend die Thüre des Badezimmers geöffnet hatte, sah ich denselben mit entsetzten Geberden zurückprallen. Ich schaute hinein und gewahrte eine mächtige Boa Konstriktor, die seitwärts von der Badewanne aus gestreckt nichts Arges zu sinnen schien. Mein Erstaunen wuchs, als meine Landsleute (Herr Randad und Herr Bödecker), zu denen ich zurückeilte, gar nichts Besonderes in der Sache fanden uns mir that- sächUch zuredeten, trotz der Schtange mein Bad zu nehmen. Um das zu verstehen, muß man wissen, daß sich beinahe täglich größere und kleinere Schlangen in der Faktorei einfinden und, anstatt dem Tode zu verfallen, von einem herbergerusenen Felischpriefier in den Schlangen tempel zurückgebracht werden. Blos giftlose Schlangen erfreuen sich der göttlichen Verehrung, und da sie recht ausgiebig gefüttert werden, so werd selbst die größte Boa Konstriktor demjenigen, der sie in Ruhe läßt, nichts zu Leide thun. Immerhin scheinen die in den Faktoreien angestcllten Kru- und Akkraleute, in deren Heimath der Schlangenkultus unbekannt ist, der Sache nicht recht zu trauen und auch die Europäer warnten mich davor, Abends ohne Laterne über den Hof zu gehen, weil ich sonst unversehens auf eine Schlange treten könnte. Vaterländisches Wilsdruff. In gleicher Weise, wie vor wenig Wochen in allen Gauen Deutschlands die Geburtstage unsres greisen Heldenkaisers Wilhelm und seines Kanzlers gefeiert wurden, vereinigten sich vorigen Donnerstag alle treuen Unterthanen unsres Sachsenlandes, um den Tag festlich zu begehen, an welchem einst unser allverehrter König Albert das Licht der Welt erblickte. Und wenn der geliebte Herrscher augenblicklich auch nicht in der Milte seines Volkes, sondern in der Ferne jenseits der Alpen weilt, um sich u-i den milden Lüften des Süden zu laben, so war doch sein getreues Volk im Herzen ihm nah, und getragen vom Geiste der Liebe und Verehrung erklangen in tausendstimmigen Chören die Grüße ihm entgegen, die in dem Wunsche gipfelten: Gott fegne unsern König! Auch unsere Stadt blieb in der Festfeier nicht zurück. Bereits w früher Morgenstunde ertönte durch die Straßen der Stadt Seitens des Stadtmusikchors Festreveille, bald darauf legten alle öffentlichen und viele Privatgebäude Flaggenschmuck an. Vormittags 10 Uhr sand im Schulsaale Festaklus statt, bestehend in Festrede, Gesängen und Deklamationen, zu welchem sich städtische Vertreter und eine Anzahl Bürger eingefunden hatten, um sich hier in ernster Weise die rechte Feststuumung des Tages zu holen. 11 Uhr fand Concertmusik auf dem Marktplatz statt. Am Abend vereinigte sich die Bürgerschaft im Saale des Hotel Adler zu gemeinfamer Feier. Hier prangten in herrlichem Grün die Büsten Sr. Maj. des Königs Albert und Sr. Maj. des Kaisers Wilh el m. Die Festrede auf Se. Maj. den Königs Albert hielt Herr Amtsrichter vr. Gangloff, welcher in warmfühlenden Worten den geliebten Mo narchen als wahren Vater des Vaterlandes, als tapfern Kriegshelden und als treuen Bundesfürsten feierte und mit dem Wunsche schloß, daß Gott ihn uns noch lange, lauge erhallen möge, in dreifachem Hoch stimmten alle Anwesenden in diesen Wunsch ein, woraus die Sach senhymne gesungen wurde. Hierauf toastete Herr Bürgermeister Ficker in zündender Rede auf Se. Maj. den Heidenkaiser Wilhelm, ihn als edlen Fürsten, als den mächtigsten Fürsten, als den Helden feierte, welcher unser deutsches Vaterland wieder zu Glanz und Ansehen gebracht habe und dessen größte Lebensaufgabe die sei, sein Volk glücklich zu machen; mit dem innigsten Wunsche, daß Gott auch ihn dem deutschen Vaterlande noch recht lange erhalten möge, schloß der Redner mit einem dreifachen Hoch aus Kaiser Wilhelm, in welches die Versammlung brausend einstimmte und darauf die Wacht am Rhein fang. Im weiteren Verlauf des Festes toastete noch der Vorstand des Militairvereins auf Se. Maj. den König Albert als Protektor der sächsischen Militairvereine sowie Herr Lehrer