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Tharandt, Nasen, Aiebenlehn nnd die Umgegenden. Amtsblatt für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Nr 34 —Dienstag, den 28. April 1885 Bekanntmachung, die öffentlichen Impfungen und Jmpfrevisionen bete. Nachdem in Gemäßheit der Verordnung, die Ausführung des Reichsimpfgesetzes vom 30. März 1875 betr., von dem für den hie- sigen Jmpfbezirk in Pflicht genommenen Jmpfarzte, Herrn vr. m«ll. kieMer hier, die öffentlichen Impfungen und Jmpfrevisionen bis auf Weiteres auf jede Mittwoch der nächstfolgenden Wochen Mittags 1 Uhr in dem hierzu bestimmten Lokale, dem Rathhaussaale hier, anbe raumt worden sind, so werden die Eltern, Pflegeeltern und Vormünder der hier aufhältlichen Kinder, a) welche im vorigen Jahre geboren worden sind, b) welche im vorigen Jahre der Jmpfpflicht nicht oder nicht gehörig genügt haben und v) welche nach hier gezogen sind und der Jmpfpflicht noch nicht oder nicht gehörig Genüge geleistet haben, sowie ä) derjenigen Schulkinder, welche im Laufe dieses Jahres das 12. Lebensjahr zurücklegen, sofern sie nicht nach ärztlichem Zeugnisse in den letzten 5 Jahren die natürlichen Blattern überstanden haben oder mit Erfolg geimpft worden sind, aufgefordert bei Vermeidung einer Geldstrafe bis zu 50 Mark oder einer Haftstrafe bis zu drei Tagen, mit ihren impfpflichtigen Kindern in den anberaumten Impf- und Revisionsterminen, zu welchen sie, insoweit sie in den Jmpflisten sich bereits eingetragen befinden, noch beson ders vorgeladen werden, behufs der Impfung und ihrer Kontrole zu erscheinen oder die Befreiung von der Impfung durch ärztliche Zeug nisse nachzuweisem Unterlassung Verführung der, letztgedachten Ngchweise ist mit einer Geldstrafe bis zu zwanzig Mark zu bestrafen. Wilsdruff, am 2Ü.' April 18^. " Der^tMgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Bekanntmachung^ Mit dem am SV. dieses Monats fällig werdenden I. Dermin Einkommensteuer ist lt. Verordnung des Königlichen Kreis»Steuer-Rathes des I. Steuerkreises zu Dresden vom 28. Oktober 1884 zur Deckung des Aufwandes der Handels- und Gewerbe- kammer zu Dresden ein Beitrag von Drei Pfennigen auf jede Mark desjenigen Einkommensteuersatzes zu erheben, welcher nach der im Einkommensteuergesetze enthaltenen Scala auf das in Spalte ä des Catasters eingestellte Einkommen entfällt. Dieser Beitrag ist von den betheiligten Gewerbetreibenden nach dem hierüber aufgestellten Heberegister spätestens bis zum 15. nächsten Monats an die Stadtkämmerei obzuentrichten. Wilsdruff, am 24. April 1885. * Der Stadtrath. Ficker, Brgmstr. DageSgeschichte. Die Absicht, im Jahre 1888 in Berlin eine allgemeine deutsche Industrie- und Gewerbe-Ausstellung ins Leben zu rufen, findet viel Beifall. Namentlich sind die städtischen Behörden in Berlin mit großer Zuvorkommenheit auf den Plan eingegangen. Gegemuärtig bespricht man in den maßgebenden Kreisen auch die Frage, ob man nicht Oesterreich ausfordern solle, sich an der Ausstellung zu betheiligen, so daß dieselbe eine österreichisch-deutsche werden würde. Ein Ausspruch des Kaisers Wilhelm über die so glücklich in- augurirte Kolonialpolitik zeigt, mit welchem historischen Bewußtsein der Monarch noch in so hohem Alter auch die neue Mission erfüllt. Jetzt erst, soll der Kaiser gesagt haben, könne er dem großen Mann auf der Kurfürstenbrücke — dort steht das Schlüter'sche Reiterstandbild des großen Kurfürsten — mit gutem Gewissen vor Augen treten, nach dem er, was jener vor zwei Jahrhunderten begonnen, auch jenseits deS MeereS weiter ausgebildet habe. Berlin, 24. April. Die Gewerbekommission des deutschen Reichs- tags lehnte mit 12 gegen 5 Stimmen den Antrag Heine (Sozialist) aus Bildung von Geselleninnungen ab. In der Gewerbekommission des Reichstages kam am 24. d. der Antrag des sozialdemokratischen Abg. Heine zur Berathung, als § lOOx folgende Bestimmung aufzunehmen: „Kein Gewerbetreibender darf, wenn er keinen Gehülfen beschäftigt, mehr als einen Lehrling halten. Ein Gewerbetreibender, welcher Gehülfen beschäftigt, darf auf je drei Gehülfen nur einen Lehrling halten." Nicht nur die freisinnigen Mitglieder der Kommission, sondern auch der Abg. Acker mann und einige Herren von der Majorität sprachen sich gegen diesen Antrag aus; Abg. Ackermann allerdings nicht ohne ein gewisses Wohl wollen. Er schlug auch eine Resolution vor, wonach der Reichskanzler ersucht werden soll, Erörterungen darüber