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38r heitsbtstrebungcn verwendet werden könne. Er frage deshalb an, was der Abgeordnete für ein Vertrauen zu dem Reichsminisierium habe? Derselbe entgegnet, daß er sich darüber immög- lich aussprcchen könne, da man crfahrungsmäßig Nur dem geschriebenen Worte vertrauen könne. Was aber die Truppenmärsche anlange, so glaube er, daß sic aus strategischen Rücksichten hervorgegangen und er erblicke in denselben nichts Gefährliches. Dem widerspricht Adv. Fritzsche durch die Be hauptung, daß er keine strategischen Rücksichten kenne, wodurch derartige Schritte gerechtfertigt erschienen. Nachdem Adv. Fritzsche ferner über Blum und die Verdächtigungen, die er von so verschiedenen Seiten erfahren, sich erklärend dahin ausgesprochen, daß sie der außerordentlichen Erscheinung gelten, die der Genannte ohne alle Widerrede sei, und Bürger meister Tzschucke die Sitze der sämmtlichen sächsischen Abgeordneten bezeichnet, spricht sich Adv. Fritzlche über die vier oder fünf Monate bereits wahrende Bcrathung der Grundrechte mißbilligend aus, da man zuvor die Verfassungsfrage hatte berathen sol len. Er müsse gestehen, daß man wohl nicht mit Unrecht diesen Punkt der Linken zum Vorwurf ge macht, wenn man behauptet habe, sie wolle durch fortwährende Interpellationen auf eine Auflösung der Nationalversammlung hinarbeiten. Jetzt gehe man allerdings bei der Berathung der Grundrechte etwas flinker zu Werke. Uebrigens bleibe er bei der An sicht stehen, daß erst eine Feststellung der Regierungs gewalt hätte vorausgehen müssen, ehe man zur Be rathung der Grundrechte sich gewendet; weil diese ohne jene nichts helfen. Jetzt sei das Terrain un günstiger, mau zeige nicht mehr einen so entschiede nen Freisinn als früher. Die Nationalversammlung möge in Zukunft schneller zu Werke gehen. Endlich frage er an, ob das Gerücht sich bestätige, daß Gagcrn die Präsidentschaft nicderlcgen wolle. Der Abgeordnete erwidert, die lange Bcrathung über das Grundgesetz sei allerdings von der Linken gemißbilligt worden; doch habe die Protestation ge gen die zweimalige Berathung über die Grundrechte nichts geholfen. Die Interpellationen hätten die Zeit nicht vergeudet, west dieselben schriftlich emgc- rcicht werden müßten und eine Debatte darüber nur dann entstehen könne, wenn der Antrag zur Bera- lhung komme, also bei der criheilten Antwort eine Beruhigung nicht gefaßt worden sei. Auch müsse man einen Theil der Verzögerung der deutschen Gründlichkeit zuschreibcn, da die gelehrten Leute ihre Doctrinen gern geltend machten. Von der Absicht Gagerns endlich, die Präsidentschaft nicdcrzulegcn, sei ihm nichts bekannt. Der Abgeordnete verläßt sodann die Redner bühne, nachdem er noch einige herzliche Worte des Dankes für die ihm bewiesene Thellnahme an die Versammlung gerichtet und auf die Ansrage des Vorsitzenden Niemand mehr das Wort begehrt halte. Adv. Fritzsche bringt nun dem einigen Deutsch land ein begeistertes Hoch, in welches die sämmtli- chen Anwesenden freudig mit unssmmcn Der Vorsitzende schließt die D-rsammlung mit Worten des Dankes und der Aufmunterung für den Abgeordneten und feiert ihn in einem Lebehoch, wel ches in der zahlreichen Versammlung, die während der länger als dreistündigen Verhandlung die unge- theilteste Aufmerksamkeit und Theilnahme zeigte, ein stimmiges Echo fand. Än Herrn I*. Gebe in Tharaud. Zweiter Brief*). Sie haben cs für nothwcndig erachtet, Lie Num mern d. Bl-, in welchem mein Angriff und Ihre Entgegnung enthalten war, einem oder dem andern Ihrer Gesinnungsgenossen zuzutragcn. Ich ersuche Ihre Unparteilichkeit, die Nummern, in welchen diese Briefe stehen, an dieselben Orte zu befördern, und füge gleich hinzu, baß dieser Brief der letzte noch nicht ist. Sic haben in Ihrer Predigt die von mir n ach g c sch r i cb c u e u Worte gebraucht: daß cs nicht immer und nicht überall so „wahr und klar" ausgesprochen werde, wie cs sollte. Dabei bleibe ich. Zn ihrer Entgegnung fehlen diese Worte. Ich hebe das hervor, weil ich gerade auf diese beiden Worte besondere Vorwürfe gestützt habe, die Sie nicht ver standen zu haben vorgcbcn. S i c waren nicht wahr; denn Sic haben nicht erwähnt, daß L. zu der Par tei gehörte, die man die rechte nennt, während sie Lie falsche ist; sie ist unter andern die Partei, welche den Vorrechten das Wort geredet und anstatt der Rechtsgleichheit die Ungerechtigkeit will; sie ist die Partei, zu welcher Jesus Christus selber, wcun er wicderkäme, sicherlich nicht treten- würde, er, Lessen oberster Grundsatz Las Gesetz Ler Liebe und Ler Gleichheit war. Oder vermögen Sic zu sagen, daß L. auch nur ein einziges Mal für das Volt und gegen die Aristokratie gesprochen hättet Ich fragte schon damals; Sie find Lie Antwort schuldig geblieben. Doch nein, Sic scheinen L. für volks- srcundlich zu halten, da Sie fragen, ob seine volks feindliche Wirksamkeit dadurch Thatsache werde, daß ich an sic glaube. Nciu, mein verehrter Freund, ich glaube nicht an sic, ich bin davon überzeugt; ich habe seine Rcdcn gelesen, und habe genug. Sie haben seine Reden auch gelesen, und vcrtheidigcn ihn; und darum habe ich noch einmal genug. Sic nann ten auf der Kanzel Ursachen Les Mordes; die Haupt- ursachc abcr, Lie Partcistcllnng des Mannes, nann ten sic nicht. Es bedurfte keiner laugen Erörterung; nur dreier Worte. Diese drei Worte aber waren Sie der Wahrhaftigkeit schuldig, und — bleiben Sie schuldig. Sic vcrlhcidigen L.'s Partciwirksamkcit, und Sic — Sic nenucu sich noch liberal? Wollen cs auch noch beweisen? Geben Sic sich kciuc Mühc, cs glaubt cS doch Niemand, Niemand als vielleicht — „die Stände des KrciseS Ratibor," denn eine Liebe ist der andern wcrth. Was abcr jene Stände sagen, kann mich nicht bestechen, und wenn Sie cs mit doppelter Sperrschrift drucken lassen. Auch Roß- mäßlern glaube ich nicht unbedingt wie überhaupt keinem Menschen. AbeSdic stenographischen Nach richten vom Reichstage, das sind meine Bcwcisdo- *) Jni ersten Briefe waren folgende Druckfehler: T. 373, Cp. 2, Z. 13 v. u. I. unten suchen st. untersuchen. S. 374, Z, 20, v. u. l. hinterdrein st. hintendrein.