Gärtner einen Vortrag über die Regentengeschichte Sachsens zum Besten gab, ebensfaüs mit Hochs auf Se. Maj. den König endend. Herr Stadtmusikdirector Spüring mit seiner Kapelle füllte die zwischenpausen mit Concert aus und trug so zum Gelingen des Abends bei. Und so kann auch die Stadt Wilsdruff wiederum mit Genugthuung auf die Geburtsagsfeier des Königs Albert zurückblicken. — Äm 1. April gratulirte auch der hiesige Gewerbeverein dem Reichskanzler Fürsten Bismarck und hat uun infolgedessen Sr. Durchlaucht folgendes Dankschreiben an genannten Verein gerichtet: „Berlin, 20 April 1885. Für die freundlichen Glückwünsche zu mei nem siebzigsten Geburtstage bitte ich Sie, meinen verbindlichsten Dank entgegenzunehmen, v. Bismarck." Ein ganz gleiches Dankschreiben ist auch an den Vorsitzenden des konservativen Vereins für Wils druff und Umgegend gelangt, welcher Sr. Durchlaucht ebenfalls zum 70. Geburtstage im Namen des Vereins beglückwünscht hatte. — Se. Maj. der König hat dem Herrn Canzleisekretär Patzig in der Königl. Amtshauptmannschaft Meißen das Albrechtskreuz allergnädigst zu verleihen geruht; dasselbe wurde ihm vorige Mittwoch durch Herrn Amtshauptmann v. Bosse mit den besten Glückwünschen überreicht. Auch wir beglückwünschen den treuen Freund und tüchtigen Beamten zu dieser ehrenvollen Auszeichnung hiermit herzlichst. — Bei der gegenwärtigen herrlichen Witterung macht das Blühen und Wachsen in der Natur Riesenfortschritte. Die Knospen der Bäume haben nur der gegenwärtigen Sönnenblicke bedurft, um aufzubrechen, kommt die spätere Witterung normal, so dürfen wir eine sehr reiche Obsternte erhoffen. Der Ausfall an Obst, namentlich Aepfeln, ist im vergangenen Jahre doch recht schwer empfunden worden, wenn auch in anderer Hinsicht Ueberfluß vorhanden war. Die Wintersaaten stehen meist vortrefflich. Gegenwärtig nimmt das Legen der Kartoffeln Zeit und Kräfte allseitig in Anspruch. Eine sehr erfreuliche Meldung bringen kundige Beobachter: Aller Voraussicht nach haben wir in diesem Jahre nicht viele Maikäfer zu erwarten; die sonst nie ausblei benden Anzeichen für das Kommen dieser ungebetenen Gäste sind in diesem Frühjahre noch nicht wahrzunehmen gewesen. Die Kirschen entfalten ihren Blüthen- und Blätterschmuck täglich mehr, ebenso Birnen, die eine geradezu erstaunliche Knospenfülle zeigen. Dagegen scheinen Pflaumen, die bekanntlich im vergangenen Jahre eine sehr reichliche Ernte gaben, diesmal etwas weniger Blüthenansatz zu besitzen, Aepfel aber wiederum gewähren die günstigsten Aussichten auf einen zufrieden stellenden Ertrag. Alles in Allem dürfen wir den diesjährigen Ernte erträgnissen mit den besten Hoffnungen entgegen sehen, wenn nicht Witterungseinflüsse und Fröste störend einwirken. — Das Ministerium des königl. Hauses veröffentlichte folgenden Erlaß: „Sr. Majestät dem Könige sind aus Anlaß des Allerhöchsten Geburisfcstes aus allen Theilen des Landes, von Behörden, Corpora- tivnen, Vereinen, Festversammlungen und Einzelnen aus allen Klassen der Bevölkerung in Adressen, Telegrammen und Zuschriften Glück- uno Segenswünsche in überaus reichem Maße zugegangen. Hocher freut und gerührt von diefen Beweifen allgemeiner Theilnahme und treuer Anhänglichkeit haben Se. Majestät auf telegraphischem Wege das Minsterium des Königlichen Hauses beantragt, allen Glückwün schenden Allerhöchstihren herzlichen Dank hierdurch auszudrücken." — Dresden. Der nach einer dreiwöchigen Cur auf Tod und Leben von I>r. Credo geheilte Barvierstubenbesitzer Möcke, dem bekannt lich das außerordentlich gefährliche Mißgeschick beschicken war, während des Schlafes sein 6 am langes Gebiß zu verschlucken, verspürt von den Folgen des an ihm behufs Entfernung des Gebisses aus dem Leibe nölhig gewordenen Magenschnittes nur dann noch einen geringen Schmerz an der operirten Gegend, wenn er sich zu sehr in seinem Berufe anstrengt. Der junge Mann erfreut sich der Sympathie des