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Z62 lichcn Meinung, alö dein Verderblichsten von Allein, kräftigst entgegen zu wirken. Nach diesen Bemerkungen fällt daS Unheil mei nes Gegners, dciß eine so allgemein mit Entrüstung aufgeuommeue Sache, wie Lie Frankfurter McrL- that, „gar keines Wortes wcner beLürfe, am aller' wenigsten von der Kanzel herab, da cs, wie ich von selbst gesagt habe, unter Tanscnden kaum Einen gebe, der diese Entrüstung nicht thcile." Tic letzten Worte habe ich allerdings gebraucht, aber, wie sich von selbst versteht, mit ihnen Lie Tan- sendc der Gutgesinnten, Rechtlichen und Gewissenhaf ten, nicht die Wühler und Anarchisten, nicht die Demokraten Berlins gemeint. Dabei rügt Hr. S. Fr. die Härte meines Uebcr- ganges zu den milden Worten des Textes. Tie Schlußsätze meines Einganges lauteten: „Eine belfere „Zeit kann nnr kommen durch bessere Menschen, nicht „durch schlechtere. Acustere Freiheit und bürgerliche „Wohlfahrt, Staaieuwohlsahrt und Staatcngtnck kön- „ueu nur Laueru und bestehen bei innerer Freiheit „nnd Reinheit von allem Bosen, nicht neben der „blinden Wuth schlimmer Leidenschatten. Das aus- „zusprechen, kann Lem Amte, welches Lie Aufgabe „hat Wahrheit, Gerechtigkeit, Tugend rind Mcnschcn- „glück zu fördern, nur angemessen sein; und ich habe „cs um so inehr für Pflicht gehalten, es anszuspre- „chcn, La es nicht immer und nicht überall so hcrvor- „gehoben und ausgesprochen wird, wie es dies sollte. „Bloß aber solchen Betrachtungen an dieser Stätte „uns heule hiugeben, können wir nicht; ich tuende „mich daher zu dem Texte dieses Sonntages, um „auf seinen Inhalt einzugehen." -Die ersten Sätze nach Verlesung dcS TcrtcS Matth. 10, 25—30 lauteten: „Das sanfte, licbe- „volle, menschenfreundliche Wesen Jesu tritt iu Lie- „sen Worten klar nnd wahrnehmbar hervor. All „stiu Wollen und Slrebcu ist auf das Heil der „Menschen, auf ihrcBcglücknng, auf ihre Beseiigung /.gerichtet, und es macht ihn selbst glücklich zu sehen, „Laß sein 'Bemühen in den Herzen und in dem Le- „ben namentlich Ler Armen und Geringen im Volke „nicht ohne Erfolg bleibt.. Ich preise dich re." Wie kommt Hr. A. F. zu dem auffälligen Satze, „„mußte aberdlcseAngelegenheit zur Sprache gebracht „„werden, so hätte ich von einem Priester der Religion „„der Liebe wenigstens einen versöhnlichen Uebcrgaug „„zu dem Torte le. erwartet?" Weiterhin macht cs mir Hr. S. Fr. zum Vor wurf, daß ich unter den Ursachen der Ermordung dcS Lichnowskh den Eharacter, das Wesen und die volksfeindliche Wirksamkeit desselben unerwähnt ge lassen habe. /Er setzt hinzu: „was Lie Klarheit an- „langt, so findet man sie in der Regel nicht in ein- „scitig ansgegriffcncn und mit leidenschaftlicher Erre- „gung ausgesprochenen Acußerungen. Ich zweifle, „daß Jemand durch jenen Eingang seine Uebcrzeu- „gung auch nur in einem Pnnkte aufgeklärt haben „wird. Wer die Sache schon kannte, wüßte mehr „als er erfuhr; und wer die Sache vorher nicht „kannte, kannte sie gewiß auch nachher noch nicht. „Die Kanzel ist auch gar nicht der Ort, umMcrd- „geschichtcn haarklein zu erzählen." Der hier getadelte Theil meines Einganges lautete: „Die jüngste Vergangenheit ist auf deutschen, ' Boden Lie Zeugin von Verbrechen gewesen, die an Abscheulichkeit kaum etwas über sich haben. Männer von übrigens unbescholtenem Rufe nur deshalb zu ermorden, weil sie über die einen und Lie anderen Angelegenheiten dcS öffentlichen, po litischen Lebens andere Ansichten haben; fic auf das grausamste und hcimtückischte zu ermorden, obwohl sic zu den frcicrwähltcn Vertretern dcS gc- sammtcn Vaterlandes gehören und sic diesen, Lurch ihre Fähigkeiten zum Ruhme gereichen: ist in der That eine schmachvolle, entsetzliche und im hohen Grade betrübende Sache. Es liegt neben ihr nur der eine Trost, der, daß sic die allgemeinste Trauer, die allgemeinste Entrüstung und Mißbilligung helvorgernscn hat. Unter Tausenden vielleicht nicht Einer verkennt nnd lengnet die Größe nnd Ab scheulichkeit des Verbrechens, und das ist ein Trost; Leun cr beweist, daß Ler Sinn für Recht und Gerechtigkeit, für Gesetz und Ordnung, für Ver nunft und Mäßigung in unserm Volke noch ein herrschender ist. Volksanfwiegelungen von der Einen, Verworrenheit Ler Begriffe über Freiheit und Gleichheit und die der Menge allein znstchcnde Gewalt von Ler anderen, und die Rohheit und Bösartigkeit Einzelner von Ler dritten Seite, haben Las Verbrechen geboren, aber die allgemeine Stimme aller Besseren hat cs bereits gerichtet und verworfen." Sind hier Mordgeschichten haarklein erzählt? Herrscht hier Unklarheit Ler Begriffe in einseitig an fg e g ri fscn cn und m t 11 c td en sch a ft l i ch er Erregung ausges p rochenc n A cnßerungen? Paßt hier Lie Behauptung: „„wer die Sache schon kannte, wußte mehr als cr erfuhr; und wer dic Sache vorher nicht kannte, kannte sie gewiß auch nachher noch nicht.?"" Wie hätte ich übrigens den Eharakter, das Wesen und Lie v o l ks fei nd lich c Wi rksam- keit dcS Lichnowskh unlcr den Ursachen seiner Er mordung nennen können? Wird die letztere dadurch zur Thatsache, Laß Hr. ALv. Fritzsche an sic glaubt? Läßt sich auf Lcr Kanzel von Leni äußeren Erschei nen und Ler Redeweise cineS Mannes nach der Schilderung eines seiner erklärtesten Gegner sprechen? und hätte ich nicht dann auch hinwiederum, um ganz vollständig und gerecht zu werden, von dem Thun und Lassen dcr Linken, Lurch daS manche scharfe Acnßcrung Lichnowskh's hcrvcrgcrufcn wor den sein mag, reden müssen ? Hr. ALv. Fr. zieht die Worte eines früheren Noßmäßlerischen Berichtes über Lichnowskh an, in welchem Lcmselbeu Keckheit, Hohn, Ironie, Unver schämtheit (nämlich wohl nur als Redner in Ler Paulskirche) uud Eitelkeit gegenüber den Damen Schuld gegeben werden; aber wic, wenn diese Schil derung, Lie nicht für Lie Ocffentlichkcit bestimmt war, etwas zu stark aufgetragen wäre? Wie, wenn Andere das persönliche Wesen Lichnowskys freund lich, angenehm, offen und liebenswürdig, und seinen Charakter durchaus chremverth gefunden hätten?