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Sie mir Raum für einige abgebrochene, aber charak teristische Züge aus unserer Nachbarstadt Mann heim, die mir aus dem Munde eines ganz glaub haften dasigen Bürgers geworden. Das Srand- gericht, welches heute wieder über fünf Delinquenten aus dem ersten Aufgebote urtheilt, wird wohl noch mehr Opfer sodern, denn auf dem Kirchhofe befinden sich achtunddreißig abschläglich bestellte Särge. Der Kirchhof selbst, an welchem sich vordem nur eine einfache Wache befand, ist jetzt förmlich in Belage rungszustand erklärt, um den vielen Menschen, welche täglich Kränze und Gedichte auf die Graber einiger Erschossenen legten, den Eingang zu wehren. Die Frau des erschossenen Schullehrers Höfer ist aus Gram mit ihrem Kinde demselben rasch in die Gruft nachgefolgt. Da die Execurion so schnell vor sich ging, daß kaum der Geistliche zu den letzten Lftbes- dicnsien Zeit hatte, so soll die unglückliche Gattin sich vor seinem Ende nicht einmal mit ihm haben ausreden können. Und mitten, in diesem Elende bereitet sich die Harmonie zu einem glänzenden Balle vor, nachdem sie zu diesem Zwecke mit ihr die Reunion, welche sich exclusiv vordem von ihr getrennt hatte, auf höhere Weisung wieder ver einigt. — Der Vater des in Baden erschossenen Dor tu hat an den General von Hirschfeld ein Schreiben gerichtet, in welchem er um Erlaubniß bittet, das Grab seines Sohnes zu besuchen und einen Kranz darauf zu legen. General von Hirschfeld hat dem lief gebeugten Manne die Erlaubniß dazu zwar ertheilt, jedoch nur unter der Bedingung, daß er legliche Demonstration vermeide und wo möglich das Grab seines Sohnes nur Abends besuche; sollte er eine Auszeichnung des Grabes wünschen, so sei ihm dies ausnahmsweise vergönnt, er möge etwaige Anordnungen in aller Stille treffen. Der schwergeprüfte Vater hat seine Reise nach der Ruhe stätte seines Sohnes angetreten. — Noch im Laufe dieses Jahres wollen mehre Einwohner Berlins, welche sich bei den gegen wärtigen politischen Verhältnissen sehr unbehaglich fühlen, ihre Heimaih verlassen und in einen andern Wclttheil wandern, wo sie sich eine bessere Zukunft zu gründen hoffen. Dieselben ziehen zum Theil, unter den jetzigen Umständen, den Aufenthalt in Afrika dem in dem civilisirlen Europa vor. — In der That sehr schmeichelhaft für das Mutterland- — Oie kleinen aber etwas vermögenden Hand werker in Berlin beginnen jetzt zum Theil schon einzusehen, daß sie nur durch eine Association der verschlingenden Macht der großen Kapitale ent gehen können. Die erste solcher Associationen haben eine große Anzahl Schneidermeister begründet. Schon am 1. April haben sich 20 Schneidermeister verei nigt, und auf gemeinschaftliche Rechnung, mit ge meinsamen Gewinnantheile, ein Magazin an der Behren- und Charlottenstraßen-Ecke eröffnet. Am 1. Oct. tritt eine zweite Gesellschaft von 15 Mei stern zusammen. Eine dritte und vierte werden wahrscheinlich noch im Verlauft vieles Jahres fol gen. Auch in den größern Provinzialstädten werden dergleichen errichtet werden. Es unterscheiden sich diese Associationen von den schon längere Zeit beste henden Magazinen der vereinigten Schneider- und Tischlermeister dadurch, daß in den früheren Maga zinen nur insofern eine Gemeinsamkeit der Kosten waltete, als die Meister die Localitätcn bezahlten; die Arbeitsstücke der verschiedenen Theilnehmer wur den jedoch für die Rechnung eines jeden Einzelnen verkauft, während die jetzigen Associationen gemein same Waaccndepots anlegcn werden, die Einkäufe der Waaren gemeinschaftlich machen, eine Gemein samkeit der Arbeit cintreten lassen, und so Gewinn und Verlust auf gleiche Rechnung tragen werden- Das zweite Magazin, welches zum 1. October ins Leben tritt, wird unter den Linden eröffnet; cs soll die feine und moderne Herrengarderobe umfassen und dem Wuchcrhandel vieler, bisher bestehender Maga zine cnrgcgentreten. Die übrigen Magazine werden sich mit dem Verkaufe der mittelfeinen Sachen be schäftigen. — Kirchen-Nachrichten von Wilsdruf. Getauft: Emma Auguste, Hrn. Friedrich Benja min Patzigs, ans. Bürgers und Lohgcrbermeistcrs hier, Tochter. — Friedrich Bernhard, Mstr. Friedrich Ernst Frankc's, Bürgers und Beutlers hier, Sohn. Beerdigt: Friedrich August, .Mstr. Johann Gott lieb Knöfels, Bürgers und Schuhmachers hier, ältester Zwillings-Sohn, 3 Monate alt, starb an Schwäche. — Hr. Carl Gottlob Buhlig, ans. Bürger und Gutsbesitzer hier, 62 I., 6 M. und 3 Tage alt, starb am Gchirnschlagc. V c R .r n er L m «I ch u n g e n. Bekanntm a ch u n g, den Aufschub der Niederjagd im vierten amtshauptmannschafilichen Bezirke des Dresdner Kreis-Directions,Bezirks betreffend. Da nach der von der Amtshauptmanuschast zu Freiberg anher erstatteten Anzeige in deren Bezirke die Saatzeit für vieles Jahr größiencheils eine etwas verspätete gewesen, und in Folge der .alten und nassen Witterung in den Monaten Juni und Juli die Reife der Körnerfrüchte mehr oder weniger zurück- geblieben ist, sonach aber im gejammten Bezirke der gedachten Amtshauptmannschaft das Einbringen der