anzustellen, ob es angezeigt sei, die Zahl der Lehrlinge, welche ein Arbeitgeber halten darf, gesetz lich festzustellen; ein Antrag, der von der klerikal-konservativen Majo rität mit 10 gegen 2 Stimmen angenommen wurde. Die Kaufleute Berlins waren am Donnerstag versammelt, um die Frage der Sonntagsruhe zu erörtern. Die geladenen Mitglie der der Arbeiterschutzkommission des Reichstages waren nicht erschienen. Nach langer Verhandlung kam folgende Resolution zur Annahme: „Die Versammlung sieht nur dann die Sonntagsruhe für durchführbar an, wenn sie im Wege der Gesetzgebung durchgeführt wird; sie bittet des halb die gesetzgebenden Körperschaften, ein solches Gesetz zu beschließen, und spricht den Wunsch aus, daß diese Resolution der Arbeiterschutz- kommission des Reichstages überreicht werde." Die Strikekommission der Berliner Tischler hat den Aus bruch des Strik.s sofort nach 500 Städten Deutschlands gemeldet. Die Organisation war genau vorbereitet, die Kommission hatte Frage bogen drucken lassen, die von den einzelnen Werkstätten auszufüllen waren. Viele Arbeitgeber haben alle Forderungen bewilligt. Die Vertrauensmänner sind angewiesen, auf etwaige Vorhaltungen der Gesellen über noch zu niedrige Tarissätze zu erwidern, daß der nächste Zweck der Tarife sei, der bestehenden Schwindel- und Schleuderkon- kurrenz den Garaus zu machen, damit eine weitere Erhöhung der Löhne möglich werde. Gegen die Strikes, welche in Berlin und anderen Orten theils schon ausgebrochen sind, theils auszubrechen drohen, hat die „Baugew.-Ztg." zu Nutz und Frommen der Arbeitgeber folgende Punkte zur Nachachtuug zusammengestellt: „1. Die Arbeitgeber müssen die Forderungen der Gesellen gewissenhaft daraufhin prüfen, ob die selben gerecht oder ungerecht sind. Im ersteren Falle soll man zur rechten Zeit nachgeben und nicht hartnäckig auf dem einseitigen Stand punkte verharren. 2. Hat man die Forderungen der Gesellen als unberechtigte erkannt, so muß die anständige Presse dazu benutzt wer den, um das Publikum und die Behörden über den wahren Sachver halt aufzuklären, denn mit der Zustimmung dieser beiden Faktoren ist seitens der Arbeitgeber fast jeder Strike siegreich zu bestehen. Wenn Publikum und Behörden Nachsicht üben und die Fristen zur Fertig stellung der Bauwerke freiwillig um einige Wochen verlängern, so wird jeder unberechtigte Strike sehr bald sein Ende erreichen. 3. Man muß die Sicherheitsorgane ersuchen, daß sie die ruhigen und friedliebenden Elemente unter den Bauarbeitern auch wirklich schützen. 4. Die Arbeit geber des Baugewerkes in den Nachbarorten müssen rechtzeitig von einem ausgebrochenen Strike mit dem Ersuchen in Kenntniß gesetzt werden, die aus den Strikeorten ankommenden Gesellen nicht in Arbeit zu stellen. 5. Ist in einem Orte ein Strike ausgebrochen, so ist die Heranziehung von fremden Arbeitern zu unterlassen, denn diese Herbei ziehung erfordert viel Geld und erbittert die friedlichen einheimischen Elemente." In dem englisch-russischen Konflikt hat sich die Lage nicht wesentlich verändert, aber die Erkenntniß derselben hat Fortschritte gemacht, und die Besorgnisse des großen Publikums lassen sich nicht mehr durch wenig begründete Aeußerungen gewisser Zeitungen zerstreuen, sondern treten nun in dem Tone der vornrtheilslosen Presse und der Haltung der ängstlich aufmerksamen Börse deutlich zu Tage. Die Faktoren, mit denen man rechnen muß, sind, wie ein Korrespondent der „K. Ztg." ausführt, folgende. Der Kaiser von Rußland; dieser ist im Grunde entschieden friedliebend, aber er hat einen hohen Begriff von seinen Pflichten dem russischen Volke gegenüber, und es nicht gut denkbar, daß seine Friedensliebe ihn zu Zugeständnissen veranlassen würde, die er mit Rußlands Würde für nicht vereinbar halten könnte. Sein erster Minister, Herr v. Giers, ist wohl noch friedfertiger als der Kaiser selbst; aber so groß auch das Vertrauen sein mag, dessen er sich zu erfreuen hat, so giebt es doch ohne Zweifel Fragen, in denen der Kaiser seiner persönlichen Ansicht vor der seines Rathgeber- den Vorzug geben wird. Eine erst dieser Tage bekannt gewordene Lepesche des Herrn v. Giers, die schon vom 11. datirt ist, zeigt übri gens, daß der genannte die Aufrechterhaltung des Friedens von Be dingungen abhängig macht, über die zwischen England und Rußland ein Einvernehmen noch nicht hat erzielt werden können. Die öffentliche Meinung in Rußland erscheint, nach dem jüngsten Katkow'schen Artikel