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doch ganz gewiß nicht lauter unruhige und unbedacht same Köpfe nach Frankfurt geschickt hat, so muß die beklagenswerthc, gerügte Erscheinung ihren äußeren Grund haben. Der liegt auch gar nicht tief. Die eine Seite des Hauses vertritt und vertheidigt hart näckig das Interesse der fürstlichen Gewalt, die andere das Recht des Volkes. Beide lhun das nicht zum Zeitvertreib und eines bloßen Wortkampfcs wegen — nein! beide Parteien kämpfen um den Sieg des Erfolges. Ihr Sieg in der Paulskirche soll nachher draußen in Deutschland zum geltenden Rechte werden. Es ist ein Kampf um Sein und Nichtsein, ein Kampf auf Leben und Tod. Wenn dabei die Leidenschaften micsprechen — wem kann das Wunder nehmen? Aber ist cs denn so schlimm? wird man fragen; will denn die Färstenpartci das Volk ganz unter drücken? und will denn die Volkspartei die Fürsten alle fortjagen? Das wohl nicht, wenigstens gibt cs in der Paulskirchc bestimmt keine Partei, welche das Letztere will. Aber allerdings ist die Partei Derer groß, welche dem deutschen Volke das möglichst kleinste Maß von Freiheit und — man merke wohl auf! — von Bildung zukommen lassen will. In es gibt eine solche Partei, und sie ist nicht klein! Und diese Partei hat einen furchtbaren, einen mächtigen Bundesgenossen, gegen den die Linke nichts vermag: cs sind die von Pfaffen, protestan tischen wie katholischen, fanatisirten Dolksmassen. (Nur in Norddeutschland wird man das hier und da übertrieben finden; daß es für den Süden, Osten und Westen eine Wahrheit ist, dafür habe ich Beweise.) Diese im eigentlichsten Sinne des Wortes so zu nennende Verdummungspartei steht in brüder lichem Bunde mit der reaclionaren, und — in der Paulskirche fehlt es ihnen nicht an Vertretern. Wer die stenographischen Berichte mit Aufmerksamkeit liest, wird ihnen begegnet sein. Das Alles aber, so wendet man mir vielleicht setzt ein, reicht noch nicht aus, die tumultuarischen Auftritte in der Paulskirche zu rechtfertigen. Das , will ich auch nicht, kaum entschuldigen, aber erklä ren will ich sic, und dazu diene Nachfolgendes. Wenn der Präsident gegen alle parlamentarische Sitte auf einen Antrag, den er gern unterstützt haben möchte, die Unterstützungsfrage zwei, dreimal wiederholt, bis er die nöthige Zahl Unterstützender vor sich stehen sieht; wenn er über einen durchaus ! unzulässigen Antrag gegen die Geschäftsordnung die Mehrheit, deren er stets versichert sein kann, entscheiden läßt; wenn er vor und bei der Fragestellung durch ganz ungehöriges Kundgcbcn seiner Meinung die Abstimmung der Mehrheit, der er selbst angehört, dahin leitet, wohin er sie haben will — ist es da cin Wundcr, wenn auf der Linken an die Stelle der kaltblütigen, parlamentari schen Zucht heißblütiger Unwille tritt? Heinrich von Gagern war mit seiner achtung gebietenden Persönlichkeit ganz der Mann dazu, um den streitenden Parteien der Paulskirchc Zucht und Ordnung abzuzwingcn, wenn er nicht selbst Par tei nahm. Ich darf übrigens aus meiner Darstellung der Sachlage auf meiner Partei den Schein des Vor wurfs nicht haften lassen, als gestehe ich ein, daß nur sie die Sünderin gegen Zucht und Ordnung gewesen sei. Es wird hierin auf beiden Seiten gleich gefehlt. Aber jener Seite fehlen obendrein die Entschuldignngsgründe, welche der Prasidenten- tisch liefert. Soll ich auf die niederträchtigen Verlaumdun- gen eingehen, welche die Mitglieder der Rechten wegen des 18. Septembers über die ganze Linke ausgegossen haben? Nein! Wenn das Volk ihnen Glauben schenkt, nun so rufe es die Linke aus der Paulskirche weg und erwarte sein Recht und seine Freiheit von der Rechten. Frankfurt a- M., den 25. October 1848. E. A. Roßmäßler. (Pirnaisches Wochenblatt.) Die Bürgerwchr. Für Recht und Ordnung stehn wir hier, Für Recht und Ordnung kämpfen wir, Die freie deutsche Bürgcrwehr, Mit Herz und Hand, mit Schwert und Speer. Ihr Bürger alle, seit bereit! Gekommen ist die große Zeit, Erschienen ist nach langer Nacht Der Freiheit Tag in Heller Pracht. Doch — Viele blendet dieses Licht, Sie wissen und verstehen nicht, Was jetzt in Deutschland ist gescheht,, Wohin der Herr will mit uns gehn. Sie möchten lösen jedes Band Der Ordnung in dem ganzen Land, Von ihrer Pflicht sieh selbst befrci'n Und los von den Gesetzen sein. Sie brechen in des Nächsten Haus, Zerstören cs und raubcn's aus Und haben trotzig sich erfrecht Zu machet, selber sich das Recht. Doch das soll nimmermehr gescheht,! Und dafür wott'n wir Alle stehn, Und dazu reiche sich die Hand, Wer wehrhaft ist im Vaterland. Uns täuscht kein trügerischer Schein, Uns sott die Freiheit nur befrei'», Die Ordnung heischt und da besteht, Wo Alles nach dem Rechte geht. Für Recht und Ordnung stehn wir hier, Für Recht und Ordnung kämpfen wir, Die freie deutsche Bürgcrwehr, Mit Herz und Hand, mit Schwert und Speer.