Publikums in hohem Grade und allseitig ist man darauf bedacht, ihn geschäftlich zu unterstützen. Wie sehr sich die medizinisch-wissenschaft liche Welt für die so glänzend gelungene Cur interessirt, beweist u. A. der Umstand, daß nicht nur aus europäischen Ländern, sondern auch von ärztlichen Kapazitäten jenseits des Ozeans fortgesetzt Anfragen über den Verlaus der Cur eingehen. Am vergangenen Sonnabend stellte Or. Credo den so glücklich behandelten Patienten seinen Ksüegen im ärztlichen Bezirksverein hier vor. — Am ersten Mai d. I. wird in der Vorhalle des böhmischen Bahnhofes in Dresden eine „Auskunftsstelle für kombinirtere Rund reisebillets" eröffnet, welche auch die Bestellungen auf kombinirbare Rundreisebillets für Dresden und Umgebung entgegenzunehmen hat. — Die Antikornzollbewegung scheint neuerdings in Sachsen zum Ausdruck zu kommen. Dem Reichstage sind in den letzten Tagen sehr zahlreich unterschriebene Petitionen in diesem Sinne aus sächsischen Orten zugegangen, darunter eine Petition von Arbeitern und Bauern aus Chemnitz und Umgegend mit nicht weniger als 15,000Unterschriften. « — Meeßen. Am Morgen des 24. April traf Freiherr Finanz minister v. Könneritz in Begleitung mehrerer Finanzräthe, sowie des k. Gartendirektors Krause aus Dresden hier ein und begaben sich nach der Albrechtsburg. Ihr Besuch galt dem Neubau einer neuen großen Veranda im Garten des Burgkellers, sowie der Anlage von Prome naden auf dem Nordabhange des die Burg tragenden Berges; beide werden schon in allernächster Zeit in Anbegriff genommen werden. Mit dem Mittagszuge reiste der Minister nach Dresden zurück. — Das am 23. April niedergegangene erste Gewitter hat sich in der Ge gend oberhalb Meißen und nach der Großenhainer Gegend zu mit Regen heftiger entladen, als bei uns. Kleine Schloßen waren in der oberen Gegend mit dem Regen vermischt. Leider hat ein Blitz in dem vereinzelt stehenden Hause des Ziegeldeckers Schütze auf dem Spaar- gebirge eingefchlagen, einen zwölfjährigen Knaben getödtet und zwei Kinder betäubt. Die Mutter fiel vor Schreck in Ohnmacht. Der entstandene Brand ist glücklicherweise bald gelöscht worden. — Die diesjährige Meißener Conferenz wird Dienstag, 16. Juni und Mittwoch, 17. Juni, in Meißen stattfinden. Das specielle Programm ist bereits festgestellt und wird seinerzeit veröffentlicht wer den. Bekanntlich ladet die Konferenz nicht blos Geistliche, sondern ebenso angelegentlich alle kirchlich gesinnte Laien unserer Landeskirche zur brüderlichen Antheilnahme ein. — In der Roßweiner und in einzelnen Fällen in Nossener Gegend sind falsche Zweimark-, Einmark- und Fünfzigpfennigstücke aufgetaucht. — Der Bau der großen Festhaüe für das 6. deutsche Turnfest in Dresden ist der dasigen Zimmerinnung für den Preis von 55,000 M. übertragen worden. — Herr A. Endler, Direktor der landwirthschaftlichen Schule zu Meißen, wird im Laufe dieses Sommers im Auftrage des deutschen und sächsischen Fischereivereins das Stromgebiet der Mulde bereisen. Diese Vereine, deren Vorsteher die Herren Kammerherr von Hehr« Schmoldow und Graf Könneritz sind, beabsichtigen, die deutschen Fisch wässer wieder mit Fischen zu bevölkern und zn diesem Zwecke auch die rationelle Ausführung der künstlichen Edelfischzucht zu verbreiten. Es sollen darum nach und nach alle Stromgebiete Deutschlands von in Bezug auf Fischzucht und Fischereiverhältnisse wohl unterrichteten Personen bereist werden, um durch gründliche Untersuchung feststellen zu lassen, welche Hindernisse für den freien Verkehr der Fische, beson ders der Lachse und Aale, vorhanden sind, wo und in welcher Stärke Flußverunreinigungen, welche den Aufenthalt von Fischen unmöglich machen, vorkommen, welche Fischarten sich jetzt noch in den einzelnen Flüssen und Fiußabtheilungen aufhalten, was für Anstalten für Vie künstliche Fischzucht bestehen und wie die Besitzverhältnisse der einzelnen Fischwässer gestaltet sind.